Fast untergegangen in der multimedialen Kakophonie um die Euro- und Verschuldungskrise ist der Energiegipfel der Bundesregierung am 23. Mai. Tags zuvor hatte Kanzlerin Merkel noch ihren Musterknaben Norbert Röttgen aus dem Umweltministerium gejagt und Peter Altmaier zum Nachfolger gekürt. Auf dem Energiegipfel suchten dann die Kanzlerin, die zuständigen Bundesminister und die Ministerpräsidenten der Länder nach einer neuen Marschrichtung in Sachen Energiepolitik. Sicher zu Recht hat die Bundeskanzlerin die Energiewende auf die Chefebene – so ihre Worte – erhoben. Und auf dieser Ebene wollen sich künftig Bund und Länder im Halbjahresturnus zusammensetzen, um „Fortschritte und nicht erledigte Aufgaben zu identifizieren“. Erfolge müssen jetzt her, für die jeder in seinem Bereich verantwortlich sei.
Bereits in wenigen Tagen sollen Vorschläge für eine Bundesnetzplanung mit den Ländern diskutiert und festgezurrt werden. Geplant ist ein weiterer Ausbau der erneuerbaren Energien – aber harmonisiert mit ebenfalls zu bauenden grundlastfähigen Kraftwerken. Darüber hinaus sollen jetzt auch Ergebnisse zum Thema Gebäudesanierung her und die Dringlichkeit einer Einigung in Sachen EEG und Solarförderung noch vor der Sommerpause sieht die Kanzlerin ebenfalls. Vielleicht hat das stete Trommeln unserer Verbände geholfen. Bleibt zu hoffen, dass die Chefin dabei auch erkannt hat, dass Stromoptimierung allein nicht selig macht. In Baden-Württemberg wird ein Heizkessel nur alle 33 Jahre erneuert. Das bedeutet, dass allein im Ländle rund 850000 Heizkessel älter als 15 Jahre und somit auf einem veralteten Stand der Technik sind. Das ist Energiesparpotenzial ohne Ende. Dass im letzten Jahr eigentlich nichts in Sachen Energiewende passiert ist, gibt die Kanzlerin indirekt zu, indem sie verkündet, dass nun sehr konkrete Pläne entwickelt wurden, „nachdem wir vor ungefähr einem Jahr gemeinschaftlich verabredet haben, dass wir diese Energiewende stemmen wollen“ – so das Zitat. Und weiter: „Die Energieversorgung muss sicher sein, sie muss umweltverträglich sein und sie muss für die Menschen in Deutschland bezahlbar sein.“
Eigentlich selbstverständlich und dem will sicher niemand widersprechen. Denn eine sichere und kostengünstige Energieversorgung gehört zu den grundlegenden Voraussetzungen für einen prosperierenden Industriestandort. Sind diese nicht mehr gegeben, wandert die Industrie und damit die Wertschöpfung ins Ausland ab. Und ich möchte lieber nicht wissen, wie dann ein Staatswesen funktionieren soll, bei dem sich der sozialindustrielle Komplex, Hartz IV-Empfänger und Rentner gegenseitig ernähren. Mag die Formulierung auch ein bisschen polemisch sein, sie zeigt, dass wir auf eine gute und berechenbare Energiepolitik zwingend angewiesen sind. Und deshalb wünschen wir der Kanzlerin und dem neuen Bundesumweltminister Altmaier von Herzen ein glückliches Händchen. Sie doch sicher auch, oder?
Ihr
Uwe Bolz
SBZ Redakteur
und Verfahrensingenieur