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Auf dem Rücken der Handwerker

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Japaner können nicht nur prima mit Stäbchen essen und „japanische Abende“ veranstalten, sie können auch gute WCs bauen und den Markt beflügeln. Als Toto mit seiner ISH-Premiere im Jahr 2009 in den deutschen Markt eintrat, bescherten uns Nippons Techniker die ersten spülrandfreien WCs. Aufgrund der Vorteile bei Reinigung und Hygiene nahm die Bedeutung dieser bis dato bei uns unbekannten Produktgattung rasch zu. Zur ISH 2011 zogen die ersten deutschen Hersteller nach und 2013 boten alle namhaften Keramikproduzenten mehr oder weniger spülrandfreie WCs an. Doch nicht allen gelang gleich der große Wurf, viele Modelle waren noch nicht ausgereift und mussten optimiert werden. Insbesondere das Spritzen über den Spülrand hinaus erwies sich als sehr störend und gab Anlass zu Kundenreklamationen. Bei Händlern, Installateuren und Nutzern gibt es bis auf den heutigen Tag, geschürt von dem auf den Frühjahrsmessen 2014 in Szene gesetzten Villeroy & Boch-Spültest, Verunsicherungen über Einsatzparameter und Praxistauglichkeit.

Um Klarheit zu schaffen, haben wir uns mit Professor Dr. Hans Messerschmid in Verbindung gesetzt und gemeinsam mit der Hochschule Esslingen den SBZ-Praxisspültest entwickelt und finanziert. Auf dem neu konstruierten Reihenprüfstand wurden 32 spülrandfreie WC-Modelle auf Funktion und hygienische Eigenschaften überprüft. Erste Erkenntnis: Es gibt zwar Unterschiede in Sachen Ausspülverhalten und Überspritzen, aber unterm Strich erwiesen sich alle Modelle als marktreif. Detaillierte Infos sowie die Stellungnahmen der Hersteller zum Test finden Sie im SBZ-Titelthema.

Zweite wichtige Erkenntnis: Nicht allein das WC-Becken ist ausschlaggebend für den ordnungsgemäßen Betrieb, die Kombination von Spülkasten und spülrandfreiem WC ist genauso wichtig. Doch die richtige Kombination zu finden gleicht einem Vabanque-Spiel. Mit der Norm EN 997 (WC-Becken und WC-Anlagen) und der DIN EN 14055, Spülkästen für WC-Becken und Urinale, gibt es gleich zwei Normen, die nicht miteinander harmonieren und mit unterschiedlichen Spülstromvolumenangaben und Toleranzgrenzen arbeiten. Wurden früher Spülkästen unter der Devise „viel hilft viel“ konzipiert, funktioniert das heute nicht mehr. Denn Spülrandfreie reagieren viel sensibler als ihre klassischen Kollegen. Das Problem ist zwar erkannt, aber noch lange nicht gelöst. Die Keramiker verweisen auf die Einhaltung der DIN 997 – die Spülkastenhersteller auf ihre DIN EN 14055 – das ganze gleicht einem Schwarzer-Peter-Spiel. Und als die SBZ-Redaktion eine konkrete Aussage zu Volumenströmen von Spülkästen haben wollte, verwiesen deren Hersteller unisono auf die DIN EN 14055. Doch die macht hier nur unzulängliche Aussagen. Die Inkompatibilität der Normen wird mal wieder auf dem Rücken der Handwerker ausgetragen. Und das kann es nun wirklich nicht sein.

Deshalb mein Appell an die Normenausschüsse: Setzt Euch schleunigst zusammen und einigt Euch auf praxiskonforme Parameter und einheitliche Testanordnungen, die den Einsatz von spülrandfreien WC-Systemen eindeutig regelt! Bis dahin bleibt uns Handwerkern nichts anderes übrig, als Spülkästen einzusetzen, für die es nachrüstbare Drosselsätze gibt. Eine möglichst reibungsfreie Installation und gute Geschäfte wünscht Ihnen

Ihr

Dirk Schlattmann

SBZ-Chefredakteur

und Handwerksmeister

Übrigens: Auch die Umsetzung der dieses Jahr in Kraft tretenden ErP-Richtlinie wird zunächst einmal auf dem Rücken der Handwerksbetriebe ausgetragen. So dürfen ab September 2015 auch im Ersatzbedarf keine Heizwertgeräte mehr eingebaut werden. Verklickern Sie das mal Ihren Kunden! Alles Wissenswerte dazu finden Sie im SBZ-Topthema.