Die fünf neuen einzelnen Hallen- bzw. Brandabschnitte, die durch Betonbrandwände und Brandschutztüren/-tore voneinander getrennt sind, dienen primär als Holzlager. Ein weitläufiges Sprinklersystem baut hier für den Brandfall vor. Eine der Herausforderungen war, etwa 5000 m Rohrleitung für die Haupt- und Notentwässerung einzuplanen und dabei kollisionsfrei mit der Sprinkleranlage zu harmonieren. Die Größe der Hallenkomplexe und eine Hanglage, die kein umfangreiches Grundleitungsnetz erlaubte, sprachen für eine Druckströmungsanlage (DSS-System). Bei der Hauptentwässerung konnten so Fallleitungen und Grundleitungsanschlüsse gespart werden. Bei der Notentwässerung, die als gesonderter Entwässerungsstrang realisiert werden muss, erlaubte das DSS-System eine lange Sammelleitung bis hin zu den idealen Übergabepunkten, an denen frei auf das Grundstück entwässert werden kann.
Konsequente Abstimmung
Anhand der Baupläne, die Dachkonstruktion, Anordnung der Hallenschiffe und der Tiefpunktausbildung auf den Dächern wurde zunächst einmal eine Grobplanung vorgenommen. Nach Freigabe der Grobplanung, die den Kostenrahmen fixierte, war Kooperationsarbeit gefragt, vor allen Dingen mit dem Hersteller der Sprinkleranlage, die auf dieser Baustelle absolute Priorität hatte. Wichtig war die Abstimmung zwischen Sprinkleranlage und Entwässerungssträngen. Als Grundlage für die Ausführungsplanung dienten daher die CAD-Pläne der Sprinklerkonstruktion, um die herum die Rohrleitungssysteme für die Haupt- und Notentwässerung konstruiert wurden. Zur Abstimmung der CAD-Planungen erfolgte ein reger E-Mail-Austausch nach dem Ping-Pong-Prinzip.
Kollisionsprüfung
Durch die Sprinkleranlage, die die Aufgabe hat, über die leicht brennbare Lagerware zu wachen, kam der Kollisionsprüfung eine besondere Bedeutung zu. Werden mit ihr normalerweise Kollisionen mit dem Baukörper sowie Lüftung und Versorgungstechnik abgeglichen, so galt es hier auch, die ausgedehnten Sprinklernetze zu berücksichtigen. Eine nach den Richtlinien des VDS (Verein deutscher Sachverständiger) zugelassene Sprinkleranlage unterliegt strengsten Vorschriften. Sprinkler haben einen gewissen Sprühbereich. Und in diesem Sprühbereich der Sprinklerköpfe darf keine andere Technik vorhanden sein, also keine Sprühbehinderung bestehen. Konkret wird dort gefordert, dass zu den Sprinklerköpfen ein Abstand von 750/ 800 mm gewahrt wird und zwischen den Entwässerungsleitungen (Außenkante von Rohr zu Rohr) mindestens ein Meter Platz sein muss.
Lange Leitung
Die fünf neuen Hallen waren auch für die in Großprojekten erfahrene Ausführungsfirma eine Baustelle der Extreme: Extrem große Hallen, extrem lange Streckenführung. Strang für Strang musste betrachtet werden, um den hydraulischen Abgleich durchzuführen, der erfolgsbestimmend für die Funktion der gesamten DSS-Anlage ist. Denn je größer die zu überbrückenden Strecken sind, umso höher ist der Reibungsverlust in den Rohren. Es entstehen große Widerstände, die über die gesamte Strecke abgebaut werden müssen. Der Druck, der durch die Fallhöhe entsteht, wird durch die Reibungsverluste wieder gemindert. Durch eine entsprechende Dimensionierung der Rohrleitungen wurde diesem unerwünschten Effekt entgegengewirkt.
Ein perfekter hydraulischer Abgleich ist eines der wichtigsten Elemente bei der Planung einer DSS-Anlage. Ist er fehlerhaft und weisen die einzelnen Streckenabschnitte unterschiedliche Abflussleistungen auf, kann es zu Strömungsabrissen im System kommen. Dies würde nicht nur die Effizienz der gesamten Anlage mindern, sondern im Extremfall zu einem Wasseranstau führen, der schnell zu einer statischen Bedrohung für die Dachkonstruktion werden kann. Wichtigstes Ziel bei der Langstreckenplanung in Lindlar war daher die Vollfüllung der Rohre sicherzustellen, die den gewünschten Unterdruck erzeugt, der eine DSS-Anlage so effektiv macht.
Mit einem Berechnungsregen von 349r(5,5), und einer Jahrhundertregenspende von 677r(5,100) liegt der Neubaukomplex klimatechnisch gesehen im gemäßigten Bereich. Trotzdem kommen aufgrund der ausgedehnten Dachflächen erstaunliche Werte zusammen, die dokumentieren, was die Entwässerungsanlage am Standort Lindlar „schlucken“ muss. Markus Dresmann von der Produktentwicklung der Sita Bauelemente GmbH: „Die Hauptentwässerung kann pro Sekunde 1465,8 Liter in das Grundleitungsnetz ableiten. Die Notentwässerung, die frei auf das Grundstück entwässert, kann zusätzlich 1377,6 Liter pro Sekunde abführen. Im Falle eines Jahrhundertregens, der statistisch gesehen nur alle einhundert Jahre zu erwarten ist, entspräche die Gesamtablaufleistung der beiden voneinander unabhängig arbeitenden Systeme 2843,4 Liter pro Sekunde, also circa 19 Badewannenfüllungen in jeder Sekunde.“
Tiefpunktausbildung mit Schweinerücken
Kehllinien mit Gefälledämmung zu den Tiefpunkten gliedern die weitläufige Flachdachfläche. Frank Birwe von der Sita Planungsabteilung präzisiert: „Der Einsatz der so genannten ,Schweinerücken‘, also Gefälleplatten, die das Wasser zu den Tiefpunkten leiten, stellt sicher, dass die Fläche komplett sicher entwässert werden kann. Arbeitet man nur mit durchgehenden Kehllinien, ergeben sich auch mal Flächen, bei denen das Wasser stehen bleibt. Ein unerwünschter Effekt, der durch die Schweinerücken-Ausbildung vermieden wird.“ An jedem Tiefpunkt wurde ein SitaProfi DSS-Gully mit Aufstockelement verbaut, dem jeweils ein Gully mit Aufstock- und Anstauelement für die Notentwässerung zur Seite steht. Während die Hauptentwässerer das Wasser an die Grundleitung übergeben, führen die Notentwässerer das Wasser entsprechend der EN 12056-3 und DIN 1986-100 frei auf schadlos überflutbare Flächen ab. Nur der Bereich der Verladegasse wurde auf Wunsch als Freispiegelsystem ausgeführt.
Rohrbefestigung per Montageschiene
5000 m PE-Rohre mit insgesamt 205 Gullys verbinden sich zu einem leistungsstarken Entwässerungssystem. Mit ihrem geringen Gewicht tragen die PE-Rohre zur Begrenzung der Dachlast der Flachdachflächen bei, die weiträumig mit einer Photovoltaikanlage ausgestattet wurden. Das SitaDSS-Befestigungssystem, das sich durch eine mitlaufende Schienenführung und Festpunktausbildungen an Rohr und Baukörper auszeichnet, erwies sich als ideal für die extremen Spannweiten vor Ort. Festpunktausbildungen, die die Rohrleitung im Abstand von 5 m und alle Abzweige zu den Gullys fixieren, sorgen für sicheren Halt. Thermisch bedingte Längenausdehnungen und ein Durchbiegen der Rohre werden verhindert. Dem so genannten „Aufschaukeln“ des mit Hochdruck arbeitenden Systems wird vorgebaut, indem auftretende Bewegungen sicher in die Haltekonstruktion eingeleitet werden.
Fazit
Bei dem Hallenneubau in Lindlar erweist sich die DSS-Druckströmungsanlage als Leistungsträger mit Problemlösungsqualität. Die Entwässerung der weitläufigen Dachflächen und die extremen Spannweiten der Holzlagerhallen konnten so sicher bewältigt werden. Durch das fließende Miteinander der Planungs- und Ausführungsexperten wurde auch die Herausforderung, Sprinkler- und Entwässerungsanlage kollisionsfrei zu installieren, just-in-time bewältigt.
SPOTLIGHT
Freispiegelentwässerung
Das System der Freispiegelentwässerung entwässert Flachdachflächen über Gullys und Fallleitungen in ein ausgedehntes Grundleitungssystem. Wesentliche Merkmale sind:
Rohrleitungssystem teilgefüllt/im Gefälle verlegt
Große Rohrnennweiten
Viele Fallleitungen
Jede Fallleitung wird an eine Grundleitung angeschlossen
Ausgedehntes Grundleitungsnetz
Erdarbeiten und Inspektionsschächte für die Grundleitungen erforderlich
Prinzip der Druckströmung
Dachentwässerungssysteme mit Druckströmung beruhen auf dem Konzept des vollen Querschnitts (d. h. die Leitungen sind zu 100 % gefüllt). Das bedeutet: Das Regenwasser fließt mit hoher Geschwindigkeit durch Leitungen mit geringem Durchmesser, normalerweise ohne Gefälle. Dabei entsteht ein Unterdruck durch die Bewegungsenergie der Wassersäule, die durch den Höhenunterschied zwischen dem Dachablauf und dem Anschlusspunkt an die Kanalisation in einem Gebäude hervorgerufen wird. Spezielle Dachabläufe verhindern den Eintritt von Luft im Rohrsystem.
Druckströmungsentwässerung
Das Druckströmungssystem sammelt Regenwasser bereits unter der Dachkonstruktion und führt es über wenige Fallleitungen schnell in die Grundleitungen ab. Wesentliche Merkmale sind:
Rohrleitungssystem vollgefüllt
Gefällelose Verlegung
Kleine Rohrnennweiten
Wenige Fallleitungen
Minimaler Aufwand bei Grundleitungen
Kaum Erdarbeiten
Info
Projektdaten
Objekt Holz-Richter GmbH, Lindlar – Neubau von fünf Hallen
Bauherr Dr. Markus Richter, Holz-Richter GmbH
Architektur Architekturbüro Ralf Rother, Engelskirchen
Materialien SitaDSS-System mit SitaDSS Profi, SitaSchraubflansch Aufstockelement, SitaAnstauelement, SitaDSS PE-Rohre und -Formteile, SitaDSS Rail-Befestigungssystem
Hersteller Sita Bauelemente, Rheda-Wiedenbrück
Ausführender Installationsbetrieb HLS Klaus Schulze, Heizung/Sanitär, Döbern
Autor
Cengiz Karadeniz ist Key Account Manager DSS bei der Sita Bauelemente GmbH, 33378 Rheda-Wiedenbrück Telefon (0 25 22) 83 40-0 Telefax (0 25 22) 83 40-1 00 http://www.sita-bauelemente.de