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Energieversorgungsunternehmen

Kooperation oder Konfrontation?

Inhalt

Durch das sogenannte Unbundling (Entflechtung) nach dem Energiewirtschaftsgesetz gibt es das EVU alter Prägung nicht mehr. Je nach Größe des EVU muss eine organisatorische bzw. rechtliche Entflechtung zwischen Gasnetz und Gasvertrieb erfolgen. Der Kunde kann heute seinen Gasversorger wechseln, was über das Internet problemlos möglich ist.

Dies führt natürlich bei den EVU zur Überlegung, wie die Kunden möglichst lange an das eigene Unternehmen gebunden werden können. Über spezielle Gasverträge, die über die Grundversorgung hinausgehen, ist dies bis zu einem Zeitraum von zwei Jahren möglich. Darüber hinaus gibt es verschiedene Ansätze von Energieversorgern, nicht die Energie als solche, sprich Erdgas, zu liefern, sondern Wärme. Bei dieser Form der Wärmelieferung bzw. dem Contracting sind langfristige Lieferverträge, im Allgemeinen von 10 bis 15 Jahren möglich.

EVU als Dienstleister

Die Energieversorger sehen sich zunehmend als Energiedienstleister. Die bisher übliche Grenze – der Wasser- bzw. Gaszähler – zwischen der Tätigkeit des Energieversorgers und den SHK-Handwerksbetrieben verschwindet zunehmend. Die EVU sehen ihr Einsatzgebiet auch nach dem Zähler und sehen ihre Aufgabe als Energiedienstleister für den Endkunden.

Neben dem Energiewirtschaftsgesetz wird diese Entwicklung durch das Energiedienstleistungsgesetz vom 4. November 2010 forciert. Danach müssen Energielieferanten ihre Endkunden mindestens jährlich in geeigneter Form über die Wirksamkeit von Energieeffi­zienzmaßnahmen sowie über die für sie verfügbaren Angebote unterrichten, die durch

  • Energiedienstleister,
  • Anbieter von Energieaudits, die unabhängig von den Energieunternehmen sind,
  • Anbieter von Energieeffizienz­maßnahmen

mit wettbewerbsorientierter Preis­gestaltung durchgeführt werden. Nach dem Energiedienstleistungsgesetz kommt den Energieversorgern damit eine besondere Verantwortung zu.

Gemeindeordnung als Schiedsrichter

Auf der anderen Seite bestehen die Anforderungen von Gemeindeordnungen, die für kommunale Energieversorgungsunternehmen bzw. für Energieversorgungsunternehmen mit kommunaler Beteiligung gilt.

So darf z.B. nach § 102 Absatz 1, Ziffer 3. der Gemeindeordnung Baden-Württemberg die Gemeinde ungeachtet der Rechtsform wirtschaftliche Unternehmen nur errichten, übernehmen, wesentlich erweitern oder sich daran beteiligen, wenn bei einem Tätigwerden außerhalb der kommunalen Daseinsvorsorge der Zweck nicht ebenso gut und wirtschaftlich durch einen privaten Anbieter erfüllt wird oder erfüllt werden kann.

Es steht außer Frage, dass der Einbau von energieeffizienten Heizungsanlagen, der Einbau von Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien, wie Solaranlagen, Wärmepumpen, Einbau von Blockheizkraftwerken, gut und wirtschaftlich durch einen privaten Anbieter – sprich die SHK-Handwerksbetriebe – erfüllt wird. Soweit die Theorie. In der Praxis gab es gerade in jüngster Vergangenheit Aktionen einzelner EVU, in den Bereichen nach dem Zähler direkt beim Endkunden tätig zu werden. Diese aus Sicht der SHK-Handwerke kritische Entwicklung, konnte durch intensive Gespräche aller Beteiligten durch Kooperationen zwischen Handwerk und dem Energieversorger zumindest eingedämmt werden.

Dies steht allerdings wieder auf der Kippe, da die Landesregierung Baden-Württemberg die Gemeindeordnung ändern und die sogenannte „verschärfte Subsidiaritätsregelung“ wieder abschaffen will. Der oben erwähnte § 102 Abs.1, Ziffer 3 soll wie folgt abgeändert werden: „...bei einem Tätigwerden außerhalb der kommunalen Daseinsvorsorge der Zweck nicht besser und wirtschaftlicher durch einen anderen erfüllt wird oder erfüllt werden kann.“

Weiterhin soll als Absatz 8 neu aufgenommen werden: „Mit der Haupttätigkeit des Unternehmens unmittelbar verbundene Dienstleistungen sind zulässig, wenn sie den Hauptzweck fördern. Die Gemeinde stellt sicher, dass bei der Erbringung dieser Dienstleistungen die Belange kleinerer Unternehmen, insbesondere des Handwerks, berücksichtigt werden.“

Das würde einen Rückfall in die Vergangenheit bedeuten und den wirtschaftlichen Tätigkeiten von Stadtwerken und Energieversorgern im Tätigkeitsbereich des Handwerks Tür und Tor öffnen. Dabei hat die grün-rote Landesregierung in ihrem Koalitionsvertrag vom Mai 2011 ausgeführt: „Wir wollen die Rahmenbedingungen für einen intensiven und fairen Wettbewerb zwischen EnBW, Stadtwerken und allen anderen Marktteilnehmern in Baden-Württemberg sicherstellen.“

SHK-Handwerke als ­Subunternehmer der EVU?

Mit dieser vorgesehenen Änderung der Gemeindeordnung liegt es auf der Hand, dass ein Energieversorger eigene Konzepte entwickelt und durchführt und z.B. Blockheizkraftwerke, Heizkessel, Wärmepumpen, Solaranlagen selbst direkt an die Endkunden zum Festpreis einschließlich Montage anbietet. Hier ist das örtliche Handwerk außen vor, es sei denn, es ist als Subunternehmer für den Energieversorger tätig und baut die Anlagen ein.

Die Nachteile für die SHK-Handwerksbetriebe sind erheblich. Die wichtige Kundenbindung geht verloren, ebenso die Kalkulationsfreiheit mit der Lieferung und dem Einbau der entsprechenden Produkte. Ebenso bestehen aber auch Nachteile für den Kunden. Der Kunde erhält ein standardisiertes Angebot ­eines Energieversorgers. Die Angebote über SHK-Betriebe sind vielfältiger, da hier nicht nur ein Energieträger bzw. eine Gerätetypologie angeboten wird, sondern das ganze Spektrum an energieeffizienter Heiztechnik mit verschiedenen Energieträgern zur Verfügung steht.

Im Falle der Konfrontation darf sich aber ein Energieversorger nicht wundern, wenn das örtliche SHK-Handwerk reagiert und sein Dienstleistungsangebot in Richtung Energieversorgung für den Kunden ausweitet. Es steht ja nicht nur der örtliche Energieversorger für eine Strom- oder Gaslieferung zur Verfügung.

Kooperation EVU – Handwerk

Aus Sicht des Fachverbandes Sanitär-Heizung-Klima Baden-Württemberg ist eine Koopera­tionslösung unter den sicherlich nicht einfachen Rahmenbedingungen wichtig und notwendig. Es gab und gibt verschiedene Ansätze zwischen örtlichen Energieversorgern und SHK-Innungen, gemeinsame Maßnahmen zur Sanierung von Heizungsanlagen zu entwickeln, die dem gemeinsamen Kunden, dem Hausbesitzer, angeboten werden ­können.

Ein wichtiger Ansatz ist dabei die Wärmelieferung oder das Energiecontracting. Energiecontracting wird durch Energie- sowie Klimaschutzkonzepte auf Bundes- und Landesebene forciert. Der Fachverband SHK hat gemeinsam mit dem Verband für Energie­wirtschaft (dem früheren Verband der Gas- und Wasserwerke) Musterverträge für Kooperationen zwischen den örtlichen Stadtwerken und den Innungen ausgearbeitet. In diesen Vereinbarungen sind die jeweiligen Aufgabenbereiche des Energieversorgers und des SHK-Handwerks aufgeführt und gemeinsame Aufgaben dargestellt.

Der baden-württembergische Handwerkstag hat im Juli 2012 einen Rahmenvertrag über die Zusammenarbeit im Energiebereich mit dem Verband kommunaler Unternehmen e.V. Landesgruppe Baden-Württemberg abgeschlossen. Darin sind Beispiele für eine denkbare Zusammenarbeit von örtlichem Handwerk und örtlichen kommunalen Unternehmen (Stadtwerke) sowie die Grundsätze der Zusammenarbeit aufgeführt. Nach diesen Grundsätzen der Zusammenarbeit müssen die Vereinbarungen die

  • freie Produktwahl,
  • freie Kalkulation,
  • freie Kundenwahl

im jeweiligen Handwerk berücksichtigen.

Beispiele einer Kooperation

Zum Thema Wärmelieferung gibt es verschiedene Kooperationsmodelle zwischen Energieversorger und SHK-Handwerk. Die Energie Baden-Württemberg (EnBW) bietet ein neues Konzept „HeizungRundum“ zur Wärmelieferung an, das mit dem SHK-Handwerk abgestimmt wurde. Nach dieser Konzeption kann der örtliche SHK-Betrieb seinem Kunden das Dienstleistungspaket „HeizungRundum“ vermitteln. Dies ist ein sinnvoller Ansatz für eine Kooperation. Der SHK-Betrieb behält seine Kundenbindung. Er führt eine Beratung beim Kunden durch. Er bietet dem Kunden die Modernisierung seiner Heizungsanlage mit einem Angebot an. Will der Kunde die Investition selbst nicht übernehmen, springt die EnBW als Investor mit dem Contractingkonzept ein. In diesen Kosten sind die Wartung, Reparaturkosten sowie Schornsteinfegergebühren während der Vertragslaufzeit von zehn Jahren enthalten.

Ein ähnliches Konzept wird seit April 2013 von der südbadischen badenova angeboten. Grundlage ist ein Anlagencontracting mit dem Namen „ExtraWärme“ für eine Heizungssanierung bis 60kW Heizleistung.

Win-Win-Situation

Der Energieversorger schließt einen Wärmelieferungsvertrag über zehn bzw. 15 Jahre mit dem Kunden ab und hat damit eine Kundenbindung erreicht. Der SHK-Betrieb bleibt beim Kunden, hat seine Kalkulationsfreiheit und bietet dem Kunden seine Lösung mit seinen Produkten zu seinem Preis an. Weiterhin führt er die Wartungsarbeiten innerhalb der zehn- bis 15-jährigen Vertragslaufzeit durch. Modelle für eine Partnerschaft sind:

  • gemeinsames Energieberatungszentrum, das auch den Handwerksbetrieben mit seinen Kunden offen steht,
  • gemeinsame Durchführung von Energietagen,
  • gemeinsame Marketingaktionen zur Heizungsmodernisierung.

Allein in Baden-Württemberg sind rund 950000 Öl- und Gasheizkessel älter als 15 Jahre und stehen zu einer Sanierung an. Es gilt, den Sanierungsstau in den Heizräumen aufzulösen. Dafür bietet sich eine Kooperation zwischen den EVU und den SHK- bzw. den Ofen- und Luftheizungsbauerinnungen an. Diese Kooperation sollte von gleichberechtigten Partnern – also auf Augenhöhe – abgeschlossen werden.

Autor

Dipl.-Ing. (FH) ­Dietmar Zahn ist Geschäftsführer beim Fachverband Sanitär-Heizung-­Klima Baden-­Württemberg in Stuttgart, ­Telefon ­ (07 11) 48 30 91, http://www.fvshkbw.de