Überhaupt waren sich die Repräsentanten der drei Vertriebsstufen im hessischen Eltville in praktisch allen Tagesordnungspunkten einig. Nach Auffassung von Andreas Dornbracht muss der dreistufige Vertriebsweg überzeugende konzeptionelle und strategische Antworten darauf finden, dass sich die „Spielregeln am Markt sukzessive verändern“. Wie der VDS-Vorsitzende in seinem Statement am Ende der laufenden dreijährigen Amtsperiode des von der Mitgliederversammlung später einstimmig wiedergewählten Vorstandes erklärte, stellt gerade die zunehmende Brisanz des Themas Internetshops die Branche vor ihre bisher vielleicht größte Herausforderung. Das gelte weniger für die tatsächlichen Gefahren des Internets als Verkaufskanal, sondern primär für seine Bedeutung als Informationsschiene speziell im Sektor Preisbildung. Nachdem man mit Baumärkten inzwischen in einer „halbwegs friedlichen Koexistenz“ lebe, schaffe der Wettbewerb mit aggressiven Online-Anbietern neue Dimensionen.
Brisante Entwicklung
Im Rahmen des Wandels vom Verkäufer- zum Käufermarkt gehe es um die entscheidende Frage, ob die Verbraucher noch bereit seien, das von der Branche gebotene Mehr an Leistungen, Service und Qualität zu honorieren. Das prinzipielle „Ja“ knüpfte Dornbracht aber an die Bedingung, von Defensive auf Offensive umzuschalten. Dazu genüge es nicht, sich um ein besseres Google-Ranking zu bemühen. Nötig seien außerdem eine umfassende virtuelle Mehrwert-Präsentation und eine nachhaltige Badspezialisten-Profilierung des Fachhandwerks. Eine für 2012 geplante eigene Veranstaltung soll sich mit konkreten Lösungsansätzen beschäftigen.
Ausgebuchter Pilot
Als einen Qualifizierungs-Meilenstein für die Branche bezeichnete Dornbracht den in Kürze erfolgenden Praxisstart der Bad-Akademie. Nach Erarbeitung und Organisation der Lehrpläne bzw. -veranstaltungen feiere die produktneutrale und vertriebsstufenübergreifende Weiterbildungseinrichtung mit dem ausgebuchten Piloten im Februar 2012 ihre Premiere. Ihr primäres Ziel lasse sich gerade als Antwort auf die erheblich verschärfte Wettbewerbssituation in einem Kernsatz zusammenfassen: „Die Profi-Schiene bietet dem Kunden mit dem besten Personal den besten Weg zum besten Bad.“
Die systematische Öffentlichkeitsarbeit des Dachverbandes charakterisierte Dornbracht als „beständig höchst erfolgreich“. Das schlage sich nicht zuletzt in dem Gewinn des renommierten „PR Report Award 2011“ in der Kategorie „Langfristige PR-Strategie“ nieder, mit der sich die VDS sowie die Agentur Linnigpublic gegen namhafte Konkurrenz durchgesetzt hätten. Im Rahmen der überregionalen Badkommunikation spiele der „Tag des Bades“ eine zentrale Rolle. Er sei bei der Endverbraucherpresse inzwischen eine feste Termingröße. Generell verdiene die einzige gemeinsame Publikumsveranstaltung eine höhere Teilnehmerzahl speziell aus dem Handwerk. Über die Fortsetzung des „Tags des Bades“ war sich die Mitgliederversammlung rasch einig. Konkreter Termin der 8. Auflage ist der 15. September 2012. Nach Aussage des VDS-Vorstandsmitgliedes Hartmut Dalheimer ist das Industrieforum Sanitär auch 2012 zur finanziellen Unterstützung der Branchenveranstaltung bereit.
Differenziertes Quintett
Abschließend ging Dornbracht auf weitere Themen ein. Grundsätzlich solle an der Struktur der VDS als „Verband der Verbände“ nichts geändert werden. Ungeachtet dessen seien einzelne Projektkooperationen mit interessierten Organisationen und Firmen möglich. Trotz der vielfältigen Aktivitäten könne der Dachverband mit seinen begrenzten Ressourcen nicht alle Wünsche erfüllen. 2012 stünden fünf konkrete Aufgaben- und Arbeitsfelder im Mittelpunkt:
- Start und Positionierung der Bad-Akademie
- deutliche Verbesserung des Branchen-Stellenwertes und die Rückgewinnung der Hoheit in der Online-Kommunikation
- Preiskommunikation und gesteigertes Preisverständnis beim Verbraucher für das „Bad vom Profi“
- öffentliche Forcierung der gesundheitsfördernden Badaspekte
- aktive Weiterentwicklung der ISH und der Erlebniswelt Bad unter Wahrung des Charakters als Verbundmesse von Sanitär und Heizung.
Neues Fundament
Geschäftsführer Jens J. Wischmann informierte über aktuelle Marktforschungsresultate. In Summe dokumentieren sie „günstige Rahmenbedingungen“ für die Branche. Das bestätige etwa eine erste Analyse der im Herbst 2011 von der Gesellschaft für Konsumforschung im VDS-Auftrag erhobenen Basisstudie „Das Bad in Deutschland“. Die letzte vergleichbare Untersuchung stammt von 2006. Obwohl die Detailauswertung der für 36,5 Millionen deutsche Privathaushalte repräsentativen Befragung noch nicht abgeschlossen sei, lassen sich schon allgemeine Tendenzen erkennen:
- Die durchschnittliche Badgröße ist mit 7,8 m<sup>2</sup> unverändert.
- Bei den grundsätzlichen Badeinstellungen rangieren „uneingeschränkte Nutzbarkeit im Alter“ (81 %), „muss mich ganz und gar wohlfühlen“ (76 %) und „Ordnung durch Stauraum besonders wichtig“ (68 %) auf den Top-Plätzen.
- Die Badzufriedenheit nahm im Vergleich zu 2006 zu. Als wichtigsten Frust-Faktor ermittelte die Studie das veraltete, renovierungsbedürftige Bad (57 %).
- Das Wunschbad der Bundesbürger ist pflegeleicht (96 %), zweckmäßig funktional (90 %) und altersgerecht (88 %).
- Die aus Verbrauchersicht relevantesten Kriterien bei Informationssuche, Planung und Anschaffung sind „volle Berücksichtigung persönlicher Wünsche“ (69 %), Information und Beratung vom Fachhandwerker (66 %) und Festpreis (60 %).
- Altersgerechte Bäder: Die Profi-Schiene hält hier alle Trümpfe in der Hand. So spielt der Sanitär-Fachbetrieb bei der Informationssuche mit 74 % in einer eigenen Kompetenzliga. Weit abgeschlagen folgen „Beiträge in Zeitungen und Zeitschriften“ (34 %) und Architekten (28 %). Noch erheblich geringere Werte weise die Untersuchung für Internet (20 %) und Baumärkte (13 %) aus.
Andere neutrale Marktforschungsquellen liefern ebenfalls positive Nachrichten, ergänzte Wischmann. So nimmt das Bad gemäß der Studie AWA 2011 bei den Renovierungsabsichten der Bundesbürger ab 14 Jahre hinter der Küche Platz 2 ein. Danach wollen 4,5 Millionen Personen bis 2013 in den Sanitärbereich investieren. Und: Für gut 80 % der knapp 5,3 Millionen Renovierer, die die vom Fachschriften-Verlag initiierte Untersuchung „Der Private Baumarkt 2011“ erfasste, ist das Bad im Vergleich zu anderen Wohnungsräumen „sehr wichtig/wichtig“.
Volles Programm
Außerdem informierte Wischmann über eine Reihe weiterer VDS-Projekte. Die jeweiligen Status- und Planungsporträts im Telegrammstil:
- Bad-Akademie: Pilotveranstaltung (ab Februar 2012) ausgebucht; Buchungen für den ersten regulären Kurs (ab April 2012) liegen vor, aber noch sind Plätze frei; Lehrplanübersichten und Anmeldebogen unter <a href="http://www.sanitaerwirtschaft.de" target="_blank">http://www.sanitaerwirtschaft.de</a>; <a href="http://www.bad-akademie.de" target="_blank">http://www.bad-akademie.de</a> geht in Kürze ans Netz.
- Plattform <a href="http://www.gutesbad.de" target="_blank">http://www.gutesbad.de</a>: systematische Content-Pflege und Aktualisierung; Badkonfigurator mit Preisbeispielen und Leistungsbeschreibungen für Bäder verschiedener Preiskategorien in der Realisierungsphase.
- Internet: Appell zur stärkeren Verlinkung durch Industrie, Fachgroßhandel und Fachhandwerk auf <a href="http://www.gutesbad.de" target="_blank">http://www.gutesbad.de</a> mit dem Effekt eines wesentlich verbesserten Google-Rankings ohne Kosten; spezielle Facebook-Seite geplant; Themenvertiefung durch Branchenveranstaltung 2012.
- ISH 2013: Mitwirkung im Fachbeirat „Water + Wellness“, um Maßnahmen der Messe für die Erlebniswelt Bad auf die Brancheninteressen abzustimmen.
- Öffentlichkeitsarbeit: 2011 stehen etwa 6200 Einzelabdrucke mit einer verbreiteten Print-Auflage von 120 Millionen Exemplaren und über 350 Millionen Leserkontakten zu Buche; systematische Fortführung der PR-Aktivitäten.
- Weitere Projekte: Aufbereitung und Verwertung von Ifo-Marktdatenbericht und -Konjunkturbarometer; Broschüre „Bad-Marketing leicht gemacht“; Aktivitäten zum Kompetenzfeld barrierefreie Bäder; Badforum „Gesundheit und Bad“.
Kontinuität und Abschied
ZVSHK-Präsident Manfred Stather stellte in Eltville die geplante Kampagne der Berufsorganisation vor, um interessierten und qualifizierten Nachwuchs zu gewinnen und so dem drohenden Fachkräftemangel zu begegnen. Die Initiative sei mittelfristig angelegt und erfordere etwa 750000 Euro pro Jahr. Die Bitte, das Vorhaben finanziell zu unterstützen, beruhe auf der Tatsache, dass es hier um eine generelle Branchenaufgabe gehe.
Die nächste VDS-Mitgliederversammlung findet am 6. November 2012 im Kölner Raum statt. Im Plenum fehlen wird dann Franz Kook. Grund genug, den nach 41 Jahren Sanitärbranche Ende 2011 ausscheidenden Duravit-Chef in Eltville offiziell zu verabschieden. Dornbracht würdigte die Branchenverdienste von Kook, der von 1996 bis 2002 VDS-Vorsitzender war. Er habe maßgeblich zur Neupositionierung und Eigenständigkeit der Dachorganisation beigetragen. Mit seinem Namen sei das Beschreiten neuer Wege in der Öffentlichkeitsarbeit untrennbar verbunden. Dazu gehörten, betonte Dornbracht, die mediale Öffnung der ISH in Richtung Endverbraucher und der „Tag des Bades“. Und: „Franz Kook verstand es immer, die manchmal divergierenden Interessen der Vertriebsstufen charmant und zielgerichtet zusammenzufassen und die Branche auf ihr gemeinsames Anliegen einzuschwören.“ Den Dank dafür gab es in Form eines persönlichen Geschenkes – anhaltenden Applaus der Versammlungsteilnehmer inklusive.
INFO
Sanitärumsätze 2011 plus 3 %
Auf Basis der in Eltville präsentierten jüngsten Ifo-Schätzungen klettert der Umsatz der Sanitärwirtschaft 2011 um nominal 3,5 % auf 17,8 Milliarden Euro (2010: 17,2 Milliarden Euro). Während im Inland ein Plus von knapp 3 % auf 14,4 Milliarden Euro (nach 14,0 Milliarden Euro) zu erwarten sei, sollen die Verkaufserlöse im Ausland um etwa 6 % auf 3,4 Milliarden Euro (nach 3,2 Milliarden Euro) steigen. Insgesamt bleibe damit der Aufwärtstrend nach der schon im Vorjahr kräftigen Belebung stabil.
Trifft die Prognose des Münchener Institutes zu, kann die Branche 2012 mit einem weiteren Wachstum von ca. 3 % auf dann 18,3 Milliarden Euro rechnen.