Heutiges energieeffizientes Bauen und Renovieren erfordert eine gute Dämmqualität und luftundurchlässige Außenwände und Fenster. Um den hygienisch notwendigen Luftaustausch sicherzustellen, ist der Einsatz einer mechanischen Lüftung mittlerweile unerlässlich. Damit einhergehend führen die immer geringer werdenden Heizlasten beim Einsatz herkömmlicher Heizsysteme, die aus Wärmeerzeuger, Verteilung und Heizkörpern bestehen, zu Problemen bei der Dimensionierung, denn diese sind für Heizlasten mit maximal 2 oder 3 kW nicht mehr unbedingt die sinnvollste Technologie.
Irgendwann wird die Ausrüstung mit klassischen Warmwasserheizungen im Einfamilienhaus aus Kostengründen in Frage zu stellen sein. Und schon heute gibt es hochwertige Hausstandards, die auf eine klassische Heizung bewusst verzichten. Im Passivhaus genügen schon ein PC und eine Glühbirne, um Bewohner im Winter ins Schwitzen zu bringen. Für was dann noch Heizkörper oder gar eine träge Fußbodenheizung installieren?
Fortschreibung der EnEV wird zum Systemwechsel führen
Die EPBD (Energy Performance of Buildings Directive) schreibt auf europäischer Ebene vor, dass ab 2021 nur noch energieautarke Gebäude errichtet werden dürfen. Die EnEV soll der Wegbereiter für dieses Ziel in Deutschland sein. Dass die Entwicklung der EnEV darauf ausgerichtet ist, lässt sich beim Vergleich der heutigen und künftigen Hausstandards nach EnEV ganz deutlich sehen.
Bei der nachfolgenden Auflistung steht HT für den Transmissionswärmeverlust in W/m2K und Qp für den Jahresprimärenergiebedarf in kWh/m2a für Heizung, Kühlung, Warmwasser und Lüftung. Für ein Einfamilienhaus mit 156m2 Wohnfläche errechnen wir nach der EnEV 2009:
- Referenzhaus H<sub>T</sub> = 0,40 Q<sub>p</sub> = 89,72
- KfW-70-Haus H<sub>T</sub> = 0,32 Q<sub>p</sub> = 62,80
- KfW-55-Haus H<sub>T</sub> = 0,27 Q<sub>p</sub> = 49,35
- KfW-40-Haus H<sub>T</sub> = 0,22 Q<sub>p</sub> = 35,89
Und für das gleiche Einfamilienhaus errechnen wir nach der EnEV ab 2016 die folgenden Zahlenwerte:
- Referenzhaus H<sub>T</sub> = 0,32 Q<sub>p </sub>= 67,29
- KfW-70-Haus H<sub>T</sub> = 0,27 Q<sub>p</sub> = 47,10
- KfW-55-Haus H<sub>T</sub> = 0,22 Q<sub>p</sub> = 37,00
Bei Passivhäusern ist es heute schon so weit
Die Werte für die jeweiligen KfW-Standards leiten sich aus den Werten von QP für das Referenzhaus her. Dabei heißt KfW 70, dass QP maximal 70 % des Wertes für das Referenzhaus erreichen darf und der Transmissionswärmeverlust HT maximal 85 %, ebenfalls im Vergleich zum Referenzhaus. Bei KfW 55 heißt das 55 % QP und 70 % HT und bei KfW 40 schließlich 40 % QP und 55 % HT.
Wenn man die Ergebnisse für ein einfaches Einfamilienhaus vergleicht, sieht man zunächst, dass der Standard für das Referenzhaus nach EnEV 2009 praktisch ersatzlos gestrichen wird. KFW 70 nach EnEV 2009 entspricht dann ungefähr den neuem Standard für das Referenzhaus nach EnEV 2016. Alle anderen Effizienzhäuser rücken entsprechend eine Stufe nach. Das kann nur erreicht werden, wenn die Schraube im Transmissionswärmeverlust weiter angezogen wird. Dafür schreibt die neue EnEV für 2014 schon 20 % mehr Dämmung vor.
War der Passivhausstandard mit all seinen Besonderheiten bisher noch in weiter Ferne für die Allgemeinheit, so rückt er nun unaufhaltsam immer näher. Das wird für die Haustechnik nicht ohne Folgen bleiben. Wer also heute ein Haus nach Standard 2009 plant, wird in ein altes Haus einziehen! Oder anders ausgedrückt: Wer in ein Haus nach Standard 2009 investiert, wird später beim Verkauf seiner Immobilie Probleme bekommen, weil die Technik überholt sein wird.
Wird ein KfW-40- oder -55-Haus heute mit dem PHPP (Passivhaus-Projektierungspaket) berechnet, darf der QH nicht mehr als 15 kWh/m2a betragen. QH ist der Jahresheizwärmebedarf ohne Kühlung, Warmwasserbereitung und Lüftung.
Bald wird die Lüftungstechnik einen Tipping-Point erreichen
Spätestens 2016 wird ein Bauherr zwischen zwei Arten der Haustechnik entscheiden müssen – zwischen einer Heizung mit Lüftung und einer Lüftung mit zusätzlicher Heizungsfunktion. Welcher Variante der Vorzug zu geben ist, wird von der Wirtschaftlichkeit abhängen. Hier wird sich der Trend zur zweiten Variante, die heute nur einen sehr geringen Marktanteil abdeckt, erheblich beschleunigen. Diesen Zeitpunkt, wenn eine neue Technologie kostengünstiger wird, bezeichnen Zukunfts- und Trendforscher gerne als Tipping-Point, ab dem stürmische Entwicklungen zu erwarten sind. Ein Beispiel hierfür sind die Smartphones der Firma Apple, die in sehr kurzer Zeit einen erheblichen Marktanteil gewinnen konnten – zu Lasten herkömmlicher Mobiltelefone. Allerdings wird bei der Heizung der Umbruch nicht so dynamisch verlaufen, weil niedrige Sanierungsraten und geringe Neubautätigkeiten den Umbruch verlangsamen.
Ist dann ein Gebäude mit dichter Bauweise und hohem Heizenergiebedarf auszustatten, so benötigt man weiterhin eine klassische Heizung mit Lüftungsanlage. Habe ich allerdings ein dichtes Gebäude mit geringem Heizenergiebedarf, so ist die bessere Wahl eine Lüftung mit Heizfunktion. Die Lüftung ist dann der Kern der Haustechnik. Sie transportiert die benötigte Heizenergie durch das Luftverteilnetz einfach mit. Ein zweites Verteilnetz für die Wärme ist überflüssig. Das spart richtig Geld!
Schon heute haben einige Hersteller die Zeichen der Zeit erkannt und Produkte auf den Markt gebracht, die diesen neuen Anforderungen Rechnung tragen. Allerdings war die Politik nicht imstande, mit ihren eigenen Ankündigungen Schritt zu halten. Schon 2009 kündigte sie eine Novellierung der EnEV für 2012 an. Die nun am 1. Mai in Kraft tretende EnEV 2014 schreibt u.a. bei Neubauten ab Anfang 2016 eine Verschärfung des zulässigen Primärenergiebedarfs um 25 % vor. Der Primärenergiefaktor für Strom wird deutlich reduziert, zunächst auf 2,4 und ab 2016 auf 1,8. Dadurch ergibt sich eine deutliche Verbesserung der rechnerischen Bewertungen beim Einsatz von Strom, was Wärmepumpen begünstigt. Diese Verminderung des Primärenergiefaktors für Strom ist der Energiewende geschuldet. Mehr und mehr wird Strom regenerativ erzeugt, sodass die primärenergetische Bewertung der Energiequelle Strom überdacht werden musste.
Zudem setzen immer mehr Hausbesitzer nun auch selbst den Hebel für eine Nutzung regenerativer Energien an und verbrauchen ihren selbst erzeugten Strom selbst. Das wird die Marktposition von Wärmepumpen nochmals stärken: Verbesserung des Primärenergiefaktors und Selbsterzeugung der Heiz- und Hilfsenergie – das geht nicht bei Öl, Gas oder Pellets. Die Kombination von Lüftung und Wärmepumpe zur Warmwasserbereitung, Heiz- und Kühllastabdeckung sowie Be- und Entlüftung unter gemeinsamer Nutzung nur eines Verteilsystems wird in absehbarer Zeit bei Einfamilienhäusern im Vordergrund stehen.
Produkte für diesen Markt sind schon vorhanden
Mit einem für solche Bedingungen konzipierten Produkt kommt Systemair derzeit auf den Markt: Die Haustechnikzentrale Genius nutzt die Lüftungskanäle zum Heizen und Kühlen des Hauses. Dies wird über eine zeitweilige, bedarfsabhängige Volumenstromerhöhung durch Beimischung von Luft aus dem Wohnbereich in Kombination mit einer Wärmepumpe erreicht, die auch für einen entsprechenden Warmwasserkomfort sorgt. Natürlich sind dem Einsatz dieser Geräte Grenzen gesetzt, was die Leistung anbelangt. Aber ein KfW-70-Haus nach EnEV 2009 lässt sich mit einem solchen Gerät schon heute sehr gut versorgen.
Das Zusammenfassen aller Funktionen einschließlich der Regelung in einem Gerät bedeutet einen deutlich geringeren Aufwand bei Planung und Montage. Vor allem spart es zusätzliche Heizungsinstallationen wie Rohrleitungen, Heizkörper, Kamin, Tankraum, Gasanschluss sowie auch den regelmäßigen Besuch des Kaminkehrers. Weiterhin lässt sich in Kombination mit Photovoltaik ein bilanztechnisch CO2-neutrales Haustechniksystem realisieren. Durch die Zusammenfassung aller Komponenten unter einer intelligenten, modernen Regelung ist ein energieverbrauchsoptimierter Betrieb leicht zu realisieren. Und auch die Integration in moderne Fernwirktechnik über PC, Smartphone oder Tablet ist problemlos möglich.
Produktsteckbrief
Das Kombigerät Genius von Systemair vereinigt die Funktionen Heizen, Lüften, Kühlen, Wärmerückgewinnung und Warmwasserbereitung. Es ist mit einer stufenlos geregelten Wärmepumpe ausgestattet, die im Winter als Luftheizung wirkt und im Sommer für Kühlung sorgt. Die Heizleistung beträgt maximal 6kW und die Kühlleistung 4kW. Für Warmwasserkomfort sorgen der Parallelbetrieb der Wärmepumpe und ein emaillierter 150-l-Speicher mit Opferanode und elektrischem Zusatzheizstab. Regeln lässt sich das System über eine Internetanwendung oder über eine Bedieneinheit direkt am Gerät. Der Vertrieb erfolgt zwei- und dreistufig.
Autor
Klaus Lang ist Product Area Director für Wohnungslüftung bei Systemair, 97944 Boxberg-Windischbuch, Telefon (0 79 30) 92 72-0, klaus.lang@systemair.de, https://www.systemair.com/de/