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Das Bad im Wandel

Wohn- und Wohlgefühl immer wichtiger

Inhalt

Vor Jahrzehnten war es für einen Installateur ganz einfach: Ein neues Badezimmer soll es sein. Waschtisch und WC wurden einfach gegen neue Modelle in einer aktuellen Trendfarbe à la Moosgrün ausgetauscht und an gleicher Stelle installiert. Vielleicht noch ­eine zweite Lage Fliesen aufgeklebt und eine neue Duschabtrennung und fertig war die Badplanung. Auch der Kollektionen-Gedanke der Keramikhersteller machte es einfach. Gran Gracia oder Renova hieß die Grundsatzentscheidung und im Handumdrehen konnte der Bauherr in eine neue Badwelt einziehen.

Komplizierter wurde es dann schon, als immer mehr Designstars das Bad als Tummelplatz entdeckten. Nach der Colani-Premiere kamen auf einmal die Kunden mit Namen wie Philippe Starck oder Antonio Citterio und wollten einen „alten“ Holzfußboden im Badezimmer haben oder sogar das WC wieder in einem separaten Raum untergebracht wissen. Aber so richtig kompliziert wurde es für den Badplaner erst, als vor rund fünf, sechs Jahren immer flexiblerere Baukasten-Systeme das Programm der renommierten Hersteller vervollständigte. Die Vielzahl von Produkten macht die Auswahl des Kunden heute schwierig. Der professionelle Badplaner wird zunehmend nicht nur der Fremdenführer durch das Labyrinth der Geschmackswelten, sondern wird zum Regisseur für die Gestaltung eines ganz individuellen Private Spas.

Raumkonzepte oder auch Interior concepts

Baddesign ist schon lange nicht mehr „nur“ Produktdesign. Der Funktions- und Bedeutungswandel des Badezimmers beeinflusst neben dem Produktdesign auch immer mehr den Raum, seine Größe und Struktur. Die Hersteller planen bei neuen Badkollektionen daher auch zunehmend die Möglichkeiten mit ein, wie das Produkt für die Raumnutzung und -gestaltung eingesetzt werden kann. Solche Konzepte antworten auf das Konsumentenbedürfnis nach einer ganzheitlichen Badgestaltung und enthalten auch schon mal Empfehlungen für das Interior Design, etwa Empfehlungen für Materialien, Farben, Kombinationen, Lichtführung und Accessoires. Zudem ragen die Sanitärobjekte schon mal in den Raum hinein oder werden mittig platziert, es entstehen Sichtachsen, sich durchdringende oder abgeschirmte Raumteile. Aus Duschen werden Raumteiler, Vorwandelemente nehmen Armaturen und Waschbecken auf, und das WC verschwindet, wenn schon nicht ganz aus dem Bad, so doch zumindest in eine abtrennbare Nische. Denn der Rest des Bades wird als Wohnfläche definiert, die etwa durch Relax-Möbel und Teppiche gestaltet wird.

Bedürfnisse statt Badewanne

Der ganzheitliche Planungsansatz hat unmittelbar Auswirkungen auf die Badplanung. Die passenden Produkte werden bei einer anspruchsvollen Badplanung erst im letzten Schritt festgelegt und rücken immer mehr in den Hintergrund. Es geht um die ganzheitliche Betrachtungsweise. Und bei dieser Teildisziplin hat der Installateur bislang oft das Nachsehen. Entweder wird er in den Planungsprozess des gesamten Hauses nicht integriert, oder ihm wird der Blick über den Wannenrand schlichtweg nicht zugetraut.

Es geht darum, ein Gefühl für die Bedürfnisse zu entwickeln. Dazu muss vom Standarddenken abgerückt werden. Normalerweise erzählt jedes Zimmer von dem persönlichen Stil seiner Bewohner. Der individuelle Charakter kommt in der Wahl der Möbel und ihrer Platzierung im Raum zum Ausdruck. Nur im Bad bleiben die meisten Wohnenden irgendwie immer bloß Gast. Bis auf einige Requisiten gibt es hier kaum Möglichkeiten, das Retortenformat zu individualisieren. Selbst Hauseigentümer vermögen ihren Bädern oft nicht mehr Profil zu geben als den Zeitgeschmack, welcher während des Hausbaus oder der Renovierung gerade vorherrscht. Das Bad – das ist gemeinhin der Raum, der bei der Grundrissplanung übrig bleibt und nun mit dem üblichen Programm in willkürlicher Reihenfolge des Auftritts besetzt wird.

Wo geht der Trend hin?

Künftig wird stärker gefragt werden: Was kann man im Badezimmer alles machen? Welchen Zusatznutzen bringt mir eine Sanierung? Welche Features sind notwendig? Ist eine Whirlwanne wirklich ein Indiz für ein Private Spa, oder müssen einfach nur viele Ablageflächen für unzählige Kerzen geschaffen werden? Um vom Trend zum ganzheitlichen, anspruchsvollen Badezimmer zu profitieren tut Weiterbildung Not. Denn im Alltagstrubel haben nur die wenigsten Badplaner den Kopf frei, um sich um mit neuen Entwicklungen oder gar den aktuellen Wohntrends zu beschäftigen zu. Einige Herstellerseminare bieten hierzu ein interessantes Informationsangebot.

Checkliste

Sieben Trends der Badplanung

Funktions- und Bedeutungswandel des Badezimmers: nicht mehr ­Produktfunktionen, sondern die ­Bedürfnisse der Benutzer stehen im Mittelpunkt.

Sanitärprodukte sind wichtig, spielen aber bei der Erst-Planung erst einmal eine untergeordnete Rolle.

Interior concepts: Mit Raumkonzepten wird auch das kleinste Badezimmer zum Wohn-Raum. Die Produkte werden für die ganzheitliche Raumnutzung und -gestaltung eingesetzt.

Multifunktionalität: Unterschiedliche Bedürfnisse erfordern die Einteilung in Nutzungszonen

Weg von der Wand: Raumachsen und -ansichten für neue Badezimmer

Licht, Licht, Licht: vom stimmungsvollen Private-Spa-Ambiente bis zum Funktionslicht für Nachtschwärmer

Megatrend Green Bathroom: vom 3-Liter-WC über die Wasser sparende Armatur bis hin zur Verwendung ­natürlicher Materialien

Kommentar

Mehr als nur das Salz in der Suppe

Wie können Sie von den Entwicklungen rund ums Badezimmer mehr profitieren? Neben Kreativität, Handwerk und Können ist das Wissen um neue Entwicklungen, um innovative Beratungsansätze und um die richtige Ansprache des potenziellen Kunden ein Erfolgsfaktor. Wissen ist Vorsprung. Doch die meisten Handwerker, Badplaner und Verkäufer nutzen aus unterschiedlichsten Gründen kaum die Gelegenheit, sich weiterzubilden.

Der kreative Wissensstand unserer Branche ist aus meiner Sicht besorgniserregend. In Design-Seminaren mit Badplanern muss ich immer wieder feststellen, dass es Defizite gibt. Doch das Wissen um neue Produkte oder den Stand der Technik ist eine Grundvoraussetzung, um in der Badplanung krea­tiv arbeiten zu können.

Und noch ein Problem. Badplaner darf sich jeder nennen. Doch wie kann der potenzielle Kunde einen guten Badplaner er­kennen? Vielleicht braucht die Branche auch kein Gütesiegel, aber sicherlich einen durchgehend hohen Standard.

Doch wo ist die werbefreie, herstellerunabhängige Bildungsplattform, die kreativen Installateuren und Planern Lust auf die ambitionierte Badplanung macht und ihnen eine Brücke zur professionellen Raumgestaltung baut?

Wo ist die Kontaktstelle für ambitionierte Installateure und Innenarchitekten? Die Weiterbildung ist die vielleicht wichtigste Aufgabe beim Ringen um die Wettbewerbsfähigkeit der Sanitärbranche. Eine anspruchsvolle Aufgabe, die die Spitzenvertreter von Handwerk, Handel und Industrie schon bald gemeinsam lösen sollten. Denn eine ambitionierte Badplanung ist für auskömmliche Deckungsbeiträge und letztlich auch für den Erfolg der Branche überaus wichtig und mehr als nur das Salz in der Suppe. Dies meint zumindest

Dipl.-Designer Frank A. Reinhardt