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Photovoltaik und Solarthermie

Gravierend unterschiedliche Entwicklungen

Inhalt

Mehr als 700 Manager der Solarbranche diskutieren auf dem 10. Forum Solarpraxis im November in Berlin über die Lage und Entwicklung auf dem deutschen Photovoltaik- und Solarthermiemarkt. Interessant war zunächst die Frage, was die neue Bundesregierung plant. Den Koalitionsvertrag bewertete Björn Klusmann, Geschäftsführer des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE), insgesamt mit der Note „befriedigend“. „Wenn man den Koalitionsvertrag liest, hat man das Gefühl, dass die Verhandlungen noch nicht abgeschlossen sind“, erklärte Klusmann.

Vorgezogene Überprüfung des Erneuerbaren Energiengesetzes

Dies hätte Unsicherheiten zur Folge, die vor allem in den Solarstrombereich hineinreichen. Der Vertrag sei recht unkonkret und lasse noch viel Luft zu, nach unten und nach oben. Zwar sei auf der Klausurtagung der neuen Bundesregierung in Schloss Meseberg beschlossen worden, dass das vorgesehene Energiekonzept vom Bundesumwelt- und vom Bundeswirtschaftsministerium gemeinsamen entwickelt werden soll. Allerdings werde das Konzept erst im Oktober 2010 vorliegen. Bis dahin stünden Verhandlungen mit den Atomkonzernen E.ON, RWE, EnBW und Vattenfall an, die in Deutschland 17 Kernkraftwerke betreiben, deren Laufzeiten verlängert werden sollen. Der Großteil der Extra-Milliardengewinne der Stromkonzerne aus längeren Laufzeiten soll in einen Fonds zur Förderung von Energie aus Sonne, Wasser und Wind fließen.

Aber schon vorher, nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen, soll eine vorgezogene Überprüfung des Erneuerbaren Energiengesetzes (EEG) erfolgen. Bis dahin wird es einen Dialog mit der Solarbranche über die künftige Ausgestaltung der Photovoltaik-Förderung geben. Aus dem Koalitionsvertrag sowie aus ersten Äußerungen des neuen Bundesumweltministers Norbert Röttgen ist für den BEE aber auch positiv ableitbar, dass die erneuerbaren Energien den Hautpanteil der Stromgestehung in der Zukunft übernehmen sollen. Dennoch sind für Klusmann die konkret definierten Ziele aus Sicht der ­Erneuerbaren insgesamt zu wenig ambitioniert. Auch im Bereich der solaren Wärme werde nur an den bestehenden Instrumenten wie dem Marktanreizprogramm (MAP), festgehalten, ohne diese nachhaltig zu ­stärken.

Photovoltaik erreicht historische Höchstwerte beim Absatz

„Ich war im Juni dieses Jahr in Urlaub. Bis dahin war alles ruhig. Als ich Anfang Juli wieder in die Firma kam, waren unsere Lager leer und alle Module verkauft. So etwas habe ich noch nicht erlebt“, beschreibt Thomas Sanders von der Gehrlicher Solar AG die Situa­tion seines Unternehmens zur Jahresmitte. Insgesamt erwartet Helmut Jäger, Solvis-Geschäftsführer und 2. Vorsitzender des Bundesverband Solarwirtschaft (BSW), für 2009 ein Marktwachstum von einem GW auf ca. 2,6 bis 2,8 GW in 2009 – nach 1,6 GW neu verbauter Solaranlagen in 2008. „Der Markt ist im Sommer stark angewachsen. Das 3. Quartal, in dem alleine 900 MW verbaut wurden, war damit das beste Quartal der Geschichte. Insgesamt ist damit weit mehr verbaut worden, als Experten noch Anfang des Jahres erwartet haben“, so Jäger.

Getrieben von der positiven Entwicklung in Deutschland, wo fast die Hälfte des weltweiten Zubaus erfolgte, prognostizierte EPIA-Präsident Winfried Hoffmann für dieses Jahr einen weltweiten Photovoltaikmarkt von 6,6 bis 6,8 GW. Damit werde gegenüber den 5,6 GW aus 2008 ein leichtes Wachstum erreicht. Und dies trotz des Zusammenbruchs des spanischen Solarmarkts nach der Deckelung der Förderung.

Die Teilnehmer der Veranstaltung diskutierten auch die Ursachen für das heftige Wachstum. Nach der Absenkung der Förderung zu Beginn des Jahres, ist das Preisniveau für Module und Komplettanlagen ebenfalls deutlich abgesunken. Während der BSW für das 3. Quartal von einem durchschnittlichen Endkundenpreis für eine fertig installierte Aufdachanlage bis 100 kW von ca. 3135 € pro kW spricht, gehen Großhändler noch von einem deutlich geringerem Preisniveau aus. So erklärte Dr. Andreas Hänel, Vorstand der Phoenix Solar AG, dass das Preisniveau von Systempreisen aktuell knapp unter 3000 pro kW liege. Gerade durch die starken Preissenkungen bei kristallinen Modulen seien diese jetzt gegenüber Dünnschicht wieder wettbewerbsfähiger geworden, so Hänel. Das erreichte Wachstum ist laut Winfried Hoffmann trotz geringerer Einspeisevergütungen und sinkender Preise im Wesentlichen auf die starken technischen Verbesserungen zurückzuführen. Getrieben von der Kostenführerschaft von Dünnschichtmodulen haben sich die Waferdicke, der Wirkungsgrad von Zellen, der Ausschuss und die Stückkostendegression deutlich verbessert. Nur so sei es möglich gewesen, auch die notwendigen Preissenkungen entlang der Wertschöpfung mitzugehen.

Bremswirkung in 2010 durch drohenden Sonderabschlag

Dass auch im nächsten Jahr die weltweite Marktentwicklung wieder im Wesentlichen von Deutschland abhängt, wurde in verschiedenen Vorträgen deutlich. So sieht EPIA-Präsident Winfried Hoffmann für 2010 aus Sicht der EPIA durchaus ein weltweites Wachstum von bis zu 30 %. Allerdings bekräftigte Hofmann, dass hierzu eine nachhaltige Förderpolitik, nicht nur in Deutschland, notwendig sei. Nach seiner Aussage gebe es Anzeichen, dass sich ein ähnlich gebremstes Marktwachstum wie in Spanien auch in anderen europäischen Märkten wie Frankreich, Italien und Griechenland wiederholen könne. „Viele Experten sagen dem amerikanischen US-Markt ein großes Potenzial voraus, doch zu dem erhofften Durchbruch ist es noch nicht gekommen“, meinte der EPIA-Präsident ergänzend.

Deutsche Installateure blicken derzeit kritisch in die Zukunft. Dies zeigt der Geschäftsklimaindex von EuPD Research, den der BSW für seine Mitglieder einmal pro Quartal unter Installateuren erheben lässt. Zwar wird die aktuelle Geschäftslage im Bereich der Photovoltaik von den Installateuren derzeit noch als sehr gut eingeschätzt. Betrachtet man jedoch die Erwartungen für die Zukunft, dann herrscht marktweiter Pessimismus vor. Zwar hoffen die Installateure für das erste Halb­jahr noch auf ein starkes Wachstum. Aber mit einem drohenden Sonderabschlag zum 1. Juli könnte der Markt stark gebremst ­werden.

Für 2010 tun sich auch die Experten schwer, eine konkrete Einschätzung über die Entwicklung des Photovoltaikmarktes zu geben. Zwar ist man sich einig, dass das 1. Halbjahr sehr vielversprechend werden könnte. Ab der Jahresmitte sind noch zu viele Faktoren unklar, die den Markt beeinflussen könnten. Nach Aussage von Markus Hoehner von EuPD Research sind viele Unternehmen nach der starken Nachfrage in den vergangenen Monaten bis zum ersten oder sogar zweiten Quartal 2010 komplett ausverkauft. Hoehner sieht hier Vorzieheffekte vor der diskutierten Sonderabsenkung zum 1. Juli 2010. Würde diese deutlich ausfallen, erwartet Hoehner für das zweite Halbjahr 2010 eher einen Rückgang bei den Zubauzahlen im Vergleich zu 2009.

BSW-Vorschlag zur weiteren Absenkung der PV-Vergütung

Um an diesem Punkt in die Diskussion mit der Politik einzusteigen, hat sich der BSW mit seinen Mitgliedern auf einen gemeinsamen Vorschlag geeinigt. Demnach könnte es zusätzlich zu der im EEG festgeschriebenen Degression zum 1. Januar von 9 bzw. 11 % eine von 4,5 % zum 1. Juli geben. Damit würde die Hälfte der vorgesehenen Degression für 2011 vorgezogen. Zum 1. Januar 2011 würde dann die Photovoltaik-Förderung um weitere 4,5 % sowie je nach Zubau nochmals bis zu 5 % abgesenkt werden. Ob sich die Politik mit diesem Angebot zufrieden geben wird, sehen insbesondere die Analysten skeptisch. Im Rahmen der Diskussion um den Koali­tionsvertrag forderten CDU Politiker einen Sonderabschlag von 10 Eurocent, was umgerechnet eine Senkung der Förderung um 30 % bedeutet hätte.

In der politischen Diskussion befinden sich aber auch die Freiflächenanlagen. Hier würde eine Beschränkung auf sogenannte Konver­sionsflächen den Marktanteil von Freiflächen insgesamt stark eindämmen. Derzeit beträgt nach Aussage verschiedener Experten der Anteil von Freiflächenanlagen rund 17 % an der gesamten in Deutschland verbauten Modulmenge. Ein langfristiges Wachstum ist nach Ansicht von Hoehner nur möglich, wenn die Renditen bei Photovoltaik-Projekten nicht mehr alleine im Vordergrund s­tehen.

Einbruch bei der Solarthermie um 28 % in 2009

Im Gegensatz zur Photovoltaik verlief die Entwicklung im Bereich der solaren Wärme genau entgegengesetzt. „Nach 2,1 Mio. m² Kollektorfläche, die 2008 verbaut wurden, erwarten wir für dieses Jahr einen Rückgang um 26 % – dies lässt sich aus den Zahlen von Januar bis Oktober bereits ablesen“, erklärte Helmut Jäger vom BSW. Für das gesamte Jahr 2009 könne sich der Rückgang sogar noch auf 28 % erhöhen. Gründe dafür seien zum einen die deutlich gefallenen Energiepreise, die nach Berechnungen des statistischen Bundesamtes im September um 7,6 % unter den Vergleichswerten vom Oktober 2008 lagen. Diese Entwicklung habe Endkunden zögern lassen, in erneuerbare Energien zu investieren, erklärte Jäger. Außerdem hätten viele verdrängt, dass die Energiepreise künftig wieder ansteigen werden. Hinzu komme noch der Wettbewerb der Solarthermie mit anderen Energieformen.

Nicht nur Deutschland, sondern auch ganz Europa ist im Bereich der solaren Wärme von der rückläufigen Entwicklung betroffen. „Hier erwarten wir einen Einbruch von rund 15 %. Nach 4,6 Mio. m² in 2008 sehen wir nur noch 3,95 Mio. m² in 2009“, so Jäger über die Entwicklung. Besonders stark getroffen habe es Länder wie Spanien und die Türkei, wo die Bauleistungen bedingt durch die Finanzkrise stark zurückgegangen sind. Ähnlich wie bei Solarstrom strebe auch die solare Wärme inzwischen einen Anteil von 1 % vom Gesamtverbrauch in Deutschland an. Allerdings bezieht sich dieser Anteil nach Aussage von Helmut Jäger auf den Verbrauch in Wohn- und Industriegebäuden. Nicht enthalten seien darin die industriell benötigte Prozesswärme sowie Wärme für Dienstleistungsliegenschaften. Seiner Meinung nach könnten in Deutschland jährlich ohne Probleme rund 3 Mio. m² Kollektorfläche produziert und verbaut werden.

Verbände fordern eine einfachere und höhere Förderung

Die beschriebene Entwicklung spiegelt sich auch im Geschäftsklimaindex von EuPD ­Research. Nach einem guten 1. Halbjahr 2009 brach der Markt ein, was bei den In­stallateuren schlechte Stimmung auslöst. Deutliche Forderungen an die Politik gibt es von Verbandsvertretern der Solarthermie­branche. Oberste Zielsetzung für die Zukunft solle sein, die Modernisierungsquote von derzeit 3 auf 6 % zu steigern. Nur so würden sich auch die ständigen Marktschwankun­gen der letzten Jahre in kontinuierliches Wachstum umwandeln lassen. Dem ZVSHK-Hauptgeschäftsführer Elmar Esser fehlen diesbezüglich klare Signale aus der Politik. „Wir haben eine Vereinfachung der Förderung wie beispielsweise durch Steuerer­leichterungen gefordert, die jetzt wieder nicht kommen. Es wurde zwar am MAP ­festgehalten, aber die Töpfe reichen nicht aus“, betonte Esser. Für ihn müsse im Be­reich der solaren Wärme einfache und greifende Anreize geschaffen werden, die für ­Installateure und Endkunden auch nach­vollziehbar sind.

BDH-Präsident Klaus Jesse ging in seinen Forderungen noch einen Schritt weiter, indem er eine Verdopplung der jährlich installierten Anlagen forderte. „Um die Moder­nisierungsquote von derzeit 3 auf 6 % zu ­steigern, brauchen wir doppelt so viel Fördergeld wie heute und auch eine andere Verfahrensweise mit den Bestandsbauten“, so Jesse. Und wie sieht das Bundesumweltministerium den Vorstoß? Dr. Guido Wustlich wertete die Aufstockung des MAP auf 500 Mio. Euro jährlich dagegen als Erfolg.

Produktneuheiten nur ankündigen, wenn sie lieferbar sind

Nicht ganz einig waren sich die Verbandsvertreter bei der Ursachenforschung für die ­Zurückhaltung der Endkunden beim Kauf im 2. Halbjahr. So bemängelten Teilnehmer aus dem Plenum, dass der Ausbildungsstand vieler Handwerksbetriebe nicht ausreiche, um Endkunden vernünftig zu beraten. Für den Vize-Vorsitzenden des BSW, Helmut Jäger, liegt das größere Problem woanders: Die ständig angekündigten technologischen Neuerungen der Industrie würden dem Endkunden das Gefühl vermitteln, jetzt schon wieder eine veraltete Technik zu kaufen. „Geld ist trotz Finanzkrise im Markt da. Aber ich würde mir wünschen, dass es nur noch Ankündigungen der Industrie gibt, wenn die Produkte auch lieferbar sind“, erklärte Jäger. Ansonsten würde durch diese Vorgehensweise der gegenwärtige Absatz kannibalisiert. Außerdem müsse greifbarer und einfacher in allen Bereichen mit den Endkunden kommuniziert werden. „Dies haben wir bislang nicht geschafft“, ergänzte Helmut Jäger durchaus selbstkritisch.

HINTERGRUND

Wie entwickeln sich Photovoltaik und Solarthermie in 2010?

Photovoltaik

Die Anlagenpreise werden nach Ansicht der Experten in 2010 im Durchschnitt nicht mehr so stark fallen, wie 2009. Der Anteil des Modulwertes am Anlagenpreis nimmt weiter ab, da sich Systemkostenanteile wie Kabel und Gestelle erhöhen werden. Im 1. Halbjahr kann es kurzfristig auch zu Preissteigerungen kommen.

Der Anteil asiatischer Module wird in Deutschland weiter zunehmen. ­Dabei wird die Qualität der großen Markenfirmen gleichwertig zu europäischen Modulen eingestuft.

Wird der Sonderabschlag Mitte 2010 höher als 5 % ausfallen, kann dies stark spezialisierte Hersteller in Bedrängnis bringen. Gewinner werden künftig die voll integrierten Konzerne sein, die Margenverluste an anderer Stelle ausgleichen können.

Solarthermie

Für das erste Halbjahr 2010 erwarten Experten wieder eine ansteigende Nachfrage.

Installateure verkaufen deutlich mehr Anlagen, wenn sie fertige Lösungskonzepte vorbereitet haben. Das Anpassen an die konkreten Verhältnisse wird einfacher, wenn die vorgesehene oder mögliche Systemtechnik bereits grundlegend und beispielhaft optisch dargestellt ist. Kunden entscheiden hier nach geplanter Investitionssumme.

Klare und einfache Kommunikation mit dem Endkunden ist wichtig. Hilfsmittel, wie vorformulierte Marketingtexte, bekommen die SHK-Handwerker auch von Herstellern und Verbänden.

Autor

Michael Forst ist Geschäftsführer vom EuPD Europressedienst, 53111 Bonn, Telefon (02 28) 3 69 44-75, E-Mail: info@europressedienst.com, https://www.europressedienst.com/