Es begann mit dem Anruf eines Facility-Managers bei Michael Schmitt: Ein Rohrbruch in einem mehrgeschossigen Wohnbau war zu orten. Die Leckage konnte bisher nicht gefunden werden, sie wurde in der Erdgeschosswohnung vermutet. Eine Ortung mit anschließender Bohrung blieb erfolglos, das Loch unentdeckt.
Installateur Michael Schmitt aus Köln übernimmt den Fall. An seiner Seite befindet sich eine ungewöhnliche Begleitung: seine Spürhündin Luna. Die entdeckt, dass die Leckage nicht in der Erdgeschoss-, sondern in der Dachgeschosswohnung ist. Schmitts Techniker bohrt, das Mauerwerk ist feucht, aus dem Rohr sprudelt Wasser heraus. Damit beginnt die Geschichte einer Hündin, die sich Schmitt eigentlich nur privat anschaffte, weil seine beiden Söhne ihn dazu ermunterten.
Australian Shepherd in Arbeit
Schmitt leitet zusammen mit seinem Partner Cyrus Pakulat die PS Gebäudetechnik GmbH in Köln. Das Unternehmen ist tätig in den Bereichen Heizung, Sanitär, Lüftung, erneuerbare Energien und Elektro. „Jährlich haben wir 700 Rohrbrüche“, sagt Schmitt. Davon werden 90 % mit gesundem Menschenverstand, 5 % durch Leckage-Unternehmen und eben weitere 5 % durch seine Hündin entdeckt. Luna, die weibliche Australian Shepherd, ist seit 2016 darauf konditioniert, Schimmel und Leckagen zu finden. Das intelligente und agile Tier ist für den Installateur etwa einmal pro Woche im Einsatz.
Ein Australien Shepherd ist eigentlich ein Hüte- und Treibhund für Rinder und Schafe. Seine Wurzeln sind in Australien zu finden. Experten verleihen ihm das Attribut „Arbeitshund mit starkem Schutztrieb“.
Begehung des Raumes
Bevor die Hündin zum Einsatz kommt, begeht Schmitt die Räumlichkeiten des vermuteten Rohrbruchs. Es muss im Vorfeld gewährleistet sein, dass Luna überall Zugang hat. „Es dürfen keine Haustiere anwesend sein, denn die Hündin möchte bei ihrer Arbeit nicht gestört werden“, betont der Installateur. Um Luna nicht in Gefahr zu bringen, dürfen auch keine elektrischen Leitungen offen liegen. „Sämtliche Kunden sind einverstanden, dass ich mit Luna komme“, beschreibt Schmitt die Wirkung der ungewöhnlichen Suchmethode. Natürlich wird der Kunde vorher informiert. Es könnte ja auch sein, dass Allergien den Zutritt eines Hundes nicht erlauben.
Kommando für Luna
„Für Luna ist der Einsatz wie ein Spiel“, erklärt der SHK-Unternehmer. Vor Ort nimmt der Installateur das Tier zwischen seine Füße, den Kopf nach vorne und befiehlt: „Such!“ Er lässt die Hündin los, die schnell und akribisch alles absucht. Hat sie die Stelle gefunden, an der Schimmel oder die Leckage zu suchen ist, bleibt sie dort regungslos stehen. Mit einem Klicker beendet Schmitt das abrupte Stillhalten der Hündin. Sie läuft zu ihrem Herrn und erhält ein Leckerli. Luna kann ungefähr 15 bis 20 Minuten konzentriert arbeiten. Die meisten Rohrbrüche findet sie unter zwei Minuten. „Nach dem Sucheinsatz legt sich Luna hin und ist ganz platt“, so Schmitt über den Arbeitseifer des Tieres.
Statt den Hund zwischen die Beine zu nehmen, könnte auch das Geschirr gewechselt werden, wie es zum Beispiel die Polizei macht. Statt eines Leckerli könnte dem Hund nach getaner Arbeit auch ein Spielzeug gegeben werden.
Günstiger als herkömmliche Leckagesuche
Für den Einsatz von Luna berechnet Schmitt 380 Euro plus Mehrwertsteuer. Den Kunden komme die tierische Spürnase günstiger als ein beauftragtes Leckage-Unternehmen, heißt es. „Leckage-Unternehmen müssen auch dann bezahlt werden, wenn sie nichts gefunden haben“, gibt Schmitt zu bedenken. Bei Unsicherheiten werde oft an der falschen Stelle großzügig gebohrt, das brauche aber niemand. Nach Lunas Suchvorgang hingegen reiche es, ein kleines Loch zu bohren.
Der Erfolg gibt der Hündin recht: Luna kann laut Besitzer zu 98 Prozent alle Schimmel- bzw. Leckagefälle lösen. Mit Einschränkungen: „Wenn sie läufig ist, zeigt sie Blödsinn an“, erklärt Schmitt. Es habe auch keinen Sinn, die Hündin einzusetzen, wenn der ganze Raum unter Wasser stehe.
Ausgeprägte Riechzellen
Gerne zieht Schmitt zur Beschreibung der ausgeprägten Riechzellen eines Hundes ein Gericht heran: „Der Mensch riecht die Gemüsesuppe, der Hund, was in der Gemüsesuppe enthalten ist.“ Grundsätzlich könne jeder Hund auf bestimmte Gerüche konditioniert werden. Beispiele dafür gibt es viele wie der Einsatz bei der Polizei für Drogen, Schmuggelware und neuerdings auch für Corona beweist.
Obwohl natürlich Luna bei allen Mitarbeitern im Betrieb herzlich willkommen ist, bleibt die (Beziehungs-)Arbeit mit Luna dem Geschäftsführer selbst überlassen. „Es ist immer ein Mensch-Tier-Team“, sagt Schmitt.
Der Installateur bildete Luna mithilfe eines ehemaligen Polizei-Hundeführers aus. Regelmäßig trainiert Schmitt sie weiterhin. Dafür gibt es eine „Trainingsbank“, aus mehreren Gefäßen muss die Hündin das Gemisch aus Putz und Estrich erschnüffeln, das sie dann auch bei Rohrbrüchen vorfindet. Einmal sind beide sogar in einer TV-Show aufgetreten. Witzig: Bei der Show musste der Hund zweimal antreten, weil der Moderator zuerst nicht den Fähigkeiten Lunas traute. Sie hat eben doch ein ungewöhnliches Talent.
Luna emotionalisiert
„Wir sind fast 20 Jahre am Markt“, sagt Co-Gründer Schmitt. Derzeit arbeiten bei PS Gebäudetechnik 25 Mitarbeiter (ps-gebaeudetechnik.de). Pro Lehrjahr werden sieben bis acht Auszubildende ausgebildet. „Wir übernehmen die Azubis wegen des hohen Fachkräftemangels nach ihren Lehrjahren“, stellt Schmitt in Aussicht. Der Hund emotionalisiert deshalb nicht nur Kunden, sondern eben auch junge Leute, die einen Ausbildungsbetrieb suchen. Den Werbeeffekt nimmt Schmitt regelmäßig wahr – und verstärkt ihn positiv. Der Hund kommt auf die Homepage, aufs Auto, in klassische und soziale Medien. Als der Geschäftsführer noch nicht „auf den Hund gekommen“ war, publizierte er nicht weniger als zwei Fachbücher zur Werbung.
Hilfe für Kollegen
Kollegen aus der Branche fragen mittlerweile auch an, wenn sie Hilfe bei der Suche von Leckagen benötigen. „Einmal sollte ich mit Luna sogar nach Mallorca fliegen, was ich ablehnte“, erzählt der Unternehmer. Aber das Thema Spürnase lässt ihn dennoch nicht los. Michael Schmitt hat schon eine konkrete Vorstellung davon, was er nach seinem aktiven SHK-Berufsleben machen möchte: Assistenzhunde ausbilden und an die verschenken, die es sich nicht leisten können.(cm)