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Dezentrale Pumpensysteme im Praxisversuch

Forschungsprojekt im Mietshaus

Inhalt

Das städtische Immobilienunternehmen Volkswohnung GmbH hat sich zum Ziel gesetzt, den Bürgern in Karlsruhe auch weiterhin erschwinglichen und hochwertigen Wohnraum anzubieten. Zum Bestand des Unternehmens, das seit über 85 Jahren das Karlsruher Immobiliengeschäft prägt, gehören mehr als 12700 eigene Mietwohnungen. Neben dem Gebäudemanagement im Bestand ist das Unternehmen in der Sanierung und in der Entwicklung von Neubauprojekten sehr aktiv.

Forschungsprojekt soll zu Bewertungsmaßstäben führen

Im Stadtteil Rintheim betreibt die Volkswohnung derzeit ein ambitioniertes Forschungsprojekt zur Quartiersentwicklung. Dort sind rund 1000 Wohnungen, verteilt auf 30 Mehrfamilienhäuser mit Baujahren zwischen 1954 und 1974, im Besitz der Immobiliengesellschaft. Ein Drittel der Gebäude wurde bereits in den vergangenen Jahren umfassend modernisiert. Die übrigen 20 Gebäude befinden sich derzeit im Umbau oder sollen in den kommenden Jahren saniert werden, um so ein Optimum an Energieeinsparung und Wohnqualität für die Mieter zu erzielen.

Dabei wurden zwei kürzlich modernisierte Mehrfamilienhäuser als Pilot-Objekte mit neuen, zukunftsweisenden Technologien ausgestattet, um Erfahrungswerte mit technischen Innovationen zu sammeln. Ziel ist eine Primärenergieeinsparung von 80 % im Vergleich zum Ausgangszustand.

Mit dem Konzept gehörte die Volkswohnung GmbH 2009 zu den GoldmedaillenGewinnern beim Wettbewerb „Energetische Sanierung von Großwohnsiedlungen“ des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung. Im Rahmen der durch das Bundesministerium für Wirtschaft (BMWi) geförderten Forschungsinitiative EnEff-Stadt werden die beiden Pilot-Objekte messtechnisch begleitet.

Vor diesem Hintergrund kommt in einem der beiden Mehrfamilienhäuser (Baujahr 1956) unter anderem das dezentrale Pumpensystem Geniax des Dortmunder Pumpenspezialisten Wilo zum Einsatz. „Als zukunftsfähige Technik mit durchschnittlich 20 % Heizenergieeinsparung bietet es optimale Voraussetzungen dafür, zu den Energiesparzielen der Volkswohnung effizient beizutragen“, erklärt Fachplaner Thomas Häge von dem mit der Sanierungsplanung beauftragten Ingenieurbüro KW2 Ingenieure in Ettlingen. „Zudem können unsere Anforderungen an eine kostenoptimierte Sanierung überprüft werden“, ergänzt Architekt Joachim Honsel, Teamleiter Planen/Bauen bei der Volkswohnung.

Dezentrales Pumpensystem bietet Einsparpotenziale

Das Dezentrale System optimiert mit mehreren Miniaturpumpen die Hydraulik der Wärmeverteilung bei Warmwasserheizungen und bietet so erhebliche Heizenergieeinsparungen und Komfortverbesserungen. Das System verfügt mit dem Geniax-Server über eine zentrale Steuereinheit mit moderner Computertechnik. Die Regelungsintelligenz, die mit Bediengeräten sowie Raumtemperatursensoren vernetzt ist, erkennt den Wärmebedarf der einzelnen Räume und versorgt die Heizkörper individuell mit Hilfe von stromsparenden Miniaturpumpen, die nicht größer als herkömmliche Thermostatventile sind.

Daraus resultieren hohe Einsparpotenziale, unter anderem durch eine bedarfsgeführte Vorlauftemperaturregelung des Wärme­erzeugers, eine Reduzierung der Heizdauer, die Vermeidung von Temperaturschwankungen und den Wegfall von Drosselverlusten. Darüber hinaus berücksichtigt das dezentrale Pumpensystem, dass aufgrund von solaren Gewinnen und inneren Lasten oft eine niedrigere Vorlauftemperatur ausreicht. So werden auch Wärmeverluste in Wärmeerzeuger und Rohrnetz reduziert.

Umfassende Modernisierung mit zeitgemäßer Wärmeversorgung

Im Rahmen des Forschungsprojekts der Karlsruher Volkswohung wurde ein Mehrfamilienhaus mit drei Eingängen und insgesamt 30 Wohneinheiten vollständig kernsaniert. Die Wärmedämmung entspricht der EnEV 2009. An der Außenseite erhielt das fünfstöckigen Gebäude Fahrstuhlschächte. Innerhalb des dreiteiligen Gebäudes wurde eine vollständige Strangsanierung der haustechnischen Installationen vorgenommen und der Gebäudekomplex an das Nahwärmenetz angeschlossen, das eigens für das Quartiersprojekt errichtet wurde und im Zuge der Sanierungsmaßnahmen kontinuierlich ausgebaut wird.

Ab Übergabestation in der Heizzentrale sorgen Hocheffizienzpumpen vom Typ Wilo-Stratos für die Verteilung auf die Heizzentralen der anderen beiden Gebäudeteile. Dieser Hauptverteilkreis ist über Pufferspeicher hydraulisch von den Verteilkreisen der drei Gebäudeteile entkoppelt.

Unterschiedliche Ausstattung zur Vergleichsdatenerhebung

Die haustechnische Ausstattung der insgesamt 30 Wohnungen innerhalb des Mehrfamilienhauskomplexes unterscheidet sich individuell. So wurden beispielsweise Fenster mit verschiedenen U-Werten eingesetzt sowie die Anlagen zur kontrollierten Lüftung teilweise mit oder ohne Wärmerückgewinnung vorgesehen. Die Trinkwarmwasserbereitung über Frischwassermodule erfolgt in einem der Häuser dezentral, in den beiden anderen erfolgt sie über eine zentrale Frischwasseranlage in der Heizzentrale. Auch bei der Heizung hat man verschiedene Systeme realisiert. Die Wärmeübergabe in zwei der drei Häuser erfolgt über moderne Niedertemperatur-Heizkörper. Im dritten Gebäude sind Fußbodenheizungen verlegt. Hier wird die Nahwärmeversorgung zudem durch eine Solarthermieanlage unterstützt.

Ziel dieser unterschiedlichen Ausstattungen ist es, durch Langzeitmessungen über drei Heizperioden hinweg Erfahrungswerte zu sammeln, welche Maßnahmen für eine energetische Optimierung baugleicher oder ähnlicher Gebäude am besten geeignet sind. Die Messdaten werden von der Hochschule Karlsruhe gesammelt und in Zusammen­arbeit mit der RWTH Aachen ausgewertet. „Die Vergleichsmessungen ermöglichen es uns, präzise Erkenntnisse für die verschiedenen energetischen Maßnahmen und Technologien zu gewinnen, die es uns erleichtern, objektiv ihren ökologischen Nutzen, aber auch ihre Wirtschaftlichkeit bewerten zu können,“ erklärt Dieter Wagner, Planer der Abteilung Planen/Bauen bei der Volkswohnung. „Denn bei allen ökologischen Vorteilen müssen die umgesetzten Maßnahmen auch finanzierbar bleiben, damit wir unseren Mietern stabile Mietpreise garantieren können.“

Detaillierte Messungen mit Wärmemengenzählern

Vor diesem Hintergrund wird hier auch das Einsparpotenzial des dezentralen Pumpensystems auf den Prüfstand gestellt. So ist in einigen der wohnungseigenen Heizkreisverteiler für jede Pumpe ein separater Ultraschall-Wärmemengenzähler installiert, um die Wärmeversorgung einzelner Heizkreise exakt kontrollieren zu können.

Die Installation der Geniax-Technik mit einem Gesamtinvestitionsvolumen von 37000 Euro übernahm die Dietmar Hermann GmbH aus Karlsruhe. Zwei der Bauten mit je zehn Wohnungen wurden komplett mit Wilo-Geniax ausgerüstet. Im dritten Bau, dessen zehn Wohnungen mit Fußbodenheizungen ausgestattet sind, wurde in zwei Wohneinheiten das dezentrale Pumpensystem installiert. Insgesamt versorgt es 1800 m2 beheizter Fläche mit Wärme. Die Gesamtheizlast der Gebäude beträgt 145 kW.

Dezentrale Pumpen werden im Unterputzverteiler installiert

Sowohl Flächenheizkreise als auch Heizkörper sind in jeder Wohnung über einen eigenen Unterputz-Heizkreisverteiler erschlossen. Optisch bietet diese Lösung eine Verbesserung, denn so sind nur noch die Heizkörper im Raum zu sehen. Die Pumpen und Zähler verschwinden mit Elektronik und Verbindungskabeln übersichtlich angeordnet in den Verteilern.

Die Heizkreise jeder Wohnung sind von der Hauptverteilleitung über eine hydraulische Weiche entkoppelt. Zu Beginn der Installation des dezentralen Pumpensystems, die sich in eine Roh- und eine Fertiginstallationsphase gliedert, wurden zur Anbindung der Pumpen an die Heizkreise 121 Pumpenadapter in der Ausführung „Durchgang“ in die wohnungseigenen Heizkreisverteiler eingesetzt.

Darüber hinaus wurden während der Rohinstallationsphase die Busleitungen zur Verbindung der verschiedenen Systemkomponenten mit dem jeweiligen Geniax-Server unter Putz verlegt – pro Heizzentrale ist ein Server im Einsatz. Die Server wurden in Schaltschränken in den Heizungskellern montiert. Jede Wohneinheit, die mit dem dezentralen System ausgestattet ist, verfügt zudem über einen eigenen Buskoppler, um einen reibungslosen Datenaustausch und eine sichere Stromversorgung aller angeschlossenen Komponenten zu gewährleisten.

Im Rahmen der Fertiginstallationsphase setzte man die Pumpenelektroniken in die Heizkreisverteiler ein. Erst nach Befüllen der gesamten hydraulischen Anlage wurden die Pumpen auf die Adapter aufgesetzt und mittels Bajonettverschluss arretiert.

Auch die Raumbediengeräte wurden erst in dieser letzten Installationsphase auf die vorinstallierten Unterputzdosen geschraubt. Die Regelung erfolgt über Raumbediengeräte in Verbindung mit jeweils einem Zentralbediengerät pro Wohnung. Dieses ermöglicht neben der Steuerung des zugehörigen Raumes auch die raumgruppenweise Definition von Zeitprofilen. So können beispielsweise für einen möglichst energieeffizienten Betrieb An- und Abwesenheitszeiten der Nutzer für alle Räume eingegeben werden.

Bedarfsgerechte Wärmeversorgung

Die gebäudespezifische Konfiguration erfolgte über eine Software. Hier wurde jeweils die Objektbeschreibung mit den Gebäudedaten und der Anzahl der beheizten Räume hinterlegt und eine Zuordnung der Komponenten vorgenommen. Anschließend berechnete das Programm die grundlegenden Systemparameter und erstellte die Konfigurationsdateien für die drei Server.

Diese können nun auf Basis der programmierten Soll-Temperaturen und der durch die Raumbediengeräte ermittelten Ist-Temperaturen eine bedarfsgerechte Versorgung aller Heizkörper und Flächenheizkreise vornehmen. Die bedarfsgeführte Vorlauftemperaturregelung wird über 3-Wege-Mischer realisiert, die in dem Hauptverteilstrang eines jeden Gebäudes installiert sind und die über eine Schnittstelle (0–10 V) von den Servern angesteuert wird.

Zusammenfassung

„Für unser Modernisierungsprojekt ist Wilo-Geniax gut geeignet. Durch die Daten, die das System von sich aus sammelt, wird es uns erleichtert, auswertbare Informationen zur tatsächlichen Einsparung und Regelgenauigkeit zu erhalten und auch das System selbst auf Herz und Nieren zu prüfen. Wenn es in der Praxis die prognostizierte Energieeinsparung erreicht, hat es sich als zukunftsweisendes Heizungskonzept bewährt,“ zieht Joachim Honsel ein vorläufiges Fazit aus dem Modernierungsprojekt.

INFO

Vergleichsmessung unter Laborbedingungen

Die Einsparpotenziale von Wilo-Geniax wurden kürzlich vom TÜV Rheinland zertifiziert. Grundlage der Zertifizierung ist eine Langzeit-Vergleichsmessung mit dem dezentralen Pumpensystem durch das Fraunhofer Institut für Bauphysik (IBP). Die Messung ergab, dass sich in einem Einfamilienhaus mit Wilo-Geniax 20 % Heizenergieeinsparung und 50 % Stromeinsparung erzielen lassen.

Für den Vergleich wurden zwei baugleiche, unbewohnte Einfamilienhäuser auf einem Freigelände untersucht. Die energietechnische Vergleichbarkeit der Gebäude wurde durch einen Blower-Door-Test und Nullmessungen des Energieaufwandes zur Erzeugung gleicher Raumtemperaturen sichergestellt. Beide Häuser wurden durch baugleiche Gas-Zentralheizungen beheizt. Bei dem mit Geniax ausgestatteten Haus wurden Plattenheizkörper jeweils im Rücklauf mit den Miniaturpumpen versehen. Im Referenzhaus wurden manuell einstellbare Thermostatventile mit 1-K-Reglern verwendet und ein hydraulischer Abgleich vorgenommen.

INFO

Komponenten im Überblick

Der Server ist mit Raumbediengeräten vernetzt, erkennt über sie den Wärmebedarf der einzelnen Räume und versorgt die Heizkörper individuell mit Hilfe der Miniaturpumpen. Darüber hinaus steuert er die systemrelevanten Anzeigen der Bediengeräte, überwacht alle angeschlossenen Komponenten und sammelt Daten zu Diagnosezwecken.

Busleitungen stellen die Verbindung der verschiedenen Systemkomponenten mit dem Geniax-Server her. Auf diesem Weg erfolgt auch die Stromversorgung der Pumpen samt Elektronik sowie der Bediengeräte.

Pumpenadapter in den Ausführungen Durchgang, H-Block Durchgang oder H-Block Eck werden analog zu Ther­mos­tatventilunterteilen montiert. Die Adapter sind so konstruiert, dass die Pumpen später bei gefüllter Anlage eingesetzt werden können.

Geniax-Pumpen versorgen die Heizflächen mit den notwendigen Massenströmen. Sie sind nicht größer als herkömmliche Thermostatventile und zeichnen sich durch die von Hocheffi­zienz­pumpen bekannte, stromsparende EC-Motorentechnologie aus.

Raumbediengeräte erlauben die Temperatursteuerung für jeden Raum mit einem intuitiven Bedienkonzept. In Abhängigkeit von Ist- und Sollwerten kann der Server die Pumpen-Drehzahl anpassen.

Buskoppler dienen als Verstärkereinheiten und teilen das gesamte System in mehrere Segmente auf, um eine größere Betriebssicherheit zu gewährleisten. Als Segmente werden die Busteilnehmer bezeichnet, die über ein Buskabel miteinander verbunden sind. Dank Buskopplern lassen sich komplexere Busnetze realisieren wie sie beispielsweise in Mehrfamilienhäusern vorkommen.