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Brennstoffzellen werden an Bedarf angepasst

Tendenz zu kleineren Leistungen

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Mit eher stoischer Haltung propagieren die Anbieter von Mikro-KWK-Geräten die Leistung von 1 kWel als ideale Größe für die dezentrale Stromversorgung eines Einfamilienhauses. Dabei ist längst nachgewiesen, dass die Mehrzahl der Einfamilienhäuser nicht mehr als 250 bis 300 W an elektrischer Grundlast aufweisen. Ein sparsamer Zwei-Personen-Haushalt verbraucht gerade einmal 2900 kWh Strom pro Jahr, wer weniger sparsam ist, kommt auf 3900 kWh im Jahr. Gegen die 1-kW-Geräte spricht auch, dass die Stromnetze durch die fluktuierenden Einspeiser (Wind-, PV- und künftig auch Mikro-KWK-Strom) bei besonderen Wetterkonstellationen (viel Wind, viel Sonne, geringe Abnahmelast) extrem beansprucht werden. Der bisher obligatorische wärmegeführte Betrieb von Mikro-KWK-Anlagen könnte deshalb bald auf dem Prüfstand stehen.

Daher kommt die Marktankündigung von Elcore, noch 2013 ein Brennstoffzellen-Gerät mit 300 Wel und 600 Wth für „nur“ 9000 Euro anzubieten, zur richtigen Zeit. Allerdings bietet Elcore sein Gerät ohne integriertes Gasheizgerät an. Zum Vergleich: Der Gerätepreis bisher angebotener 1-kWel-Brennstoffzellen-Heizgeräte liegt derzeit bei rund 24 000 Euro – mit integriertem Brennwert-Heizgerät. Ohne staatliche Unterstützung dürften diese Geräte darum auch nur schwer einen Kunden finden.

Japan ist Vorreiter bei Brennstoffzellen

Druck kommt jetzt auch von einem Entwicklungskonsortium aus Japan, das die gemeinschaftlich entwickelten Ene-Farm-Geräte (mit Niedertemperatur-Brennstoffzelle) ab 2015 in Europa einführen will. Die von den Unternehmen Eneos Celltech, Toshiba und Panasonic mit staatlicher Unterstützung separat entwickelten, aber nach einer gemeinsamen Spezifikation produzierten Geräte leisten 0 bis 700 Wel bei einer Gesamtenergieeffizienz von 87 %. Die Abwärme wird in Japan primär zur Trinkwassererwärmung genutzt. Ein 90 Liter fassender Warmwasserspeicher sowie ein 42-kW-Brennwertheizkessel(!) gehören in Japan zum Systemangebot.

Parallel dazu arbeiten weitere japanische Unternehmen an einem Ene-Farm-Gerät mit einer Hochtemperatur-Brennstoffzelle (Fest-oxidbrennstoffzelle, englisch: Solid Oxide Fuel Cell, SOFC), die aufgrund der hohen Betriebstemperatur von 600 bis 1000 °C ohne Reformer auskommt. Der Online-Infodienst https://www.finanznachrichten.de/ meldete, dass sich über 100 Geräte in der Testphase befinden. Der elektrische Wirkungsgrad soll bei 46,5 % liegen, der Gesamtwirkungsgrad bei 90 %. Entwickelt wurde der Ene-Farm Typ S (für SOFC) von Kyocera, Osaka Gas, Aisin, Chofu und Toyota. Die Energiekosteneinsparungen sollen, bezogen auf japanische Heizgewohnheiten, bei 916 USD pro Jahr liegen. Derzeit werden die auf den japanischen Markt ausgerichteten Geräte (Außenaufstellung, andere Gaszusammensetzung, andere Wasserqualität) an die europäischen Normen und Heizgewohnheiten angepasst.

Bis Ende 2011 waren in Japan rund 18000 Ene-Farm-Geräte installiert; Ziel sind 300000 Einheiten bis 2015, allein in Japan. Durch die standardisierte Serienfertigung in hohen Stückzahlen unter der Dachmarke Ene Farm soll der Preis von heute etwa 19 000 Euro auf 5000 Euro im Jahr 2015, 3750 Euro (2020) und 3000 Euro (2030) gesenkt werden. Im gleichen Zeitraum soll die Standfestigkeit der Stacks von aktuell 40000 Stunden auf 90000 Stunden verbessert werden. Zum Vergleich: Im Rahmen des Callux-Projektes waren bis Ende 2011 erst 232 Geräte installiert, geplant waren ursprünglich 800 Einheiten. Grund für die Verzögerungen sind technische Probleme sowie die für einen Marktstart nicht ausreichende Zeitstandfestigkeit der Brennstoffzellen-Stacks.

Diese liegt nach einer Veröffentlichung des BINE-Informationsdienstes (Projektinfo 05/2012) zurzeit bei 20000 Stunden. Würde so ein Gerät für die Grundlastversorgung eines Mehrfamilienhauses eingesetzt, müssten die Stacks theoretisch schon nach drei bis vier Jahren ausgetauscht werden. Derzeit arbeiten die im Callux-Projekt organisierten Hersteller Baxi Innotech, Hexis und Vaillant daran, die Stacks-Lebensdauer deutlich zu steigern sowie die Systeme zu vereinfachen und den Service- und Wartungsaufwand weiter zu senken. Die Marktreife wird spätestens für das Jahr 2014 angestrebt.

Im Anschluss an das Callux-Programm sollen in Deutschland weitere 1350 Brennstoffzellen-Heizgeräte im Rahmen des Programms „BZHregio“ installiert werden. Das Ziel ist ein nationaler Entwicklungsplan mit einem Geräteabsatz von 70000 Einheiten ab 2020.

Bluegen-Geräte im virtuellen Kraftwerk

Schon jetzt zeichnet sich ab, dass die unkontrollierte massenhafte Einspeisung von Strom aus Mikro-KWK-Anlagen, zu denen auch die Brennstoffzellen-Heizgeräte zählen, zu Netzproblemen führen können. Energiewirtschaftler fordern deshalb die Abkehr vom rein wärmegeführten Betrieb hin zur stromgeführten Betriebsweise bzw. zu Mischformen. Noch vor zwei Jahren war die Einbindung von Brennstoffzellen-Heizgeräten in ein intelligentes Stromnetz oder in ein virtuelles Kraftwerk für die Callux-Teilnehmer noch kein Thema. Jetzt zeigt sich, dass die Bereitstellung von Regelenergie durch Brennstoffzellen-Heizgeräte zur Netzstabilisierung womöglich deren Wirtschaftlichkeit verbessern kann.

Das deutsch-australische Unternehmen Ceramic Fuel Cells hat offenbar als erster die Chancen einer am Lastgang orientierten Stromeinspeisung erkannt und beteiligt sich mit der Mikro-KWK-Anlage Bluegen (1,5 kWel, 0,6 kWth, elektrischer Wirkungsgrad bis zu 60 %) am Modellprojekt „Regmodharz“ (Regenerative Modellregion Harz). Dabei wird das Bluegen-Gerät in ein virtuelles Kraftwerk so integriert, dass es wahlweise Strom zur Grundlastversorgung liefert oder zur Sicherstellung der Netzstabilität auf Teillast zurückfährt. Primär geht es beim virtuellen Kraftwerk darum, die Schwankungen bei der Einspeisung von Wind- und Solarstrom durch positive und negative Regelenergie auszugleichen.

Auch die Stadtwerke Aalen sehen Chancen, die durch den Ausbau erneuerbarer Energien notwendige Regelenergie über ein virtuelles Kraftwerk mit Hilfe von Bluegen-­Mikro-KWK-Geräten auszugleichen. Ziel sei es, langfristig bis zu 1000 Kunden für den Einbau eines Bluegen-Gerätes zu gewinnen. Wichtige Entscheidungskriterien bei der Auswahl der Brennstoffzellen-Heizgeräte waren ein schnelles Ansprechen auf die Steuerungssignale sowie ein gutes Teillastverhalten zur Anpassung der Geräteleistung an die Lastkurve. Durch die dezentrale Anordnung der Geräte im Stromnetz der Stadtwerke werde der Strom da produziert, wo er gebraucht werde, so eine Aussage der Stadtwerke Aalen. Der Versorger verspricht sich dadurch einen höheren Erdgasabsatz, der den verminderten Stromabsatz kompensiere.

Vermarktung im größeren Umfang steht jetzt bevor

Die deutschen Entwickler und Hersteller von Brennstoffzellen-Heizgeräten räumen ein, dass bis zur Markteinführung noch Optimierungsarbeiten notwendig sind. Die anfänglich sehr optimistischen Erwartungen haben sich nicht erfüllt. Außenseiter wie Ceramic Fuel Cells und Elcore mit ihren offensichtlich mehr oder weniger marktreifen Geräten bringen die Callux-Projektpartner weiter unter Druck, ebenso die japanischen Ene-Farm-Hersteller, die ab 2015 in der europäischen Liga mitspielen wollen.

Die Forderung der Energieversorger nach mehr Regulierung bei der Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien und Mikro-KWK-Anlagen dürfte die Diskussion beflügeln, ob Geräte mit einer elektrischen Leistung von 1 kW die richtige Größe für Einfamilienhäuser sind. Elcore zeigt Mut und setzt mit 300 Wel und 600 Wth einen neuen Orientierungspunkt bei der Dimensionierung von Mikro-KWK-Geräten. Auch die japanischen Ene-Farm-Geräte wurden während der Entwicklungsphase von 1 kW auf 750 W in ihrer Leistung reduziert, um höhere Jahresbetriebsstunden zu erreichen. Künftig gilt es, die Wechselbeziehung von Brennstoffzellen-Heizgeräten zum Stromnetz stärker zu beachten, das heißt, Start-Stopp-Funktionen, Teillastverhalten und Kaltstartverhalten müssen den Anforderungen eines intelligenten Stromnetzes entsprechen.

Autor

Wolfgang Schmid ist Fachjournalist für Technische Gebäude­ausrüstung, 80751 München, wsm@tele2.de