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Komplettversorgung mit VRV-Technik

Grundwasser liefert Wärme und Kälte

Inhalt

Bei der Planung der Haustechnik für das neue Ihle-Café in Augsburg-Hochzoll wurde neben einer Variante mit konventioneller und bewährter Anlagentechnik auch eine neue und zukunftsweisende Variante betrachtet. Die Betriebskosten der Anlagen sollten hohen Maßgaben an Effizienz und Wirtschaftlichkeit genügen – selbstverständlich ohne Kompromisse beim Komfort.

Das Café bietet mit seinen 175 m² Verkaufs- und Gastronomiefläche nicht nur die klassischen Produkte eines Bäckers, sondern auch ein ansehnliches Angebot aus der italienischen Küche. Dieses erweiterte Angebot und die architektonische Gestaltung stellten erhöhte Anforderungen an die technische Gebäudeausrüstung. Ein sehr hoher Glasanteil und die Höhe der Fassade (etwa 5 m) im Verkaufsbereich hat vor allem eine erhöhte Kühllast, aber auch Heizlast zur Folge. Positiv wirkte sich deshalb die Entscheidung für eine äußere Verschattung aus, die bis auf eine ­Höhe von 2 m herabgelassen werden kann. An kalten Wintertagen ist mit Kondensatbildung an den Fensterflächen dieser Fassade zu rechnen, der mit einer Beheizung in diesem Bereich entgegenzuwirken ist.

Komplexe Anforderungen an die Haustechnik

Ein weiterer wichtiger Punkt, der zu beachten war, sind die drei Eingangstüren in den Verkaufsraum. Diese Türen sind ohne Windfang ausgeführt und müssen daher mit einem Türluftschleier ausgestattet werden. Ohne Türluftschleier wäre an kalten Tagen kein behaglicher Aufenthalt der Gäste im Sitzbereich gewährleistet, da sich bei jeder Türöffnung ein Schwall kalter Luft durch den Verkaufsraum verteilen würde. Für die notwendige Frischluft im Verkaufsbereich soll eine Lüftungsanlage sorgen.

Das Café bietet auch warme Mahlzeiten, wodurch der Küchen- und Wirtschaftsbereich deutlich größer und umfangreicher ausfällt, als bei konventionellen Bäckereien oder Cafés. Das machte für den Küchenbereich eine eigene Lüftungsanlage erforderlich. Zudem sind für die Lagerung der Lebensmittel in Kühl- und Tiefkühlräumen und die Präsentation der Produkte in der Theke Gewerbekälteanlagen notwendig.

Als konventionelle und bewährte Variante hat das beauftragte Planungsbüro Plantec Haustechnik aus Kissing für die Beheizung und Klimatisierung eine VRV-Anlage in luftgekühlter Ausführung vorgesehen. Als Klimaanlage ist es eines der effizientesten Systeme am Markt. Auch die monovalente Beheizung eines Gebäudes ist mit VRV-Anlagen als regenerative Energiequelle nicht nur aus ökologischer Sicht sinnvoll, sondern sie bietet auch deutliche Energiekosteneinsparung gegenüber Öl- oder Gasheizungen. Man hat sich bei der luftgekühlten VRV-Anlage für die Bauart „Wärmepumpe“ (2-Leiter) entschieden, mit der entweder geheizt oder gekühlt werden kann. Die Möglichkeiten der Einbindung von Fremdsystemen wie Lüftungsgeräten oder Fußbodenheizungen in das Daikin-VRV-System sind weitere Faktoren bei der Entscheidung gewesen. Für die Gewerbekälte wurde eine eigenständige Anlage geplant.

Enge Bebauung erfordert Innenaufstellung

Das Café liegt nahe an Wohngebäuden, weshalb im Außenbereich auf Schallemissionen zu achten war. Aus diesem Grund entschied sich der Planer, das Außengerät der VRV-Anlage und die Kälteaggregate im Technikraum zu platzieren. Die Luftversorgung der Geräte erfolgt dabei durch ein Kanalsystem.

Augsburg liegt am Lech, der in Verbindung mit dem sehr kieshaltigen Boden am Standort des Cafés auch für optimale Voraussetzungen zur Nutzung des Grundwassers sorgt. Daher wurde in der Planung nicht nur die konventionelle Variante mit einer „Luft-Wärmepumpe“ berechnet, sondern alternativ das Medium Grundwasser als Wärme- bzw. Kältequelle geprüft. Durch die ganzjährige, quasi konstante Temperatur des Grundwassers, ergeben sich für die beiden Betriebsarten Heizen und Kühlen optimale Bedingungen für sehr hohe Leistungszahlen. Daikin bietet speziell für die Wärmequelle Grundwasser entwickelte Geräte an. Dabei kann der Planer wählen, ob die Maschinen als Wärmepumpen (2-Leiter) oder als Energyrec (3-Leiter) für gleichzeitigen Heiz- und Kühlbetrieb mit Wärmeverschiebung genutzt werden sollen. Die Außengeräte sind in beiden Fällen gleich.

In der Variante Energyrec müssen neben der 3. Leitung auch die sog. BSV-Umschaltboxen installiert werden, die den Betriebsartenwechsel zwischen Heizen und Kühlen für die an der Box angeschlossenen Innengeräte übernehmen. Im Funktionsschema sind die Bestandteile der Gebäudetechnik im Café Ihle dargestellt. Zentraler Kälte- und Wärme-Manager ist die aus drei Einzelmodulen zusammengestellte, wassergekühlte Anlage aus VRV-Außeneinheiten.

Die Mehrmodul-Bauweise bietet dem Betreiber Sicherheit im Störfall. Das Schema zeigt auch, dass nicht nur die vier normalen VRV-Innengeräte vom Typ FXCQ durch die Grundwasser-VRV versorgt werden. Ebenso werden die beiden Lüftungsgeräte mit Wärme und Kälte versorgt. Die Fußbodenheizung, die im Bereich der Fassade im Verkaufsraum und in den Nebenräumen (WC-Bereich, Personalraum) installiert wurde, wird über einen kleinen Pufferspeicher mit DX-Register mit Wärme versorgt. Ebenso sind die Türluftschleier vom Fabrikat Biddle mit einem DX-Register für das Kältemittel R410A ausgestattet und können somit direkt in das VRV-System eingebunden werden. Im Funktionsschema erkennt man auch, dass die Gewerbekälte-Anlage einen Platz im Gesamtsystem gefunden hat.

Bei der Nutzung von Grundwasser als Wärmequelle für VRV-Anlagen empfiehlt sich generell ein Zwischenkreislauf, um die Wärmetauscher in den VRV-Außengeräten vor Verschmutzung zu schützen. Der Anschluss der Gewerbekälte an das Grundwasser lag nahe, da die Abwärme dabei nicht verloren geht, sondern in den Zwischenkreislauf abgegeben wird und im Winter für Heizzwecke im Gebäude genutzt werden kann. Schaltet man nun die Grundwasserpumpe in Abhängigkeit von Temperatur im Zwischenkreislauf, spart man nicht nur an der Laufzeit dieser Pumpe, sondern hat auch mit sehr einfachen Mitteln eine Wärmerückgewinnung geschaffen.

Heizen und Kühlen geht zur gleichen Zeit

Ein weiterer entscheidender Vorteil für die Variante Grundwasser ist die Möglichkeit, dass im System gleichzeitig geheizt und gekühlt werden kann. Befinden sich 50 % der Anlage im Kühlbetrieb und 50 % im Heizbetrieb, wird etwa nur so viel Energie benötigt, als wenn nur der kühlende Teil betrieben wird. Das bedeutet, dass praktisch kostenlos geheizt wird.

Dieser Betriebsfall tritt auch bei der Landbäckerei auf. Durch die transparente Fassade des Gebäudes tritt an klaren, kalten Wintertagen folgendes Phänomen auf: Die drei Türluftschleier an den Eingangstüren müssen betrieben werden, da es sonst zu Zugerscheinungen käme. Diese decken aber durch ihre Heizleistung schon allein die Heizlast des Raumes. Die solare Wärmeeinstrahlung führt dann zum Ansteigen der Raumtemperatur und die Trägheit der Fußbodenbeheizung kommt noch hinzu. Der Raum wird also zu warm, und im oberen Bereich staut sich die Wärme. Hier kann nun mithilfe der vier Innengeräte ohne zusätzlichen Energieaufwand gekühlt werden. Die durch die Innengeräte aufgenommene Wärme wird anderen Anlagenteilen wie den Türluftschleiern und den Lüftungsanlagen zur Verfügung gestellt.

Zahlen zur Effizienz und Wirtschaftlichkeit

Die Bereitstellung eines ganzjährig behaglichen Raumklimas war ein Kriterium bei der Entscheidungsfindung der Landbäckerei Ihle. Zwei weitere, sehr wichtige Faktoren waren dabei aber auch die Wirtschaftlichkeit und die Effizienz der beiden Varianten. Das Planungsbüro Plantec hat hierzu einen Vergleich der beiden Wärmepumpen erstellt. Für das Gebäude wurde ein Jahres-Heizwärmebedarf von 82800 kWh/a ermittelt. Teilt man diesen Wert nun durch die Jahresarbeitszahlen der Wärmepumpen, erhält man den Stromverbrauch in kWh. Für die luftgekühlte VRV-Anlage ist von einer Jahresarbeitszahl im Heiz­betrieb von etwa 3,7 auszugehen. Dagegen kommt die Grundwasser-VRV durch die höhere mittlere Medientemperatur auf eine ­Jahresarbeitszahl von 4,86. In diesem Wert ist der Energieaufwand für die Grundwasserpumpe berücksichtigt.

Im Heizbetrieb weist also die Grundwasser-VRV eine um 32 % höhere Effizienz auf. Im Kühlbetrieb zeigt sich ein ähnliches Bild mit ­einer um 24 % höheren Jahresarbeitszahl. Die luftgekühlte VRV-Anlage kommt hier auf eine Jahresarbeitszahl von 4,74 und die Grundwasser-VRV erreicht 5,9. Da beide Varianten elektrisch angetriebene Wärmepumpen sind, kann man den Unterschied in den Jahresarbeitszahlen direkt auf den Energieverbrauch und somit die Betriebskosten umrechnen.

Auf ein ganzes Jahr hochgerechnet ergibt sich für die Grundwasser-VRV ein 29 % niedrigerer Stromverbrauch, der sich in 2300 €/a geringeren Betriebskosten ausdrückt. Bei dieser Betrachtung sind die Energiegewinne aus der Gewerbekälte und der Sonneneinstrahlung in der Variante Grundwasser noch nicht berücksichtigt.

Höhere Investitionskosten amortisieren sich in vier Jahren

Die Erschließung des Mediums Grundwasser führt in der Regel zu einer höheren Investition als die luftgekühlte Variante. Es müssen die beiden Brunnen gebohrt werden und das hydraulische System auf der Grundwasserseite ist zu erstellen.

Andererseits muss das Außengerät der luftgekühlten VRV-Anlage im monovalenten Heizbetrieb auf die Auslegungstemperatur von -16 °C dimensioniert werden. Daraus ergibt sich eine deutlich größere Außeneinheit als bei der Variante Grundwasser, da hier von ­einer minimalen Grundwassertemperatur von 7 bis 8 °C ausgegangen werden kann. Dies kompensiert die Grundwassererschließung nicht ganz. Am Beispiel des Cafés Ihle hat sich eine Mehrinvestition von lediglich 7600 € für die Variante Grundwasser ergeben. Rechnet man die um 2300 €/a ­geringeren Betriebskosten dagegen, ist der zusätzliche Invest in weniger als vier Jahren kompensiert.

Diese kurze Amortisationszeit hat letztendlich den Ausschlag für die Variante der Grundwassernutzung als Wärmereservoir für die Heizung, Kühlung und Lüftung gegeben.

Montage und Regelungstechnik vom Profi

Die Lieferung und Montage der Anlagenkomponenten (ohne Gewerbekälte und Brunnenanlage) hatte der ortsansässige Klima- und Lüftungsanlagen-Betrieb Hartig GmbH umgesetzt. Das Handwerksunternehmen hat auch die Regelungstechnik geliefert, die die verschiedenen Anlagenteile intelligent verknüpft. Das Personal der Filiale hat dabei nur sehr eingeschränkten Eingriff auf das System. Die Regelung stellt einen jederzeit optimalen Betrieb der Anlagenteile sicher.

Damit ist der Grundstein für weitere Filialen der Landbäckerei Ihle in dieser Art gelegt. Auch wenn nicht an jedem Standort ausreichend Grundwasser vorhanden ist, so lässt sich problemlos auf die zweite Variante der luftgekühlten VRV-Anlage zurückgreifen. Diese hat zwar etwas höhere Betriebskosten, aber trotzdem einen deutlichen Vorsprung zu konventionellen Anlagen, die mit Öl oder Gas betrieben werden.

INFO

VRF oder VRV?

Die Kürzel stehen für Variable Refrigerent Volume bzw. Flow und meinen die gleiche Technologie. VRV ist ein von Daikin geschützter Begriff, während VRF von anderen Herstellern genutzt wird und somit eher als Gattungsbegriff zu sehen ist. Es handelt sich um größere Kompaktgeräte, bei denen die Kälte- oder Heizleistung durch Drehzahlregelung der Kompressoren angepasst wird. An die Außengeräte werden zum Teil mehrere Dutzend Innengeräte oder andere Verbraucher angeschlossen.

Extras

Detaillierte Schemata

Lesern, die an detaillierten Schemata für dieses Projekt interessiert sind, bieten wir zwei PDF-Dateien zum Download an. Das Schema VRV zeigt das Rohrschema der VRV-Anlage auf der DX-Seite (Direktverdampfung), also die 4 Innengeräte, Register in den Lüftungsgeräten, Türluftschleier und den Pufferspeicher für die Fußbodenheizung. Das zweite Schema zeigt die Grundwasserseite der Anlage mit dem Zwischenkreislauf, in den auch die Gewerbekälte ihre Wärme ­abgibt. Der Vollständigkeit halber ist hier auch der ­Heizkreis der Fußbodenheizung dargestellt.

http://www.sbz-online.de/extras

Kontakt

Weiterführende Informationen erhalten Sie direkt bei den im Beitrag berücksichtigten Firmen:

https://www.biddle.de/

http://www.daikin.de

http://www.hartig-klima.de

http://www.ihle.de

https://www.plan-tec.net/

Autor

Dipl.-Ing. (FH) ­Gerald Platzer ist seit 2002 Planungsberater bei der ­Daikin Airconditioning Germany GmbH, 82008 Unterhaching, Telefon (0 89) 7 44 27-0, platzer.g@daikin.de