SHK-Radar: Sehr geehrter Herr Reisch, vielen Dank, dass wir die Gelegenheit erhalten, Ihnen ein paar Fragen zu stellen. Gerne haben wir die weite Reise nach Ulan Bator hierfür unternommen. Es ist ja nicht leicht, Sie in Europa, in Deutschland oder geschweige denn in Stuttgart anzutreffen! Sie kommen gerade von einer Haiforschungsexkursion auf den Gesellschaftsinseln im Südpazifik und reisen dann weiter zu einer Benefizgala der Weltorganisation für die Opfer überambitionierter Mopedfahrer im südindischen Bundesstaat Kerala. Was treibt Sie zu dem Zwischenstopp hier in Ulan Bator?
Erwin Fidelis Reisch (EFR): Ulan Bator, die Hauptstadt der Mongolei mit einer Million Einwohnern, wird aus meiner Sicht bald das Drehkreuz des zentral-asiatischen SHK-Marktes! Wie Sie bei Ihren Recherchen mit Sicherheit festgestellt haben, bin ich seit Jahren in Indien und anderen Schwellenländern wie Polen, der Ukraine, China oder dem Rems-Murr-Kreis aktiv. Meine positive Einstellung zu Ulan Bator aus SHK-Sicht resultiert aus der Tatsache, dass man beispielsweise in Indien beobachten kann, wie die Leute aus den Slums morgens ihre Notdurft an den frisch gestrichenen Außenmauern moderner Fünf-Sterne-Hotels verrichten.
SHK-Radar: ...und was hat das mit Ulan Bator zu tun?
EFR: Da gibt es weder Fünf-Sterne-Hotels, geschweige denn ordentliche Mauern! Sie sehen folglich, was für ein enormes Entwicklungspotenzial in diesem Markt steckt! Wir werden nächstes Jahr dort ein Verlagsprodukt mit dem Titel „Mongolen-Schiss“ auf den Markt bringen.
Revolutionär an dieser Publikation wird sein, dass sie nur noch digital erscheint – auf Russisch und Chinesisch! Die gesamte Auflage, ca. 10000 Exemplare, wird von der Druckerei direkt nach Ostsibirien geliefert, um damit die Sümpfe der Taiga trocken zu legen.
Dies ist ein Projekt des internationalen Weltumweltfonds, der zur Wiederaufforstung der russischen Steppe beitragen will, und wir unterstützen das gerne mit deutschem Verlags-Know-how.
SHK-Radar: Ein rein digitales Medium für die Mongolei? Halten Sie das nicht für ein bisschen zu ambitioniert? Immerhin geht die OECD davon aus, dass rund 90% der Mongolen keinen Internetzugang haben und viele dort weder lesen noch schreiben können.
EFR: Ja, sicherlich ist das richtig, aber es zeigt, wie groß das Wachstumspotenzial in diesem Land ist! Nehmen wir zum Vergleich die DDR kurz nach der Grenzöffnung. Dort habe ich mich persönlich stark engagiert, wie Sie bestimmt wissen!? Die Handwerker dort hatten auch keinen Internetzugang und es gab nicht mal eine ordentliche SHK-Fachzeitschrift zu lesen. Man sieht, wie man aus einem Arbeiter- und Bauern-Staat durch moderne Verlagsprodukte wie die SBZ blühende Landschaften machen kann.
SHK-Radar: Die SBZ ist auch in den fünf neuen Bundesländern das am weitesten verbreitete SHK-Fachmagazin. Stimmt es, dass dies hauptsächlich auf ihren Titel zurückzuführen ist?
EFR (grinst verschmitzt): Ja, das stimmt! Wir haben die DDR-Handwerker fast 40 Jahre lang glauben lassen, SBZ stehe für „Sowjetisch Besetzte Zone“. Die Abkürzung findet man sogar in den Geschichtsbüchern so oder so ähnlich beschrieben. Und wer die nicht liest, kriegt nach dem Mauerfall kein Begrüßungsgeld! Also eine Ausgabe unter den Arm klemmen und Geld abholen im Rathaus Bayreuth! Dort haben wir dann in speziell aufgestellten Behältern die weggeworfenen Exemplare gesammelt und als Altpapier nach Polen verkauft! Als Oberschwabe war mir das eine Herzensangelegenheit, sparsam mit dem guten Papier umzugehen.
SHK-Radar: Warum wird der „Mongolen-Schiss“ nur auf Russisch und Chinesisch erscheinen?
EFR: Das ist ganz leicht zu erklären. Über kurz oder lang wird die Mongolei als Enklave zwischen Russland und China sich für die Leitkultur einer der beiden Nachbarn entscheiden müssen. Wir werden dann mit unserem Titel die Nische besetzt haben, bevor der gemeine Mongole weiß, dass er gar kein richtiger Mongole mehr ist.
SHK-Radar: Das klingt nach einer sehr weitsichtigen, unternehmerischen Entscheidung. Wie wollen Sie eine mögliche Durststrecke bis dahin überbrücken? Es könnten ja noch ein paar Jahre vergehen – bis die Mongolei von einem ihrer Nachbarn geschluckt wird, die Mongolen ins Internet können und alle lesen und schreiben lernen.
EFR: Auch dafür habe ich schon einen Plan! Die Mongolei wird übergangsweise das siebzehnte deutsche Bundesland – durch freiwilligen Beitritt zur Bundesrepublik Deutschland – sozusagen als kooptiertes Mitglied. Die SHK-Berufsorganisation ist bereits kurz nach dem Zweiten Weltkrieg einer Empfehlung des Gentner Verlags gefolgt und hat anstatt der nötigen 16 Landesinnungsverbände 17 vorgesehen – auch schon für die Zeit nach der damals noch weit entfernten Wiedervereinigung! Als Platzhalter fungieren derzeit noch die beiden Landesverbände Pfalz und Rheinland-Rheinhessen. Die werden dann gemäß den Grenzen des Bundeslandes Rheinland-Pfalz endlich fusionieren. Bis dahin gibt es in Deutschland in kluger Voraussicht der Entwicklungen rund um Ulan Bator quasi einen Reserve-SHK-Landesinnungsverband. Wenn das nicht von der Weitsicht unserer Verbände zeugt! Im Falle der Vereinigung mit der Mongolei kann die SHK-Berufsorganisation sofort handeln. Landesinnungsmeister, Geschäftsführer und die Geschäftsstelle werden in die Stadt am Tuul-Fluss auf eine Höhe von über 1350 Metern umziehen und dort die notwendigen Schritte zur Einführung der deutschen Handwerksordnung und die Vermarktung unserer Fachmagazine und Online-Kataloge (Barrierefreies Bad und WC) einleiten. Einer der Ehrenpräsidenten unseres ZVSHK wird sich mit Sicherheit bereit erklären, die SHK-Innung Land Ulan Bator zu organisieren. Ein Dienstwagen mit Diplomatenkennzeichen und Chauffeur wird vom Bundesministerium für Entwicklungshilfe zur Verfügung gestellt. Den muss er sich jedoch mit Heidi Klum teilen, die dort Ulan Bator's next Topmodel präsentieren soll. Aber ich bin sicher, die beiden werden sich schon vertragen.
SHK-Radar: Kann es denn erstrebenswert sein, die Überorganisation des deutschen Handwerks zu exportieren?
EFR: Sehen Sie, das ist typisch deutsch! Überall nehmen wir nur das Negative wahr! Im Gegenteil! Durch den Rat unseres Hauses wurde mit einem unübertrefflichen Weitblick die Ausdehnung der deutschen SHK-Berufsorganisation auf Gebiete weit jenseits der Grenzen von 1937 ermöglicht. Vor diesem geschichtsträchtigen Hintergrund darf es doch gar keine Rolle spielen, dass das jahrzehntelange Vorhalten eines deutschen Reserve-Verbandes ein bisschen Geld gekostet hat. Das sind doch nur Peanuts im Vergleich zu den Erträgen, die erwirtschaftet werden können, wenn der ZVSHK in der Mongolei die Mongo-ISH auflegt und die Hauptstadtrepräsentanz des ZVSHK von Potsdam nach Ulan Bator verlegt wird. Was meinen Sie, wie viel Geld sich der Zentralverband dann jährlich beim Betrieb einer neuen Immobilie am Hauptplatz von Ulan Bator und den deutlich geringeren Personalkosten sparen würde!?
SHK-Radar: ...aber die steigende Reisezeit?
EFR: Auch das dürfen Sie nicht zu engstirnig sehen! Überlegen Sie doch nur, wie schwierig es ist, von Berlin nach Potsdam zu kommen. In der Rush-hour eine Katastrophe. Und in Ulan Bator? Kein Problem! Zwischen Eselkarren und Mopeds kommt man gut durch, egal wann! Noch dazu ist uns die Mongolei sechs Stunden in der Lokalzeit voraus! Das bedeutet, dass die ZV-Außenstelle bereits weiß, was am nächsten Tag bei uns in der Zeitung steht, während wir noch schlafen! Da können sich andere in Köln ansässige Bundesverbände eine Scheibe abschneiden. Genial!
SHK-Radar: Lassen Sie uns noch kurz über Sie persönlich sprechen. In diesen Tagen jährt sich Ihre Geschäftsführertätigkeit bei Gentner zum 30. Male. Wie haben Sie diese Zeit empfunden?
EFR: Die Zeit ist schnell vergangen. Wir haben bei Gentner viel bewegt und sind sehr gut aufgestellt! Am meisten freue ich mich, dass ich so viele interessante und mich persönlich bereichernde Menschen auf allen Erdteilen kennengelernt habe! Manchmal musste ich bis ans Ende der Welt fahren, um neue Kontakte zu knüpfen. Dann habe ich auf der Rückreise aber meist festgestellt, dass die Welt kein Ende hat und bin gleich in derselben Richtung weitergeflogen, um zurück nach Stuttgart zu kommen.
SHK-Radar: Welches war die merkwürdigste Begegnung, die Sie auf einer Ihrer unzähligen Reisen hatten?
EFR: Das war vor einigen Jahren auf der Rückreise von Australien nach San Francisco. Exakt auf der Datumsgrenze über dem leeren Pazifik kam uns ein Flugzeug entgegen, aus dem ich mir selber zugewinkt habe – ich war praktisch zeitgleich, aber an einem anderen Tag auf dem Weg von Vancouver nach Neuseeland! Unvorstellbar, aber wahr! Im Verlag habe ich nach der Rückkehr sofort meine Sekretärin angewiesen, die Reiserouten so abzustimmen, dass mir das nicht nochmal passiert. Auch unter Kostengesichtspunkten eine nachvollziehbare Entscheidung, wie ich finde.
SHK-Radar: Für die kommenden Jahre wünschen wir Ihnen weiterhin viel Erfolg! Danke für das aufschlussreiche, weitblickende und interessante Gespräch!
* frei nach dem altgriechischen Dichter Homer
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