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Handwerk könnte Modernisierungsraten verdoppeln

Offizieller Ausrüster der Energiewende

Inhalt

Das SHK-Handwerk ist mit seinen 334000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Ausrüster der Energiewende und der Hersteller von Energieeffizienz in Deutschland. Die SHK-Innungsfachbetriebe sind mit ihrer Beratungs- und Technologiekompetenz in Sachen moderner Heiz- und Klimatechnik die prädestinierten Umsetzer der von einer breiten politischen Mehrheit eingeläuteten Energiewende in unserem Land. Sie stehen für die Kompetenz, die Qualifikation, die Motivation und die Kundennähe, die erforderlich sind, um die vor Jahresfrist 2011 ausgerufene Energiewende dort zu realisieren, wo aktuell 40 % des Energieverbrauchs und der CO2-Emmission in Deutschland anfallen: im Wärmemarkt! Als politisches Sprachrohr dieser für die Energiewende unverzichtbaren Marktmultiplikatoren für effiziente Gebäudetechnik hat der ZVSHK deshalb mit großem Einsatz die energie- und umweltpolitischen Entscheidungen der Bundesregierung in den zurückliegenden Monaten begleitet.

Was aber ist heute von dieser in beispielloser Hast vollzogenen Wende geblieben? Wo sind Entwicklungen, Planungen und Aktivitäten für die Ausgestaltung dieser nationalen Energiewende zu erkennen? Warum drängt sich für viele Beobachter der Eindruck auf, die Politik habe das Thema Energiewende nach der Entscheidung über den Atomausstieg mehr oder weniger zu den Akten gelegt? Finanzkrise, Euro-Rettung und Staatsschuldenkrise bestimmen das Tagewerk der Bundesregierung. Die Energiewende ist ins Stocken geraten; oder sagen wir besser: sie ist überhaupt noch nicht in Gang gekommen. Sie ist vor allem da noch nicht eingeleitet worden, wo weite Teile der Bevölkerung sofort und unmittelbar zu ganz entscheidenden Akteuren für den Erfolg der Energiewende in Deutschland werden könnten: in den Heizungskellern der Republik; dort, wo ineffi­ziente Anlagentechnik millionenfach Energie und Geld verschleudert.

Allenfalls 23 % aller Heizungen sind auf dem Stand der Technik, arbeiten energieeffizient und unter Einbindung erneuerbarer Energien. Der Wärmemarkt, in den 40 % des gesamten Energieverbrauchs in Deutschland fließen, bietet demnach ein gewaltiges Potenzial für die Steigerung von Energieeffizienz. Das weiß die Wissenschaft. Das weiß die Wirtschaft. Das weiß die Politik – allein, es geschieht nichts, um dieses Potenzial zur Ausgestaltung der Energiewende anzuzapfen und zu nutzen.

Verunsicherung bremst Effizienzmaßnahmen aus

15 Millionen Eigenheimbesitzer in Deutschland, von denen zwei Drittel erklärt haben, bewusster mit Energie umgehen zu wollen, werden dabei sich selbst überlassen. 334000 Handwerker, die mittelfristig doppelt so viel an moderner Energieeinspartechnik in Gebäuden installieren könnten wie zurzeit, treffen auf völlig verunsicherte Kunden. Dabei wären die Voraussetzungen gegeben, um die Modernisierungsrate in deutschen Heizungskellern in diesem Jahr von rund 500000 ausgetauschten Heizungsanlagen auf 1000000 Anlagen zu verdoppeln. Alle Konjunkturindikatoren – ob gesamtwirtschaftlich oder handwerksspezifisch – zeigen seit Monaten eine Flucht des Geldes in die Immobilie. Neben dem Bau und Erwerb spielt dabei auch das Ziel der Wertsteigerung der Immobilie bei den handelnden Akteuren eine entscheidende Rolle. Anders lässt sich aus unserer Sicht die anhaltend hohe Nachfrage für eine Komplettbadsanierung nicht erklären.

Denkbar schlechtes Zeugnis für die Energiepolitik

Statt diesen Trend für den Anschub einer energetischen Sanierungswelle bei Gebäuden proaktiv zu nutzen, macht die Politik genau das Gegenteil. Sie stellt die Ampel für die Energiewende in Gebäuden auf Rot. Sie blockt die Möglichkeit der steuerlichen Abschreibung auf energetische Sanierungsmaßnahmen an Gebäuden. Sie denkt nicht daran, energetische Teilsanierungen steuerlich zu begünstigen. So wird das leider nichts mit der Energiewende im Heizungskeller. So wird das nichts mit der Erreichung der ambi­tionierten Klimaschutzziele. So wird das nichts mit einer Vorreiterrolle Deutschlands in Sachen erneuerbare Energien. Auch der ZVSHK kommt nicht umhin, den politischen Entscheidungsträgern im Fach Energiewende ein denkbar schlechtes Zeugnis auszustellen. Auch wir nutzen an dieser Stelle die Möglichkeit, die Bundes- und Landespolitiker noch einmal zu mahnen, endlich die steuerliche Förderung von energetischen Sanierungsmaßnahmen zu verwirklichen. Dabei schließen wir uns dem Ergebnis der vorliegenden Studien an, dass kostengünstigere Teilsanierungen einen schneller wirkenden Effekt auf die Erhöhung der Sanierungsquote haben, als eine kostenintensive und umfassende Sanierung.

Viele Bürger wären bereit, in Effizienz zu investieren

Wir wollen in diesem Zusammenhang die hinlänglich ausgetauschten Argumente natürlich nicht überstrapazieren. Wir wollen auch nicht kontraproduktiv sein. Wir wollen nunmehr ein Signal an die Politik aussenden, das wir als Angebot zu einem wirklichen Aktionsbündnis zwischen SHK-Handwerk und Politik verstehen. Die Ergebnisse einer vom ZVSHK beim Meinungsforschungsinstitut Emnid beauftragten repräsentativen Umfrage zeigen deutlich die aktuell große Verunsicherung und Investitionszurückhaltung der deutschen Eigenheimbesitzer in puncto energetische Anlagensanierung. Demnach haben im vergangenen Jahr nur 4 % der Anlagenbetreiber ihre alte Heizungsanlage gegen moderne und effiziente Energieeinspartechnik ausgetauscht – etwa mit der Installation von Öl- und Gasbrennwertkesseln, einer Wärmepumpe oder einem Pelletofen. Vom großen Rest der Betreiber von mehr als zehn Jahre alten Heizungsanlagen erklärten 12 %, dass sie aufgrund der unklaren staatlichen Fördersi­tuation mit der Anlagenmodernisierung weiter zögern. Wirklich bemerkenswert ist die Erklärung von immerhin 6 % der Befragten, sie seien bereit ihre Heizungsanlage 2012 auch unabhängig von Fördermitteln oder steuerlichen Vergünstigungen grundlegend zu erneuern. Damit haben wir in der Gruppe der fast 15 Millionen Eigenheimbesitzer in Deutschland ein Potenzial von 18 %, das dem Gedanken an eine umfassende Heizungsmodernisierung zumindest aufgeschlossen gegenüber steht. Und da die Zustimmung zu dem von Emnid resolut formulierten Grundsatz „Die Heizung wird erst ausgetauscht, wenn sie nicht mehr zu reparieren ist“ mit 60 % vergleichsweise schwach ausfällt, können wir sogar von der Annahme ausgehen, dass noch mehr als 18 % aller Immobilieneigentümer zu ermutigen wären, ihre persönliche Energiewende im Heizungskeller einzuleiten.

Ehrlichkeit bringt mehr als Hängepartien bei Förderungen

Genau dieser Aspekt der individuellen Verantwortung ist der Ansatz für unser SHK-Handwerk, der Politik eine gemeinsame Offensive zur Auflösung des Modernisierungsstaus in deutschen Heizungskellern vorzuschlagen. Wir appellieren an die Politik: Nehmt die Bürgerinnen und Bürger in diesem Projekt Energiewende endlich ernst. Sagt ihnen offen und ehrlich, was sie bei einer wirklich ernsthaft vollzogenen Energiewende zu erwarten haben, und vor allem, was sie als mündige Staatsbürger von der Politik zu erwarten haben. Das wäre auch im Wahljahr 2013 mehr als richtig. Das heißt konkret: Wenn sinnvolle und ausreichende Förderungen der energetischen Gebäudesanierung vorerst nicht im ganz großen Umfang realisiert werden können, dann sollten das die politisch Verantwortlichen ehrlich sagen und begründen. Wenn die Finanzmittel für eine verstetigte Förderung nicht mehr ausreichen, dann müssen dies Investoren, Anlagenbetreiber und potenzielle Modernisierer wissen. Das klare Wort ist hier allemal besser als die Fortführung einer haushaltsbedingten Stop-and-go-Förderung, die die Kunden unserer SHK-Betriebe in einen lang anhaltenden Attentismus treibt.

Motivationskampagne für die Energiewende zu Hause

Unser Angebot an die Politik lautet: Beendet die Hängepartie zur Förderung der energetischen Gebäudesanierung! Sucht den Schulterschluss mit den Herstellern von Energieeffizienz in Gebäuden! Nutzt das Vertrauen, das der Markt unseren SHK-Handwerkern entgegenbringt. Mit 89 % sind die Heizungsbauer der örtlichen SHK-Innungen für die Hauseigentümer der erste Ansprechpartner für die Sanierung einer technisch veralteten Heizungsanlage. Sie sind damit der Marktöffner für innovative Gebäudetechnik. Sie sind der Point of Sale, an dem sich entscheidet, welcher Energieträger und welche Technik in den Heizungskellern zum Einsatz kommt.

Mit einer breit angelegten, energieträgerneutralen Informations- und Motivationskampagne könnten Politik und SHK-Handwerk – wenn möglich im Verbund mit weiteren Branchenpartnern – es sicherlich schaffen, einen bedeutsamen Anteil von Eigenheimbesitzern und Anlagenbetreibern für die Einleitung ihrer ganz privaten Energiewende zu gewinnen. Es geht dabei um klare Botschaften, die die aktuelle Investitionszurückhaltung aufbrechen und die an die Eigenverantwortung der Bürgerinnen und Bürger appellieren. Für einen Bruchteil der öffentlichen Mittel, um die Finanzpolitiker von Bund und Ländern aktuell streiten, könnten Politik und SHK-Handwerk im Markt die Impulse setzen, die zum Vollzug einer wirklichen Energiewende in unserem Land dringend erforderlich sind. Man muss es nur wollen!

INFO

Hängepartie im Vermittlungssausschuss

Der ZVSHK hat bei seinen politischen Beratungen immer wieder darauf hingewiesen, welche Bedeutung der Wärmemarkt mit seinem Potenzial der energetischen Gebäude- und Anlagensanierung für eine erfolgreich vollzogene Energiewende hat. Wir haben sowohl als Interessenvertreter unserer Betriebe als auch als Fachanwalt für fast 15 Millionen Heizungsanlagenbetreiber der Politik klar dargelegt, dass vor allem eine sinnvoll ausgestaltete steuerliche Förderung von energetischen Modernisierungsmaßnahmen in Gebäuden den entscheidenden Impuls für den im Zeichen der Energiewende dringend erforderlichen Anstieg der Sanierungsquote darstellt.

Von den sechs Gesetzentwürfen der Bundesregierung zur Energiewende scheiterte Ende Juni 2011 im Bundesrat ausgerechnet der zustimmungspflichtige Gesetzentwurf zur steuerlichen Förderung von energetischen Sanierungen. Seitdem erleben wir eine beispiellose Hängepartie im Vermittlungsausschuss. Während Vertreter der Bundesregierung die Bedeutung der energetischen Gebäudesanierung für ein Gelingen der Energiewende betonen, können sich Bund und Länder im entsprechenden Vermittlungsausschuss seit einem Jahr nicht darauf einigen, wer die finanziellen Lasten dieses steuerlichen Förderprogramms zu welchen Teilen tragen soll. Für den Wärmemarkt ist dies eine verhängnisvolle Entwicklung. Denn im Kontext der postulierten Energiewende oder auch den nach wie vor gültigen Klimaschutzzielen der Bundesregierung verschwindet er aus dem öffentlichen Bewusstsein – mit absolut kontraproduktiven Folgen.

Autor

Andreas Müller ist stellvertretender Hauptgeschäftsführer und Geschäftsführer Technik des ZVSHK, 53757 St. Augustin, Telefon (0 22 41) 92 99-0, a.mueller@zvshk.de, https://www.zvshk.de/