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Mit Grauen erinnert sich Kai Madel an den ersten Tag seiner Ausbildung zum Bürokaufmann. Wie gewünscht klopfte der damals 17-Jährige morgens Punkt 8.30 Uhr an die Tür zum Sekretariat des Inhabers eines Sanitärbetriebs. Doch als er der Sekretärin sagte, wer er sei, antwortete diese: „Der Chef ist nicht da. Der hat einen Termin.“ Dann bat sie Madel, auf einem Stuhl im Flur Platz zu nehmen. Nach zwei Stunden rauschte endlich der Chef herein. Für mehr als einen Händedruck hatte er keine Zeit. „Kümmern Sie sich um den jungen Mann“, sagte er zur Sekretärin. Dann verschwand er wieder. „Bis mein Chef endlich mal Zeit hatte, verging eine Woche“, erzählt Madel. Motivierend wirkte das auf den angehenden Bürokaufmann nicht.

Den Ablauf der ersten Arbeitstage planen

So unstrukturiert verlaufen die ersten Arbeitstage von frischgebackenen Azubis oft – speziell in Kleinbetrieben. „Sie sind häufig auf die Ankunft der neuen Mitarbeiter nicht vorbereitet“, sagt Alexander Walz von der Personalberatung Conciliat, Stuttgart. „Mal sollen die Berufseinsteiger gleich wie alte Hasen mitarbeiten, mal stehen sie nutzlos in der Ecke.“ Damit sind sie entweder überfordert oder sie haben das Gefühl, überflüssig zu sein.

Dahinter steckt meist keine böse Absicht, betont Walz. „Die Verantwortlichen versetzen sich nur zu wenig in die Lage der jungen Leute.“ Für diese beginnt ein neuer Lebensabschnitt. Sie sind angespannt und machen sich viele Gedanken: Wie sind meine künftigen Kollegen? Werde ich akzeptiert? Kann ich die Aufgaben erfüllen? „Deshalb ist es wichtig, den jungen Leuten eine gute Ankunft zu ermöglichen“ – auch aus betriebswirtschaftlichen Gründen. „Denn vom ersten Eindruck hängt stark ab, wie sehr sie sich mit ihrem Job und Arbeitgeber identifizieren.“

Die Neulinge auch in Einzelheiten einführen

Das haben die meisten Großunternehmen erkannt. Deshalb gibt es dort Einführungsprogramme – zum Beispiel bei der Bausparkasse Schwäbisch Hall. Dort dauert die Einführungsphase für die jährlich rund 100 Auszubildenden zwei Wochen. Zunächst werden die Azubis vom Personalvorstand begrüßt. Danach folgen drei Tage, die primär dem Kennenlernen des Unternehmens und der allgemeinen Information dienen. Anschließend nehmen die Azubis an einem zweitägigen Outdoortraining teil. „Auch um sich wechselseitig kennenzulernen“, betont Ausbildungsleiterin Marion Matter. „Denn das fördert die Identifikation mit dem Unternehmen.“

In der zweiten Woche werden die Azubis in die Softwareprogramme eingeführt. Auch ein Telefontraining steht im Programm. Und ebenfalls ein fester Baustein der Einführung ist ein halbtägiger Benimmkurs. In ihm geht es, so Matter, „primär um scheinbar banale Dinge: Wie kleide ich mich angemessen? Was mache ich, wenn ich etwas brauche? Wie und wann grüße ich Kollegen?“ Lauter Kleinigkeiten, die für berufserfahrene Mitarbeiter selbstverständlich sind. Berufseinsteiger wissen aber oft noch nicht, welche Verhaltensregeln in den Betrieben gelten. Also sollte man es ihnen sagen.

Genau erklären, was von den Azubis erwartet wird

So aufwendige Einführungsprogramme können sich kleinere Unternehmen nicht leisten. Das ist auch nicht nötig. Trotzdem sollten auch sie sich überlegen, wie sie den Berufseinsteigern das Ankommen erleichtern. Selbstverständlich sollte eine Begrüßung durch den Chef sein; außerdem, dass er oder ein Stellvertreter sich zwei, drei Stunden Zeit nimmt, dem Azubi den Betrieb zu zeigen und ihn den wichtigsten Personen vorzustellen. Auch ganz praktische Dinge gilt es zu besprechen. Zum Beispiel: Ist es üblich, dass Neue einen Einstand geben? Wie sind die Pausen geregelt?

Mit viel mehr Infos sollte man die Azubis am ersten Tag nicht belasten. Sinnvoller ist es, ein weiteres Gespräch am Folgetag zu vereinbaren. Dann kann der Verlauf der Ausbildung erklärt werden und was das Unternehmen vom Azubi erwartet – „auch bezüglich seines Arbeitsverhaltens und im Umgang mit Kunden und Kollegen.“ Das geschieht oft nicht, kritisiert Führungskräftetrainer Reiner Voss, Hamburg, „weshalb die jungen Kollegen ungewollt in Fettnäpfchen treten“.

Wichtige Infos schriftlich geben

Klar ist: Die Neuen können sich nicht alles merken, was in den ersten Tagen auf sie einprasselt. Deshalb empfiehlt Voss Betrieben, die wichtigsten Dinge in einem Handbuch zu notieren. Darin kann zum Beispiel stehen: Wie werden Unterlagen archiviert? Worauf ist beim Schreiben von Mails zu achten? Wie und wann ist Urlaub zu beantragen? So ein Handbuch erspart Zeit. Denn die Azubis müssen seltener bei Kollegen nachfragen. Hilfreich ist auch ein Plan, wer den Auszubildenden wann solche Dinge wie die wichtigsten PC-Programme erklärt. Das stellt sicher, dass nichts vergessen wird. Und: Die Infos werden in verdaubaren Häppchen serviert. Azubis, die auf diese Art willkommen geheißen werden, bleiben mit höherer Wahrscheinlichkeit ihrem Betrieb auch nach der Ausbildung weiter erhalten.

Autor

Andrej Winter arbeitet als freier Journalist. Er ist u. a. auf Aus- und Weiterbildungs- sowie Personalführungsthemen spezialisiert.

E-Mail: andrejwinter@gmx.de