Wer mit gezinkten Karten spielt, fliegt früher oder später auf. Wie etwa der VW-Konzern. Zu sehen, wie der Autobauer mit viel Wissen und wenig Gewissen die Ergebnisse von Abgasuntersuchungen verfälscht hat – das ist reichlich dreist. Zu glauben, keiner würde es bemerken – bestenfalls blauäugig. Zwar sind mutwillig manipulierte Abgaswerte in der SHK-Branche sicher nicht anzutreffen. Das hätte die Heizungsindustrie ja gar nicht nötig. Sie ist da ehrlicher. Aber trotzdem dient der VW-Skandal als mahnendes Beispiel. Wenn auch mit anderem Bezug. Er zeigt, wie schwierig es für Unternehmen sein kann, die Erwartungen vonseiten des Gesetzgebers und der Kunden zu erfüllen.
In diesem Licht betrachtet führt die EU-Verbrauchskennzeichnungspflicht für Heizungsanlagen nicht nur Vorteile mit sich. Aus Endkundensicht sind vergleichbare Angaben zum Verbrauch einzelner Heizungssysteme zwar nützlich. Der Effekt verkehrt sich jedoch schnell ins Gegenteil, wird das Energieeffizienzlabel pauschal und überbordend zu Marketingzwecken angepriesen. Denn in jeder Labelauszeichnung schwingt eine missverständliche Botschaft mit. Egal, ob es sich jetzt um A oder A++ handelt: Der Verbraucher nimmt an, hocheffiziente Heizungstechnik erworben zu haben. Das ist auf die Komponenten bezogen sicher der Fall. Aber den tatsächlichen Energieverbrauch eines Heizungssystems bestimmen eben weit mehr Faktoren, als Produkt- und Verbundanlagenlabel auszudrücken in der Lage sind. Zum Beispiel die richtige Auslegung und ein ordentlich ausgeführter hydraulischer Abgleich spielen für die Effizienz eine entscheidende Rolle.
Das ErP-Anlagenlabel steht deshalb mitnichten für ein verlässliches Ergebnis. Es handelt sich bloß um eine Einschätzung – gesetzlich verordnet seit dem 26. September. Das müssen Endkunden mal verstehen. Denn sind erst einmal überzogene Vorstellungen geweckt, fällt dem SHK-Handwerk am Ende schnell die Rolle des Buhmanns zu. Weil es diese Erwartungen nicht immer erfüllen kann.
Einen leicht absurden Charakter erhält der ganze ErP-Prozess überdies durch eine Fußnote, die sich auf dem Datenblatt zur Erstellung des Verbundlabels befindet. Dort heißt es: „Die auf diesem Datenblatt für den Produktverbund angegebene Energieeffizienz weicht möglicherweise von der Energieeffizienz nach dessen Einbau in ein Gebäude ab, denn diese wird von weiteren Faktoren wie dem Wärmeverlust im Verteilungssystem und der Dimensionierung der Produkte im Verhältnis zu Größe und Eigenschaften des Gebäudes beeinflusst.“ Klingt fast wie eine Entschuldigung.
Mag sein, das Thema Heizung erhält über die Kennzeichnungspflicht einen neuen Aufmerksamkeitsschub in der Öffentlichkeit. Mag sein, die Beratung der Endkunden mittels Produkt- und Anlagenlabel fällt manchen SHK-Betrieben jetzt leichter als zuvor. Aber das effektive und effiziente Zusammenspiel der Komponenten kann letztlich auch kein Label erzwingen oder gar garantieren. Es liegt nach wie vor in den Händen des qualifizierten Fachhandwerks, die Werbeversprechen in der Wirklichkeit erst mal geradezurücken und letztlich umzusetzen. Sonst wird der Ansatz, eigentlich abstrakte Vorgänge für Verbraucher verständlich darzustellen, schnell zu einem Bumerang, der nicht mehr einzufangen ist.
Zu guter Letzt: Nicht mehr einzufangen ist auch Dirk Schlattmann. Der ehemalige Chefredakteur der SBZ hat sich nach einer fast 30 Jahre währenden Tätigkeit für den Gentner-Verlag einer neuen beruflichen Aufgabe zugewandt. Der Fachzeitschrift bleibt er verbunden als Herausgeber. Ich, Dennis Jäger, führe sein Erbe weiter. Mit mir an der Spitze arbeitet die Redaktionsmannschaft der SBZ jeden Tag daran, das Geschehen in der SHK-Welt für Sie als Fachunternehmer sinnvoll aufzuschlüsseln.
Bleiben Sie tüchtig,
Ihr
Dennis Jäger
SBZ-Chefredakteur