Als Barack Obama am 5. April via TV in seiner Prager Rede für eine Vision mit einer Welt ohne Atomwaffen geworben hat, ist mir ein angenehmer Schauer über den Rücken gelaufen. Dem charismatischen US-Präsidenten nimmt man es ab, dass er es ernst meint. Er verspricht keine Luftschlösser, sondern redet von „globalen Kraftanstrengungen“ – sei es bei der Atomwaffenabrüstung, bei der Lösung der Finanz- und Wirtschaftskrise oder beim Klimaschutz.
Den von seinem Amtsvorgänger Bush hinterlassenen Scherbenhaufen versuchte Obama nie zu kitten. Der Hoffnungsträger steht für einen echten Neuanfang („Change“). Er wirbt bei den anderen Völkern um Vertrauen und setzt gleichzeitig auf ein beispielhaftes, mutiges Vorangehen der USA in Richtung der global wichtigen Ziele („Yes, we can“).
Dies betrifft auch die Energiepolitik. In seiner Prager Rede forderte der US-Präsident: „Jetzt müssen wir den Klimawandel angehen und die Abhängigkeit der Erde von fossilen Brennstoffen verringern. Wir müssen neue Energieträger wie Wind und Sonne erschließen. Und wir müssen alle Völker und Nationen aufrufen, ihren Beitrag zu leisten.“ Und Obama setzte nachdrücklich hinzu: „Bei dieser globalen Anstrengung sind die Vereinigten Staaten jetzt bereit, eine federführende Rolle einzunehmen.“ – Wow! Was für ein kraftvoller Richtungswechsel im Vergleich zur eher blockierenden Bush-Regierung.
Doch was haben die Äußerungen des US-Präsidenten mit der deutschen SHK-Branche zu tun? Auf den ersten Blick wird in den USA ein interessanter Absatzmarkt für erneuerbare und effiziente Energietechnik entstehen. Aber mindestens genauso spannend ist die zweite, psychologische Ebene. Denn mit seiner Äußerung über die künftige, federführende Rolle der USA hat Obama eine neue Wettbewerbssituation geschaffen. Bislang rühmten sich unsere Politiker mit der weltweiten Vorreiterstellung im Bereich der erneuerbaren Energien, die nun verloren zu gehen droht. Diese Entwicklung sollten unsere Branchenvertreter mit ihrer Lobbyarbeit gezielt verstärken, um den Ehrgeiz der Bundesregierung anzufachen, die (finanziellen) Anstrengungen im Bereich der Erneuerbaren und der Energieeffizienz zu vermehren. Und das ist leider auch nötig. So ist es nur mit Blick auf die Bundestagswahl nachzuvollziehen, dass die große Koalition einige Bereiche der Automobilindustrie mit einem von 1,5 auf 5 Milliarden Euro aufgestockten Umwelt- bzw. Abwrackprämienprogramm (unter)stützt.
Wesentlich sinnvoller wäre es, ein Teil des Geldes in den wirklich nachhaltigen und zukunftsorientierten Umweltbereich zu investieren, wo Arbeitsplätze mit einer echten Perspektive entstehen. Dramatisch ist in diesem Zusammenhang die Erkenntnis, dass vom zügigen Übergang von der fossilen zur erneuerbaren Energiewirtschaft auch das weitere Weltwirtschaftswachstum abhängt, wie unser Autor Thomas Seltmann von der Energy Watch Group verdeutlicht (Seite 62). Dass unsere Branche bereits über die notwendigen Produkte und Systeme sowie über das Know-how zur Nutzung der Erneuerbaren verfügt sowie weitere Forschungsanstrengungen unternimmt, bewies eindrucksvoll die ISH 2009. Alle wesentlichen Neuheiten und Trends stellen wir Ihnen in unseren thematisch gegliederten ISH-Nachlesen vor (siehe Übersicht Seite 82). Dass sie viele interessante Entdeckungen machen, wünscht Ihnen
Jürgen Wendnagel
SBZ-Redakteur
wendnagel@sbz-online.de