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Sicherheit für Flüssiggastanks

Einmal „abhorchen“ bitte!

Seit September vor gut eineinhalb Jahren ist ein neues Spezialfahrzeug im Einsatz, das auf der Ladefläche einen Tank für Flüssiggas installiert hat. Ein weiteres Folgefahrzeug geht derzeit bereits in Betrieb. Eine geringe Menge Flüssiggas wird in Gasphase mitgebracht, um den Stahlbehälter für die akustische Prüfung unter Druck zu setzen.

Die Idee zu diesem neuen Vorgehen hatte die Fachabteilung selbst entwickelt und den Kauf des Tankfahrzeugs initiiert.
Denn üblicherweise kommen Fahrzeuge zum Einsatz, die das flüssige Propan-Butan-Gemisch aus dem Tank herauspumpen und über einen Schlauch zum Fahrzeug führen, wo es erhitzt und verdampft wird. Das gasförmige Gemisch wird dann über einen zweiten Schlauch zurück in den Tanks geleitet.

Weniger Aufwand, Risiken und Störsignale

Dieses neue Verfahren hat indes einige Vorteile:

  • Es müssen nicht zwei Schläuche angeschlossen und wieder entfernt werden, sondern nur einer für die Gasphase. Das spart Zeit bei der Prüfung, sodass die Anlage schneller wieder in Betrieb genommen werden kann.
  • Der verbliebene Schlauch führt dem Tank lediglich das gasförmige Gemisch bei Umgebungstemperatur zu, was weniger Risiken birgt.
  • Anders als bei der bisherigen Prüfung spielt es keine Rolle, wie voll der Flüssiggastank ist. Bislang musste der Betreiber gewährleisten, dass der Tank zum Zeitpunkt der Prüfung zu mindestens 25 % gefüllt ist. Bisweilen konnte dann nicht geprüft werden, weil der Tank nicht voll genug war. Ein zweiter Prüftermin verursacht dann zusätzliche Kosten.
  • Ob der Stahltank in Ordnung ist, wird mit hochsensiblen Sensoren festgestellt, die auf die Außenhülle des Tanks aufgebracht werden und mechanische Bewegungen (akustische Schwingungen) detektieren (Infokasten). Strömt flüssiges Gas in den Tank, führt das zu Rauschen und lokale Temperaturänderungen führen zu Störgeräuschen. Diese erschweren nicht nur die Auswertung der Daten, sondern erfordern den Einsatz von drei Sensoren. Insbesondere bei erdverlegten Tanks kann das mit Bodenaushub verbunden sein, um den dritten Sensor am Tank anzubringen. Im Gegensatz dazu entstehen jetzt kaum noch Störgeräusche. Bei der Prüfung sind deshalb lediglich zwei Sensoren notwendig, die sich auch bei erdverlegten Tanks einfach am Domschacht anbringen lassen.
  • In der Praxis bewährt

    Seit Inbetriebnahme im September 2020 hat sich das neue Tankfahrzeug von TÜV Süd schon bei vielen Einsätzen bewährt – unter anderem bei einem erdverlegten Tank im Großraum München mit einem Fassungsvermögen von 2700 l. Der Stahltank ist seit rund 30 Jahren in Betrieb und zum Schutz vor Korrosion mit einer Schicht aus Epoxidharz ummantelt. Diese wird bei der Prüfung durch das Anlegen einer elektrischen Spannung ebenso auf Mängel und Schäden geprüft wie auch das Sicherheitsventil, die Überfüllsicherung und andere Schutzeinrichtungen. Hierfür benötigte Prüf- und Messgeräte finden ebenfalls Platz im neuen Fahrzeug.

    Der Stahlbehälter wies keine gravierenden Mängel auf und kann bis zur nächsten Prüfung sicher verwendet werden – so wie die meisten Tanks, die TÜV Süd in den vergangenen Jahren geprüft hat. Lediglich bei 1 % der Stahlbehälter stellen die Sachverständigen fest, dass der Tank das Ende seiner Nutzungs- und Lebensdauer erreicht hat. Meist sind es Schweißnähte, die nach vielen Betriebsjahren und den fortwährenden Druckschwankungen nachgeben oder andere Mängel aufweisen. Auch das Stahlgefüge ändert sich im Laufe der Zeit. Das kann dazu führen, dass die Tankwandung punktuell geschwächt wird. Für das laufende Jahr ist das bestehende Prüffahrzeug bereits ausgebucht und bundesweit im Einsatz.

    Eine geringe Menge Flüssiggas wird in Gasphase mitgebracht, um den Stahlbehälter für die akustische Prüfung unter Druck zu setzen.

    Bild: TÜV Süd / Victor

    Eine geringe Menge Flüssiggas wird in Gasphase mitgebracht, um den Stahlbehälter für die akustische Prüfung unter Druck zu setzen.

    Info

    So ersetzt die zerstörungsfreie Prüfung die Sichtprüfung

    Früher benötigten die Sachverständigen einen vollständig entleerten Behälter und ­eine Taschenlampe, um mögliche Schäden an der Innenwand oder an den Schweißnähten des Stahlbehälters zu erkennen. Heute ist es nicht mehr nötig, in den Flüssiggastank zu steigen. Die meisten haben ohnehin keine Einstiegsöffnungen mehr. Dadurch fallen auch viele Arbeits- und Umweltschutzmaßnahmen weg. Denn es musste vor Begehung sichergestellt sein, dass keine gefährliche Atmosphäre mehr im Tank ­besteht. Auch waren die Reinigungsmittel und Restflüssigkeiten bedarfsgerecht zu ­entsorgen.

    Vielmehr ersetzen akustische Sensoren, sogenannte Piezoelemente, die visuelle Prüfung. Wie das Stethoskop, das der Arzt zum Abhorchen des Brustkorbs nutzt, werden die Piezoelemente auf die Oberfläche des Tanks aufgebracht, um ihn während der ­Prüfung „abzuhorchen“. Wenn das flüssige Propan-Butan-Gemisch in den Stahltank strömt und der Druck zunimmt, wird die elektrische Spannung aufgezeichnet, die von den empfindlichen Piezoelementen bei Einwirkung von mechanischen Kräften ausgegeben wird. Das ist beispielsweise der Fall, wenn sich im Stahlbehälter ein kleiner Riss befindet, der sich beim Überschreiten eines gewissen Drucks etwas vergrößert.

    Die davon ausgelöste Schallwelle pflanzt sich als Schwingung im Werkstoff fort und führt an den Piezoelementen dazu, dass diese eine Spannung ausgeben. Die Sensoren sind so empfindlich, dass bereits kleinste Unregelmäßigkeiten in der Behälterwand detektiert und die Prüfung bei Gefahr im Verzug unmittelbar abgebrochen werden kann. Zudem ist es möglich, die schadhafte Stelle durch Unterschiede in der Laufzeit und Triangulation genau zu lokalisieren.

    Autor

    Daniel Kraus
    ist Gruppenleiter für Innovationen und komplexe Systeme bei TÜV Süd Industrie Service.

    Bild: TÜV Süd / Victor

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