Auf die Veröffentlichung der Marktübersicht Badplanungsprogramme in der SBZ 5/2011 hin erhielten wir einen Leserbrief von Joachim Stenzel aus Reutlingen, der offensichtlich eklatante Schwachpunkte in dem häufig so hoch gelobten Datennetzwerk der Arge Neue Medien ans Tageslicht bringt. Mittlerweile wird über diese Defizite bei der Arge und in Herstellerkreisen heftig diskutiert. Hier die Offenlegungen von Handwerksunternehmer Stenzel:
Für die Marktübersicht Badplanungsprogramme in der SBZ ein großes Lob an die Redaktion! Toll, wie der Bericht Fachfirmen eine Marktübersicht über Badplanungsprogramme gibt. Seit über 20 Jahren planen wir CAD-gestützt mit den Bilddaten der Arge Neue Medien alle unsere Bäder. Schön zu planen ist aber nur die halbe Miete. Leider stellen wir fest, dass die Qualität und auch die Bereitstellung von Produkt-Bilddaten immer schlechter werden. Ganze Serien sind nicht im Programm oder werden nach der Markteinführung erst Monate oder Jahre später erstellt. Offensichtlich verstehen die Produktmanager der Industrie nicht viel von unserer Planungsarbeit.
Das hat für die Hersteller Konsequenzen, denn wer seine Produkte nicht als Datensatz liefern kann, wird oft auch nicht verplant. So haben wir z.B. die Möbelanlage RC 40 von Burgkama nicht geplant, weil wir keine Daten dafür hatten. Leider liefern die Arge und die Industrie nicht die gewünschte Datenqualität, die wir brauchen. Beispiel: Der WC-Sitz von Starck 3 liegt bereits seit sieben Jahren auf dem Boden anstatt auf dem WC und trotz etlicher E-Mails tut sich nichts.
Trotz Bitten und Drängen tut sich nichts
Die Bilddaten sind in die Bereiche Produktlinien, Produktgruppen und Warengruppen gegliedert. Vorbildlich gegliedert sind die Daten z.B. von V&B und Duravit. 50% der Hersteller haben jedoch die Gliederung nicht verstanden. Wir haben die Arge vor über fünf Jahren gebeten, das zu überarbeiten. Leider tut sich nichts! Die Arge trägt dafür Mitschuld, es fehlt eine Anleitung, wie die Datenstrukturen aufzubauen sind und welche Syntax verwendet werden soll. In der Wannenart hat Duscholux die Wannen einfach noch einmal aufgeführt. Bette hat richtigerweise die Einteilung nach Wannenart bzw. Wannentyp gemacht. Was fehlt, ist eine vierte Kategorie (Sets, Anwendungsbeispiele) – ein Unterpunkt, den wir seit Jahren fordern. Leider sind alle bisherigen Versuche, die Hersteller und die Arge dazu zu bewegen, die Daten zu verbessern, nicht auf fruchtbaren Boden gefallen.
Zudem sind die Daten vieler Hersteller oft unvollständig. Hier ein paar beliebig herausgegriffene Beispiele.
1. Ideal Standard: Dort fehlen ganze Serien, die planen wir eben nicht!
2. Hansa hat Artikel im Datensatz, die es gar nicht mehr gibt (7932101 WT Einhand-Wandbatterie).
3. Geberit weigert sich seit Jahren erfolgreich, Bilddaten zu liefern. Dort versteht offensichtlich niemand, warum wir die Planungsdaten benötigen. Zur Verdeutlichung zwei Beispiele:
Wie sollen wir die Drückerplatte in ein Fliesenraster planen, wenn uns die UP-Spülkästen nicht zur Verfügung stehen? Wenn das WC z.B. rollstuhlgerecht höher montiert wird, dann erhöht sich auch die Montagehöhe der Drückerplatte. Je nach Fliesengröße kann das Einfluss haben auf das Fliesenraster. Oder wie sollen wir ein Dusch-WC planen, wenn die WC-Elemente mit den Anschlusspunkten für Elektro- und Kaltwasser nicht zur Verfügung stehen? Die Steckdose darf nicht in der Schutzzone der Wanne sein. Hilfreich wäre eine Verlinkung zur Produktwebseite, um Montageinformationen über den 4000 zu erhalten. Über die Geberit-Webseite konnten wir dann IP X4 finden (geschützt gegen Sprühwasser). Somit darf im Abstand von 60 cm die Steckdose montiert werden – aber passt diese neben dem WC-Element noch rein? Mit CAD-Bilddaten könnte man das gleich feststellen. Geberit hat aber nicht einmal seine UP-Siphons als Bilddaten hinterlegt. Diese benötigen wir aber, wenn wir einen Waschtisch rollstuhlgerecht planen wollen.
Dabei müssten wir eigentlich dazu in der Lage sein, aus der Planung heraus schnell und vollständig ein Angebot zu erstellen. Die dazu benötigte Materialliste ist bisher unvollständig, da viele Hersteller ihre Produkte, die wir in der Wand montieren, oft nicht mitliefern. Deshalb sollte eine UP-Armatur immer den UP-Einbaukörper im Set haben, dann stimmt auch die Materialliste. Erfreulich: Hansgrohe liefert neu die Armaturen mit dem Einbaukörper als Set. Offensichtlich hat Hansgrohe begriffen, warum wir das benötigen. So werden Fehler minimiert.
Anschluss- und Montagemaße für Spiegelschrank & Co. fehlen
Die meisten Hersteller, Softwarehäuser und auch die Arge haben leider nicht begriffen, was wir Handwerksbetriebe brauchen. Viele Handwerker erstellen schlüsselfertige Bäder als Generalunternehmer, d.h. wir müssen Montagepläne auch für die anderen Gewerke erstellen. Dazu benötigen wir aber die Anschluss- und Montagemaße der Objekte. Beispiel Spiegelschrank: Wo sind die Befestigungspunkte, damit keine Leitung angebohrt wird? Wo ist der Elektroanschlusspunkt?
Beispiel WC: Die WCs der Starck-Serie verdecken den vorgesehenen Kaltwasseranschluss des Aquaclean-4000-Aufsatzes. Trotzdem wird nicht die Notwendigkeit gesehen, uns Daten zu liefern. Hansa, Duscholux und Hoesch beispielsweise haben Daten im Programm, die überhaupt nicht mehr lieferbar sind bzw. deren Bestellnummern sich geändert haben.
Was nützt uns die schönste Planung, wenn diese aufgrund falscher Datensätze fehlerhaft ist. Die kompletten Bilddaten gehören dringend überarbeitet, dazu gehören auch Fangpunkte für die Armaturen auf der Keramik.
Für die Arbeitsvorbereitung und Montagepläne müssen uns die Softwarehäuser Layer zur Verfügung stellen, damit wir die Wasser-, Abwasser- und auch die Elektroplanung einzeichnen können. Die Steckdose und der Schalter werden dort in das richtige Symbol umgewandelt und vermaßt. Wir haben daraus unsere Konsequenzen gezogen und planen Produkte dieser Firmen nicht mehr ein. Trotz schönerer Darstellung planen wir technisch gesehen wie vor 20 Jahren. Und wer mit Bädern Geld verdienen will, darf nicht nur schön planen, sondern muss den Auftrag auch optimal vorbereiten und fehlerfrei abwickeln. Soweit zunächst einmal die wichtigsten Punkte mit der Hoffnung auf baldige Veränderungen.
Joachim Stenzel
72760 Reutlingen
Anmerkung der Redaktion:
Soweit die Ausführungen von Handwerksunternehmer Stenzel. In den letzten Jahren sind auch der SBZ-Redaktion immer wieder Klagen über die Datenqualität zu Ohren gekommen. Nur hat die Defizite bisher niemand so konkret zusammengefasst. Erstaunlich sind die ganz offensichtlichen Datenmängel. Wir haben die Forderungen von Herrn Stenzel an die Arge Neue Medien und an die angesprochenen Hersteller mit der Bitte um Stellungnahme zugeleitet. Von den Herstellern hat sich leider niemand direkt geäußert. Dafür wie folgt aber Arge-Geschäftsführer Frank Kny.
Stellungnahme der Arge Neue Medien
Gern nutzen wir die Gelegenheit für uns und unsere Mitgliedsunternehmen, zu den Kritikpunkten Stellung zu nehmen, denn diese zeigen uns, dass das Projekt der Computer-Badplanung angenommen und genutzt wird und diese Daten für die Marktpartner wichtig sind. Auch uns ist bewusst, dass in jedem Projekt Optimierungspotenzial steckt. Durch Anregungen und Wünsche wie die von Herrn Stenzel können zielgerichtet Verbesserungen zusammengestellt und umgesetzt werden und technische Komponenten weiterentwickelt werden.
Die Computer-Badplanung ist ein vielschichtiges Projekt mit verschiedenen Beteiligten. Dabei übernimmt die Arge Neue Medien Aufgaben in den Bereichen des Datenmodells, des Datenformats sowie der Datendistribution und fungiert sozusagen als Straße innerhalb des Projektes. Unsere Softwarepartner stellen das notwendige Planungssystem bereit und entwickeln dieses weiter – genau wie es bei einem Fahrzeug der Fall ist. Und schließlich sorgen die Industrieunternehmen mit ihren Daten für den nötigen Treibstoff, um die Planung am PC anzukurbeln. Kommt es nun bei einem der beteiligten Komponenten oder Partnern zu Problemen, so wirkt sich dies auf die gesamte Fahrleistung aus.
Herr Stenzel spricht in seinem Leserbrief vor allem die aus seiner Sicht mangelnde Datenaktualität und -vollständigkeit an. Darüber hinaus bemängelt er die aus Praktikerperspektive mangelnde Gliederung dieser Daten sowie fehlende Artikelsets und Anwendungsbeispiele. Als Gegenmaßnahme wünscht er sich eine konsequente, regelmäßige Überprüfung dieser Datenbestandteile, zusätzliche technische Funktionen und eine schnellere und flexible Reaktion der Arge Neue Medien und ihrer Mitglieder.
Kritik berechtigt, hilflose Arge unterstützt Stenzels Forderungen
Wir als Arge unterstützen die Forderung des Herrn Stenzel nach einem hohen Grad an Datenaktualität, denn nur mit aktuellen Daten können die Marktpartner sicher und verlässlich planen. In der Tat gelingt es nicht allen Herstellern, ihre Daten regelmäßig zu aktualisieren bzw. veraltete Datenbestände zu entfernen. Als Arge appellieren wir hier regelmäßig an diese Unternehmen, die Wichtigkeit der Aktualität von Badplandaten zu erkennen, zu fördern und die 3D-Planung als Marketinginstrument zu verstehen.
Selbstverständlich leiten wir die Anregungen von Planenden aus der Praxis an die Industrie weiter. Wir können nur allen Anwendern raten, sich mit Wünschen und Kritik auch immer direkt an den betreffenden Hersteller zu wenden. Unsere Erfahrung zeigt, dass in den Unternehmen generell positiv auf Rückmeldungen aus der Praxis reagiert wird. Was die Vollständigkeit bzw. die Berücksichtigung von bestimmten Serien in den Planungsdaten angeht, so obliegt diese ausschließlich den Herstellern. Sie entscheiden, welche Daten zur Planung zur Verfügung gestellt werden. Auch bei dieser Entscheidung kann es hilfreich sein, Feedback von den planenden Marktpartnern zu erhalten.
Speziell zur Gliederung der Planungsdaten lässt sich herausstellen, dass den Herstellern eine solche in der bestehenden Datenqualitätsrichtlinie explizit empfohlen wird. Neben den Strukturebenen wird auch die Berücksichtigung von Artikelsets und Anwendungsbeispielen empfohlen. Diese Möglichkeiten bestehen also bereits und werden durch verschiedene Softwarepartner auch genutzt. So werden beispielsweise in einem unserer Partnerprogramme die Artikelsets explizit dargestellt und können direkt gefunden und verwendet werden.
Automatisch generierte Montagepläne wünschenswert
Hinsichtlich der Funktion wäre eine Planung inklusive automatisch generierter Montagepläne wünschenswert. Möglich ist das schon heute, denn die benannten Anschlusspunkte existieren und werden – wenn auch bislang nur wenig – genutzt.
Das Projekt der Computer-Badplanung ist originär und bis heute in erster Linie designorientiert ausgerichtet und soll die Marktpartner in der Endkundenberatung auf der Marketing- und Verkaufsebene unterstützen. Dennoch nehmen wir als Arge auch die technischen Optimierungswünsche auf.
Um die benannten Optimierungspotenziale anzugehen, haben wir bereits den direkten Kontakt mit Herrn Stenzel aufgenommen und vertieft und werden gemeinsam Ansätze herausarbeiten. Über diese Zusammenarbeit freuen wir uns – gemeinsam mit den fast 40 Mitgliedern der Arge, die das Projekt der Computer-Badplanung unterstützen!
Geschäftsführer Frank Kny
Arge Neue Medien
wertung der Redaktion:
Offenbar hat Kollege Stenzel den Finger in eine offene Wunde gelegt. In seiner Antwort gibt Arge-Geshäftsführer Frank Kny dem Handwerksunternehmer aus Reutlingen bei seiner Mängelbeschreibung in vielen Dingen Recht. In seiner Antwort schimmert auch ein wenig die Hilflosigkeit der Institution Arge Neue Medien durch. Wenn die Mitglieder, also die Industriefirmen, nicht alles unternehmen und ihre Daten nicht in den Griff bekommen, dann ist Arge-Geschäftsführer Frank Kny machtlos.
Die Badplan-Datenqualitätsrichtlinie der Arge beinhaltet bereits viele „Stenzel-Forderungen“, verstaubt aber offensichtlich in den Schränken der Hersteller. Auch im Badplanbereich sollte ein Qualitätscheck, wie der grüne Haken es bei den Stammdaten (sehr erfolgreich) ist, eingeführt werden. Hier ist der gesamte Vorstand der Arge Neue Medien (Seite 52 in dieser SBZ) gefragt, sich entschieden für die Behebung dieses Dilemmas einzusetzen.
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