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Indachsysteme vor dem Sprung aus der Nische

Vom Schutzdach zum Nutzdach

Inhalt

Bisher trauten sich nur wenige Installateure daran, die Solarmodule ins Dach einzubauen. Nicht auf das Dach, sondern als Ersatz für Dachziegel oder Deckbleche in die wasserführende Schicht. Die Indachanlagen erfordern mehr Wissen über die Dachkonstruktion und die Abdichtung, ihre Montage dauert in der Regel länger. Im Preiskampf um die preiswerteste Photovoltaikanlage kam ­eine solch aufwendige Montage meist nicht in Betracht. Auch fürchten viele Installateure die Risiken: Was geschieht, wenn die Indachanlage nach einigen Jahren undicht wird?

Doch der Wind dreht sich, denn zunehmend nutzen Solarkunden die Photovoltaik, um alte oder mit Asbest belastete Dächer zu sanieren. In Italien und Frankreich erhalten dach­integrierte Anlagen sogar eine höhere Einspeisevergütung. In Deutschland ist das nicht der Fall. Allerdings kamen beispielsweise die Fachleute der Monier-Gruppe zu dem Schluss, dass Indachsysteme künftig einen deutlich größeren Marktanteil erobern werden – auch hierzulande. Monier ist ein großer Hersteller von Baustoffen für geneigte Dächer. Kürzlich hatte das Luxemburger Unternehmen die Indax-Technik von Schott Solar übernommen, inklusive Markenrechte und Patente. Schott zieht sich aus dem verlustreichen Solargeschäft zurück, Monier steigt ein. „Der Erwerb der Indax-Technologie ist eine strategisch sinnvolle Ergänzung unserer bestehenden Solar- und Dachaktivitäten“, sagt Pepyn Dinandt, CEO der Monier-Gruppe. „Das Indax-System soll sich in Zukunft zu einem wesentlichen Teil unseres Solarangebots entwickeln.“ Der Hersteller will das System als Teil des so genannten Portrait-Dachs in seinen Märkten in Deutschland, Italien und in Südosteuropa einführen. „Mit dem Indax werden wir stärker als bisher davon profitieren, dass der Betrieb von Solaranlagen immer unabhängiger von Einspeisevergütungen und vermehrt zum dezentralen Eigenverbrauch genutzt wird“, erläutert Jens Milnikel, der bei Monier den Geschäftsbereich Solardachsysteme leitet.

Der Marktanteil der Indachanlagen wird steigen

Angesichts steigender Strompreise wird es für die Verbraucher immer attraktiver, den Sonnenstrom vom Dach selber zu nutzen. Die jüngste Monier-Studie hat den europäischen Markt für Indachsysteme 2012 auf rund 300 MW beziffert. Das wären rund 3 % aller installierten Anlagen. Bis 2015 wird sich dieser Anteil verdoppeln. In Deutschland werden 2012 Indachanlagen für rund 120 Millionen Euro errichtet. Bei einer konservativen Berechnung unter Einbeziehung sinkender Systempreise und der unterschiedlichen Eignung von Dachflächen für die Photovoltaik kann dieser Markt europaweit auf bis zu 4,3 Milliarden Euro wachsen. „Zum einen ist es wichtig, bei den Kunden mehr Wissen und Akzeptanz rund um die Vorteile dachintegrierter Anlagen zu schaffen“, erläutert Jens Milnikel. „Außerdem muss die gewerkeübergreifende Zusammenarbeit unter den Installateuren optimiert werden. Gleichzeitig sollten Anbieter die aufgrund der Multifunktionalität des Produkts gestiegenen Anforderungen der Endkunden in ihrem Leistungspaket berücksichtigen.“ Das Dach ist ­eines der wichtigsten Funktionsteile des Gebäudes, gleichzeitig aber schwer zugänglich. Deshalb sind Garantie und Service für Solaranlagen, die die klassische Eindeckung ersetzen, besonders wichtig.

Multifunktionsdächer sind ideal für Neubau und Sanierung

Schott Solar gehörte zu den Vorreitern in der dachintegrierten Photovoltaik. Auch Solarwatt aus Dresden hat den neuen Markt frühzeitig erkannt. Gemeinsam mit vom Landesbildungszentrum des sächsischen Dachdeckerhandwerks entwickelten die Ingenieure das Indachsystem Easy-In, das seit 2011 als Komplettpaket erhältlich ist. Es ist für Schrägdächer mit einer Neigung von 22 bis 65° geeignet. „Indachsysteme eignen sich ideal für den Hausneubau oder zur Dachsanierung“, analysiert Michael Neumann, Produktmanager für das Easy-In bei Solarwatt. „Die Solarmodule werden als wasserführende Schicht des Dachs eingebracht, ersetzen also die Dachziegel. Dadurch ergeben sich besondere Anforderungen an das Unterdach.“

Ein Beispiel: Die Solarmodule sind viel großformatiger als Dachziegel. Deshalb entstehen durch den Wind größere Soglasten. Solarwatt schreibt für sein System eine Dachlattung mit Profilhölzern von mindestens 40 x 60 mm Kantenlänge vor. Dann brauchen die Solarmodule keine spezielle Unterkonstruk­tion, das System wird direkt auf der Dachlattung verschraubt. Dachlatten mit 40 x 60 mm sind vielerorts Standard, dafür garantiert Solarwatt die Systemstatik. Für schmalere Kanthölzer – etwa 30 x 50 mm – gibt es keinen statischen Nachweis. Sie könnten sich als zu schwach erweisen. „Für die Verschraubung der Modulrahmen auf der Lattung liefern wir bestimmte Holzbauschrauben mit bauaufsichtlicher Zulassung“, erläutert Michael Neumann. „Die Verschraubung der Dachlattung richtet sich nach der Konstruk­tion des Dachstuhls. Entweder werden die Konterlattung und die Querlattung miteinander verschraubt und eine zweite Schraube stellt die Verbindung zum Sparren her. Oder der Installateur bindet die Lattung mit größeren Schrauben durch die Konterlattung hindurch direkt am Sparren an. Beide Varianten haben unsere Statiker durchgerechnet und freigegeben.“

Die große Herausforderung bei den Indachsystemen liegt also nicht in der Photovoltaik und der Elektrik, sondern in der hochwertigen Montage auf dem Dach. Indachsysteme sollte ein Dachdecker installieren, der selbst die kleinsten Details im Auge behält. „Zwischen den Modulen sind Dehnungs­fugen vorgesehen, um die temperaturbedingte Längenausdehnung der Module zu berücksichtigen“, nennt Neumann ein Beispiel. „Dadurch treten keine thermischen Spannungen in den Modulen oder im Dach auf. Die Module werden in eine Montageschiene aus Aluminium eingehängt, mit deren Hilfe wir die Anlage auch erden können. Die Schiene wird auf die Konterlattung geschraubt. Seitlich stecken die Module durch ein Nut-Feder-System zusammen. Die oberen Modulreihen liegen wie Dachziegel auch auf den unteren auf, damit der Regen besser abfließen kann.“ Am besten ist es, wenn die verschiedenen Handwerksbetriebe miteinander kooperieren oder der Installationsbetrieb die Fachleute mehrerer Gewerke in seinem Mitarbeiterstamm hat. „Ein besonderes Augenmerk ist auf die Hinterlüftung zu legen. Durch die Verwendung von 40 mm starken Kanthölzern für die Dachlattung entsteht unter den Modulen ein Spalt, in dem der Kamineffekt die Abwärme der Solarzellen abführen kann“, sagt Michael Neumann. „Dieser Querschnitt reicht dafür aus. Außerdem befinden sich im Modulrahmen spezielle Öffnungen, um die Wärme beispielsweise an den Anschlussdosen abzuführen. Die Dosen werden bei Verschattung der Module besonders warm, deshalb haben wir ihnen die entsprechende Aufmerksamkeit geschenkt.“

Effizienz hält gegenüber Aufdachanlagen mit

Wenn der Querschnitt zur Hinterlüftung ausreicht, wird die Indachanlage genauso gut laufen wie eine Aufdachanlage. Auf dem Landesbildungszentrum des sächsischen Dachdeckerhandwerks in Bad Schlema im Erzgebirge wurden eine kleine Indachanlage mit 1,675 kW und eine Aufdachanlage mit der gleichen Leistung installiert. Dort kann man den Vergleich direkt ziehen. Wenn der Installateur bei der Montage beispielsweise keine Konterlatten auf die Dachsparren schraubt, reicht die Hinterlüftung nicht mehr, dann wird die Indachanlage geringere Erträge bringen. Zusätzliche Lüfterziegel unterhalb und oberhalb der Anlage verbessern die Hinterlüftung. Der Installateur sollte mitdenken und je nach Dachkonstruktion überlegen, wie man die Wärmeabfuhr unterstützen kann. Sorgfalt und Qualität sind für den Anlagenertrag entscheidend, nicht nur für die Statik oder die Regensicherheit.

Das Easy-In-System ist regendicht, das garantiert der Hersteller. Denn die Modulrahmen werden seitlich ineinander geschoben. Ausreichende Überlappungsstrecken und EPDM-Gummis dichten die Solarfläche ab. Die Gummis werden so untergebracht, dass sie durch die Sonneneinstrahlung nicht verspröden. Der Installateur bekommt die Solarmodule entsprechend vorgefertigt geliefert. Die Regen­sicherheit ist Bestandteil der Produktgarantie.

Solarwatt hat das System an der Technischen Universität in Berlin bei Schlagregen getestet. Es bestand alle Prüfungen. „Neben den Modulen, der Montageschiene aus Aluminium, den Winkelprofilen, Blechen und Schrauben liefern wir auch eine hochwertige Unterspannbahn mit“, ergänzt Michael Neumann. „Weil das Easy-In regensicher ist, braucht es kein separates Unterdach wie andere Indachsysteme. Die Unterspannbahn ist für Temperaturen bis 150 °C stabil und resistent gegen UV-Strahlung. Unsere Zulieferer geben darauf zwanzig Jahre Garantie.“

Schnelle Montage ist ein Verkaufsargument

Viele Solarkunden zögern bei dem Gedanken, dass während der Montage das Dach offen steht. Doch trotz des höheren Aufwands kann eine Indachanlage mit 3 bis 4 kW an einem Tag installiert werden. Zunächst muss der Handwerker die Unterspannbahn verlegen und dann die Lattung vorbereiten. Dann werden die Module aufgebracht. Beim Easy-In ist ein spezielles Montagesystem dafür nicht notwendig. Denn die Modulrahmen sind so konstruiert, dass eine Montageschiene aus Aluminium ausreicht. Es folgen nachbereitende Arbeiten wie die Dacheinblechung, sie hängen natürlich stark vom jeweiligen Dach ab.

Sehr oft wird von den Anbietern der Indachsysteme übersehen, dass dafür spezielle Vorschriften zum Brandschutz gelten. Denn die Landesbauordnungen schreiben in der Regel so genannte harte Bedachungen vor, die widerstandsfähig gegen strahlende Wärme und Flugfeuer sind. Dazu gehören Ziegel, Blechdächer und bestimmte Abdichtungen, die über entsprechende Zulassungen verfügen. Wird die Solaranlage als Aufdachanlage auf solche Dächer montiert, braucht man den Brandschutz nicht neu nachzuweisen. Bei Indachanlagen muss ein Prüfzeugnis vorgelegt werden, dass das Dach mit Solaranlage die Anforderungen an die harte Bedachung erfüllt. Diese Mitteilung wurde unlängst vom Deutschen Institut für Bautechnik veröffentlicht. „Für das Easy-In haben wir diesen Nachweis geführt“, bestätigt Michael Neumann. „Dafür sind die verwendeten Materialien ausdrücklich zugelassen, das haben entsprechende Tests bei der Materialprüfungsanstalt in Freiberg ergeben.“

Eine gute Indachanlage kann schon zum Preis einer vergleichbaren Aufdachanlage erhältlich sein. Das hängt von der Beschaffenheit des Daches ab, vor allem bei der Dach­sanierung mit PV. Auf alle Fälle nutzt die Indachanlage die statischen Reserven des Daches besser aus und spart Kosten für die Ziegel. Auch wirkt sie optisch besser, vor allem mit schwarzen, monokristallinen Solarmodulen in einem Dach mit schwarzen Ziegeln. Solche Systeme sind für alle Installateure geeignet, wie Michael Neumann sagt: „Damit kann man nicht nur kleine Anlagen aufbauen. Wir haben schon Anlagen mit 300 kW installiert.“