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Bäder für individuelle Bedürfnisse

Bubble — Busy — (R)Evolution

Inhalt

Grundlegenden Gedanken rund ums Bad gehen Badplaner und Bäderbauer viel zu selten nach. Denn sonst würden sie ihre Kunden noch viel mutiger fragen: Was möchten Sie eigentlich alles gerne im Badezimmer erledigen, erleben oder genießen? Viele Wünsche sind weder Kunden noch Badplanern bewusst. Warum sollte man im Badezimmer nicht auch mal einen Kaffee trinken? Entspannt Musik hören? Nackt Saxophon spielen? Mit der Freundin telefonieren, im Internet surfen, Obsttörtchen essen und Orangen auspressen? Mit den Kindern spielen oder dem Partner kuscheln?

Wo liegen die wirklichen Bedürfnisse der Badnutzer? Die Frage, wohin das Badezimmer unterwegs ist, kann nicht immer nur mit „schöner, exklusiver, komfortabler“ beantwortet werden. Denn obwohl zutreffend, ist da eben noch mehr. Das Pop-up-my-Bath­room-Team der Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft hat sich jenseits jeder Stilfrage Gedanken darüber gemacht, wofür wir das Badezimmer eigentlich wirklich nutzen bzw. wirklich nutzen wollen. Dabei wurden drei grundlegende Tendenzen erkannt.

Warum das Badezimmer größer werden muss

Zum einen wollen wir das Badezimmer mehr denn je als Rückzugsort für Regeneration, Ich-Erleben und kreative Freiräume nutzen. Aber auch die Gegenbewegung wird künftig wieder eine stärkere Rolle spielen – das Bad wird durch seine intimen, auch als Gemeinschaftsrituale erlebten Funktionen als fami­liärer und geselliger Treffpunkt wiederentdeckt. Wir trauen uns hier Begegnungen zu, denen wir in der Hektik des Alltags gerne ausweichen. Und zu guter Letzt wächst in der Gesellschaft der Wunsch nach Sicherheit, ­Individualisierbarkeit und der Verfügbarkeit von Informationen und Medien. Wir bauen um uns herum eine Welt, die auf unsere ­Bedürfnisse zugeschneidert ist wie die ergonomisch geformte Badewanne. Für diese Trendrichtungen hat die VDS die Konzepte Bath­room Bubble, Busy Bathroom und Bath­room (R)Evolution entwickelt und an ungewöhnlichen Orten inszeniert: auf einem Parkhaus-Dach, in einem Biergarten und in einem LED-illuminierten Aussichtsturm, der den Blick auf eine Zukunftslandschaft lenkt. Die in dieser SBZ vorgestellten Konzepte benötigen nicht nur eine anspruchsvolle Badplanung, sondern auch mehr Platz zur Verwirklichung. Das Badezimmer muss größer werden, damit wir ausleben können, was Wohnen, was Badkultur, was unsere Branche alles leisten kann.

Busy Bathroom – auf Tuchfühlung mit den anderen

Wir sind es gewohnt, die Tür hinter uns zu schließen, wenn wir ins Bad gehen. Doch das Badezimmer als Rückzugsort ist eine moderne Erfindung. Mit der Aufwertung zum Wohnraum und der wachsenden Angebots­palette für das gemeinschaftlich genutzte Bad gewinnt das Zimmer mit Wasseranschluss wieder eine stark soziale Dimension. Fast so, wie der Raum sie in der Tradition der europäischen Badehäuser einmal besaß und in Kulturen wie dem Hamam heute noch verkörpert: als Ort der Begegnung. Mittlerweile wird nun selbst das Bad zum mehr oder ­weniger offenen Bereich – offen zum Schlafzimmer, offen zum Garten oder sogar offen zum Wohnbereich. So weit muss innovative Badplanung nicht unbedingt gehen. Es reicht, sich dem Gedanken einer Öffnung dieses so intimen Raums für mehrere Nutzer gleichzeitig anzunähern. Diesem Gedanken hat die Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft den Namen Busy Bathroom gegeben. Ein geschäftiges Bad also, das vor Leben vibriert.

Keine Frage: Als Gesellschaft von Individualisten schätzen wir die Intimität des ­Badezimmers, um Zeit für uns allein zu haben. Dass das nicht immer so war, sondern vielmehr ein kulturell erlerntes Verhalten ­widerspiegelt, zeigen die Beispiele quirligen Familienlebens, in dem Kinder das Bad – oft zum Leidwesen der Eltern – instinktiv und ohne jede Berührungsangst zum Zentrum des sozialen Lebens machen. Doch auch im späteren Leben finden hier mehr soziale ­Kontakte und intime Begegnungen statt, als wir uns gemeinhin bewusst machen.

Ähnlich wie die Küche ist das Bad ein Ort täglicher Routinen, an dem nicht nur existenzielle ­Bedürfnisse, sondern auch solche nach ­Kommunikation und Sozialisation befriedigt werden. Denn im Badezimmer kümmern wir uns nicht nur um uns selbst, sondern auch um andere: Wir putzen unseren Kindern die Zähne, schrubben unserem ­Lebenspartner in der Badewanne den Rücken, kommentieren die digitale Anzeige auf der Waage und den Kalorienzähler am Fitness­gerät, kämmen unseren Geschwistern die Haare, assistieren unserer Freundin beim Schminken oder unserem Freund bei der Versorgung des Sonnenbrands oder helfen unseren Eltern beim Aussteigen aus der ­Badewanne. Hier sind wir uns nahe, be­weisen unsere Zuneigung und suchen die Bestätigung durch Familie, Partner und Freunde.

Der weit größere Teil kommunikativer Funktionen, die das Badezimmer erfüllt, sind freilich banaler Natur: Hier wird morgens über den Tagesablauf gesprochen, hier wird Kritik geübt und Motivation ausgesprochen, während ein Doppelwaschtisch den reibungslosen Ablauf gewährleistet. Hier wird unter der Dusche gelacht und die Beziehung durch gemeinsamen Badespaß gefestigt. Hier werden die Kenntnisse vermittelt, wie man sich verhält, pflegt, verarztet, schön macht. Hier wird das Bild gestylt, das man/frau der Außenwelt nach Waschen, Kosmetik, Frisieren und Krawattezurechtrücken präsentieren will.

Mehr Raum für rarer werdende gemeinsame Stunden

Immer mehr Menschen äußern das Bedürfnis, diese Dinge mit einem Partner zu ­teilen und im Badezimmer auch mal mit ­anderen zusammen zu sein. Nicht immer, aber ab und zu. Großraumduschen, Doppelbadewannen und Doppelwaschtische werden auch deshalb immer stärker nachgefragt, weil das Badezimmer als gemeinschaftlich genutzter Raum hoch im Kurs steht – und das nicht nur bei Familien. Das Bad dient heute nicht mehr nur der Körperpflege, sondern auch der Gesundheits- und der Beziehungspflege. Gekuschelt wird demnach nicht mehr nur auf dem Sofa, sondern auch im Badezimmer.

Was liegt da näher, als dem Wunsch nach mehr Wohnlichkeit nachzukommen und Platz und insgesamt mehr Bewegungsfreiraum zu schaffen? Bewegungsraum für ­spielende Kinder, Yoga-Übungen, Liegestützen, Bücherwürmer und Entspannungs­stunden.

Raum vielleicht auch für die Sauna, die in neuer, häufig überraschend transparenter Optik ein Comeback feiert. Allerdings nicht unbedingt im Keller, sondern zunehmend im Badezimmer. Überall wird die Kommunika­tion im Bad zu einem wichtigen Aspekt des körperlichen wie seelischen Wohlbefindens. Nur die Toilette wird ausgeklammert. Hier geht der Trend schon seit Jahren zu einer Separierung.

Busy vereint die Ansprüche vieler

Das moderne Badezimmer vereint alte und neue Badkultur. Dabei ist das Busy Bathroom nicht nur für Großfamilien und Wohngemeinschaften attraktiv. Auch eingefleischte Singles haben gerne Besuch und teilen mit ihm auch mal den Whirlpool oder die Badewanne, wenn es geht, in einer Wanne mit einem immer häufiger verfügbaren Mittelablauf. Familien brauchen vor allem Platz, und zwar sowohl Freiraum als auch Stauraum, mit Doppelwaschtisch und vielen, vielen Ablagen. Universal Design als Leitgedanke erhält vor diesem Hintergrund eine neue Aktualität, denn es eignet sich als Gestaltungsprinzip nicht nur für das Generationenbad, sondern kann auch helfen, den Raum zu einem echten Treffpunkt der Generationen und des Freundes- und Familienkreises zu machen.

In Zeiten, in denen die Lebenswirklichkeiten der Mitglieder einer Gemeinschaft immer weiter auseinanderklaffen und die Tagesplanung selbst innerhalb einer Familie zunehmend asynchron verläuft, wächst die Bedeutung der wenigen festen Orte und Rituale, die Gemeinsamkeit erzeugen. Und das sind vor allem Tisch und Bad. Künftige Badplanung sollte dies gestalterisch zum Ausdruck bringen und damit die Wohnverhältnisse den realen Bedürfnissen anpassen. Das Busy Bath­room gibt hierzu Denkanstöße. Dabei geht es weniger um spezifische Gestaltungsprinzi­pien als darum, Möglichkeiten zu schaffen – zur gemeinsamen, barrierefreien Nutzung, zur Kommunikation, zur Multifunktionalität, zum Wohlfühlen. Egal, ob alleine oder zu mehreren. Denn den Schlüssel hinter sich umdrehen kann man ja immer noch.

Sicherheit, Komfort und Individualisierung — das Bad der Zukunft wird hier keine Kompromisse mehr machen. Bei Bathroom (R)Evolution steht der Mensch im Mittelpunk, der seine Umwelt ganz nach seinen Bedürfnissen formt.
Sicherheit, Komfort und Individualisierung — das Bad der Zukunft wird hier keine Kompromisse mehr machen. Bei Bathroom (R)Evolution steht der Mensch im Mittelpunk, der seine Umwelt ganz nach seinen Bedürfnissen formt.

(R)Evolution – auf dem Weg zur intelligenten Wohlfühlmaschine

Sicherheit, Komfort und Individualisierung – das Bad der Zukunft wird hier keine Kompromisse mehr machen. Bei Bathroom (R)Evolution steht der Mensch im Mittelpunkt. Er ist es, der seine Umwelt ganz nach seinen Bedürfnissen formt.

Design hat das Badezimmer verändert, es ästhetischer, genussorientierter, wohnlicher gestaltet. Aber nun steht dem Bad mit der Integration neuer Materialien und moderner Technologien ein grundlegender Wandel bevor. Es wird Zeit, sich Gedanken über die Richtung zu machen. Denn wie in keinem anderen Wohnraum geht es im Bad um die Gestaltung der Schnittstelle Mensch–Technik.

Viele Badnutzer träumen von einem Bad, das sie morgens mit einem angenehm warmen Ambiente empfängt und sanft auf den Tag vorbereitet: in der dunklen Jahreszeit ­etwa mit nicht zu greller Beleuchtung, vorgeheizt, mit der Lieblingsmusik oder den Nachrichten auf Radio oder Bildschirm. Die Armatur erkennt den Nutzerwink und lässt berührungslos Wasser in vorprogrammierter Temperatur ins Becken sprudeln. Am Abend wartet das Bad mit stimmungsvollem Licht und programmierter Duschsequenz auf den Nachhausekommenden oder mit einer auf Knopfdruck sich automatisch bis zum ­gewünschten Stand füllenden Badewanne. Angewärmte Handtücher und Klobrillen, Dusch-WCs und Farbprogramme in der ­Dusche oder in der vorgeheizten Dampfsauna sind weitere Komfort-Pakete, die das Bad der Zukunft (fast) standardmäßig für uns ­bereithält.

Und wenn schon das Auto seinen Fahrer erkennt und den Sitz entsprechend einrasten lässt, warum dann nicht auch das Bad? Es wird zu einer Einheit verschaltet, die auf die individuellen Bedürfnisse des Nutzers programmiert ist. Dabei helfen sowohl digitale Technologien als auch intelligentes Produktdesign, das sich dank minimalisierter Bauteile auch mal extrem schlank machen kann. Ob nun besonders unauffällig oder besonders auffällig – Designlösungen der Zukunft bieten Halt nicht nur für das Auge, sondern auch für tastende Hände und unsichere Beine. Pflegeleichte Oberflächen sind nur der Auftakt für eine Runderneuerung von Oberflächen, Materialien und Ausstattungen, die dem Menschen einen sorgenfreien Badaufenthalt ermöglichen, ohne Angst, auszurutschen, sich zu verbrühen oder unter der Dusche den falschen Hebel zu bedienen. Denn Sicherheit und Sorgenfreiheit sind nach der Hygiene die zwei wichtigsten Bedürfnisse, die erfüllt werden müssen. Danach folgen Komfort, Intimität und Erlebnischarakter – sei er durch Badespaß, Entertainment, Gemeinschaftserlebnis oder Meditation geprägt.

Kontrolle über Wasser, Energie und ein selbstbestimmtes Leben

Das Badezimmer ist ein neuralgischer Punkt, wenn es um Sicherheit und Komfort geht. Barrierefreiheit ist nicht umsonst ein Schlagwort in der modernen Badplanung, denn es betrifft nicht nur die Sicherheit aller Badnutzer – gehandicapt oder nicht, klein oder groß –, sondern ist für eine immer größer werdende Gruppe älterer Menschen auch eine Grundvoraussetzung eines selbstständigen Lebens. Bathroom (R)Evolution stellt diese Bedürfnisse an die erste Stelle der Hierarchie, indem es ­Ergonomie nicht nur auf das einzelne Sanitärprodukt, sondern auf das Bad als Ganzes bezieht. Das Badezimmer als Pamper-Maschine, als ein Raum, der sich unserer annimmt und uns verwöhnt. Und wenn der älter werdende Mensch schon nicht die vollständige Kontrolle über seinen Körper behalten kann, dann doch wenigstens über den Raum, in dem er ihn hegt und pflegt.

Im Design steht Ergonomie für eine humane, dem menschlichen Körper und den menschlichen Bedürfnissen angepasste Form der ihn umgebenden Produkte und Werkzeuge. Sie ist sozusagen das Grundgesetz guter Gestaltung. Doch mit der Technisierung des Alltags ist nicht nur ein noch nie da gewesenes Maß an Komfort in unsere vier Wände eingezogen, sondern auch ein neues Problemfeld: die Bedienbarkeit und Individualisierbarkeit von technischen Produkten. Gerade älteren Menschen ist dieses Problem bei der Bedienung von Telefonen und TV-Geräten (meist schmerzlich) bewusst. Interface-Design, die Gestaltung von Benutzeroberflächen, ist damit nicht nur eine Aufgabe zur Gestaltung von Computern und Displays, sondern auch eine Aufgabe in der Badgestaltung. In Zukunft wird sich auch die Sanitärwirtschaft mit diesem Problemfeld befassen müssen.

(R)Evolution zielt auf ein ­sinnliches, intuitives Bad

Der Weg, den sie bisher gewählt hat, zielt auf ein sinnliches Bad, das sich intuitiv bedienen lässt. Dabei werden nicht nur berührungslose Techniken involviert wie bei Armaturen, Lichtsteuerung und WC-Spülungen; auch Wasser und glatte Oberflächen kommen als Projek­tionsflächen für Licht und – in Zukunft – Informationen infrage. Bathroom (R)Evolution ist multimedial. Der Spiegelschrank könnte so zur Info-Theke und zur Datenbank werden, in der auch medizinische oder kosmetische Informationen lagern oder abgerufen werden können. Das Produktdesign wird sich künftig verstärkt damit beschäftigen, Formen zu finden, die mit den Programmierkonsolen und digitalen Bedieneinheiten harmonieren.

Designer werden sich aber nicht nur mit der Umsetzung des technisch Möglichen beschäftigen, sondern auch mit dessen Selek­tion. Denn nicht jede Spielerei wird auf Dauer sinnvoll erscheinen. Es geht schließlich nicht mehr nur um die Ergonomie der Form, sondern um die Ergonomie der technischen Ausstattung. Die Herausforderung wird nicht darin liegen, Technik entweder zu verstecken oder ästhetisch herauszustellen, um sie dem jeweiligen Geschmack entsprechend zu integrieren, sondern darin, sie den Bedürfnissen der Menschen anzupassen.

Bathroom Bubble schafft Grenzen in einer zunehmend entgrenzten Umwelt. Wie eine abgeschottete Blase innerhalb eines durchlässigen Wohnkokons wird das Badezimmer zu einer ganz privaten Insel, auf der es sich herrlich entspannen, nachdenken oder kreativ sein lässt. Vielen erscheint das Badezimmer als der letzte Rückzugsort eines von Hektik und ständiger Verfügbarkeit ­geprägten Alltags.
Bathroom Bubble schafft Grenzen in einer zunehmend entgrenzten Umwelt. Wie eine abgeschottete Blase innerhalb eines durchlässigen Wohnkokons wird das Badezimmer zu einer ganz privaten Insel, auf der es sich herrlich entspannen, nachdenken oder kreativ sein lässt. Vielen erscheint das Badezimmer als der letzte Rückzugsort eines von Hektik und ständiger Verfügbarkeit ­geprägten Alltags.

Bathroom Bubble – Raum für Rückzug

Das moderne Badezimmer ist der Inbegriff vom Rückzug in eine eigene, dem Alltag entrückte Welt. Als Kernbereich einer Privatwohnung, die immer stärker zum Lebensmittelpunkt wird, gewinnt das Badezimmer in Zukunft an Bedeutung – als eine abgeschottete Blase innerhalb eines durchlässigen Wohnkokons.

Unsere Wohnung ist mehr als eine Behausung. Für uns ist sie fast so etwas wie die Schnittstelle zwischen Mikro- und Makrokosmos, ein Schutz nach außen und eine ganz eigene Welt nach innen – mit eigenen Organisationsformen, eigener Ästhetik, der Ausdruck eines Weltbilds, genauso Bühne wie Nest, eine fein ausbalancierte Mischung aus Selbstdarstellung und privatem Rückzugsgebiet. Architekten und Planer müssen dabei ständig den Faktoren nachspüren, die unsere Wohnkultur und damit die Ansprüche an die Gestaltung der eigenen vier Wände verändern. Eine der – neben der demografischen Entwicklung – künftig wichtiger werdenden Fragen betrifft genau dieses Gleichgewicht, das aufgrund der extremen Individualisierung und einer im Zeitalter von Leistungsgesellschaft und Facebook zugleich knapper werdenden Privatsphäre neue Ankerpunkte sucht.

Als quasi zeitloser, intimer Ort schafft das Badezimmer einen wohltuenden Ausgleich zu einer permanenten Repräsentationskultur, in der wir uns fortwährend über unser Aussehen, unsere Arbeit, unseren Stil und unseren Konsum zu profilieren gewohnt sind. Heute gerät auch die Wahl und die Ausgestaltung der Wohnung zunehmend in den Fokus der öffentlichen Wahrnehmung. Unsere Wohnung prägt das Bild, das unsere Freunde sich von uns machen, aber auch ein weiterer Bekanntenkreis und die Arbeitsumgebung, denen wir zunehmend Zugangsrechte in unsere Privatwelt einräumen. Diese langfristige Entwicklung wird sowohl durch die Verlagerung eines großen Teils des gesellschaftlichen Lebens in unser Heim als auch durch die Entgrenzung von Privat- und Berufsleben und die Verbreitung der Home Offices vorangetrieben. Die Ausstattung des Badezimmers als letzter Rückzugsort und seine Gestaltung zu einem wohnlichen Raum gewinnt damit in Zukunft weiter an Bedeutung für unser persönliches Wohlbefinden.

Grenzen in einer zunehmend ­entgrenzten Umwelt

Es geht dabei nicht um einen Gegensatz von Rückzugs- und Präsentationsbereich. Eher um die Idee eines Raumes im Raum, einer Kapsel unter der äußeren Hülle, so gut geschützt wie die kleinste Figur eines Satzes Matruschka-Steckpuppen. Dementsprechend kann die Gestaltung des Badezimmers durchaus den gleichen repräsentativen Anforderungen folgen wie die übrige Wohnung. Nicht nur, dass der Nutzer selbst hier höchste Maßstäbe an Komfort und Ästhetik anlegt, um die hier verbrachte Zeit zu genießen – er will mit einem schönen Badezimmer auch eine hohe Badekultur demonstrieren. Denn auch hier erhält neben der Familie ein innerer Kreis aus Freunden und Bekannten Zutritt; auch sie sollen sich hier wohl fühlen können. Was für unsere Wohnung gilt, gilt genauso für das Bad: Wir wollen darin uns und unser Selbstbild repräsentiert sehen.

Wie in jeder hochentwickelten Kultur, in der eine zunehmende Individualisierung mit einer Verknappung von Privatsphäre einhergeht, trennen wir zunehmend zwischen der öffentlichen Persönlichkeit und dem privaten Ich. Im Bathroom Bubble kann man alleine sein und das Alleinesein zelebrieren. Dabei ist es nicht nur die Abgeschlossenheit des Badezimmers, die das Fallenlassen der Maske möglich macht. Das Element Wasser hat auch eine rituelle Funktion: Es wäscht Schminke, Hülle, Panzer ab und lässt den Menschen (fast) wie neu geboren aus Dusche oder Badewanne steigen. Das Bad wird zum Ort der Begegnung mit dem Ich, zum Anlass der Selbstreflektion und – wenn es der Vorbereitung auf die Außenwelt dient – zum Ort der Selbstdefinition. Denn im Bathroom Bubble streifen wir nicht nur etwas ab, hier ziehen wir uns auch an, streifen eine neue Maske über, stylen unser Äußeres und wappnen unser Inneres.

Ort des Rückzuges

Die Bedürfnisse, die mit dieser Badezimmer-Funktion befriedigt werden, werden durch den Gegensatz zum Erleben des Alltags bestimmt. Herrschen dort Hektik und der Zwang, auf äußere Einflüsse zu reagieren, Erwartungen zu erfüllen und sich äußeren Rahmenbedingungen anzupassen, herrschen im Inneren des Bathroom Bubble Ruhe und eigene Gesetzmäßigkeiten. Die Geräusche von außen werden absorbiert oder überlagert durch selbst verursachte Geräusche, eigene Gedanken und – im Gegensatz zur Berieselung etwa durch das ­Radio – gezielt eingesetzte Musik. Hier ist alles auf die Bedürfnisse des Einzelnen abgestimmt. Bath­room Bubble ist auch ein Ort der Kreativität. Nicht umsonst geben viele Kreative an, unter der Dusche die besten Ideen zu haben. In der Badewanne lösen sich nicht nur Verspannungen, sondern auch Probleme.

Entscheidend für diesen positiven Effekt ist nicht ein bestimmtes Styling, sondern die Schaffung einer separierten, künftig vielleicht sogar schallgedämmten Schutzatmosphäre und von Emotionalität. Ein Badezimmer wird nicht zum Bathroom Bubble, wenn es nicht Geborgenheit vermitteln kann. Die Faktoren, die dies bewirken, sind Produktästhetik, Produktfunktionen und das gestalterische Zusammenspiel von Farbe, Material und Form. Sie bestimmen die spezifische Atmosphäre, in der ein Mensch sich wohl fühlen kann. Die Gestaltung eines Bathroom Bubble kann mal modern und mal antikisierend-opulent sein, mal organisch-natürlich, mal kühl und eckig, mal mit Ornamentik oder floralen Elementen überladen oder puristisch gehalten sein. Es kommt auf den richtigen Mix an.

Soweit an dieser Stelle zu Trends und Lebensphilosophien. Lesen Sie hierzu auch das Interview mit Jens J. Wischmann.

Kommentar

Revolution im Badezimmer: zweiter Versuch

Ein schönes Badezimmer wird immer wichtiger für die Menschen. ­Eine gute Nachricht für die Sanitärwirtschaft, denn das Bad ist in der Vergangenheit von der Baubranche recht stiefmütterlich behandelt worden. Von den heutigen durchschnittlichen 7,8 m2 konnte Otto-Normalverbraucher einst nur träumen, und Tageslicht ist selbst heute noch lange nicht selbstverständlich. In Deutschland haben wir zweifelsohne einen Nachholbedarf im Bereich Renovation, und nun ist es an der Zeit, den moosgrünen Muff der 70er und die kühlen Kontrastfarben der 80er hinter sich zu lassen. Nicht nur, weil ein neues Badezimmer schöner ist – wie in den Hochglanzbroschüren der Sanitärhersteller zu sehen –, sondern weil wir im Badezimmer endlich einen Mehrwert erhalten wollen.

Ich möchte mit meiner Familie mehr Zeit im Badezimmer verbringen, mich auch mal zurückziehen, im Winter ein Tageslichtbad genießen mit einem Rotwein dazu, Musik hören und viele andere Dinge im Badezimmer erleben. Es geht nicht um ¾-Zoll-Gewinde oder um Flach- versus Tiefspüler, es dreht sich um den Menschen in seinem Bad und den Mehrwert, den ihm ein Badplaner bzw. Installateur verschaffen kann. Erst danach geht es um die Umsetzung mit passenden Produkten. Das ist aber auch eine Herausforderung, denn wer traut sich schon, den Bauherrn nach zehn Minuten Beratungsgespräch nach seinen Toiletten-Gewohnheiten zu fragen? Das Wissen hierüber ist aber immens wichtig, denn nur so kann man ein individuelles Badezimmer planen. Die Branche hat mit der Wellness-Bewegung schon eine Revolution im Badezimmer verpasst. Ich glaube, wir alle müssen für die nächste Revolution viel lernen, um diese Welle diesmal richtig zu erwischen.

Ein Anfang ist der Besuch. Sehen wir uns die Revolution im Badezimmer auf der ISH 2013 in Frankfurt doch einmal genauer an und versuchen auch Sie die Bedürfnisse zu erahnen, die hinter den oft innovativen Produkten stehen.

Viel Erfolg wünscht Ihnen dabei

Frank A. Reinhardt Projektleiter „Pop up my Bathroom“

Info

Der 88-seitige Trend-Report zur ISH 2013 kann bei der VDS gegen eine Schutzgebühr von 19,90 Euro bestellt werden. Einfach eine E-Mail an iheister@sanitaerwirtschaft.de mit der gewünschten Anzahl und der Postadresse senden. Weitere Informationen unter

http://www.pop-up-my-bathroom.de

Autor

Frank A. Reinhardt hat sich als Berater auf Design und Marketing spezialisiert und agierte für die VDS-Aktion „Pop up my Bathroom“ als Projektleiter. Der in Köln ansässige diplomierte Produktdesigner betreut für die SBZ den Schwerpunkt Design; Telefon (02 21) 6 20 18 02, Telefax (02 21) 9 62 45 39, content@far-consulting.de, https://far-consulting.de/.

Möglichkeiten und Chancen der Badgestaltung

Lebensphilosophien kennen und nutzen Der Initiator des VDS-Trendscoutings „Pop up my Bathroom“ ist Jens Wischmann. Die SBZ sprach mit dem VDS-Geschäftsführer über die Beweggründe, aktuelle Trends und die sich für Badprofis eröffnenden Möglichkeiten, die sich mit einer anspruchsvollen Badgestaltung ergeben.

SBZ: Zusammen mit der Messe Frankfurt hat die VDS drei für unsere Wohnkultur und für die Branche wichtige Badezimmer-Trends ausgemacht und außergewöhnlich fotografiert. Was war Ihre Motivation?

Wischmann: Eigentlich ist Pop up my Bath­room eine internationale PR-Kampagne der deutschen Sanitärwirtschaft. Unabhängig von dem PR-Effekt erhöhen wir damit auch unser Wissen und können es außerdem besser in Worte fassen und visualisieren. Für ambitionierte Badplaner und Handwerker ergeben sich mit Pop up my Bathroom zahlreiche Denkanstöße.

SBZ: Inwiefern?

Wischmann: Ich glaube, wir haben mit Pop up zum ersten Mal übergreifend gezeigt, in welchem Umfeld Badprodukte ihr gestalterisches Potenzial entfalten, in welch ungewöhnlichem Umfeld sie wirken können – und das sehr losgelöst vom einzelnen Produkt. Wir haben den Menschen einbezogen und aktuell sogar in den Mittelpunkt gestellt. Diese Herangehensweise wird die Zukunft der modernen Badplanung sein: Auch der Handwerker soll nicht mehr nackte Produkte verkaufen, sondern Lösungen aufzeigen, die vor allem die Bedürfnisse der Menschen und ihre Befriedigung in einem modernen Badezimmer zum Ausgangspunkt und Ziel haben.

SBZ: Ist das der Weg, aus der Preisdiskus­sion herauszukommen?

Wischmann: Absolut, das genau ist einer der Ansätze, die wir verfolgen. Unsere Branche steht vor der Herausforderung, dass neue, preisaggressive Wettbewerber mit anderen Vertriebsformen sich einzelne Produkte aus dem Badbereich herauspicken und anbieten. Wir halten dagegen, dass es nicht um einzelne Produkte oder Produktansammlungen, sondern um ganzheitlich geplante Bäder geht, die individuellen Bedürfnissen entsprechen. Wir müssen diesen professionellen, ganzheitlichen Ansatz nach außen kommunizieren.

SBZ: Was soll man sich unter Bedürfnissen konkret vorstellen?

Wischmann: Ein Bedürfnis, das immer wichtiger wird, ist Unabhängigkeit und Komfort im Alter, und das ist wieder eng verknüpft mit dem Thema altersgerechte und gesundheitsorientierte Bäder. Dem Bad kommt als Wohlfühl-, aber auch als Gesundheitsort eine viel größere Bedeutung zu, als vielen bislang bewusst ist. Wir müssen uns also fragen: Welche Gesundheitsbedürfnisse kann das Bad befriedigen? Ob es Wasseranwendungen sind, ob es das Thema Licht, das Thema Akustik ist, ob es Raum für Fitnessprogramme ist oder auch einfach nur das Thema Wärme am Morgen. Ich glaube, wir stehen da noch ganz am Anfang. Dieses Bad noch stärker daraufhin auszurichten, ohne dass es dabei einen medizinischen Anstrich bekommt, ist eine spannende Aufgabe.

SBZ: Führt das nicht zu weit weg von unserem Branchengeschäft?

Wischmann: Ich appelliere an unsere Installateure. Überlegen Sie doch mal, was man alles im Badezimmer machen kann! Mal abgesehen von den Grundbedürfnissen wie auf die Toilette zu gehen, zu duschen, sich zu waschen oder Zähne zu putzen kommt man leicht auf mindestens 50 Bedürfnisse: Kinder ausziehen oder sauber machen, sich schminken, ein Buch lesen, in Ruhe telefonieren oder mit der Familie Gemeinsames er­leben sind nur einige Beispiele für Bedürfnisse, die der Badplaner in seiner Planung berücksichtigen kann. Wenn nun im Beratungsgespräch genau dieser Mehrwert kommuniziert wird, reden wir auf einmal nicht mehr über Preise, sondern über vielfältige Möglichkeiten. Damit eröffnen wir den Menschen mit ihrem neuen Badezimmer ­eine neue Welt. Übrigens: Ich verspreche mir von dem aktuellen SBZ-Kreativwettbewerb eine Weiterentwicklung in genau diese Richtung.

SBZ: Wie kann ein solcher Beratungsansatz im Kundendialog weiterentwickelt werden?

Wischmann: Jeder Berater hat ein Musterbad im Kopf, wenn er sein Gegenüber einordnet. Es gilt aber, sich auf individuelle Bedürfnisse einzulassen. Dann entstehen ungewöhnliche Lösungen. Im aktuellen Trend-Report Pop up my Bathroom haben wir nicht nur die drei Trends Busy Bathroom, Bathroom Bubble und Bathroom (R)Evolution genau beschrieben und mit umfangreichem Bildmaterial ­visualisiert, sondern auch ganz viele Bedürfnisse aufgezeigt, die nicht nur Anregungen für eine innovative und kreative Badplanung geben, sondern auch im Beratungsgespräch eine Rolle spielen können. Damit kann der Planer aufzeigen, welche Möglichkeiten aus einem Badezimmer herausgeholt werden. Aus meiner Sicht ein wirklich tolles Tool mit Mehrwert.

SBZ: Gibt es denn noch zusätzliche Erkenntnisse aus den drei Trends? Wie sieht die Zukunft im Badezimmer aus?

Wischmann: Neben den Top-Themen „altersgerechte Badplanung“, „Ökologie“ und „Digitalisierung“ stellen wir fest, dass das Badezimmer einen größeren Stellenwert einnehmen wird. Die Hektik unserer Zeit, der Wunsch nach Rückzug, Meditation, Energie-Tanken und nach Selbstverwirklichung machen das Badezimmer zur univer­sellen Schaltzentrale unserer Wohnung. Und in diesem wichtigen Raum wollen wir nicht mehr mit zur Decke gefliesten Wänden in Moosgrün leben, sondern uns länger aufhalten. Unsere Branche hat es in der Hand und kann zusätzliche Umsätze ­generieren.

SBZ: Welche der in Pop up my Bathroom erzählten Zukunftsszenarien halten Sie für richtungsweisend?

Wischmann: Am faszinierendsten ist der Gedanke, dass das Bad als Schnittstelle zwischen Mensch und Technik eine so große Rolle spielen wird wie kein anderer Raum im Haus. So wie der Designer früher von der ergonomischen Form eines Waschbeckens ­geträumt hat, träumen wir von der sinnlichen Benutzeroberfläche im Bad – einer Wohlfühlmaschine, wie sie im Trend Bath­room (R)Evolution anklingt.

SBZ: Sind Sie denn mit Pop up my Bathroom auf der ISH präsent?

Wischmann: Ja, die drei Trends werden in Halle 3.0 visualisiert. An diesem Standort wollen wir auch zum Austausch über diese Entwicklungen anregen und installieren hier ein Pop-up-my-Bathroom-Atelier als ein Forum für Information und Diskussion. Hier sollen zahlreiche Workshops, Präsentationen, interessante Vorträge und Gesprächsrunden einen Erfahrungsaustausch einleiten. Wir sehen dieses Forum als Kommunikationsplattform für Planer, Architekten und ambitionierte Badplaner.

SBZ: Auf Ihren ISH-Auftritt und Pop up live sind wir bereits jetzt gespannt. Wir sehen uns in Halle 3!