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Schützt die EU alte Heizechnik?

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H-Kennzeichen für ­Kessel-Oldies ▪ Das Herz eines Autofans schlägt höher, wenn ein Oldtimer mit dem steuergünstigen H-Kennzeichen vorbeituckert. Ähnliche Lichtblicke sind jetzt auch im Heizungsbau zu erwarten.  Aber lesen Sie selbst.

Heizungsbauern sind die Aussagen und das Wehklagen von Mietern bekannt, wenn denn die neue Heizung im Keller steht und der erste Winter mit diesen modernen Geiz-Vehikeln überstanden werden soll. „Früher war es so eine angenehme Wärme, das haben wir jetzt nicht mehr.“ Oder: „Ich muss den Heizkörper auf 5 stellen, um es warm zu bekommen.“

Diese und andere Sprüche haben in der EU dazu geführt, dass man den Kesselherstellern die Möglichkeit einräumt, ihre alten Kessel bei einem meist völlig unnötigen Kesseltausch zurückzunehmen und erneut anzubieten. Möglich wurde das durch eine Richtlinie, die diesen Oldies unter den Heizkesseln gewissermaßen einen Sonderstatus einräumt. Zurückzuführen ist der Sonderstatus auf das Zugeständnis der europäischen Länder, auch technische Industriedenkmäler bestehen lassen zu wollen.

Mindestanforderungen

Grundsätzlich müssen alte Heizkessel für eine Neuzulassung mindestens 30 Jahre alt sein. Des Weiteren muss sichergestellt sein, dass der Hersteller des Kessels oder ein gleichwertiger geschulter Experte den Kessel fachgerecht überholt. Die Überholung darf sich nicht darauf beschränken, dass etwa nur eine Kesselverkleidung gereinigt wird. Es müssen auch Einstellarbeiten an der Feuerung vorgenommen werden. Abgaswerte für Kohlendioxid sind dabei streng reglementiert. Konzentrationswerte von über 3 % müssen außen am Kessel kenntlich gemacht werden. Abgastemperaturen unter 230 °C werden nur noch in Ausnahmefällen zugelassen oder bekommen den Aufkleber „nh“ für „not hot“.

Marktchancen?

Sämtliche Hersteller von Wärmeerzeugern sehen einen boomenden Markt und haben sich schon auf den zu erwartenden Trend vorbereitet.

Alte Kessel sind seit 2018 in großem Umfang von den Herstellern zurückgenommen worden. Sie werden seit dem 1. April 2020 wieder verkauft, selbstverständlich mit klassischem H-Kennzeichen, wie es aus der Kfz-Oldtimerszene bekannt ist. Vorteil für den Endkunden: Er erhält solide Heizungstechnik mit Liebhabercharakter. Keine sterilen Brennwertgeräte stören mehr im Keller. Potenzialanalysen für Kessel mit H-Kennzeichen haben ergeben:

  • Buderus: 4030 eingelagerte Exemplare im Lager ­Dortmund (15 bis 250 kW)
  • Viessmann: 3720 eingelagerte Exemplare in Allendorf (20 bis 650 kW)
  • Brötje: 2820 eingelagerte Exemplare in Rastede (20 bis 650 kW)
  • Bosch/Junkers: 1420 eingelagerte Exemplare in Wetzlar (12 bis 24 kW).
  • Die Nennung ist nicht vollständig und spiegelt nur die Bedeutung des Trends wider. Nicht erfasst sind außerdem Liebhaberstücke, die direkt von Eigentümer zu Eigentümer weiterverkauft werden.

    Kritische Stimmen?

    Kritik erfährt die Branche und die EU von einem Hersteller mit Hasen-Logo, der sich mit seiner Meinung dazu aber nicht offiziell an die Öffentlichkeit gewagt hat. Diesem Hersteller gehen die nostalgischen Gefühle zu weit. Von der Konzernspitze konnte man hören: „Wir haben in den letzten Jahrzehnten so schöne Kessel-Designs entworfen, dass wir die alten und hässlichen Blechbüchsen doch wirklich nicht mehr sehen wollen. Wir lehnen diesen modischen Rückschritt daher auch aus ästhetischen Gründen ab.“

    Meinung der Redaktion

    Endlich kommt mal was Gutes von der EU. Es ist lange überfällig, dass alte Technik die gebührende Beachtung erfährt. Es reicht nicht aus, dass wir solche Heizungs-Schätze nur vereinzelt in Kessel-Museen zu Gesicht bekommen. Nur, wenn wir diese Technik täglich erleben und fühlen können, bleibt sie uns im Bewusstsein. Wer will schon effiziente Technik, wenn es auch nach alter Väter Sitte geht. Weiter so, EU, und vielleicht kriegen wir demnächst auch mal wieder DB-Dampfloks auf den Schienen und Postkutschen von Amazon zu sehen! Charme hätte es.