Über eine Million Photovoltaikanlagen sind in Deutschland in Betrieb. Dabei rücken Sicherheitsaspekte zunehmend in den Fokus, denn Medien berichten regelmäßig über Brandrisiken. Deshalb führen bis 2014 Fachleute von TÜV Rheinland und Fraunhofer ISE zusammen mit weiteren Partnern ein Forschungsprojekt zum Brandschutz bei Photovoltaikanlagen durch, das in Teilen vom Bundesumweltministerium gefördert wird. Das Fraunhofer ISE und TÜV Rheinland recherchieren bundesweit Schadensfälle installierter Photovoltaikanlagen, um Gründe und Auswirkungen defekter Produkte oder mangelhafter Installationen zu bewerten.
Auf Basis der Auswertungen und begleitender Labortests behandelt das Forschungsprojekt zwei Themenschwerpunkte: Einerseits geht es um die Analyse von Brandrisiken durch Photovoltaikanlagen. Andererseits geht es um die Sicherheit von Rettungskräften und Feuerwehren. Hierzu wurden bereits 2011 Versuche durchgeführt. Sie haben bestätigt, dass die geltenden Sicherheitsabstände zum Schutz der Einsatzkräfte grundsätzlich ausreichen. Weil die Zahl der installierten Photovoltaikanlagen beständig steigt, wird auch die Zahl der Brände steigen, bei denen eine Photovoltaikanlage involviert ist. Die Zahl der durch Photovoltaikanlagen verursachten Brände schätzen Experten sehr niedrig. Doch genaue Statistiken über Hausbrände mit Photovoltaikanlage auf dem Dach und ihre Ursachen fehlen.
Um einen Überblick über die tatsächlichen Gefahren zu erhalten, erheben die Projektpartner Brandfälle von Gebäuden mit Photovoltaikanlagen. Sie verschickten Fragebögen an Systemhäuser, Gutachter, Feuerwehrleute und Installateure, in denen sie Schäden, Brandursachen und Fehlerstellen abfragten. Derzeit werden die ersten rund hundert Schadensmeldungen analysiert.
Installationsfehler gilt es unbedingt zu vermeiden
„Rückmeldungen kamen bislang insbesondere von Planern, Installateuren und Feuerwehrleuten“, sagte Hermann Laukamp vom Fraunhofer ISE im Rahmen eines Workshops in Köln, bei dem erste Ergebnisse präsentiert wurden. 14 Fälle würden genauer untersucht, bei denen die Photovoltaikanlage ursächlich für den Brand sein soll, insbesondere die Module und die Steckverbinder. „Die Klemmen waren zum Teil unzureichend angezogen, die Steckverbindung war nicht sicher hergestellt“, ergänzte Laukamp. Insgesamt führten die derzeit ausgewerteten Brände zu zwei verzögerten Löscheinsätzen, aber nicht zu Verletzungen bei den Feuerwehrleuten. Laukamp ist davon überzeugt, dass die Schulungen und die Aufklärungsarbeit der vergangenen Jahre den Feuerwehrleuten bei der Einschätzung der Gefahrenlage geholfen haben. Die Qualität der handwerklichen Ausführung müsse jedoch weiter verbessert werden.
Zu diesem Ergebnis kamen auch Jörg Althaus von TÜV Rheinland und Lutz Erbe von den VGH Versicherungen. Althaus betonte im Rahmen des Brandschutzworkshops, dass Installateure die Abnahme der Solaranlage dokumentieren sollten. Erbe wies in seiner Präsentation auf Komponenten- und Installationsmängel hin. In den gezeigten Fällen fehlten zum Beispiel Fehlerstromschutzschalter, der Blitz- und Überspannungsschutz war nicht gewährleistet, Kabel waren zu kurz oder nicht richtig verlegt. Bei etwa 60% der begutachteten Anlagen war die Leitungsverlegung auf der DC-Seite mangelhaft.
„Auch an Lichtbögen sind oft Material- und Installationsfehler schuld“, ergänzte Thomas Kuchlmayr im Rahmen des Workshops in Köln. Die Thermografie hält der Sachverständige für ein Muss, weil sie frühzeitig Mängel aufdecken kann. So erhitzen zum Beispiel mangelhafte Lötstellen der Zellverbinder einen Teilbereich des Moduls, was man auf Thermografien sehen kann.
„Man muss unterscheiden, ob der Brand durch die PV-Anlage infolge von Lichtbögen an defekten Kontaktstellen im Modul ausgelöst wurde oder ob die PV-Anlage als Bestandteil des Gebäudes vom Brand betroffen ist. Dabei hängt die Brandentwicklung auch von den Materialeigenschaften der PV-Anlage ab“, sagte Florian Reil, Verantwortlicher für das Forschungsprojekt bei TÜV Rheinland. Bis Ende 2012 will TÜV Rheinland die Risiken verwendeter Materialien genau bestimmen und Empfehlungen für angepasste Entflammbarkeitsprüfungen auf Komponenten- und Modulebene machen. „Die Erkenntnisse geben wir dann in Normungs- und Arbeitsgremien zur Prüfvorgabe ein“, ergänzte Reil.
Sicherheitskonzepte für Feuerwehrleute
Abschaltmöglichkeiten werden im Rahmen des Forschungsprojekts ebenfalls untersucht. Heribert Schmidt vom Fraunhofer ISE präsentierte Sicherheitskonzepte, die Feuerwehrleute vor einem elektrischen Schlag schützen sollen. Als Randbedingungen für die Sicherheitsschalter forderte Schmidt eine Lebensdauer von mehr als 30 Jahren bei möglichst geringen Zusatzkosten, eine extrem hohe Zuverlässigkeit und einen Eigenverbrauch unter 0,1% der Nennleistung.
Die VDE-Anwendungsrichtlinie dient Entwicklern als Richtschnur. Die derzeitigen Vorschriften fordern jedoch keine generelle Abschaltung. Eine Normung auf internationaler Ebene ist nicht in Sicht. „Die Abschaltung kann auf unterschiedlichen Ebenen vom Modul bis zum Wechselrichter erfolgen, wobei unterschiedlich hohe Erfolge im Sinne des Personenschutzes erreicht werden“, sagte Schmidt. Bei dem Workshop in Köln stellte er sogenannte Feuerwehrschalter der Firmen Moeller, Eaton, ABB und Santon vor. Sie schalten am Ausgang des DC-Verteilers den Wechselrichter und die DC-Hauptleitung spannungsfrei. „Die Systeme lassen sich leicht nachrüsten und schalten bei einem Netzausfall zuverlässig ab“, sagte Schmidt. An den Strings und den Modulen liege jedoch weiterhin eine Spannung an.
Thermische oder mechanische Trenner an vielen Stellen im System führen zwar zu geringeren Energieverlusten, bei einem Brandfall sei jedoch vollkommen unklar, welche der Trenner tatsächlich angesprochen haben. Außerdem sei das Nachrüsten schwierig. Ein Serienschalter mit sicherer Trennung im Modul schaltet neben der DC-Hauptleitung, den Strings und den Modulen auch den Wechselrichter spannungsfrei, lasse sich jedoch ebenfalls schlecht nachrüsten.
Im Rahmen des Brandschutzprojektes werden die Projektpartner neue Sicherheitskonzepte erstellen sowie Prüfkriterien und Normen entwickeln. Ergebnisse des Forschungsprojektes sowie die Präsentationen des Workshops stehen im Internet unter http://www.pv-brandsicherheit.de zur Verfügung.
Autor
Iris Krampitz ist Inhaberin der PR-Agentur Krampitz, 51105 Köln, Telefon (02 21) 91 24 99 49, ik@pr-krampitz.de, https://www.pr-krampitz.de/