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Rote Linie überschritten

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Die Stadtwerke Schleswig (Bundesland Schleswig-Holstein) haben vor Kurzem einen lokalen SHK-Handwerksbetrieb übernommen und damit eine Grenze überschritten. Das traditionsreiche Fachunternehmen ist nun tätig unter der Regie des kommunalen Versorgers. Dieses Vorgehen steht in deutlichem Widerspruch zur sogenannten Marktpartnervereinbarung, die eigentlich für eine klare Abgrenzung der Tätigkeiten von Versorgungsunternehmen zu Handwerksbetrieben steht. Die Vereinbarung lässt sich jedoch weit auslegen und besitzt vor allem keine Rechtskraft. Diese Unverbindlichkeit haben die Stadtwerke Schleswig genutzt. In die Karten spielte dem Unternehmen zudem, dass die Landesregierung den Kommunalversorgern im vergangenen Jahr zwar rechtlich mehr Freiheit bei der schnellen Umsetzung der Energiewende eingeräumt hat, jedoch im Gesetz zur Stärkung der Kommunalwirtschaft keine klare Abgrenzung zum Handwerk vollzogen hat.

Das Vorgehen hat reichlich Kritik nach sich gezogen. Nicht zuletzt auch die Landes- und Lokalpresse griff das Thema auf. „Mit der Übernahme von Handwerksbetrieben durch Stadt- und Gemeindewerke wird eine rote Linie überschritten“, wird zum Beispiel Enno de Vries zitiert, Geschäftsführer des Fachverbands SHK Schleswig-Holstein. Die Entwicklung bereite ihm Sorgen. Er sieht den fairen Wettbewerb gefährdet, wenn die Stadtwerke Aufträge ausschreiben und unter den Bietern ihr eigenes Tochterunternehmen ist. Für das neue Geschäftsmodell der Stadtwerke zur „Zukunftssicherung“ kann er kein Verständnis aufbringen. „Das hat mit Daseinsvorsorge nichts zu tun, da geht es vor allem darum, Profit zu machen“, sagt de Vries.

Jetzt handelt es sich bei dem Fall in Schleswig nicht um die erste Übernahme eines Handwerkbetriebs durch einen Kommunalversorger. Beteiligungen nach ähnlichem Muster gibt es auch andernorts in Deutschland, etwa in Blumberg (Baden-Württemberg). Aber die aktuelle Entwicklung in Schleswig-Holstein hat eine neue, bedrohlichere Dimension angenommen. Denn in der Begründung für den „Regelbruch“ äußert sich Stadtwerke-Chef Wolfgang Schoofs bemerkenswert offen: „Wir erweitern unser Tun und gehen ganz bewusst ins Endkundengeschäft“, sagte er der Lokalpresse. Damit ist eindeutig dokumentiert, was das Versorgungsunternehmen mit der Übernahme bezweckt. In meinen Augen ist das ein klarer Tabubruch. Aber es steht zu befürchten, dass das nicht der letzte Fall bleiben wird.

Der direkte Draht zum Endkunden bzw. zum Verbraucher weckt überall Begehrlichkeiten. Über Jahrzehnte hat das SHK-Handwerk hier die Fäden in der Hand gehalten. In jüngerer Zeit aber mehren sich die Versuche anderer Branchenbeteiligter, das Geschehen selbst in die Hand zu nehmen – Beispiele vonseiten des Großhandels, der Industrie und der großen Energieversorger gibt es genug. Wer diese sogenannte „letzte Meile“ zum Endkunden im Griff hat, der beherrscht das Verkaufsgeschehen. Hier darf das SHK-Handwerk nicht ins Hintertreffen geraten, steht doch nichts weniger als das freie Unternehmertum auf dem Spiel.

Zugegeben, noch lange nicht jeder Fachbetrieb hat die Ausgestaltung dieser „letzten Meile“ zum Endkunden hin bereits optimal für sich gelöst. Da könnte die eine oder andere Firma schon effizienter und gewinnbringender aufgestellt sein. Unterstützung gibt es dafür vonseiten der SBZ. Was konkret getan werden kann in puncto Kundenorientierung, zeigt unsere neue Veranstaltung „Forum Handwerk Digital“ am 9. November in Stuttgart (mehr dazu in dieser Ausgabe ab Seite 10: Es sind noch Plätze frei).

Ich wünsche Ihnen gute Geschäfte

Ihr

Dennis Jäger

SBZ-Chefredakteur