Die in Paris lebenden Brüder Ronan und Erwan Bouroullec lieben luftige Arrangements, die Raum für Flexibilität lassen. Verschiebbare Trennwände, Regale oder Teppiche, die man verändern oder vergrößern kann gehören zu ihren Markenzeichen. 1997 wurde das Duo entdeckt. Von da an ging es steil bergauf. Schnell folgten Aufträge von großen Möbelmarken wie Vitra, Ligne Roset, Kvadrat oder Magis, mit denen die Franzosen auch heute noch zusammenarbeiten. Neuland war für sie die Entwicklung einer Badezimmer-Kollektion, die letztlich sechs Jahre dauerte. SBZ-Design-Experte Frank A. Reinhardt fühlte den Bouroullec-Brüder auf den Zahn.
SBZ: Sie haben sich noch nie mit dem Thema Badezimmer beschäftigt. Wie gehen Sie an ein solches Projekt denn heran?
Ronan: Eigentlich genauso, wie wir uns in die Bürowelt hineingearbeitet haben, als wir anfingen, für den Möbelhersteller Vitra zu arbeiten. Die Badwelt ist auch eine kleine Welt, aber eben eine ganz eigene Welt. Wir waren sehr naiv, und das ist ja manchmal eine Chance, weil man noch offen ist. Dadurch sind wir zu ganz frischen Lösungen gekommen.
SBZ: Warum hat es seit ihren ersten Entwürfen sechs Jahre gedauert, bis die Kollektion vorgestellt werden konnte?
Erwan: Am Anfang wollten wir eine integrale Einheit schaffen, eine Waschbecken-Einheit wie eine Mikrowelle, etwas, das man einbauen kann und das einen mit allem versorgt, das man braucht. Wo man das Wasser zum Waschen nutzen kann, wo man sich das Wasser zum Trinken und Kochen holt, mit allen Funktionen zum Ausklappen und Ausziehen. Aber je mehr wir uns mit den praktischen Anforderungen der Branche beschäftigten, umso mehr erkannten wir, wie wichtig eine installationsgerechte Lösung ist.
SBZ: Also haben Sie noch einmal von vorne angefangen?
Erwan: Ja, aber wir sind bei unserem Anspruch geblieben, eine fertige, komplette Sache zu machen. Auch wenn Axor eigentlich eine Armaturenmarke ist, hätte es für uns keinen Sinn gemacht, nur eine Armatur zu entwickeln. Das Waschbecken ist ein integraler Bestandteil der Serie geworden. Wir jetzt haben mit 75 Produkten eine Kollektion, die für jeden Kundenwunsch eine Antwort hat. Ganz gleich, ob das Bad zwei oder zwanzig Quadratmeter hat.
SBZ: Was ist für Sie das Wichtigste an einem Badezimmer?
Ronan: Dass es ein Fenster hat. Es gibt keinen besseren Duft, als den von frischer Luft, die von draußen kommt. Als Student hatte ich nie ein Fenster im Bad, und deshalb sind für mich Licht und frische Luft das Wichtigste. Der Körper sollte auch zur Ruhe kommen, wie bei den Japanern, wo man sich im Bad nur noch minimal bewegt. Allzu viel Bewegung stört, und deshalb sollte man nicht ständig von einer Funktion zur nächsten wandern müssen. Alles soll einfach sein. Deshalb ist auch Kontinuität in der Gestaltung wichtig, denn dadurch kommt Stille in einen Raum.
SBZ: Was ist das Besondere an der Bouroullec-Kollektion?
Erwan: Wenn Sie ein einzelnes Teil von der Axor-Kollektion nehmen, wirkt es unglaublich simpel. Fast ein Nichts, wie etwas, das schon immer da war. Wenn dann mehrere Elemente zusammen kommen, gehen sie wie selbstverständlich im Raum auf. Dann erst erkennt man auch die Details, die miteinander eine Kontinuität bilden, das Badezimmer zusammenhalten und leise genug sind, um nicht zu stören.
SBZ: Hätte man von den Bouroullecs nicht etwas Unkonventionelleres erwarten können?
Erwan: Die neue Kollektion ist unkonventionell. So hatten wir über das Material Mineralguss einige Diskussionen, weil wir eigentlich Keramik bevorzugen. Das Material erwies sich jedoch als sehr vielfältig. Und so haben wir es auch für die Regale verwendet. Am Ende haben wir eine wirklich neue Lösung gefunden, die ein interessantes Design und eine Vielfalt bietet. Ich sage das nicht oft von unseren Produkten, aber die Kollektion besitzt etwas sehr Delikates, Sinnliches und Feines, eine Art Modernität. Nach langen Überlegungen haben wir uns auch für eine Chrom-Armatur entschieden. Wir brauchen eine Armatur nicht weiß anzumalen, damit sie ein bisschen anders ist.
SBZ: Was ist für Sie das Schwierigste beim Entwurf einer Kollektion?
Erwan: Wenn man eine so umfangreiche Kollektion gestaltet, die alle möglichen Anforderungen abdecken soll, ist es schwierig, eine Designsprache zu finden, bei der die Designqualität in allen Elementen gleichmäßig gehalten werden kann. Der Designer muss die Kontinuität der Designsprache bis in jedes Detail hinein erfüllen. Und wenn das nicht funktioniert und ein Element in der Qualität abfällt, machen wir mit dieser Richtung nicht mehr weiter.
SBZ: Klingt plausibel. Vielen Dank für das Gespräch.
Extras
Auf SBZ-Online stellen wir weiteres Bildmaterial der neuen Badezimmer-Kollektion Axor Bouroullec sowie den Link zu einem interessanten Einführungsfilm zur Verfügung.