Der Beitrag Richtungswechsel gefordert in der SBZ 22-2017 (Seite 40) hat eine Menge Reaktionen aus unserer Leserschaft hervorgerufen. Die Aussage dazu war: Innovationswahn und Greenwashing müssen ein Ende haben. Dazu wurden folgende Fragen aufgeworfen von Hans-Peter Sproten, Hauptgeschäftsführer des Fachverbandes SHK Nordrhein-Westfalen: Hat die Heizungsindustrie eine zu hohe Schlagzahl in der Entwicklung „grüner“ Produkte? Sind die Neuheiten zu sehr dem Diktat der Effizienz unterworfen? Seine Meinung zu diesem Thema liefert streitbare Argumente. Die SBZ stellt dafür die Plattform dar, wir freuen uns über weitere Zuschriften, die Ihre Erfahrungen und Meinungen zu dem Thema darstellen.
Mit ansteigender Freude habe ich Ihren Artikel zum Thema „Industrieller Innovationswahn“ gelesen. Sie haben da in allen Punkten meine Zustimmung, also den Nagel auf den Kopf getroffen. Ich hatte schon jegliche Hoffnung aufgegeben, dass es sonst niemanden gibt, der hierzu schlechte Erfahrungen gemacht hat und kritische Einschätzungen liefern kann.
Ohne Not werden seit ein paar Jahren seitens der Industrie die Entwicklungszyklen z. B. für neue Brennwertgeräte extrem verkürzt und neue Systeme auf den Markt geworfen. Parallel dazu hat der Kunde noch den Nachteil, dass diese überentwickelten Bauteile nur noch 50 % der Lebensdauer der alten Bauteile haben. Eventuelle Konstruktionsfehler sollen dann gefälligst die Kunden in der Anwendung selber finden, und der zuständige Handwerker kann seine Zeit mit Störungsbefund und -behebung verplempern.
Schon das ewige Warten beim Telefon-Support der Hersteller zeigt mir, dass es eine Vielzahl von Kollegen gibt, die ganz einfach aufgrund der steigenden Menge von Anbietern, Geräteserien und Typen aus den zurückliegenden Jahrzehnten nicht mehr ohne Hilfe klarkommen. Der nette Hinweis der Hersteller, man kann ja seine Mitarbeiter zur kostenlosen Produktschulung schicken, hilft auch nicht. Die müssen ja auch irgendwann mal richtig arbeiten. Wir sind mittlerweile dazu übergegangen, vorrangig immer nur Produkte von einem ausgewählten Hersteller zu verwenden, wo die wenigsten Probleme und Störungen aufgetreten sind. Wir wollen da nichts mehr austesten.
Der neue Brennwertkessel (75 bis 300 kW) eines etablierten deutschen Herstellers ist dagegen schon mal ein Schritt in die richtige Richtung. Es wird dafür keine Weiche, keine Zubringerpumpe mit Zubehör benötigt. Das spart schon mal Geld und Zeit. Jedoch bei den kleineren Leistungen 18 bis 60 kW kann man doch gar nicht auf die wandhängenden Geräte verzichten. Da sind mir keine Hersteller bekannt, die dazu Standgeräte im Angebot haben. Darum mal die Frage in den Raum gestellt: Wer kann mir eventuell mitteilen, welche Geräte die Heizungsbau-Unternehmen dann verwenden, die vom Einbau der Wandgeräte Abstand nehmen?
Michael Kowski
39104 Magdeburg
In der Tat ist es ein Schildbürgerstreich, den uns die Kesselindustrie seit Einführung der wandhängenden Brennwertkessel präsentiert hat und gegen den sich die SHK-Handwerksorganisation von Anfang an, allerdings erfolglos, gewehrt hat. Wenn man mit dem Ziel, die Geräte immer kleiner, leichter und – bezogen auf die Leistung – immer preiswerter zu machen, Materialien verbaut, die in der elektro-chemischen Spannungsreihe miteinander auf veritablem Kriegsfuß stehen, und wasserführende Gänge in Wärmetauschern in die Nähe von mikroskopischen Querschnitten führt, dann muss man sich nicht wundern, wenn solche Geräte bestenfalls auf dem werkseigenen Prüfstand über eine akzeptable Lebensdauer verfügen.
Die Erkenntnis, völlig praxisuntaugliche Produkte entwickelt zu haben, reifte mit der Zeit auch bei der Kesselindustrie. Anstatt aber umzuschwenken und wieder Wärmeerzeuger zu bauen, die auch im deutschen Anlagenbestand eine gewisse Widerstandsfähigkeit aufweisen, wurde das arme Füllwasser in der Anlage zur Quelle allen Übels erklärt. Dank erfolgreicher Lobbyarbeit wurden nicht nur im Handumdrehen passende Heizungswassernormen in die Welt gesetzt, sondern auch reichlich eigene Vorschriften für die passgenaue chemische Zusammensetzung des Heizungswassers zum Heil der eigenen Kesselkonstruktion kreiert. Damit hat der Heizungsbauer nicht nur gefälligst ein halber Chemiker zu sein, sondern auch dafür zu sorgen, dass die chemische Qualität des Wassers über die gesamte Lebensdauer der Anlage so bleibt, wie anfangs eingestellt, und das bei allen Unwägbarkeiten, die insbesondere bei größeren Einheiten hinsichtlich der Eigenmächtigkeit von Mietern an den Heizkörpern ihrer Wohnungen an der Tagesordnung sind.
Ein feiner Nebeneffekt für die Kesselhersteller hat sich durch diese Entwicklung aufgetan: Egal, wann der Kessel den Korrosionsinfarkt erleidet, es ist nie mehr der Hersteller schuld, sondern immer der Heizungsbauer. Da hat der „Bengel“ doch während der jahrelangen Betriebszeit irgendwann mal nicht auf die Zusammensetzung des Heizungswassers geachtet. Solche Nachlässigkeiten darf man sich bei derart hochqualitativen Produkten einfach nicht erlauben.
Und so etwas nennt man dann „technischen Fortschritt“!
Hans-Joachim Hering
40476 Düsseldorf