Schlattmann: „Vor Gericht und auf hoher See sind wir in Gottes Hand,“ sagt eine Juristenweisheit. Dies musste nun unlängst auch der DVGW erfahren. Der Rechtsstreit mit dem italienischen Fittinghersteller Frabo rüttelt kräftig an den Grundfesten unserer Zertifizierungssysteme. Warum ist das so, Herr Anwalt?
Dimanski: Frabo hat vor einigen Jahren Pressfitting-DVGW-Zertifizierungen für die Bereiche Gas und Wasser erhalten. Auf Beschwerde von Wettbewerbern setzte der DVGW die Zertifizierung jedoch für den Fachbereich Wasser aus und verschärfte die Prüfanforderungen. Weil Frabo diese zusätzliche Hürde nicht erfüllen wollte, entzog der DVGW das Zertifikat wieder.
Schlattmann: Das Oberlandesgericht Düsseldorf entschied, dass die DVGW-Cert für Frabopress das DVGW-Zertifizierungszeichen wieder zu erteilen hat. Dies, obwohl sich Frabo weigerte, gemäß den verschärften Anforderungen prüfen zu lassen. Der DVGW soll zusätzlich eine Million Euro Schadenersatz zahlen. Ist das Urteil endgültig?
Dimanski: Legt der DVGW gegen das noch nicht rechtskräftige Urteil Revision ein, wird der BGH nur noch prüfen, ob das Urteil rechtsfehlerhaft ist, also gegen formelles oder materielles Recht verstößt. Neue Tatsachen oder der Sachverhalt werden dabei aber nicht berücksichtigt. Somit kann das Urteil nur noch an einem Verfahrensfehler scheitern.
Schlattmann: In der Vergangenheit gab das DVGW-Zeichen dem Handwerker Sicherheit, ein Produkt zu verwenden, das den anerkannten Regeln der Technik entspricht. Hat dieses System noch eine Zukunft, wenn Prüfzeichen vergeben werden müssen, ohne dass alles gemäß Richtlinie geprüft wurde? Ist das DVGW-Zeichen bald wertlos?
Dimanski: Nein, das DVGW-Zeichen wird nicht wertlos. Ich befürchte aber, dass es nicht mehr die Sicherheit wie bisher bietet. Trotz Einhaltung aller rechtlichen Anforderungen der EU-Mitgliedstaaten an ein Produkt ist nicht automatisch auch die hygienische Eignung oder eine vorausgesetzte Qualität gegeben. Genau dafür besteht ein nachhaltiges Bedürfnis bei Unternehmern, Betreibern und Verbrauchern. Das sieht der deutsche Gesetzgeber nicht anders, wie die einschlägigen Gesetze und Rechtsnormen beweisen. Will der Handwerker rechtssicher wissen, ob auf ein Produkt Verlass ist, hilft unter den neuen Voraussetzungen letztlich kein DVGW-Zeichen, sondern nur eine verbindliche Zusage und damit eine Haftungsübernahme des Herstellers.
Schlattmann: Aber da bahnt sich doch ein Verwaltungskrieg an, den letztlich kein Handwerksunternehmer gewinnen kann und von dem wohl nur die Anwaltschaft profitiert.
Dimanski: Der Dokumentationsaufwand wird steigen. Bei der Materialwahl heißt es mehr denn je „Augen auf“. Innungsbetriebe können im Schadensfall auf die Haftungsübernahmevereinbarung mit dem ZVSHK zurückgreifen, wenn Material von Herstellern verwendet wird, mit denen eine HÜV besteht. Frabo hat eine solche Vereinbarung, sodass ein Innungsbetrieb im Schadensfall abgesichert gewesen ist, aber eben nur ein Innungsbetrieb. Und noch ein Tipp: Ein Musterschreiben zur Konformitätserklärung durch die Hersteller gibt es auf https://www.shk-musterschreiben.de/.