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Völlig losgelöst von der Erde

Das ist mal ein ausdrücklich speziell gelagerter Sonderfall: Die US-Raumfahrtbehörde NASA sucht kreative Ideen für weltalltaugliche Toiletten. Dazu hat die Behörde einen Wettbewerb ausgerufen. Der beste Vorschlag erhält einen Preis von 20 000 Dollar. Von der Aktion erhoffe sie sich „radikal neue und andere Ansätze zur Sammlung und Lagerung menschlicher Abfälle“, erklärte die NASA. Insgesamt schreibt sie drei Preise über 20 000, 10 000 und 5000 Dollar für die interessantesten Entwürfe aus. Anstoß dafür gaben neu geplante Mondmissionen. So ist es Absicht, unter der Bezeichnung Artemis eine Mondlandung im Jahr 2024 zu realisieren.

Das, liebe SBZ-Leser, ist doch eigentlich ein wunderbares Spielfeld für die Keramiker auf Seiten der Sanitärbranche. Die Markenhersteller haben ja in der Vergangenheit mehrfach bewiesen, dass die Entwicklungsgeschichte des schlichten „Klos“ noch lange nicht auserzählt ist. Von spülrandlosen Keramiken bis hin zu technisch verspielten Dusch-WCs wurde der Innovationsfreude freier Lauf gelassen.

Die NASA-Toiletten sollen in der Landefähre zum Einsatz kommen, die 2024 zwei Astronauten zum Erdtrabanten bringen werde, heißt es. Die Konzepte müssen laut NASA viele Kriterien erfüllen: Unter anderem sollen sie auf dem Mond funktionieren, wo die Schwerkraft ein Sechstel der Erdanziehungskraft beträgt. Aber auch in der Schwerelosigkeit im All. Die Toiletten sollten klein und nicht lauter sein als eine herkömmliche Badlüftung, für alle Geschlechter funktionieren und sich in fünf Minuten reinigen lassen. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Vorgaben zum nötigen Fassungsvermögen. Ebenfalls gefragt: Konzepte, die es den Astronauten erlauben, sich zu erbrechen, ohne den Kopf in die Toilettenschüssel stecken zu müssen.

Raum für Innovation ist jedenfalls genug vorhanden. Die Astronauten der Apollo-Mission Ende der 1960er- und Anfang der 1970er-Jahre mussten teilweise Windeln tragen oder sich in Schläuche erleichtern. Eine Toilette für Frauen gab es damals überhaupt nicht. Heute benutzen die Astronauten auf der Internationalen Raumstation ISS einen Trichter mit einem Ventilator, der ihren Urin absaugt. Ihr großes Geschäft müssen sie aktuell aber immer noch selbst „eintüten“. Beschrieben wird dies als einer der lästigsten Aspekte des Lebens im Weltraum.

Aber mit diesen kläglichen Verhältnissen soll bei der nächsten NASA-Mission endgültig Schluss sein. Wenn die amerikanische Raumfahrtbehörde 2024 wieder Menschen auf den Mond bringt, soll zum ersten Mal auch eine Frau dabei sein. Mondlandungen waren stets auch Momente großer Gesten und pathetischer Worte. Neil Armstrongs erster Satz beim Verlassen der Landefähre im Jahr 1969 ist legendär. Das erste WC auf dem Mond dürfte es ebenfalls werden.

Nicht gerade vergnügungs­steuerpflichtig sind die ­aktuellen ­Versionen eines WCs für die ­Schwere­losigkeit.

Bilder: Getty Images / ALJ1; Getty Images / Vudhikul Ocharoen

Nicht gerade vergnügungs­steuerpflichtig sind die ­aktuellen ­Versionen eines WCs für die ­Schwere­losigkeit.

Info

Das muss ein Weltraum-WC können

Die NASA-Vorgaben für das Weltall-WC-Konzept sind unter anderem:

  • Es muss im Weltall und auf dem Mond funktionieren.
  • Es darf auf der Erde nicht mehr als 15 kg wiegen.
  • Es soll nicht mehr als 0,12 m3 Volumen einnehmen.
  • Es soll nicht mehr als 70 W Energie verbrauchen.
  • Die Toilette darf nicht lauter als 60 dB sein.
  • Sie soll für Männer sowie Frauen geeignet sein.
  • Einsendeschluss für die Einreichung der Toilettenentwürfe ist der 17. August 2020. Die SBZ bleibt am Ball. Wir sind gespannt, wer aus dem weiten Feld der WC-Hersteller mit einem eigenen Vorschlag aufwartet!