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Mittendrin statt nebenher

Ein bekanntes Bild: Während sich der Geselle beim Kunden vorstellt, läuft der Azubi schon mal zum Auto und dann, ohne dem Kunden vorgestellt zu werden, mit Teilen und Werkzeug voll bepackt durch dessen Revier. Wer ist das? Was macht der da? Kann der das überhaupt? Solche Fragen gehen manchem Kunden durch den Kopf und er bleibt dem Azubi gegenüber skeptisch. Gleichzeitig fühlt sich der Azubi nicht für voll genommen. Das ist weder für den Kunden noch für den Azubis wirklich zufriedenstellend. Aber es geht auch anders.

Professionelles Auftreten von Anfang an

Um Vertrauen beim Kunden aufzubauen, ist es wichtig, dass sich die Handwerker als ein Team präsentieren. Dazu gehört eine einheitliche, gepflegte und passende Berufskleidung sowie Überschuhe. Ein schönes Zeichen der Wertschätzung ist außerdem, wenn der Kollege den Azubi und den Kunden miteinander bekannt macht: „Herr Meier, das ist Benjamin Huber, er ist im dritten Lehrjahr und wird uns heute hier unterstützen!“ So informiert, erlebt der Kunde den Azubi als Bereicherung des Teams und kann ihm vertrauensvoll gegenübertreten. Der Azubi fühlt sich anerkannt, eingebunden und motiviert, diesen Vorschusslorbeeren zu entsprechen.

Eine eigene Visitenkarte für den Azubi bedeutet eine weitere Aufwertung und macht den Nachwuchshandwerker stolz. Sie zeigt, dass das Unternehmen hinter ihm steht, und erzeugt Loyalität. So kann er sich auch aktiv beim Kunden selbst vorstellen, was einen professionellen Eindruck macht. Während der Auftragsphasen beim Kunden sollte der Azubi je nach Wissens- und Erfahrungsstand in die Arbeiten einbezogen werden. Ein Notizbuch, in das er Stichpunkte und Skizzen eintragen kann, ist ein wichtiger Begleiter. Ebenso gibt ihm ein fortlaufend geführter Beurteilungsbogen Orientierung, wo er steht, wo er sich verbessert hat und wo er noch lernen kann.

Dabei sein ist alles

Manchen Kunden ist nicht klar, wie und ob die Arbeit des Azubis sich in der Rechnung womöglich niederschlägt. Deshalb empfiehlt es sich, den Kunden offen darüber aufzuklären. Wenn der Kunde über die Abläufe und die Leistungen informiert wird, sollte der Azubi dabei sein und so Bescheid wissen, welche Arbeitsschritte anstehen und was dem Kunden wichtig und zu berücksichtigen ist. So kann der Azubi gleich beim Kunden punkten, indem er die Laufwege abdeckt, um das Eigentum des Kunden vor Schmutz und Kratzern zu schützen.

Nach Erledigung des Auftrags ist die Besprechung und Abnahme mit dem Kunden ein wichtiger Vorgang. Auch hier sollte der Azubi dabei sein und erleben, welche Fragen der Kunde hat, wie er mit der Arbeit zufrieden ist. So lernt er, ein Gefühl für den Kunden zu bekommen. Dazu gehört auch, dass sich der Azubi persönlich verabschiedet, anstatt einfach mit dem Müllsack zu verschwinden.

Von Vorbildern und durch Feedback lernen

Wird der Azubi in das Geschehen miteinbezogen, geht er mit dem Bewusstsein nach Hause, etwas geleistet und zu einem erfolgreichen Projekt beigetragen zu haben. Das macht ihn zufrieden und bringt ihm wichtige Einsichten in die Perspektive des Kunden. Gerade bei anspruchsvollen Kunden ist es wichtig für ihn, zu erleben, wie auch diese zufriedengestellt und wie möglicherweise Reklamationen konstruktiv gelöst werden können. Natürlich haben hier Geselle und Meister eine permanente Vorbildfunktion.

Die Rückfahrt bietet eine gute Gelegenheit, den Auftrag Revue passieren zu lassen und dem Azubi Feedback zu seiner Arbeitsleistung und seinem Verhalten zu geben. Hierbei sollte der Fokus darauf liegen, was er gut gemacht hat und wo er sich noch verbessern kann.

Die Art und Weise, wie über den gerade abgewickelten Auftrag und den Kunden im Team gesprochen wird, ist wichtig und wird sich auf den Nachwuchshandwerker übertragen. Kunden-Bashing – also scharfe Kritik und abfällige Äußerungen über Kunden – ist absolut tabu. Auch nach wirklich herausfordernden Situationen ist es wichtig, Distanz zu wahren und korrekt zu bleiben. Kommentare im Betrieb über Kunden oder über gerade nicht anwesende Kollegen sind ein Maßstab für die Unternehmenskultur und den allgemeinen Umgang miteinander.

Konstruktive Fehlerkultur

Vergessen Sie nie, dass Ihre Auszubildenden noch in der Lehre sind. Lernen ist nicht möglich, ohne Fehler zu machen. Auch ausgebildeten Fachkräften können noch Fehler unterlaufen. Sind Fehler aufgetreten, klären Sie im Vier-Augen-Gespräch zuerst den Sachverhalt. Hören Sie alle Seiten. Loben Sie die Offenheit Ihrer Leute, zu dem Fehler zu stehen. Fragen Sie den betreffenden Mitarbeiter nach seiner Lösung, seiner Idee, den Fehler in Zukunft zu vermeiden. Diskutieren Sie Fehler auch im Team und entwickeln Sie gemeinsam Alternativen und Maßnahmen, damit es in Zukunft besser läuft. Zeigen Sie sich menschlich. Aber auch konsequent. Auch dieses vorbildhafte Verhalten hat eine direkte positive Auswirkung auf die Lernfreude Ihrer Azubis.

Eine Veränderung von Verhaltensweisen, wie zum Beispiel mehr Sorgfalt, Ordnung, Umsicht oder Freundlichkeit dem Kunden gegenüber, wird beim Auszubildenden nachhaltig glücken, wenn er die Erfahrung macht, dass seine Verhaltensänderung ihm persönlich einen Nutzen bringt. Dieser Nutzen wird z. B. in Form von angenehmerem und leichterem Arbeiten, weniger Stress oder mehr Lob und Anerkennung, auch vom Kunden, erkennbar.

Anerkennung stärkt die Einsatzbereitschaft

Damit der Azubi auch von der Kundenseite wertvolle Impulse bekommt, ist es wichtig, ihm Kundenfeedbacks zu zeigen bzw. ihn darüber zu informieren, damit er weiß, wie Kunden zufriedenzustellen sind, aber auch wo Kritikpunkte und Fallen liegen. In regelmäßigen Teambesprechungen sollte er dabei sein und so in die Sichtweise und Erfahrungswelt des Kunden hineinwachsen. Ständiges gemeinsames Lernen und Sich-Weiterentwickeln sollte für alle im Betrieb die verbindende Haltung sein. Schließlich ist er nicht der einzige Lernende im Betrieb, nur der jüngste.

Eine wertschätzende Haltung dem Azubi gegenüber stärkt seine Lernfreude und seinen Stolz, in einem richtig guten Betrieb arbeiten zu können, ein vollwertiger Teil von einem Ganzen zu sein. So wird er zum Botschafter seines Betriebs und kann andere wertvolle Fachkräfte anziehen.

Info

Was Mitarbeitern wichtig ist

Eine angemessene Bezahlung ist nur ein Kriterium für Zufriedenheit am Arbeitsplatz. Darüber hinaus gibt es eine Reihe weiterer wichtiger Faktoren, die auch dazu beitragen, dass Azubis dabei bleiben und Ihr Team in Zukunft engagiert verstärken:

  • Spaß an der Arbeit
  • Anerkennung
  • individuelle Entfaltungsmöglichkeiten, persönliche Weiterentwicklung
  • Rückhalt im Team
  • wertschätzender Umgangston
  • Balance zwischen Berufs- und Privatleben

Das Unternehmen, in dem man arbeitet, sollte idealerweise die Rahmenbedingungen schaffen, dass Arbeitszeit auch als sinnvoll verbrachte Lebenszeit empfunden wird. So sichern Sie die langfristige Leistungsbereitschaft Ihrer Auszubildenden und Mitarbeiter.

Tipp

Mehr zum Thema

Wie Sie den betrieblichen Nachwuchs fördern und sich als Ausbildungsbetrieb bzw. Arbeitgeber so aufstellen, dass Bewerber den Weg zu Ihnen finden und dann auch bleiben, lesen Sie auch im Artikel „Wer den Azubi nicht ehrt ...“ in SBZ 20/2018.

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Sind Sie ein lehrlingsfreundlicher Arbeitgeber?

Wie attraktiv ist Ihre Firma für Auszubildende und junge Fachkräfte? Um das zu prüfen, empfiehlt es sich, folgende Fragen zu beantworten:

  • Wie ist Ihr Umgang miteinander im Allgemeinen und mit Azubis im Besonderen?
  • Wie werden Mitarbeiter und Azubis in gemeinsame Ziele eingebunden und darüber informiert?
  • Wie gestalten Sie den Umgang mit Fehlern?
  • Wie werden Anregungen vom Team, auch von den Jüngsten, abgerufen und honoriert?
  • Wann und worüber wird miteinander gesprochen?
  • Finden Gespräche nur statt, wenn es brennt oder etwas schiefgelaufen ist, oder gibt es regelmäßige Gesprächsrunden mit Austausch über gemeinsame Erfolge und Verbesserungspotenziale?
  • Wie wird mit Kundenfeedback umgegangen?
  • Mit welchem Gesicht gehen Sie morgens in Ihr Unternehmen? Und Ihre Mitarbeiter?
  • Wie starten Sie gemeinsam in den Tag? Zum Beispiel mit einem gemeinsamen Frühstück im Betrieb jeden Freitag?
  • Wie ist die persönliche Einstellung zum Kunden und wie hoch die Identifikation mit der eigenen Aufgabe und dem Unternehmen?

Fragen Sie mal direkt Ihre Belegschaft: Worauf sind wir in unserem Betrieb stolz? Was macht uns aus? Wovon erzähle ich in meiner Freizeit, was mein Unternehmen betrifft? Welche Antworten werden Sie wohl hören? Sie werden erstaunt sein!

Buchtipp

Umberta Andrea Simonis: „Sicher und sympathisch beim Kunden auftreten“

Der Ratgeber für Azubis führt durch einen kompletten Arbeitstag vom Aufstehen bis zur Rückfahrt von der Baustelle in den Betrieb. Auf 92 Seiten mit 65 Fotografien wird anschaulich beschrieben, was im Umgang mit Kunden, Kollegen und Chef richtig ist und was gar nicht geht. So gewinnen Azubis mehr Sicherheit und mehr Spaß am Arbeitsalltag. Für Ausbilder und Chefs liefert der Ratgeber wertvolle Impulse für ein nachhaltiges Fördern der zukünftigen Leistungsträger.

4. Auflage, Juni 2018, 17,80 Euro

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Autor

Umberta Andrea Simonis ist Inhaberin der Simonis ServiceKultur und Spezialistin für Service- und Unternehmenskultur im Handwerk. www.simonis-servicekultur.de