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Expertenrat: Aufklärungspflicht gewissenhaft nachkommen

Heizungswasser ist nicht gleich Heizungswasser. Zwar macht die VDI 2035 einheitliche Angaben zur Aufbereitung von Füll- und Ergänzungswasser, aber trotz der schriftlichen Fixierung prägt die Praxis nach wie vor Unsicherheit beim ausführenden Handwerk. Das möchte der Verein der Sachverständigen der SHK-Gewerke Niedersachsens VSHK ändern. Der Auftakt dazu gelang mit einer Fachtagung in Sarstedt (bei Hannover). Die hohe Besucherzahl von 75 Teilnehmern in den Räumen des Großhändlers Wiedemann belegte, wie sehr das Thema ein Brennpunkt im Alltag der Heizungsbauer ist. Die Veranstaltung brachte Handwerk und Industrie zusammen, unter den Gästen waren zum Beispiel mehrere Personen, die aktuell an der Überarbeitung der VDI 2035 mitwirken.

„Wir möchten Klarheit schaffen oder zumindest den Versuch dazu starten“, brachte der VSHK-Vorsitzende Wolfgang Günter den Anspruch der Tagung auf den Punkt. Denn selbst unter Sachverständigen werden das Thema und seine Auswirkungen nicht immer einheitlich gleich gesehen. Das ist gerade bei der Bewertung von Schadensfällen mitunter problematisch: „Wir brauchen eine sichere Basis und Fakten“, pflichtete ihm Rolf Klockow bei, Referent Technik beim Fachverband SHK Niedersachsen. „Nur so können wir unser Gewerk draußen sachgerecht vertreten.“

Wessen Vorgaben entspricht das Füllwasser?

Die Ursachen für die Unsicherheit bei der Aufbereitung von Füll- und Ergänzungswasser sind vielschichtig. Die unterschiedlichsten Faktoren üben Einfluss auf das Umlaufwasser aus. Neben den Werkstoffen im Kessel und anderen verbauten Komponenten sind die Nachspeisung und ein möglicher Sauerstoffeintrag Punkte, die Fachhandwerker beachten sollten. Schließlich haften sie für das Gewerk an sich, nicht für einzelne Bauteile im Heizungssystem. Eine trügerische Sicherheit vermittelt die Aussage: Das Füllwasser entspricht den Vorgaben. Wer diese Aussage hinterfragt, gelangt schnell an einen entscheidenden Knackpunkt in der Thematik: Wessen Vorgaben entspricht das Füllwasser? Denen vom Hersteller des Wärmeerzeugers, vom Anbieter anderer Komponenten? Den Vorgaben der VDI 2035? Den Angaben der Lieferanten von Anwendungen zur Füllwasseraufbereitung?

Es ist genau diese Gemengelage, die Ausführung oder Bewertung der Leistung auf fachliche Richtigkeit hin mitunter sehr schwierig macht. Letztlich verbleibt die Aufgabe beim Fachhandwerk, die verschiedenen Interessen und Garantie- bzw. Gewährleistungsbedingungen zusammenbringen. Die Entscheidung „Enthärtung oder Entsalzung“ ist somit gar nicht so einfach zu beantworten.Das fängt schon beim Durcheinanderwerfen der Begriffe Aufbereitung und Behandlung an. Mit Aufbereitung des Heizungswassers ist gemeint:

  • Enthärtung
  • Entsalzung.

Das sollte nicht mit der Bezeichnung Behandlung verwechselt werden. Sie steht für die Verwendung von

  • Inhibitoren.

Diesen und weiteren Punkten nahm sich zur Veranstaltung in Sarstedt der Vortrag der Gastrednerin Dr.-Ing. Beate Heisterkamp an. Die Inhaberin des Unternehmens Materials Consulting (Werkstoffberatung) stellte unter anderem verschiedene Schadensursachen von Heizungsanlagen vor und schlüsselte die Hintergründe auf.

Bei Bestandsanlagen Kunden über Risiken aufklären

Die Fachtagung schloss eine breit angelegte Podiumsdiskussion ab. Ein Gesichtspunkt war: Losgelöst von der Zahl der Regelwerke, die Einfluss auf die Beschaffenheit von Füll- und Ergänzungswasser nehmen, gibt es große Unterschiede zwischen der Befüllung von Neuanlagen und Arbeiten an bestehenden Systemen. Gerade das Befüllen von Bestandsanlagen ist – aus welchen Gründen auch immer – leider nicht ohne Risiko für SHK-Fachunternehmer. Denn zu viele Faktoren wirken ein, das Ergebnis ist nicht exakt vorhersehbar. Wer als Fachmann in eine Bestandsanlage eingreift und weiß, welche negativen Folgen sich daraus ergeben könnten, der ist rechtlich dazu verpflichtet, den Kunden entsprechend aufzuklären. „Ich kann das Restrisiko, das ein Kunde beim Betreiben einer älteren Heizungsanlage hat, eben nicht ausschließen“, sagte dazu der Jurist Dr. Hans-Michael Dimanski. Er empfahl, sich diese Aufklärung schriftlich bestätigen zu lassen. Zum Beispiel in Form einer Haftungsfreistellung, wie es etwa Ärzte vor Operationen so handhaben.

Es sei von entscheidender Bedeutung, die Hinweis- und Aufklärungspflichten ausreichend ernst zu nehmen: „Dann sind Sie sind haftungsrechtlich nicht in der Bredouille, wenn sie sich an einer Altanlage die größte Mühe geben, dem Kunden zu helfen. Wenn Sie das ganze Spektrum abspulen, was da technisch notwendig ist.“ Erfolgt die Aufklärung der Kunden nicht, könnte daraus im Schadensfall ein Haftungsproblem für Handwerker werden. Denn, so der Jurist weiter, eine der ersten Fragen vor Gericht laute immer: „Sie sind doch der Fachmann, haben Sie den Kunden darüber aufgeklärt, was alles passieren könnte, wenn man in eine Bestandsanlage eingreift?“ Schriftlich fixieren sollte man darüber hinaus auch die Übergabe einer Anlage am Tag der Abnahme. Fachbetriebe können sich absichern mittels eines gegengezeichneten Protokolls – am besten mit Messwerten – zur Beschaffenheit des Heizungswassers. Dazu bietet sich die Kombination mit einem Hinweis auf nötige Wartungen an – eventuell sogar direkt mit einem Angebot. Denn wenn Ergänzungswasser nachgespeist wird, sollte es in der Hand des Fachbetriebs liegen, die Beschaffenheit per Analyse zu überwachen und zu protokollieren.

tipp

Checklisten

Eine wichtige Botschaft der Tagung lautete: Das Fachhandwerk benötigt Checklisten, um zu entscheiden, ob und welcher Art ein besonderes Füll- bzw. Ergänzungswasser für die Heizungsanlage benötigt wird. Denn kommt es wider Erwarten zu Störungen oder Schäden, steht der Fachbetrieb als erster Ansprechpartner für den Betreiber in der „Schusslinie“, er wird vom Kunden zur Verantwortung gezogen. Dabei ist es gleichgültig, ob der Fehler vom Handwerker verschuldet wurde oder nicht. Eigene Listen sind eine Möglichkeit, Stolpersteine rechtzeitig zu erkennen und zu vermeiden.

Info

Regelwerke

Folgende Regelwerke üben Einfluss aus auf die Beschaffenheit des Heizungswassers:

  • DIN EN 14868: Korrosion von Werkstoffen in geschlossenen Kreisläufen
  • VDI 2035: Teil 1 und Teil 2
  • AGFW FW 510: Contracting / Fernwärme (Angaben vom Energieeffizienzverband für Wärme, Kälte und KWK)
  • DIN EN 14336: Spülen (mit Verweis auf VDI 2015).