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Der Schöpfer ist
im Himmel

Diese SBZ-Ausgabe bietet etwas noch nicht Dagewesenes. Erstmals in der mehr als 70-jährigen Geschichte dieser Fachzeitschrift drucken wir einen Beitrag bewusst ein zweites Mal ab. Es handelt sich um ein Interview, das zudem noch aus dem Herbst des Jahres 2000 stammt. Das klingt erstmal so, als sei es alles andere als „frisch“, geschweige denn mit aktuellen Aussagen versehen. Aber weit gefehlt. Die Inhalte „von gestern“ sind nämlich auch heute noch brandaktuell.

Das liegt vor allem am Interviewten. Dirk Schlattmann und Frank A. Reinhardt hatten es damals für die SBZ geschafft, einen Gesprächstermin mit der Designlegende Luigi Colani zu ergattern. Als der Visionär auf dem Höhepunkt seines Schaffens war, in den 1970er- und 1980er-Jahren, war er der wohl bekannteste Designer der Deutschen. Er entwarf den kompletten Hausstand: Zahnbürsten, Armbanduhren, Waschbecken, Sparbüchsen. Der Name Colani war in dieser Zeit, ähnlich wie Alessi oder Starck heute, eine Art Synonym für Design geworden. Im September diesen Jahres ist er im Alter von 91 Jahren gestorben.

Für die SHK-Branche gelang dem extrovertierten Designer zur ISH 1975 ein entscheidender Entwurf: das Colani-Bad. Die älteren SBZ-Leser erinnern sich sicher noch gut an die organisch-geschwungene Keramik, an den Waschplatz mit der Wölbung zur Beckenmitte hin. Den Jüngeren ist es eventuell mal beim Abriss begegnet. Wobei Colani selber diesen Vorgang vermutlich als grobe Verachtung seiner Schaffenskraft betrachtet hätte.

Jenes Designbad jedenfalls markierte Mitte der 70er-Jahre einen Wendepunkt. Das Bad wurde als Ganzes gesehen, als eine Einheit. Inklusive seiner Bereiche Waschplatz, WC und Wanne und seiner Bestandteile Keramik, Armaturen und Accessoires. Alles sollte wie aus einem Guss wirken – durchdacht und zusammengehörend. Mit dieser Pionierarbeit hatte Luigi Colani den Grundgedanken für das Designbad ausformuliert und in die Realität umgesetzt. Davon profitiert die Sanitärbranche noch heute.

In letzter Konsequenz ist es auf ihn zurückzuführen, dass anspruchsvolle Badgestaltung in den vergangenen Jahrzehnten in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist. Der Tausendsassa Colani hatte danach noch andere Branchen ordentlich durcheinander gewirbelt, das Design des Ford Ka zum Beispiel entsprang seiner Schaffenskraft.

Luigi Colani war als Designer überbordend kreativ gewesen, originell und schlagfertig. Darüber hinaus hat er einen bestenfalls „unkonventionell“ zu nennenden Umgang mit Menschen in seiner Gegenwart gepflegt. Alles das und noch viel mehr wird in dem Interview aus dem Jahr 2000 deutlich.

In der Sanitärbranche konnte Colani nicht mehr an seinen ganz großen Erfolg anknüpfen. Aber wer kann das schon? Das Gespräch mit ihm, seine kritische Auffassung des Zustands in der Sanitärindustrie und in Deutschland generell sind es gut 20 Jahre nach der Erstveröffentlichung wert, erneut gelesen zu werden. Den Text finden Sie auf Seite 12. Zudem hat Designexperte Frank A. Reinhardt einen treffenden Nachruf auf Colani verfasst (Seite 10).

 

Dabei wünsche ich Ihnen das größtmögliche Vergnügen

Ihr

 

 

 

 

 

Dennis Jäger

SBZ-Chefredakteur