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Gefährdungsanalyse nach Trinkwasserverordnung

Legionellenjagd im Wasserrohr

Inhalt

Mit Ablauf des Jahres 2013 endete auch die Frist für die Erstbeprobung von zentralen Warmwasserbereitungen gemäß Trinkwasserverordnung (TrinkwV). Dies bedeutet für die Betreiber von Warmwasserverteilnetzen und Installateuren unter Umständen auch ein Reagieren auf Grenzwertüberschreitungen. Für den Fall, dass die technischen Maßnahmewerte (Bild 1) überschritten werden, ist die Erstellung einer Gefährdungsanalyse notwendig. Allerdings sollten in der Regel bei einer zentralen Warmwasserbereitung, die nach den anerkannten Regeln der Technik geplant, erstellt und betrieben wurde und wird, keine Beanstandungen zu erwarten sein. Gelegentlich kommt es in der Praxis jedoch dazu, dass der Bedarf an der Versorgung mit warmem Trinkwasser sich ändert und somit der Betrieb an eine etwaige Umnutzung angepasst werden muss. Da in der Vergangenheit selten auf solche Veränderungen mit umfänglichen Rückbauarbeiten reagiert wurde, liegen diese nicht genutzten Leitungsteile als Todstränge unter Putz. In solchen Fällen kann in den betroffenen Teilen des Netzes nicht mehr genügend Wasseraustausch sichergestellt werden, oder es kommt gar zur vollständigen Stagnation. Dies führt dazu, dass aus Todleitungen in denen das Wasser stagniert, Infiltrationen mit mikrobiologischen Verunreinigungen in das Leitungsnetz eingespült werden.

Temperaturen im Auge behalten

Ein weiterer Störfaktor ist der Betrieb bei zu geringer Temperatur. Wenn im Warmwassernetz dauerhaft Temperaturen unter 50°C ­gefahren werden, erhöht sich das Wachstum der Bakterien (z.B. Legionellen) deutlich. Diese mikrobiologischen Verunreinigungen werden bei der Beprobung durch das Labor erkannt. Generell empfiehlt es sich im Vorfeld der Beprobung einer Trinkwasseranlage eine Vorbegehung der Anlage zu machen und etwaige Störgrößen (z. B. Temperatur, Zirkulationsventile, Todstränge, usw.) zu beseitigen. Dies erspart allen Beteiligten unnötige Kosten und ggf. auch Unannehmlichkeiten. Hier ist der Installateur besonders gefordert, da er in der Regel die von ihm betreuten Anlagen am besten kennt.

Kommt es bei der Beprobung einer Anlage zu einer Überschreitung des in Anlage 3 Teil II TrinkwV festgelegten technischen Maßnahmewertes von 100 KBE/100 ml (KBE = Kolonien bildende Einheiten) oder liegen andere Gründe vor, die eine Gefährdungsanalyse erforderlich machen, so ergeben sich im Wesentlichen folgende Handlungspflichten:

  • unverzügliche Untersuchung der Ursachen
  • unverzügliche Erstellung einer Gefährdungsanalyse
  • Umsetzung der sich daraus ergebenden Maßnahmen

Die Erstellung einer Gefährdungsanalyse ist bereits bei Erreichen des technischen Maßnahmewertes von 100 KBE/100 ml notwendig. Auch wenn das Trinkwasser bis zum Erreichen des technischen Maßnahmewertes von 10000 KBE/100 ml abgegeben werden darf.

Aktivitäten bei positivem Befund

Im Wesentlichen geht es für den Installateur bei der Erstellung einer Gefährdungsanalyse darum, die notwendigen Maßnahmen aufzuzeigen, um die Trinkwasseranlage so zu konfigurieren, dass sie den allgemein anerkannten Regeln der Technik entspricht. Die Gefährdungsanalyse stellt somit den Auftakt einer systematischen Ertüchtigung der Anlage im Hinblick auf die Sicherheit gegenüber Legionellenkontaminationen dar. Aus diesem Grunde sollte Beurteilungstiefe und Detaillierung die Höhe des Befundes und den Zeitpunkt der Erstellung berücksichtigen. Die erste Maßnahme bei einem Befund ist immer eine weitergehende Untersuchung entsprechend DVGW-Arbeitsblatt W 551 (Bild 2).

Für die Erstellung einer Gefährdungsanalyse ist fachliche Kompetenz in Sachen Technik und Hygiene unverzichtbar. Sollte dem Durchführenden der Gefährdungsanalyse auf einem der Gebiete die Fachkenntnis oder Erfahrung fehlen, empfiehlt es sich, ein Team aus den entsprechenden Bereichen zusammenzustellen. Grundlage der Erstellung einer Gefährdungsanalyse ist die Kenntnis der allgemein anerkannten Regeln der Technik, insbesondere in Bezug auf Warmwasserbereitung und Erfahrungen in der hygienischen Beurteilung bei Legionellen. Das DVGWArbeitsblatt W 551 hat hierbei eine zentrale Stellung in Bezug auf die Verminderung von Legionellenwachstum. Als weitere wichtige Normen zur technischen Anlagensicherheit sind DIN EN 1717, DIN EN 806 und DIN 1988 zu nennen. Es ist davon auszugehen, dass bei Einhaltung der anerkannten Regeln der Technik keine Gefahr durch Legionellen zu befürchten ist (siehe auch § 4 Absatz 1 TrinkwV).

Grundlagen der Gefahrenanalyse

Eine Gefährdungsanalyse, wie sie nach § 16 Absatz 7 TrinkwV gefordert ist, sollte sich also bei der hygienisch-technischen Beurteilung der Anlagenteile nach den Anforderungen des DVGW-Arbeitsblattes W 551 richten. Die Erstellung einer Gefährdungsanalyse setzt sich im Grunde aus folgenden drei Teilen zusammen:

Ortsbesichtigung

  • Erfassung aller anlagenspezifischen Faktoren, die eine Gefahr durch Legionellen begründen können (z.B. Temperaturen
  • Auffälligkeiten sollten mittels Fotos dokumentiert werden
  • Die entsprechenden Stellen sind idealerweise in einem skizzierten Strangschema eingetragen

Auswertung

  • Nach der Ortsbesichtigung werden alle Kriterien des Anlagenzustandes dem Sollzustand gegenüber gestellt
  • Die Maßnahmen zur Erreichung des Sollzustandes sollen vordergründig beschrieben werden
  • Die Maßnahmen werden bewertet, geordnet und priorisiert
  • Eine Analyse des Untersuchungsberichtes zu Aussagen und möglichen Fehlern darf dabei nicht fehlen

Bericht zur Gefährdungsanalyse

  • Basisinformationen
  • Bestandsaufnahme (Fokus Mängel, Abweichung von Anforderungen aus den anerkannten Regeln der Technik)
  • Maßnahmen zur Legionellen- und Mängelbeseitigung (betriebstechnische, verfahrenstechnische, bauliche Maßnahmen)
  • Bewertung und Ordnung (Priorisierung) der Maßnahmen hinsichtlich
  • Machbarkeit und Dringlichkeit
  • Umsetzungszeit, Planungshorizont
  • Aufwand, Kosten
  • Festlegung eines Maßnahmenplans (kurz-, mittel-, langfristig)

Der Analyse sollte eine Ausführung über die Methodik und des zugrunde liegenden Erfahrungswissen vorangestellt werden. Diese scheinen auf den ersten Blick als rein formell, jedoch ermöglichen sie eine bessere Einschätzung der Hintergründe. Folgende Punkte sollten dabei mindestens aufgeführt sein:

  • die verwendeten Unterlagen
  • verwendete Messtechnik
  • technische Zeichnungen/Pläne
  • mikrobiologische Wasseranalysen

Grundlage einer Gefährdungsanalyse sind grundsätzlich die objektbezogenen Angaben wie Objektadresse, Auftraggeber, Ansprechpartner, beteiligte Personen etc. Beginnt man mit der Durchführung der Analyse, empfiehlt es sich, sich am Fließweg zu orientieren. Die einzelnen Stationen sollten den Planungs­unterlagen entnommen werden, soweit vorhanden. Sollten keine Planungsunterlagen zur Verfügung stehen, oder diese nicht aussagekräftig sein, so ist eine Schemaskizze anzufertigen und die entsprechenden Anlagenteile sind einzutragen (Bild 3). Es kann durchaus erforderlich sein, zusätzliche Plandokumente zur besseren Dokumentation zu erstellen, in denen auch detaillierte Angaben zu Abmessungen und Typen gemacht werden. Im Idealfall werden diese Unterlagen durch eine Fotodokumentation begleitet.

Vorgehen bei der Bestandsaufnahme

Die Orientierung entlang des Fließweges erleichtert meist die „Navigation“ durch das Gebäude. Bei komplexeren Anlagen und weit verzweigten Netzen kann die Einführung einer Nummern- oder Abkürzungssemantik hilfreich sein. Obwohl Legionellenkontaminationen meist nur in Warmwassernetzen auftreten, empfiehlt es sich dennoch, ein waches Auge auf die Kaltwasserleitungen zu haben. Auch hier können durch Todstrecken und warmgehende Kaltwasserleitungen Kontaminationen auftreten. Alle vorgefundenen Stellen, die als Kontaminationsherde in Frage kommen, sollten sauber dokumentiert werden. Es empfiehlt sich, die entsprechenden Stellen in die Fotodokumentation mit aufzunehmen und in den Planunterlagen den entsprechenden Stellen zuzuordnen. Dies erleichtert die Auswertung und die Umsetzung von Maßnahmen.

Nach Abschluss der Ortsbegehung müssen Maßnahmen definiert werden, die die Beseitigung der Mängel ermöglichen. Der Zeitrahmen für die zu ergreifenden Maßnahmen richtet sich nach der Höhe des Befundes. Bei einem hohen Befund (>10000 KBE/100 ml) ist die direkte Gefahrenabwehr erforderlich. Unter diese Maßnahmen fallen: Desinfektion und Nutzungseinschränkungen wie Duschverbot. Bei Kontaminationen

Bewerten und Ablaufplan erstellen

Die gefundenen Mängel an der Trinkwasseranlage müssen bewertet werden. Aus dieser Bewertung heraus ergibt sich eine Rangfolge der durchzuführenden Maßnahmen. Das Erstellen der Rangfolge kann sich schwierig gestalten. Da oft viele Mängel gleichzeitig auftreten, sollten Maßnahmen, die ohne großen Aufwand schnell umgesetzt werden können, auch eine hohe Priorität erhalten. Es gibt jedoch Fälle, bei denen ersichtlich ist, dass die offensichtliche Fehlerursache nur mittels längerfristiger Maßnahmen zu beseitigen ist. Hier sollte ein gut strukturierter Ablaufplan für die Beseitigung der Fehlerquelle erstellt werden. Die Arbeiten sollten dann von flankierenden Maßnahmen bis zur Fertigstellung der Fehlerbehebung unterstützt werden.

Zur kurzfristigen Beseitigung einer Kontamination sind neben betriebstechnischen Maßnahmen (Temperatur, Zirkulation) auch verfahrenstechnische Maßnahmen (chemische Desinfektion, thermische Desinfektion, Leitungsspülung) denkbar. Ebenso stellt die Nutzung von endständigen Filtern eine (wenn auch relativ kostenintensive) Möglichkeit zur Schaffung von Handlungszeiträumen für längerfristige Maßnahmen dar. Die erstellte Mängelliste kann zu einer Maßnahmenliste mit Kommentar erweitert werden (Bild 4). Die Verwendung eines Freitextes ist ebenso denkbar.

In Bild 5 ist ein Beispiel für eine Mängel­liste aufgezeigt. Diese Liste kann in einem nächsten Arbeitsschritt mit Maßnahmen ergänzt werden. Weiterhin kann eine Einschätzung über die Priorität einer Maßnahme erfolgen. Aus der Liste könnte sich ebenso eine Dokumentation über die Ausführung der Maßnahmen ableiten bzw. ergänzen lassen. Unabhängig vom Layout einer Dokumenta­tion sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass eine Dokumentation nach TrinkwV vorzunehmen und diese zehn Jahre vorzuhalten ist. Aus der Mängel-Maßnahmenliste sollte ein separater geordneter Maßnahmenplan hervorgehen. Ebenfalls sollte nach Maßnahmen bzw. Maßnahmebündeln der Erfolg der durchgeführten Arbeiten kontrolliert werden. Beispielhaft könnten folgende Maßnahmen in konkretisierter Form vorgenommen werden:

  • <b>Kurzfristige Ma&szlig;nahmen</b>

– Warmwassertemperatur im gesamten System auf ≥ 55 °C

– Spülen der Rohrleitungen, für regelmäßigen Wasseraustausch sorgen

– Nutzungseinschränkung, ggf. endständige Wasserfilter (kostenintensiv)

  • <b>Mittelfristige Ma&szlig;nahmen</b>

– thermische oder chemische Desinfektion

– Wartung und Instandsetzungen

– Abtrennen von stagnierenden Rohrleitungen, Verkleinerung Speichervolumen

  • <b>Langfristige Ma&szlig;nahmen</b>

– hydraulischer Abgleich

– Erneuerung der Trinkwassererwärmer

– Erneuerung der Rohrleitungen und Dämmung

Der erforderliche Detaillierungsgrad richtet sich nach Anlagengröße und Anlagenaufbau, Höhe des Befundes und Art sowie Anzahl der gefundenen Problemstellen. Allerdings sollte eine Gefährdungsanalyse so kurz wie möglich gehalten werden, da diese nicht um ihrer selbst willen erarbeitet wird, sondern Arbeitsgrundlage für die Beseitigung von Missständen sein soll. Weiterhin sei angemerkt, dass sich die Gefährdungsanalyse in erster Linie mit der gefundenen Legionellenkonzentra­tion im Warmwassersystem befasst. Soweit notwendig, z. B. wenn Kaltwassertemperaturen über 25°C betragen, sollten legionellenbegünstigende Faktoren im Kaltwassersystem mit betrachtet werden. Basiert die Gefährdungsanalyse auf einer weitergehenden Untersuchung gemäß DVGW W551, sind aus deren Befunden ggf. bereits Rückschlüsse auf das Kaltwassersystem möglich.

Mögliche weitere Gefährdungen, die nicht auf Legionellen beruhen, sind im Rahmen dieser Analyse nicht zu erörtern, sollten aber natürlich (gesondert) beseitigt werden. Eine Gefährdungsanalyse sollte nicht mit Informationen überfrachtet werden, da sonst keine Fokussierung auf die entscheidenden Ursachen erfolgen kann. Hinsichtlich des Formats einer Gefährdungsanalyse werden keine Anforderungen gestellt. Die Ergebnisse sollten aber in Gutachtenform mit hinreichender Dokumentation der Ortsbesichtigung schriftlich fixiert werden. Wichtig ist, dass das Ergebnis auch für andere nachvollziehbar ist und eine tatsächliche Arbeitsgrundlage für die zu erledigenden Aufgaben darstellt. Eine Orientierung an den Themen des DVGWArbeitsblattes W551 bietet sich hierfür an.

Gut vorbereiten und akribisch inspizieren

Um innerhalb einer Ortsbesichtigung möglichst einen umfassenden Einblick in die Anlage zu erhalten, ist es nötig, sich organisatorisch vorzubereiten. Ein einziger Blick in den Technikraum ist in aller Regel nicht ausreichend, jedoch sicherlich der Anfang. Es muss demnach sichergestellt werden, dass der Zugang zum Technikraum und zu Kellerräumen, in denen sich Verteilungen befinden, sichergestellt ist. Gegebenenfalls ist das Dachgeschoss zu inspizieren, da hier eventuell Rohrbelüfter montiert sein können. Weiterhin sollte auch der Zutritt zu einigen Wohnungen, insbesondere denen mit auffälligen Befunden, sichergestellt werden, um z.B. Einblick in die Versorgungskanäle zu bekommen und die Armaturen zu bewerten sowie Temperaturen und Zeiten zu messen. Hilfreich sind ebenfalls Informationen zum Verbrauch an den Entnahmestellen.

Die Gefährdungsanalyse stellt eine Art von Gutachten dar, für welche die üblicherweise verwendeten Werkverträge nicht die passenden Regelungen enthalten. Um hier passgenau alle Risiken abzudecken, stellt die SHK-Organisation ihren Mitgliedern einen Mustervertrag zur Verfügung. Im Vorfeld der Ausweitung des eigenen Tätigkeitsgebietes um die Erstellung von Gefährdungsanalysen sollte man sich von seiner Betriebs- oder auch Sachverständigen-Berufshaftpflichtversicherung denn auch solche Angebote um­fassenden Versicherungsschutz bestätigen lassen.

Der ZVSHK hat gemeinsam mit dem Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen als Anhang zu seinem Kommentar zur 2. Änderungsverordnung der Trinkwasserverordnung ein Merkblatt zur Gefährdungsanalyse erstellt. Im Anhang 2 dieses Merkblattes ist eine Hilfestellung zur Erstellung eines Begehungsprotokolls abgebildet. Ein solches Begehungsprotokoll ermöglicht das einfache Abhaken von vorhandenen Anlagenteilen und hilft, das Fehlen von Anlagenteilen zu dokumentieren.

Der Kommentar ist, inklusive des Merkblatts zur Gefährdungsanalyse, für Mitgliedsbetriebe der Berufsorganisation kostenlos. Alle anderen zahlen 61,50 Euro im Onlineshop des ZVSHK.

So sieht die Praxis aus – Lesen Sie hierzu auch das Interview mit Handwerksunternehmer Thomas Menrath aus Eppelheim auf der nächsten Seite.

Kommentar

Die Chanchen nutzen

Die Gefährdungsanalyse ist ein wichtiger Baustein der Trinkwasserverordnung zur Identifikation und zur Beseitigung der Ursachen von Legionellenkontaminationen in Trinkwasser-Installationen. Wurde anfangs, nach Inkraftreten der Trinkwasserverordnung, bei festgestellten Legionellenkontaminationen das Hauptaugenmerk auf die Desinfektion der Anlage gelegt, so ist in den letzten Monaten auch bei den Betreibern ein Bewusstseinswandel festzustellen.

Nicht mehr nur die reine Bekämpfung der Symptome, also die Desinfektion, wird als einzige Sanierungsmaßnahme betrachtet, sondern es rückt die Suche nach den Ursachen, also die Gefährdungsanalyse als ganzheitliche Betrachtung der Trinkwasser-Installation, zunehmend in den Vordergrund. Dies ist sicherlich auch mit auf die zunehmende Erfahrung der Gesundheitsämter mit der Trinkwasserverordnung zurückzuführen. Die umfangreichen neuen Anforderungen der Trinkwasserverordnung an die Gesundheitsämter mussten auch dort erst einen Lernprozess auslösen. Inzwischen wurde die nötige Kompetenz erarbeitet, um Trinkwasser-Installationen ganzheitlich betrachten und Anlagentechnik und Anlagenbetrieb unter hygienischen Gesichtspunkten beurteilen zu können.

Auch die zunehmenden Erfahrungen der SHK-Fachbetriebe mit hygienisch problematischen Anlagen trugen zu dieser ganzheitlichen Betrachtungsweise bei. Viele Fachbetriebe haben sich inzwischen das erforderliche Wissen und die notwendige Erfahrungen angeeignet, um ihren Kunden umfangreiche Hilfestellungen im Bereich der Trinkwasserhygiene geben zu können.

Die SHK-Organisation hat ihre Hausaufgaben gemacht. Den Fachbetrieben steht nun ein umfangreiches und ausreichendes Arsenal an Arbeitshilfen und Fortbildungsmöglichkeiten zur Umsetzung der Anforderungen der Trinkwasserverordnung zur Verfügung. Insbesondere die bundesweit einheitliche Schulungsmaßnahme SHK-Fachkraft für Hygiene und Schutz des Trinkwassers ist ein wichter Baustein. Zusammen mit dem ZV-Merkblatt Gefährdungsanalyse setzt diese auch vom Umweltbundesamt als geeignet anerkannte Schulungsmaßnahme die Betriebe in die Lage, fach- und sachgerechte Gefährdungsanalysen an legionellenkontaminierten Anlagen zu erstellen.

Die SHK-Handwerksbetriebe sollten die Chancen nutzen, die in der Erstellung von Gefährdungsanalysen liegen. Durch die nun erst richtig losgehenden Legionellenuntersuchungen und aufgrund von verstärkt zu Tage tretenden Legionellenbelastungen wird die Nachfrage nach der Dienstleistung Gefährdungsanalyse stark ansteigen. Nutzen auch Sie, die mit den gestiegenen Hygieneansprüchen gewachsenen Chancen für unser Handwerk.

Thomas Huber
Referent im FVSHK
Baden-Württemberg

Autor

Andreas Braun ist Staatlich geprüfter Techniker für Sanitär- und Heizungstechnik und Referent im Zentralverband Sanitär Heizung Klima, 53757 St. Augustin, https://www.zvshk.de/, E-Mail: a.braun@zvshk.de

Interview - Kein Hexenwerk

Legionellen, Probeentnahme und Gefährdungsanalyse ▪ Kaum eine Sanitär-Fachtagung kommt heute ohne diesen Themenkomplex aus. Die Theorie wird Installateuren derzeit auf allen möglichen Wegen näher gebracht. Doch wie sieht es in der Praxis aus? Sind die Forderungen der Trinkwasserverordnung überhaupt umsetzbar? Warum drücken sich so viele Kollegen vor dem Erstellen einer Gefährdungsanalyse? Wir sprachen mit Geschäftsführer Stefan Menrath von der Morsch Sanitär-Technik GmbH aus Eppelheim.

SBZ: Herr Menrath, Sie gehen das Legionellenthema aktiv an. Wie viele Gefährdungsanalysen haben Sie schon erstellt? Wer macht das in Ihrem Unternehmen?

Menrath: Das war bisher meine Aufgabe. Mittlerweile habe ich 30 Analysen erstellt – vom Sechsfamilienhaus bis zum Krankenhaus war alles dabei.

SBZ: Viele Kollegen lehnen Anfragen rund um Probeentnahme und Gefährdungsanalysen schlichtweg ab. Und an Krankenhäuser wagt sich kaum ein Handwerkskollege. Woher kommt das?

Menrath: Man fängt ja nicht gleich mit einem Krankenhaus an. Wobei die Aufnahme eines derart großen Objektes letztlich auch nichts anderes ist als die Summe vieler kleinerer Einheiten. Als größten Hemmschuh sehe ich Unwissenheit und die Angst etwas falsch zu machen und dafür in Regress genommen zu werden.

SBZ: Sie haben diese Hinderungsgründe nicht davon abgehalten, aktiv zu werden. Wo haben Sie das Know-how her?

Menrath: Zum einen sind das die normale Ausbildung und die Erfahrungswerte rund um Trinkwasserinstallationen, die man im Leben ansammelt. Zum anderen lese ich viel Fach­literatur und habe Seminare zur VDI 6023 und die Fachkundeschulung für Trinkwasserhygiene unseres Fachverbandes besucht.

SBZ: Sowohl die VDI-Schulung als auch die Hygieneschulung beim Fachverband sind laut Umweltbundesamt Voraussetzung, dass man eine Gefährdungsanalyse erstellen darf. Sie haben sogar beide Lehrgänge mitgemacht. Wo liegt der Unterschied?

Menrath: Die VDI-Schulung richtet sich nicht nur an Fachleute aus dem Sanitärbereich. Sie setzt bei der Wissensvermittlung ganz unten an und ist sehr theoretisch gehalten. Die Schulung beim Fachverband ist auf den Sanitärfachmann zugeschnitten und sehr viel praxisnäher. Dort lernt man auch das ZVSHK-Merkblatt zur Gefährdungsanalyse einzusetzen und als Leitfaden für die Praxis zu nutzen. Dieser Leitfaden ist sehr hilfreich und bildet bei mir die Basis einer jeden Analyse.

SBZ: Wie lange dauert so eine Analysen­erstellung beispielsweise für ein Sechs­familienhaus?

Menrath: Das hängt immer von der jeweiligen Anlage ab und davon, ob Pläne vorliegen oder ob sie die Anlage erst einmal aufnehmen und dokumentieren müssen. Liegen Pläne vor, können im besten Fall drei bis vier Stunden ausreichen. Müssen wir die Anlage erst einmal aufnehmen und entsprechende Zeichnungen erstellen, ist ein Tag schnell rum. Aber dafür bekommt der Kunde von uns eine komplette Anlagendokumentation. Wenn Sie an Großobjekte wie Krankenhäuser denken, sind sie gleich mehrere Tage beschäftigt.

SBZ: Und was machen Sie, wenn Sie vor Ort mit Ihrem Sachverstand nicht mehr weiterkommen?

Menrath: Dann bitte ich das Gesundheitsamt um Hilfe. Die kommen dann an die Anlage raus, besprechen das Problem ganz offen – und finden dann gemeinsam eine Lösung. Mit dem Gesundheitsamt habe ich bisher sehr gute Erfahrungen gemacht, die ziehen mit uns an einem Strang.

SBZ: Legen Sie bei der Beratung nicht drauf? Schließlich erzielen Sie bei der Beratungstätigkeit keinen Materialumsatz?

Menrath: Nein, dies ist von der Einstufung her wie meine Sachverständigenarbeit zu sehen und dafür stellen wir 70 Euro je Stunde in Rechnung. Da hat es auch noch nie Probleme gegeben, die Betreiber sind froh, dass sie jemanden haben, der ihnen ­eine Gefährdungsanalyse erstellt. Für uns steht hier aber nicht der Verrechnungssatz im Vordergrund, sondern zufriedene Kunden. Zu unserer Leistungspalette gehört auch, dass wir für die Betreiber Pläne und Ausschreibungen erstellen, die dann an SHK-Handwerksunternehmen rausgehen. Und im Durchschnitt resultiert trotz dieser offenen und auftragsneutralen Herangehensweise aus durchschnittlich jeder fünften Analyse ein Sanierungsauftrag für unsere ­Firma.

SBZ: Wie sieht die Haftungsfrage für Gefährdungsanalysen aus? Haben Sie Angst vor eventuellen Regressansprüchen? Ist das über die Betriebshaftpflicht abgesichert?

Menrath: Dieser Bereich ist nicht automatisch mit abgedeckt. Bevor man hier tätig wird, sollte man auf jeden Fall seinen Versicherungsvertreter konsultieren. Für unsere Firma bedeutete die Ausweitung unseres Betätigungsfeldes letztlich einen Anstieg der Haft­pflichtversicherungsprämie von 170 ­Euro im Jahr.

SBZ: Die Firma Morsch führt auch Probeentnahmen durch – machen Sie das auch alles persönlich? Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit dem Labor?

Menrath: Nein, wir beschäftigen fünf Monteure, die nach VDI 6023/B geschult sind und Proben nehmen. Wichtig ist auch hier sorgfältig zu arbeiten. Wir haben schon erlebt, dass Ablesedienste Wasserproben aus Entleerungshähnen genommen haben. Da hörts natürlich auf. Unsere Zusammenarbeit mit unserem Labor hat sich zu einer absolut reibungslosen und sehr partnerschaftlichen Zusammenarbeit entwickelt.

SBZ: Prima, wie Sie die Sache angehen, Glückwunsch! Haben Sie noch Tipps für Kollegen, die jetzt einsteigen wollen?

Menrath: Besuchen Sie eine Hygieneschulung des Fachverbandes, um die notwendige Basis zu schaffen. Arbeiten Sie mit dem ZVSHK-Merkblatt, es führt Sie durch den ganzen Analyseprozess. Vielleicht können Sie bei Ihrer ersten Gefährdungsanalyse auch einen erfahrenen Kollegen um Unterstützung bitten. So etwas bieten wir auch über unsere Heidelberger SHK-Innung an.

SBZ: Vielen Dank fürs Gespräch und Ihre Tipps. Wir wünschen Ihnen und Ihrem Betrieb weiterhin Erfolg und viele sanierte Anlagen.