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Eine Kirche zum Wohnen

Grauwasser statt Weihwasser

Die Herz-Jesu-Kirche im Mönchengladbacher Stadtteil Pesch ist unter strengen Auflagen des Denkmalschutzes zur Wohnkirche umgebaut worden. In den Seitenschiffen sowie im Querhaus und Chorraum des leerstehenden Gotteshauses wurden auf vier Ebenen 23 Wohnungen eingebaut, zwischen 48 und 82 m2 groß. Zugänglich sind sie über Treppen und Galerien, aber es gibt auch einen Fahrstuhl. Denn das Gebäude und die Wohnungen sind barrierefrei. In den neuen Wohnungen wohnt man individuell, barrierefrei zugänglich und modern ausgestattet für nur 4,85 Euro/m2. Allerdings benötigt, wer hier einziehen will, einen Wohnberechtigungsschein – denn die Baumaßnahme wurde mit öffentlichen Mitteln gefördert.

Sanitärinstallation

Frei vor Wände und Pfeiler gestellte Holzkonstruktionen mit Beplankung in Gipskartonplatten ermöglichten in den Zwischenräumen Leitungsführungen, sodass schwere bauliche Eingriffe in die schützenswerte Bausubstanz nicht erforderlich waren. Die Bäder sind vom Zuschnitt her nicht anders als in einem Neubau. Die doppelte Leitungsführung von Trinkwasser und Grau-/Betriebswasser war problemlos möglich. Die Toilettenspülkästen werden in allen 23 Wohnungen mit Betriebswasser aus der zentralen Grauwasseranlage versorgt. Für den Waschmaschinenanschluss gibt es gemäß gesetzlicher Vorschrift zwei Ventile an der Wand mit entsprechender Beschriftung. Die Mieter haben die Wahl, ob sie aus dem einen gebührenpflichtiges Trinkwasser oder aus dem anderen kostenloses Grauwasser für die Waschmaschine nutzen.

Grauwassertechnik

Nur für etwa die Hälfte des Wasserbedarfs im Haushalt benötigen die Mieter Trinkwasser. Der zur Körperreinigung genutzte Anteil kann nach Aufbereitung als Betriebswasser nahezu den restlichen Bedarf abdecken. Ohne Komfortverlust halbiert sich so die Wasserrechnung. Jede Grauwasseranlage benötigt ein separates Leitungsnetz. Das für die Körperreinigung genutzte Trinkwasser kann als sogenanntes Grauwasser beim Abfluss aus Badewanne, Dusche und Handwaschbecken gesammelt, aufbereitet und als Betriebswasser ein zweites Mal gebührenfrei in der Wohnung genutzt werden. Es eignet sich der Qualität und Menge nach für Toilettenspülung und Waschmaschine. Die Auffang- und Vorratsbehälter für das Grauwasser der Kirche befinden sich im unterirdischen Technikraum, die für die Wohnungen im Keller des Neubaus.

Funktionsweise

Wie sieht eine solche Anlage aus? In der Regel stehen mehrere gleich große 2000-Liter-Tanks nebeneinander. Für die umgebaute Kirche wurden drei zu einer Anlage verbunden und in einem unterirdischen Technikraum neben dem Kirchenschiff untergebracht. In den ersten fließt das Grauwasser per Sammelleitung im freien Fall. Das benötigt keine Energie. Das Herzstück der Grauwasseranlage ist die Membranfiltertechnik. Sie hält zurück, was größer als 0,00005 mm ist. Diese Art der Aufbereitung heißt Ultrafiltration. Sie findet im mittleren Behälter statt, unterstützt durch einen Belüfter, welcher von außen eingeblasene Luft in den unteren Teil des mit Grauwasser gefüllten Behälters drückt. Die Filtermembranen stehen, zu einem Block gebündelt, mittendrin. Die Luft blubbert am hauchdünnen Membrangewebe entlang und reinigt es von Ablagerungen der gefilterten Stoffe.

Vom ersten in den zweiten und nach Reinigung aus dem Inneren der Membranen in den dritten Tank wird das Wasser periodisch durch kleine, automatisch laufende Pumpen gefördert. Ist der dritte Behälter leer, weil der Bedarf an Betriebswasser größer war als der Zulauf von Grauwasser, so fließt automatisch Trinkwasser ins System. Im letzten Tank, dem Reinwasser- oder Vorratsbehälter, wird nach Bedarf durch eine weitere Pumpe Wasser entnommen, die das Betriebswassernetz bis zu den Verbrauchsstellen unter dem voreingestellten Leitungsdruck hält. Das dafür verantwortliche Bauteil ist ein frequenzgesteuerter Druckwächter. Er übermittelt die nötige Drehzahl (Frequenz) an die Pumpe und sorgt so für gleichmäßige Druckverhältnisse an den Verbrauchsstellen. In dieser Hinsicht gibt es keinen Unterschied zu einem Anschluss ans Trinkwassernetz.

Effizienz und Sicherheit

Die Entwicklung der Grauwassertechnik beim Hersteller iWater Wassertechnik hat mehrere Ziele. Zum einen sollen die Anlagen störungsfrei und wartungsarm funktionieren. Andererseits werden die ökologische und ökonomische Effizienz optimiert, indem die Überwachung und Steuerung sowie der Pumpenbetrieb so Strom sparend wie möglich konzipiert wird. Vorrangiges Ziel ist und bleibt für Geschäftsführer Axel Pungs jedoch die Wasserqualität. Laut Trinkwasserverordnung darf es keine Beeinträchtigung des öffentlichen Trinkwassernetzes geben. Das könnte theoretisch bei der Nachspeisung von Trinkwasser in den leeren Reinwasserbehälter passieren. Doch hier gibt eine nach DIN genormte Übergabeeinrichtung die vom Gesetzgeber geforderte Sicherheit. Sie ist Teil der im Werk vorgefertigten Anlage. Damit ist gewährleistet, dass diese bei der Montage nicht vergessen oder falsch eingebaut wird.

Laut Pungs ist die Aufbereitung bei diesem Projekt für die Behandlung von Grauwasser aus Duschen und Handwaschbecken ausgelegt. Der Küchenablauf sollte aufgrund der im Abwasser enthaltenen Fette nicht angeschlossen werden. „Unsere Technologie garantiert durch die Barrierewirkung der Ultrafiltrationsmembran einen nahezu vollständigen Bakterienrückhalt“ bestätigt er und ergänzt: „Selbst die hygienischen Vorgaben der europäischen Richtlinie für Badegewässer werden eingehalten“.

Fazit

Bei der Umgestaltung des Kirchengebäudes wurden nicht nur Denkmal- und Brandschutz berücksichtigt, was schon eine enorme Herausforderung war. Es wurde auch auf Nachhaltigkeit Wert gelegt. So wird Erdwärme genutzt und der Wasserverbrauch durch Brauchwasserrecycling halbiert. Von 23 Wohnungen sind 21 bereits vergeben. Wie viele der Bewohner sich für das Grauwasser zum Wäschewaschen entscheiden, bleibt abzuwarten.

Projektdaten

Adresse: Pescher Str. 138–140, 41065 Mönchengladbach

Baumaßnahme: Umbau der ehemaligen Herz-Jesu-Kirche zu 23 Zwei- und Dreiraumwohnungen auf vier Ebenen und Neubau eines Mehrfamilienhauses mit elf Wohnungen

Bauträger/Projektentwickler: Schleiff Denkmalentwicklung, 41812 Erkelenz

Planung/Bauleitung: B15 Architekten, 41061 Mönchengladbach und Schleiff Denkmalentwicklung, 41812 Erkelenz

Fertigstellung Kirchenumbau: 1.10.2011

Fertigstellung Neubau Mehrfamilienhaus: 1.2.2012

INFO

Technik ­Grauwasseranlagen

Herkunft von: Badewanne, ­Dusche und Handwaschbecken

Verwendung für: Toiletten­spülung und Waschmaschine

Funktionsweise: Membran­bioreaktor mit Ultrafiltration

Fabrikat: Kirchenumbau: ­iWater Wassertechnik, Typ ­PowerClear 2500

Neubau Mehrfamilienhaus: iWater Wassertechnik, Typ ­PowerClear 800

Kosten Anlage und ­Rohr­leitungsnetz:

Kirche: 40000 Euro zzgl. Mwst.

Neubau: 15000 Euro zzgl. Mwst.

Autor

Dipl.-Ing. Klaus W. König ist öffentlich bestellter und vereidigter Gutachter für die Bewirtschaftung und Nutzung von Regenwasser, Architekt und Fachbuchautor; 88662 Überlingen, Telefon (0 75 51) 61-3 05, Telefax (0 75 51) 68-1 26, http://www.klauswkoenig.com