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Näherungsverfahren für Flächenheizungen

Hydraulisch abgleichen

Inhalt

Heizwasser fließt immer den Weg des geringsten Widerstandes – dies gilt auch für den Heizwasserstrom in den einzelnen Flächenheizungskreisen. Ohne hydraulischen Abgleich der Flächenheizung werden kurze Heizkreise über- und lange Heizkreise unterversorgt. Dies kann zu zeitlich ungleichmäßigem Aufheizen, verringerter Heizleistung ­einerseits und überhöhten Oberflächentemperaturen andererseits führen. Auch das Risiko der Geräuschbildung an Ventilen und anderen Bauteilen steigt. Darüber hinaus kann es auch zu überhöhten Durchflüssen und dadurch bedingt zu einer erhöhten elektrischen Leistungsaufnahme der Umwälzpumpe kommen. Als Beispiel: Ein um 50 % erhöhter Durchfluss steigert die hydraulische Leistung der Pumpe um fast 240 %.

Kommt es zu einer Erhöhung der Raumtemperatur, dann tritt diese vorrangig in den überversorgten Räumen auf. Die Folge ist ein überhöhter Energieverbrauch: Eine um lediglich 1K gestiegene Raumlufttemperatur wird in der Regel nicht wahrgenommen, erhöht aber den thermischen Energieverbrauch um etwa 6 %, bei neueren Gebäuden sogar um bis zu 10 %. Besonders vor diesem Hintergrund wird der volkswirtschaftliche Nutzen des hydraulischen Abgleichs deutlich, denn fast 40 % der eingesetzten Energie werden allein für Gebäude genutzt – der überwiegende Teil davon für die Wärmeversorgung.

Expertengruppe entwickelt einfache Näherungsverfahren

Die hohen, durch hydraulischen Abgleich erschließbaren Einsparpotenziale führen nun auch zur verstärkten Anwendung bei Renovierungsmaßnahmen, die auch mit öffentlichen Mitteln im Rahmen von Förderungen (KfW, BAFA) unterstützt werden. In vielen Förderprogrammen ist der hydraulische Abgleich eine zwingende Voraussetzung für die Erteilung der Mittel und ist dementsprechend nachzuweisen. Im aktuellen Programm 430 der KfW beispielsweise wird ein Zuschuss in Höhe von 10 % gewährt.

Doch wie kann man praktikabel, mit akzeptablem Aufwand und ausreichender Genauigkeit die eingangs geschilderten Probleme lösen und dennoch einen ausreichend präzisen hydraulischen Abgleich sicherstellen? Mit dieser Frage hat sich der Bundesverband Flächenheizungen und Flächenkühlungen e.V. (BVF) beschäftigt. Eine eingesetzte Expertengruppe hat zahlreiche Möglichkeiten in Betracht gezogen – von thermografischen Aufnahmen bis hin zum Auslitern der Heizkreise –, um über den Wasserinhalt und Rohrinnendurchmesser Rückschlüsse auf Rohrlänge und Verlegeabstand ziehen zu können. Doch das Vorgehen sollte praxisgerecht und auch außerhalb der Heizperiode möglich sein.

Einfache Anwendung in der Praxis

Die Analyse einer Vielzahl von ausgeführten Projekten hat zu dem Ergebnis geführt, dass in vielen typischen Fällen bei der Ermittlung der spezifischen Heizlast nach dem Baujahr des Gebäudes vorgegangen werden kann. So veranschlagt man beispielsweise für ein Einfamilienhaus Baujahr 1990 einen Wert von 90 W/m2; für Badezimmer werden auf diesen Wert generell 20 W/m2 aufgeschlagen. Für die Spreizung kann ein Richtwert von 8 K (in Bädern 5 K) angenommen werden. Der Durchfluss je Kreis ergibt sich aus der jeweiligen Fläche. Die Auslegung der Pumpen-Förderhöhe kann nach Ermittlung der Gesamtwassermenge erfolgen. Hierfür sollte der Druckverlust für den ungünstigsten Fußbodenheizkreis in bestehenden Anlagen mit 150 bis 200 mbar angesetzt werden. Weiter zu berücksichtigen sind die Druckverluste im Rohrnetz (Verteilung) mit den zugehörigen Armaturen sowie des Wärmeerzeugers.

Basierend auf diesen Erkenntnissen hat der BVF einen Leitfaden herausgegeben, der dieses Näherungsverfahren einfach und nachvollziehbar beschreibt. Der Leitfaden, bestehend aus Anleitung, Heizkreistabelle und Formblatt für die Ermittlung der Pumpen-Förderhöhe steht bei den SBZ-Extras oder auf https://www.flaechenheizung.de/ unter der Rubrik „Fachinformationen, Dokumente-Download“ zum Herunterladen bereit.

Anlagenseitig sind hierzu Heizkreisverteiler mit einstellbaren Durchflussmengenmessern oder mit einstellbaren automatischen Durchussreglern (Bild 2) notwendig. Gegebenenfalls müssen die vorgefundenen Verteiler durch zeitgemäße ersetzt werden. Ältere Heizkreisverteiler mit einstellbaren Drosselarmaturen können natürlich weiter genutzt werden. Hierbei ist jedoch eine Rohrnetzberechnung erforderlich, um die jeweiligen überschüssigen Drücke abbauen zu können.

Erst Raumtemperaturregler erschließen das volle Potenzial

Bei Renovierungsmaßnahmen sollte, soweit noch nicht vorhanden, auch immer der Einsatz einer automatischen Raumtemperaturregelung, ggf. mit Zeitprogrammierung, in Betracht gezogen werden. Für bestehende Gebäude bieten sich Lösungen mit Funktechnik an. Effizienz und Wirtschaftlichkeit wurden durch eine vom BVF beauftragte wissenschaftliche Studie unter Beweis gestellt. Der in diesem Zusammenhang häufig genannte Selbstregeleffekt erübrigt nicht den Einsatz einer Raumtemperaturregelung. Denn bei einem Anstieg der Raumtemperatur durch Fremdwärme steigt auch die Oberflächentemperatur des Fußbodens in Richtung der Vorlauftemperatur. In Folge bleibt eine gewisse Differenz zwischen Raum- und Oberflächentemperatur erhalten und somit auch eine entsprechende Wärmeabgabe. Bei einer Raumtemperaturregelung wird bei Auftreten von Fremdwärme der Heizkreisdurchfluss sofort reduziert oder ganz gestoppt. Die Oberflächentemperatur sinkt, die Differenz zwischen Raum- und Oberflächentemperatur verringert sich. Erst dadurch wird nennenswert Energie gespart – und natürlich auch Komfort erzielt. Zusätzlich besteht die Möglichkeit der individuellen raumweisen Zeitsteuerung. Weitere Details hierzu sind auch in dem Fachbeitrag „Energie- und Kosteneinsparung durch die Nachrüstung von Einzelraumregelsystemen bei Fußbodenheizungen“ von BVF-Geschäftsführer Dipl.-Ing. Joachim Plate zu finden. Ein Download wird auf der Seite des Verbands angeboten und unter den SBZ-Extras.

Der hydraulische Abgleich ist auch im Bestandsgebäude sinnvoll und wichtig. Einerseits lässt sich mit ihm die Effizienz der Wärmeversorgung sichern, andererseits ist er mittlerweile auch Voraussetzung, wenn staatliche Förderungen in Anspruch genommen werden sollen. Mit dem hier vorgestellten, überschlägigen Berechnungsverfahren lässt sich ein hydraulischer Abgleich über die Kalkulation der einzelnen Heizkreiswassermengen mit ausreichender Genauigkeit für eine Vielzahl typischer Systeme durchführen.

Info

Über den BVF

Der Bundesverband Flächenheizungen und Flächenkühlungen e.V., kurz BVF genannt, ist ein Zusammenschluss von System- und Komponentenanbietern. Sein Ziel ist nicht nur die Verbesserung der Branchenkompetenz, sondern auch die Förderung von Flächenheizungen und Flächenkühlungen im Allgemeinen. Der BVF gilt seit über 40 Jahren als anerkannter Ansprechpartner für Planer, das verarbeitende Gewerbe, interessierte Bauherren sowie Modernisierer.

Info

Schritt für Schritt zum hydraulischen Abgleich

Überschlägiger hydraulischer Abgleich bestehender Fußbodenheizungskreise:

Prüfen Sie, ob für die Bestandsanlage Berechnungs- oder Revisionsunterlagen vorhanden sind und ob die Heizkreislänge sowie der zugrunde gelegte Verlegeabstand bekannt sind. Falls nicht, kann über das Näherungsverfahren ein überschlägiger hydraulischer Abgleich mit ausreichender Genauigkeit durchgeführt werden. Hierfür erfolgt die Kalkula­tion über die einzelnen Heizkreiswassermengen.

Voraussetzung für den überschlägigen hydraulischen Abgleich: Anlagenseitig sollten Heizkreisverteiler mit einstellbaren Durchflussmengenmessern oder einstellbaren automatischen Durchflussreglern vorhanden sein – gegebenenfalls sind diese nachzurüsten.

Ermitteln Sie nun näherungsweise die Heizkreiswassermenge der einzelnen Heizkreise. Gehen Sie dabei vor, wie es in Bild 3 beschrieben ist.

Zur Ermittlung der jeweiligen bauspezifischen Heizlast kann die Tabelle in Bild 6 herangezogen werden.

Als Nachweis für den hydraulischen Abgleich füllen Sie nun das vorgefertigte Einstellprotokoll aus der Fachbroschüre aus.

Die Auslegung der Pumpe kann nach Ermittlung der Gesamtwassermenge und der Förderhöhe erfolgen. Berücksichtigen Sie dabei die verschiedenen Druckverluste. Hierfür steht ebenfalls ein vorgefertigtes Formular zur Verfügung.

SBZ Extras

Die Fachbroschüre „Überschlägiger ­hydraulischer Abgleich bestehender Fußbodenheizungskreise“ vom BVF (6 Seiten, 1 MB) und die PDF-Datei e­ines Fachbeitrags von Joachim Plate „Einsparungen durch Nachrüstung von Einzelraumregelsystemen“, der 2010 beim Gentner Verlag im TGA Fachplaner erschien (6 Seiten, 0,5 MB), können Sie auf der Homepage des Verbands (https://www.flaechenheizung.de/) oder direkt bei den SBZ-Extras herunterladen:

https://www.sbz-online.de/tags/extras-zum-heft

Autor

Heinz Eckard Beele ist Vorstandsmitglied beim Bundesverband Flächen­heizungen und Flächen­kühlungen e.V. (BVF), 58095 Hagen, Telefon (0 23 31) 20 08 50, heinz-eckard.beele@taheimeier.de , https://www.flaechenheizung.de/