Schlafen und Waschen liegen im Tagesablauf eng beieinander. Morgens betritt man nach dem Aufwachen als erstes das Bad. Ebenso sucht man vor dem Zubettgehen noch einmal das Badezimmer auf. Was liegt da also näher als eine Vereinigung beider Räume.
Vom Bett in die Wanne
Eine faszinierende Vorstellung zeigt Bild 1. Hierbei handelt es sich um ein Bad, das einem Siegerentwurf der Badkultur Beuttenmüller aus dem ersten SBZ-Kreativ-Wettbewerb nachgebaut wurde! Mittlerweile haben uns auch Hochglanzbilder von Herstellern und Badkompositionen in sogenannten Designhotels mit ihren nahtlosen räumlichen Übergängen von Bad zum Schlafzimmer wachgerüttelt. Was hier als außergewöhnliches Erlebnis eines Hotelaufenthaltes für Werbung und Abgrenzung als Designhotel zu anderen Hotels eingesetzt wird, muss aber nicht das „A und O“ bedeuten. Was für ein Wochenende vielleicht als etwas Aufregendes und Luxuriöses wahrgenommen wird, muss nicht auch einer Dauerbenutzung Stand halten.
Sicher ist es ein Erlebnis der besonderen Art, wenn man an ein heißes Entspannungsbad nach einem stressigen Tag denkt und sich dann nach nur wenigen Schritten in sein Bett fallen lassen kann. Das einen nun feuchtklamm vom heißen Dampf empfängt. Auch die Raumtemperatur erinnert uns eher an schlafraubende, schwüle Sommertage als an erholsame Regeneration in angenehmer Kühle. Wo ist also die Faszination geblieben? Wo ist da der Mehrwert?
Denkanstöße für die Planung
Der Mehrwert liegt in der Idee selbst. Das Aufbrechen alter Strukturen in denen das Bad als Nasszelle eher ein notwendiges Übel war. Durch das gestiegene Körperbewusstsein und Erkennen des Wellnessfaktors für Körper und Seele avanciert das Bad zwar zum zweiten Wohnzimmer, aber meist immer noch räumlich durch Mauern abgeschottet. Das Niederreißen oder Weglassen dieser ermöglicht es, völlig neue Raumstrukturen und Inszenierungen zu schaffen. Kommunikationsfördernd fallen die Grenzen. Besonders liegt aber der Mehrwert in der gewonnenen Raumgröße (aus zwei mach eins) bei Standardbädern von durchschnittlich nur 6 bis 8 m². Auch mehr Tageslicht und Ausblicke (meist für das Bad) können in Folge ein Gewinn sein. Aber welche Probleme bringt eine räumliche Vereinigung von Schlaf- und Badezimmer mit sich?
Innovativ oder unsinnig?
Beide Bereiche sind an völlig unterschiedliche Temperaturbedürfnisse geknüpft. Wird im Schlafbereich eine ideale Raumtemperatur zwischen 14 und 18 Grad empfohlen – sollte die des Bades dagegen mindestens 24Grad betragen. Wer möchte schon beim Duschen oder Zähneputzen frieren – oder umgekehrt beim Schlafen schwitzen! Auch werden zwei völlig unterschiedliche Anforderungen gestellt: das Schlafzimmer als Ruheort zur Regenerierung gegenüber dem Bad mit seinen Aktivzonen (waschen, duschen….) zur Vitalisierung. Die Zusammenlegung kann bei Paaren durchaus zu schlafstörenden Komplikationen führen. Seien es unterschiedliche Tagesrhythmen, ob beim zu Bett gehen oder früherem Aufstehen des Partners. Zudem sind Intimitätsbedürfnisse unterschiedlich – deshalb ist ein abgetrenntes WC selbstverständlich. Wie lassen sich also so verschiedene Anforderungsprofile mit der Idee der Vereinigung von Schlaf- und Badbereich umsetzten?
Glas statt Mauern
Ersetzen wir doch die massiven Wände ganz oder teilweise mit durchsichtigem Material. Es ermöglicht den Durchblick und trennt dennoch klimatisch und akustisch die Räume. Im Folgenden zeigen wir verschiedene Lösungsansätze:
Zwei L-förmig gestellte Glasscheiben, statt herkömmlicher Wände lassen die Raumgrenzen verschwimmen (Bild 2). Es entsteht ein gefühlter großer Raum, obwohl es zwei sind. Vor allem das Bad profitiert hier von dem Tageslicht durch die Dachflächenfenster im Schlafbereich. Aus einem sonst innenliegenden Bad ohne Fenster wurde so ein lichtdurchfluteter Raum. Von der freistehenden Wanne kann man den Blick in den Himmel genießen und entspannen.
Kombiniert man große Glasabtrennungen mit Vorhängen (Bild 3) ist die Flexibilität des Nutzers bezüglich der individuellen Bedürfnisse am größten. Bei Bedarf kann durch zu ziehen des Vorhanges eine optische Trennung erreicht werden. Ruhe kehrt ein. Der Zugang erfolgt über eine seitliche Tür, somit ist eine akustische und klimatische Trennung erreicht.
Im Beispiel (Bild 4) bringt ein „Garten Eden“ besonderes Flair als Verbindung zwischen Schlafen und Bad und sorgt für eine semitransparente Öffnung. Beide Bereiche sind akustisch und klimatisch getrennt. Regale mit Pflanzkübeln vor der Glasscheibe setzen hier nicht nur ein atmosphärisches Highlight, sondern sorgen im Bad für ein angenehmes Raumklima. Aber nicht immer geben die räumlichen Gegebenheiten die Möglichkeit einer kompletten freien Glaswand als öffnendes Element. Im Bild 5 wird eine satinierte Glasscheibe mit Tür statt Wand eingesetzt. Die Waschtischanlage wird davor platziert. Zwar ist die optische Vereinigung reduzierter (da kein klarer Durchblick), aber immer noch transparenter als eine Mauer. Allerdings sind bei Glastrennwänden und besonders Glastüren (da keine Dichtung vorhanden) die akustischen Schallabsorbtionswerte geringer.
Soll es intimer sein, reicht auch ein großes Fenster (Bild 6). Hier profitiert vor allem das vorher fensterlose Bad, dem nun Tageslicht zugeführt und die Enge genommen wird. Der Entspannungsfaktor erhöht sich. Beim Baden kann nun der Blick übers Bett ins Grüne schweifen. Dank Stoffjalousie auf der Schlafzimmerseite lässt sich das Bad optisch abtrennen und sorgt so für Ruhe und Intimität. Bei der richtigen Stoffwahl kommt dennoch Tageslicht herein. Das WC und die Dusche sind mittels einer satinierten Glasschiebetür abteilbar und gewähren in jedem Fall Intimität. Findet bei Verwendung von Glas der Zugang über einen Flur oder die Ankleide als Bindeglied statt, ist die beste klimatische und akustische Trennung realisiert worden. Besonders in Bezug auf verschiedene Tagesabläufe bei Paaren, wenn zum Beispiel einer früher als der andere seinen Tag beginnt.
Schiebeelemente bringen Flexibilität
Es müssen aber nicht immer Glaswände verwendet werden. Sei es aus ästhetischen, praktischen oder baulichen Gründen. Schiebetüren ermöglichen eine Öffnung bis zu circa 4 m Breite. Das ist im Normalfall schon eine von den vier Badezimmerwänden, die wegfällt und somit Bad und Schlafbereich vereint. Im Beispiel (Bild 7) öffnet sich das Bad auf einer Breite von circa 2 m. Gegenüber liegt die Wanne, so dass auch hier der Ausblick gewährt wird. Diese ist eingefasst auf der einen Seite von der Dusche, auf der anderen vom WC (abgeteilt). Schließt man die Holz-Schiebetüren, verschwindet das Bad komplett. Natürlich können statt blickdichten auch semi- oder voll-transparente Schiebetüranlagen eingesetzt werden. Kommunikativ öffnet sich in Bild 8 der Badbereich mit dem Waschtisch und einer Bank zum Bett. So kann das Gespräch weitergeführt werden, auch wenn ein Nutzer schon im Bett liegt. Aber allgemein muss bei Schiebeelementen bedacht werden, dass diese akustisch nicht so gut wie herkömmliche Türen abschotten. Außerdem wird bei geöffnetem Zustand keine Klimatrennung mehr gewährleistet und die Raumtemperaturen gleichen sich an.
Trends stets hinterfragen
Die hier aufgezeigten Zusammenhänge machen deutlich, dass nicht jeder vermeintliche Trend bedingungslos umgesetzt werden sollte. Setzt man sich allerdings mit diesem auseinander und hinterfragt ihn, kann man die Idee – den Grundgedanken – nutzen. Durch planerische Kompetenz wird so aus einem „Designgag“ eine neue, den Ansprüchen standhaltende Gestaltungsmöglichkeit. Denn das Maß aller Dinge ist eine den menschlichen Bedürfnissen angepasste Raumgestaltung. Und bekanntlich ist nur ein zufriedener Kunde auch ein weiterempfehlender Kunde.
Kommentar
Nicht um jeden Preis
Viele Hotels leben die Öffnung des Bades zum Hotelzimmer vor. Auf unterschiedlichste Weise wird gestalterisch damit umgegangen. Ob ganz offen, mit Schiebetüren, Glaswänden oder großen Fenstern. Nur eins darf nicht vergessen werden: die Nutzer verweilen hier nur als Gast für einen begrenzten Zeitraum. Was für einen kurzen Aufenthalt als hip gilt, kann nach abklingender Faszination bei längerer Benutzung Schwachstellen zeigen.
Mag dem Gast das überheizte Schlafzimmer mit Badtemperatur bei zwei Tagen Aufenthalt nicht als wesentlich störend auffallen. Ein Privatkunde würde sich sicher nach kürzester Zeit beim Planer beschweren. Schließlich treffen hier zwei unterschiedliche Raumklimazonen aufeinander – das kann normalerweise nicht gut gehen.
Nicht nur die unterschiedlichen Klimazonen, sondern auch Ruhezonen und Intimitätswahrung können mit der Zusammenlegung verloren gehen. Welche gestalterische Lösung beim Privatbad in Frage kommt, hängt von den Bedürfnissen der Nutzer ab. Intimitätsgrenzen sind bei jedem anders und nicht jeder fühlt sich wohl bei dem Gedanken, dass der Partner ihm bei allem zu schauen kann.
Hier ist Einfühlungsvermögen gefragt. Ratsam ist, dem Kunden gegenüber zu erläutern, welche Wirkungen – beziehungsweise Veränderungen das gewählte Konzept in den gewohnten Strukturen mit sich bringt. Kann der Kunde sich im Vorfelde mit dem Gedanken auseinander setzen, das zum Beispiel eine Glastür nur einen minderen Schallschutz bietet und somit andere Tagesrhythmen des Partners mehr Einfluss auf die Nachtruhe haben können, macht er dem Badprofi später auch keinen Vorwurf. Mit einer außergewöhnlichen Raumgestaltung kann der Badprofi sich profilieren. Denn das individuelle Schlaf-Bade-Zimmer kann man weder per EAN-Code beim Großhandel noch im Internet bestellen.
Checkliste
Unterschiedliche Raumanforderungen
Die wichtigsten Anforderungen an den Schlafbereich
Die Raumtemperatur sollte zwischen 14 und 18 Grad liegen
Eine trockene und kühle Atmosphäre ist gefragt
Akustische Reize sollten reduziert sein, um einen ruhigen, erholsamen Schlaf zu gewährleisten
Der Schlafbereich sollte verdunkelbar sein
Störende Lichtquellen sollten vermieden werden, damit es nicht zu Schlafstörungen kommt
Das Schlafzimmer ist eine Ruhezone zur Regenerierung
Die wichtigsten Anforderungen an den Badbereich
Die Raumtemperatur sollte um die 24 Grad liegen
Es gilt die Intimitätsbereiche zu berücksichtigen. Diese können bei mehreren Personen grundverschieden sein
Waschbecken, Dusche und WC sind Aktivzonen
Die Bewohner sollen bei Duschen und Baden Entspannung finden
Ein gutes Beleuchtungskonzept und insbesondere ausreichendes Licht am Spiegel ist besonders wichtig
Problemlösungen
Die größte optische Vereinigung wird erreicht bei Verwendung von Glaswänden statt herkömmlicher Mauern
Koppelt man Glaswände mit Vorhängen zur optischen Abtrennung, bietet sich die Möglichkeit, Ruhezonen zu schaffen
Kann aus räumlichen Gegebenheiten oder gestalterischen Gründen nur ein großes Fenster als öffnendes Mittel verwendet werden, sollte auch hier an Vorhänge oder Jalousien gedacht werden
Schiebetüren können zur Abtrennung offener Bereiche genutzt werden. Hier findet im geöffnetem Zustand ein Temperaturausgleich zwischen den Bereichen statt
Vorteile eines Kombinationsraumes
Es werden großzügigere Räume geschaffen, die ein Gefühl von Freiheit und Geborgenheit vermitteln
Durch die Öffnung in Richtung Schlafzimmer können ansonsten innenliegende Bäder mit Tageslicht versorgt werden
Vorher fensterlose Bäder erhalten einen Ausblick in die Natur
Die Zusammenlegung ist kommunikationsfördernd
Durch außergewöhnliche Raumkonzepte können besondere Raumerlebnisse geschaffen werden
Nachteile eines Kombinationsraumes
Beide Bereiche fordern unterschiedliche Klimazonen
Es erfolgt eine akustische Beeinträchtigung des Schlafbereiches
Es findet dauerhaft ein Intimitätsverlust statt
Es herrscht eine hohe Luftfeuchtigkeit im Badbereich, die sich auch in den Schlafbereich überträgt
Glas beschlägt bei hoher Luftfeuchtigkeit schnell. Hier ist heizungs- und lüftungstechnisch auszugleichen
Glas verschmutzt schneller
Bei Verwendung von Schiebetüren entsteht bei geöffnetem Zustand ein Temperaturausgleich zwischen den Räumen
Grundvoraussetzungen
Das Bad sollte nur von den Nutzern des Schlafbereiches aufgesucht werden
Der WC-Bereich sollte optisch, am besten räumlich abgetrennt sein, um die Intimität zu wahren
Eventuell sanftes Nachtlicht einplanen, das sowohl den Badbenutzer, als auch den schlafenden Partner nicht wachrüttelt
Durch einen Zugang des Bades über einen Flur/Ankleide wird dem Schlafbereich die größte Ruhe geschenkt.
Bei Glasmaßen darauf achten, dass diese auch bis zum Montageort transportiert werden können (Treppenhaus, Türöffnungen)
Bei verschiedenen Bodenbelägen auf gleiche Fertigeinbauhöhe achten (OKFB)
Autor
Nicola Stammer, Dipl.-Ing. Innenarchitektur, übernimmt die Gestaltung von Hotels, Büros und Privathäusern. Obwohl ihr Repertoire bis zum Ladenbau reicht, hat sich das Bad als eigentliches Steckenpferd herausgestellt. Schon zweimal konnte sie als Siegerin des SBZ-Bad-Kreativ-Wettbewerbs überzeugen und wurde deshalb dieses Jahr in die Jury berufen.
Nicola Stammer
21365 Adendorf
Telefon 0 41 31/18 88 19