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Wüstenwunder oder Fata Morgana?

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Desertec – dies klingt ein bisschen nach einer geheimen, militärischen Operation im Kampf ums Erdöl. Doch das Gegenteil ist der Fall: Es handelt sich um die friedlichen, aber ehrgeizigen Pläne zur umweltfreundlichen Erzeugung von Strom mittels Sonnenenergie und Windkraft in den Wüsten Nordafrikas. Zwölf deutsche Unternehmen haben dazu am 13. Juli eine Grundsatzvereinbarung unterzeichnet mit dem Ziel, bis zum Jahr 2050 eine nachhaltige Stromversorgung für Europa, den Nahen Osten und Nordafrika aufzubauen. Zu diesem Konsortium gehören u.a. die Münchener Rück, die Deutsche Bank, Siemens, Schott Solar sowie RWE und Eon. Die Initiatoren beabsichtigen, mit diesem Mammutprojekt mindestens 15 % des europäischen Strombedarfs zu decken, aber auch die Erzeugerstaaten selbst mit diesem Strom zu versorgen.

Technische Hauptbestandteile des Projekts sind zum einen solarthermische Kraftwerke, die bereits jetzt schon kommerziell z.B. in der kalifornischen Mojawe-Wüste ihren Dienst verrichten. Dort produzieren neun Parabolrinnenkraftwerke rund 354 MW Strom. Die derzeit größten Solarkraftwerke Europas entstehen in Andalusien; die erste von drei Anlagen mit je 50 MW Leistung wurde im Juli offiziell in Betrieb genommen. Ein weiterer Desertec-Baustein ist die Errichtung von Windenergieanlagen vor der Küste Afrikas und Europas.

Und wie sieht es mit den Kosten aus? Die ersten 10 GW installierte Leistung bis 2020 sollen sich auf etwa 50 Milliarden belaufen. Und für die geplanten 100 GW bis 2050 müssten insgesamt 400 Milliarden Euro investiert werden – inklusive 50 Milliarden Euro für ein Hochspannungs-Gleichstrom-Verbundnetz.

Kritiker befürchten jedoch, dass die Investitionssumme nicht nur deutlich höher ausfallen, sondern auch zu einer Verringerung oder sogar zum Stopp der Förderung für erneuerbare Energien in Deutschland führen könnte. Letzteres wäre fatal und das falsche Signal. Denn wir brauchen unbedingt eine eigene, wirtschaftliche Energieversorgung auf erneuerbarer Basis, um zum Beispiel unsere Importabhängigkeit zu verringern.

Dennoch zielt das Großprojekt in die richtige Richtung. Zum einen zeigt es, dass es technisch auch in großen Schritten möglich ist, die Stromversorgung weltweit in Richtung erneuerbare Energien umzubauen. Und moderne Solarkraftwerke in Nordafrika sind mir allemal lieber als neue Kernkraftwerke im Iran oder in Ägypten. Deshalb sollte Desertec primär die Absicht verfolgen, Afrika und den Nahen Osten so weit möglich mit diesem Wüstenstrom zu versorgen, bevor man einen Überschuss nach Europa exportiert. Diese Vorgehensweise wäre auch ökologisch, ökonomisch und sozial vernünftig.

Wie geht es nun weiter? Vorgesehen ist die Gründung der Planungsgesellschaft „Desertec Industrial Initiative“ bis zum 31. Oktober. Danach sollen weitere, auch internationale Unternehmen als Gesellschafter aufgenommen werden. Zudem will man innerhalb von drei Jahren konkrete Geschäftspläne und Finanzierungskonzepte erarbeiten. Es bleibt zu hoffen, dass dabei möglichst seriös und realitätsnah geplant und gerechnet wird. Denn nur so lässt sich ein sündhaft teures Prestigeobjekt vermeiden, das uns Milliarden kosten könnte. – In der Zwischenzeit wird unsere Branche aber weiterhin zahlreiche deutsche Dächer mit Solartechnik bestücken. Viele Aufträge wünscht Ihnen

Jürgen Wendnagel
SBZ-Redakteur
wendnagel@sbz-online.de