SBZ: Herr Kuhrt, der September bietet lange, warme Tage, das Publikum aus NRW schwelgt noch in Ferienerinnerungen und das SHK-Handwerk weiß spätestens dann, dass es ein wirtschaftlich gutes Kalenderjahr für die Betriebe ist. Das sind doch beste Voraussetzungen für eine gute Messestimmung während der SHK Essen, oder?
Oliver P. Kuhrt: Ja, die Voraussetzungen sind wirklich gut. Wir haben mit dem September frühzeitig einen Termin gefunden, den die Branche auf breiter Basis akzeptiert und der alles andere als eine Notlösung ist. Es gibt sogar noch weitere Vorteile, wie beispielsweise den anstehenden Beginn der Heizperiode. Viele Betriebe werden die Messe nutzen, um Neuheiten vor Ort in Augenschein zu nehmen. Ich freue mich also, dass wir da gemeinsam mit dem Fachverband SHK NRW als ideellem Träger der Messe eine mehr als tragfähige Lösung gefunden haben.
SBZ: So ein Messetermin verschiebt sich ja nicht mal gerade eben, das ist schon eine schwerwiegende Entscheidung. Sie haben sich sehr früh dazu durchgerungen, die pandemische Entwicklung im Frühjahr hat gezeigt, dass Sie absolut richtig lagen. Was waren damals im Dezember die für Sie ausschlaggebenden Argumente für eine Verlegung der Messe?
Kuhrt: Das wichtigste Argument war Planungssicherheit für unsere Aussteller und Besucher und für uns. Ein Messeauftritt benötigt einen Vorlauf von mehreren Monaten und ist mit entsprechenden Kosten verbunden. Deshalb haben wir uns rechtzeitig für einen neuen Termin entschieden und so Druck von unseren Ausstellern und natürlich auch von uns als Veranstalter genommen. Die aktuelle Corona-Lage bestätigt uns in dieser Entscheidung: Wir sehnen uns nach der Rückkehr zur Normalität, aber Anfang März ist das noch nicht realistisch.
SBZ: Hatten Sie den Septembertermin bereits „als Ass im Ärmel“ als Ausweichmöglichkeit im Messekalender vorgesehen? Und was spricht in Ihren Augen für den Messezeitraum 6. bis 9. September?
Kuhrt: Wir wollten rechtzeitig auf der sicheren Seite sein. Es geht dabei nicht nur um die Frage, ob Messen erlaubt sind oder nicht, sondern auch um das Klima in den Unternehmen. Viele haben sich beispielsweise selbst Reisebeschränkungen auferlegt, um ihre Mitarbeiter zu schützen. Das wirkt sich dann natürlich auch auf Messen aus. Im Fall der SHK Essen war uns schnell klar, dass wir mit einer Verschiebung in den September kein Risiko eingehen, weil der neue Termin von der Branche vor dem Hintergrund der Pandemie ebenso gut angenommen wird wie sonst der März. Außerdem zeigen uns die Erfahrungen aus den vergangenen zwei Pandemie-Jahren, dass der September für Messen und Großveranstaltungen ein deutlich günstigeres Zeitfenster ist.
SBZ: Wie hat das Gros der Aussteller reagiert?
Kuhrt: Das Gros der Aussteller hat ausgesprochen positiv reagiert. Das gilt übrigens auch für das Handwerk, das die Mehrheit der Besucher bildet: Auch hier haben wir zahlreiche Rückmeldungen erhalten, die den neuen Termin ausdrücklich begrüßen.
SBZ: Was sind – neben dem deutlich angenehmeren Wetter im Spätsommer – für Sie weitere Punkte, auf die sich Aussteller und Besucher im September jetzt schon freuen können?
Kuhrt: Neben den Auftritten vieler SHK-Marken veranstalten wir auf der kommenden SHK Essen gemeinsam mit Partnern erstmals eine Reihe von Fachforen. Dort geht es um die zentralen Herausforderungen der SHK-Branche, die von Digitalisierung und Bildung über die Energiewende bis zur Hygiene in Innenräumen reichen. Für Aussteller ist das eine hervorragende Möglichkeit, sich ohne großen Aufwand und großflächigen Stand einem interessierten Publikum zu präsentieren. Die Besucher profitieren von einem praxisnahen Vortragsprogramm in Verbindung mit Produkten und Neuheiten. Wir sind uns sicher, dass wir damit ein attraktives Angebot geschaffen haben, das den aktuellen Themen der Branche Rechnung trägt und wichtige Impulse setzt.
SBZ: Was glauben Sie – auch mit den Erkenntnissen vergangener 2021er Messen – unter welchen hygienischen Bedingungen kann die Veranstaltung im September ablaufen?
Kuhrt: Das ist letztendlich eine politische Entscheidung, die sich im Moment schwer absehen lässt. Dabei geht es auch um die Frage, wann wir in Deutschland den Übergang von der Pandemie zur Endemie schaffen, wie er in anderen europäischen Ländern bereits vollzogen ist. Unsere Erfahrungen aus den vergangenen zwei Jahren zeigen aber ganz klar, dass im September auch unter den Bedingungen einer Pandemie große Messen mit vergleichsweise wenig Einschränkungen sicher möglich sind.
SBZ: Wollen Sie jetzt schon ausschließen, dass die Terminierung eine einmalige Sache bleibt oder können Sie sich vorstellen, wenn sich ein entsprechender Erfolg einstellt, den Termin im September zu belassen?
Kuhrt: Ausschließen möchte ich überhaupt nichts – erst recht nicht, solange die Corona-Pandemie unser Geschäft beeinflusst. Wir richten unsere Konzentration jetzt erstmal auf eine erfolgreiche Messe im September, und dann werden wir gemeinsam mit unseren Partnern und Ausstellern weitersehen. Eine längerfristige Perspektive in diese Richtung ist aber auch nicht ausgeschlossen.
SBZ: Ganz allgemein gefragt: Warum werden Messen als physische Veranstaltung auch in den kommenden Jahren und Jahrzehnten zum Marketingmix von Branchen wie dem SHK-Handwerk zählen?
Kuhrt: Weil der direkte, persönliche Kontakt sowohl für die Industrie als auch für das Handwerk durch nichts zu ersetzen ist. Gerade wenn es um die Beschaffung kostenintensiver und erklärungsbedürftiger Güter geht, wollen die Kunden das Produkt vorher in Augenschein nehmen und testen. Darüber hinaus sind Messen deutlich mehr als reine Produktschaufenster. Viele Unternehmen nutzen Messen, um bestehende Geschäftsbeziehungen zu pflegen und neue zu knüpfen. Außerdem sind Messen auch immer Medienmagnete und Anlass für eine umfassende Berichterstattung. Diese Benefits lassen sich durch andere Marketingmaßnahmen bestenfalls zum Teil kompensieren, aber niemals in Gänze. Speziell aus Sicht des Handwerks: Es gibt keinen vergleichbaren Anlass, zu dem man sich vor Ort bei so vielen Herstellern gleichzeitig über neue Produkte informieren und diese vergleichen kann.
SBZ: Welchen Stellenwert nehmen in dem Zusammenhang hybride Konzepte ein?
Kuhrt: Die Pandemie hat gezeigt, dass wir mit rein digitalen Messen sehr schnell an die Grenzen kommen. Bei hybriden Konzepten sieht es nochmal etwas anders aus – die können eine physische Veranstaltung an vielen Stellen sicher sinnvoll flankieren. Im Mittelpunkt wird aber immer das Erlebnis vor Ort stehen. Wir sehen das an fast allen unseren Fach- und Publikumsmessen: Je weiter die Digitalisierung voranschreitet, desto größer wird gleichzeitig die Sehnsucht nach einem realen Erlebnis. Wir nutzen die digitalen Kanäle daher, um das Vor-Ort-Erlebnis für unsere Kunden noch effizienter zu gestalten und digital zu verlängern. Dadurch erreichen wir beispielsweise Besucher, die wir vor einigen Jahren noch nicht erreicht hätten. Deshalb sehe ich in hybriden Konzepten und der Digitalisierung eine große Chance: Sie hilft uns, bei Messen noch effektiver und erfolgreicher zu werden.
SBZ: Herr Kuhrt, besten Dank für die Ein- und Ausblicke!
Info
Das Fachprogramm zur SHK Essen
Neben den Ausstellern bietet die SHK Essen mehrere Fachforen. Dort geht es um die zentralen Herausforderungen der SHK-Branche, die von Digitalisierung und Bildung über die Energiewende bis zur Hygiene in Innenräumen reichen. zu den großen Themen zählen ‚Treffpunkt Trinkwasser‘ und ‚Wasserstoff-Praxis‘. Zu den Fachforen gehören die Start-up-Area, der Campus SHK Bildung und die Plattform Wasserstoff-Praxis im Dialog (alle in Halle 2) sowie das 6. Deutsche Forum Innenraumhygiene mit dem Treffpunkt Trinkwasser (Halle 6). Für die fachliche Expertise sorgen die Bundesvereinigung der Firmen im Gas- und Wasserfach (figawa), der Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie, die VdZ – Wirtschaftsvereinigung Gebäude und Energie sowie der Fachverband SHK NRW, der auch ideeller Träger der SHK Essen ist. Die Foren bestehen jeweils aus einem Vortragsprogramm und Präsentationsflächen der Aussteller, die das Fachwissen praxisnah vermitteln.