Es ist kompliziert: Die Anforderungen an die Sanitärarmaturen im Spannungsfeld zwischen europäischen und nationalen technischen Vorgaben werden immer aufwendiger, undurchschaubarer und finanziell unkalkulierbarer. Dies konstatierte die VDMA-Arbeitsgemeinschaft Sanitärarmaturenindustrie (VDMA: Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau) im Rahmen ihrer jährlichen Pressekonferenz in Frankfurt am 30. Oktober 2019. Insbesondere die europäische Chemikalienverordnung „Reach“, ein aktuelles Beispiel für die Überregulierungstendenzen in der EU, erweist sich als existenzielle Bedrohung für die deutsche Sanitärarmaturenindustrie.
Mit ihren Verwendungsverboten, die derzeit für die Stoffe Chrom VI und Blei verhandelt werden, könnte sie ganze Industriezweige dazu veranlassen, in Länder abzuwandern, die nicht den europäischen Richtlinien folgen müssen. Die innovative und nachhaltige heimische Produktion müsste aufgegeben werden. Daher fordern die Sanitärarmaturenhersteller ein Ende der Überregulierung in der Europäischen Union und stattdessen eine europäische Harmonisierungspolitik, die auf anerkannte nationale Regeln, etwa bei Materialanforderungen, zurückgreift.
Andreas Dornbracht, Vorsitzender des VDMA, informierte über die essenzielle Bedeutung der Verchromung für Armaturen: Das Galvanik-Verfahren mit der Chemikalie Chrom VI bzw. Chromtrioxid sorge nicht nur für den richtigen Glanz, sondern auch für Korrosionsbeständigkeit und Abriebfestigkeit, was beides für täglich genutzte Produkte im Kontakt mit Trinkwasser unerlässlich sei. Das Verfahren der Verchromung sei seit Jahrzehnten bewährt und fester Bestandteil bei der Herstellung von Armaturen.
Die Verwendung des Stoffes unterliege dabei strengen Arbeitsplatzgrenzwerten. Ist Chrom VI einmal auf die Armatur aufgebracht, sei es zwar völlig ungefährlich. Doch die Galvanik, bei der die Armatur in die als gesundheitsgefährdend eingestufte Chemikalie eingetaucht wird, könne für die Mitarbeiter eine potenzielle Gefahr darstellen. Das sei jedoch nicht der Fall, wenn der Prozess unter entsprechenden Schutzmaßnahmen ablaufe, etwa computer- und robotergestützt und eingehaust, sodass der Mitarbeiter überhaupt nicht mit den Chrom-VI-Bädern in Kontakt komme.
Wie geht es weiter mit dem Einsatz von Blei?
In Anbetracht der strengen Arbeitsschutzmaßnahmen in der deutschen Industrie forderte Dornbracht eine Berücksichtigung nationaler Arbeitsplatzgrenzwerte statt zentrale europäische Verbote aus Brüssel. Er stellte sich damit klar gegen die Thematisierung von Problemen, die hierzulande gar keine seien. Dies gelte insbesondere auch bei dem Thema Blei und seinen Grenzwerten: Hier gebe es eine Vielzahl von unterschiedlichen Verordnungen, Gesetzen und Richtlinien. Auf ein Material wie Blei könne man in der Herstellung nicht gänzlich verzichten aufgrund der Zerspanbarkeit: Blei in einer Legierung mache das Material weicher und ermögliche seine Bearbeitung, ohne dass es zerbricht.
Stefan Oberdörfer, Referent der Arbeitsgemeinschaft Sanitärarmaturenindustrie im VDMA, machte in seinem Vortrag deutlich, welche Zerreißprobe es für die deutschen Sanitärarmaturenhersteller bedeuten würde, wenn die deutsche Trinkwasserverordnung samt ihrer Positivlisten für Werkstoffe in Kontakt mit Trinkwasser durch EU-Vorschriften ungültig würde.
Da die im VDMA organisierten Vertreter der deutschen Sanitärarmaturenindustrie die Entwicklung der verbindlichen Werkstofflisten mit zahlreichen und aufwendigen Tests begleitet haben, gehe man davon aus, dass diese UBA-Vorgaben auch weiterhin Bestand haben.
Der Werkstoff Blei steht seit Mitte 2018 nun auch auf der Reach-Kandidatenstoffliste, was zur Folge haben könnte, dass seine weitere Verwendung künftig nur unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt ist. Oberdörfer schilderte weitere Details zum Thema Blei: „Bereits vor Jahren wurde Blei im Rahmen der sogenannten Classification-Labeling-Packaging-EU-Verordnung als gesundheitsgefährdend eingestuft – mit einem Grenzwert, der gerade einmal 0,3 % Blei in massiver Form, also etwa in einer Legierung, zulässt.“ Würde man diesen Grenzwert im Zuge der aktuellen Entwicklungen unter Reach als Voraussetzung für die weitere Verwendung festlegen, so wäre damit die UBA-Metallpositivliste größtenteils hinfällig.