Photovoltaikanlagen sollen mindestens 20 Jahre stromen und ihre Solarerträge zuverlässig einfahren. 20 Jahre, das liest sich schneller, als es in der Praxis zu überprüfen ist. In dieser Zeit kann viel passieren: Kinder werden geboren, wachsen auf und verlassen das Elternhaus. Stürme gehen übers Land. Eis, Kälte und Marder nagen an der Dachsubstanz. Deshalb müssen Solaranlagen auch nach der Inbetriebnahme regelmäßig überprüft werden.
Für qualifizierte Fachbetriebe und die kommunalen Versorger bieten die regelmäßige Wartung und Reparatur ein neues geschäftliches Standbein. Sie verfügen über geschultes Betriebspersonal, haben Erfahrung mit elektrischen Anlagen. Mancher Installateur wird künftig im Auftrag der Stadtwerke in seiner Region unterwegs sein, um die vielen kleinen und größeren Anlagen zu überwachen und bei Bedarf zu reparieren. Wer schleichende Leistungsverluste an den Generatoren und Wechselrichtern rechtzeitig erkennt, kann die Hersteller der Module in Regress nehmen. Auch Fehler in der Verkabelung oder beim Netzanschluss werden sichtbar.
Ausgefeilte Servicekonzepte gibt es fast nur bei Großanlagen
Die meisten Betreiber von Photovoltaikanlagen gehen bisher erstaunlich sorglos mit ihren Anlagen um. Nur für die großen Solarparks gibt es ausgereifte Servicekonzepte, meist als Paket für Betrieb und Wartung (Operation and Maintenance) angeboten. Nun halten solche Dienstleistungen auch bei kleineren Solaranlagen Einzug. Frappierend, aber wahr: „Wir haben rund 600000 Anlagen analysiert, um zu verstehen, wie viele Anlagen Probleme mit ihrer Performance haben“, erläutert Philipp Geiger. Vor zwei Jahren hat der Physiker in München die Smartblue AG gegründet, um unabhängige Servicedienstleistungen für die Solarbranche zu entwickeln. „Rund 12 % dieser Anlagen liefern im Jahr weniger als 750 kWh/kW. Eigentlich rentieren sie sich damit nicht, diese Anlagen haben definitiv ein Problem.“ Die Anlagendaten für die Analyse stammten von der Bundesnetzagentur, sie waren über die Deutsche Gesellschaft für Solarenergie zugänglich.
Zwischen 800 und 850 kWh Solarertrag pro kW installierter Leistung und Jahr – das wäre das Minimum in Deutschland. Gute Anlagen im sonnenreichen Süden sollten sogar mehr schaffen. Doch den meisten Anlagenbetreibern sind die Verluste überhaupt nicht bewusst. Haben sie doch nur auf den Preis der Module und Wechselrichter geschaut, die Sensoren und Auswertungstechnik werden oft zuerst aus dem Angebot gestrichen. Das rächt sich bitter. Denn in der Regel ist der nachträgliche Einbau eines Monitoringsystems teurer als bei der Anlageninstallation.
Viele Installateure bieten ihren Kunden Überwachungssysteme, die über die Server der Wechselrichterhersteller laufen. Das erschwert jedoch die systematische Überwachung von Anlagen in einer Kommune oder einem Landkreis oder dem Einzugsgebiet eines kommunalen Versorgers. Smartblue hat auf der Intersolar in München ein Überwachungsportal präsentiert, das diese Probleme löst. „Für den Installateur bieten wir eine virtuelle Leitstelle, in der er alle Anlagen auf einen Blick vereinen kann“, sagt Philipp Geiger. „Er muss sich die Daten nicht mehr aus den verschiedenen Portalen der Wechselrichterhersteller zusammensuchen. Dieser virtuelle Leitstand erlaubt zugleich die automatische Kontrolle und Analyse von Fehlern. Mancher Installateur hat so den Fehler schon auf dem Schirm, bevor ihn der Kunde überhaupt bemerkt.“
Rechenmodelle erkennen Fehler automatisch
Geiger ist Physiker, er hantiert mit mathematischen Modellen. Hunderte mögliche Fehler und ihre Ursachen hat er in einer Software hinterlegt, die die Betriebsdaten der Anlage nach Abweichungen durchforstet und analysiert. „Unser System arbeitet grundsätzlich herstellerneutral, kann also jede im Markt gängige Hardware zur Anlagenüberwachung einbinden“, erzählt er. „Kernstück unseres Systems ist die automatische Erkennung und Analyse von Anlagenfehlern. Es gibt viele Gründe, weshalb sich der Ertrag einer Photovoltaikanlage verringern kann. Diese vielfältigen Fehlerquellen in der Analyse zu berücksichtigen, ohne sie falsch zu interpretieren, ist eine komplexe Aufgabe.“
Die automatische Fehleranalyse bietet Smartblue gegen eine jährliche Pauschalgebühr an. Das System stützt sich auf Daten von Messgeräten, die in die Anlage eingebaut werden. Es erlaubt einfaches Monitoring der Inverter und Strings, aber auch die detaillierte Überwachung der einzelnen Module. „Die Anlagendaten und die Ergebnisse der Fehlerauswertung kann man über das Internet von überall her abrufen“, sagt Geiger. „Damit können sich die Installateure im Servicegeschäft ein neues Standbein aufbauen. Entscheidend ist, aus der Fülle der Überwachungsdaten die richtigen Informationen zu filtern und vor allem die richtigen Schlüsse zu ziehen.“
Aus den Erfahrungen mit der Fehleranalyse hat Smartblue einen Ertragsoptimierer entwickelt, der bei Anlagen mit Verschattungsproblemen bis zu 20 % mehr Sonnenstrom herausholt. „Das ist unser Rolls-Royce, der zusätzliche Sicherheit bietet und die einzelnen Module ständig überwacht“, sagt Geiger stolz. „Bedenkt man die Ertragszuwächse, halten sich die Kosten von etwa 1500 Euro für eine 10-kW-Anlage in Grenzen. Das rentiert sich schon nach wenigen Jahren.“
Gleich mit den richtigen Ersatzteilen zum Kunden fahren
Den Fehler und seine Ursache zu kennen, bevor der Installateur auf das Dach steigt, ist ein unschätzbarer Vorteil. Bisher fuhren zwei Servicetechniker zum Kunden, kletterten zu den Modulen hinauf, nicht selten wurde dafür eine Hebebühne gebraucht. Schnell kamen einige hundert Euro zusammen. Wurde der Fehler ausgemacht, fehlten wichtige Ersatzteile. So kamen zusätzliche Anfahrten und weitere Stunden auf dem Dach hinzu. Jetzt meldet das System dem Installateur genau, welcher Fehler vorliegt. Er kann die Ersatzteile und das Werkzeug bereitlegen und die Servicefahrt in seiner Region genau planen. „Wir versenden nur einen Alarm, wenn wir uns sicher sind, dass ein Fehler besteht“, meint Geiger. „So fährt der Servicetechniker nicht mehr umsonst raus.“
Die Installateure müssen nur noch auf das Dach, wenn es wirklich notwendig ist. Wer auf ein Servicesystem über das Internet verzichten und dennoch die Anlagen in seiner Gemeinde schnell überwachen will, kann mit Wärmebildkameras arbeiten. Die Thermobilder ergänzen die Anlagendaten aus dem Wechselrichter und den Strings. Doch statt über die Dächer zu klettern, bieten sich fliegende Plattformen an: Lautlos, schnell, am helllichten Tag – so schlägt die Flugdrohne zu. Doch nicht ein Einsatz in Afghanistan ist gemeint, sondern sie schwebt über Solardächern und Freilandanlagen (siehe SBZ Photovoltaik 1/2012).
Ein handliches Messgerät prüft die Kennlinien
Oft reicht es aus, die Kennlinien der installierten Solarmodule durch regelmäßige Kontrollgänge zu überprüfen. Das lohnt sich vor allem bei größeren Anlagen auf gewerblichen Dächern. Der eidgenössische Anbieter Tritec hat dafür ein handliches Gerät entwickelt, das die Ströme und Spannungen in den Strings aufnimmt und auf Standard-Test-Bedingungen (STC) umrechnet. Das Tri-Ka ist ein Kennlinienmessgerät, das die tatsächliche Leistung der Photovoltaikanlage bei der Montage, bei der Übergabe (Abnahmeprotokoll) oder Wartung misst und mit der Standard-Kennlinie vergleicht. Spezielle Software wertet die Daten im Büro aus und erfasst alle Abweichungen von der Ideallinie. „Mit der Tri-Ka-Software können wir im Büro die ganze Anlagenarchitektur vorbereiten, bevor wir die Anlagen auf dem Feld oder dem Dach prufen“, urteilt Heiko Lübke, Wartungschef bei Enerparc in Hamburg. „Das erleichtert uns die Arbeit spürbar.“ Kürzlich erhielt das Unternehmen den Auftrag, alle Photovoltaikanlagen der Hamburger Stadtwerke zu überwachen.
In der Wärmebranche sind solche Geschäftsmodelle längst üblich: Dort vergeben kommunale Wohnungsbaugenossenschaften oder Versorger die Wartung der vielen Heizzentralen und Wärmeübergabestationen an regionale Handwerksbetriebe, mit denen sie Kooperationsverträge schließen. Nun hält das Outsourcing des Anlagenmonitorings und der Betriebsüberwachung auch in der Photovoltaik Einzug. Mit dem Tri-Ka beispielsweise lässt sich die Leistung einer Anlage während ihrer gesamten Lebensdauer sauber protokollieren. Dank regelmäßiger Kontrollen hat der Betreiber stets die Gewissheit, dass die Leistung im Soll liegt. Außerdem werden Probleme rechtzeitig erkannt. Sie können ohne größeren Ertragsausfall rasch behoben werden.
Photovoltaikanlagen sind mehr als 20 Jahre härtesten Bedingungen ausgesetzt. Große Hitze und extreme Kälte, Schnee und Eis belasten die Module und Anlagenkomponenten. Auch wenn die Hersteller die Leistung ihrer Produkte garantieren, kann es zu Ausfällen kommen, was den Ertrag schmälert. Mit dem Tri-Ka kann der Installateur einen großen Messbereich für Strom (0,1 bis 15 A) und Spannung (1 bis 1000 V) prüfen. Damit kann er sich vom kompletten String bis zum defekten Einzelmodul vorarbeiten.
Defekte oder verschmutzte Module werden auf diese Weise ebenso identifiziert wie Teilabschattungen durch zum Beispiel hohes Gras. Auch Christian Schroll von der Firma Hewe GmbH im südbadischen Ettenheim bestätigt, dass immer mehr Kunden eine regelmäßige Ertragsprüfung ihrer Anlagen wünschen: „Früher mussten wir uns bei Leistungskontrollen mit Multimetern und Stromzangen behelfen“, sagt er. „Heute haben wir mit dem Komplettset des Tri-Ka ein intuitiv bedienbares Messgerät.“
Auch die Wechselrichter liefern Ertragswerte
Um sich die Auswertung der Ertragswerte anzusehen, gibt es weitere Möglichkeiten. Jeder Solarwechselrichter sollte über einen Datenlogger verfügen, an dem der Eigentümer, Betreiber oder Installateur die wichtigsten Betriebsinformationen der Anlage ablesen kann, zumindest auf der Ertragsseite. Mehr Komfort und eine detailliertere grafische Auswertung bietet die Möglichkeit, das Überwachungsgerät über den DSL-Anschluss, ein Modem oder über eine optionale Mobilfunk-Karte an das Internet anzubinden. Dann kann man die Daten bequem am heimischen PC auswerten.
Selbstverständlich lassen sich die Daten auch auf der Website des Installateurs einbinden und so rund um die Uhr überall auf der Welt abrufen. Selbst Applikationen für mobile Endgeräte wie I-Phone sind erhältlich. Neben dem Ertrag in kWh und Euro oder dem aktuellen Wirkungsgrad des Wechselrichters lassen sich auch der Verlauf der Wechselrichtertemperatur, die wesentlich den Wirkungsgrad bestimmt, oder bei Anlagen mit mehreren Wechselrichtern auch die Verlaufskurven der einzelnen Wechselrichter ablesen.
Dadurch erhält der Installateur bei einer Fehlermeldung wichtige Hinweise auf eventuelle Ursachen der Störung. Für Installateure gibt es spezielle Webapplikationen, die zusätzliche Anzeige- und Kontrollfunktionen bieten. „Immer mehr Solarstrombetreiber erkennen, dass nicht nur ihr Auto regelmäßige Inspektionen und hin und wieder eine Reparatur benötigt, um zuverlässig zu funktionieren, sondern auch ihre wertvolle Photovoltaikanlage“, meint Klemens Jakob, Geschäftsführer des Solarunternehmens Solera aus dem schwäbischen Binsdorf. Er bietet seinen Kunden den Datenlogger von Solar-Log inklusive Wartungsverträge an. Für kleine Monatsbeträge kann der Anlagenbetreiber die professionelle Anlagenüberwachung buchen. „Schon der Ertragsverlust durch einen einzigen, zu spät erkannten Anlagenausfall kann weit höher sein als die Kosten für den Wartungsvertrag“, argumentiert Jakob aus langjähriger Erfahrung.
Professionelle Überwachung steigert den Ertrag
Der Datenlogger wird über eine Datenschnittstelle an den Wechselrichter angeschlossen. „Er erhält alle aktuellen Daten, wie eingespeiste Strommenge oder Wechselrichtertemperatur“, erläutert Jörg Karwath, Entwicklungschef bei der Firma Solare Datensysteme, die Datenlogger herstellt. „Und das kontinuierlich über den ganzen Tag“. Anders als die Überwachungsgeräte, die Wechselrichterhersteller als Ergänzung zu ihren Wechselrichtern anbieten, arbeiten die Datenlogger unabhängiger Anbieter mit allen gängigen Wechselrichtertypen zusammen. Bei der erstmaligen Einrichtung des Datenloggers gibt der Installateur die Parameter der Photovoltaikanlage ein: Größe, Lage, Ausrichtung nach Süden, Dachneigung sowie Marke und Typ der Module und des Wechselrichters.
Dadurch sind die zu erwartenden Ertragswerte auch schon konfiguriert. Sie werden von der Auswertungssoftware ständig mit den Betriebsdaten aus der Anlage abgeglichen. Weichen die Werte über einen längeren Zeitraum stark ab, meldet Solar-Log eine Störung und versendet eine E-Mail oder SMS. „Die Ursachen für Störungen können vielfältig sein“, weiß Karwath. „Von Beschattung durch einen umgefallenen Baum über Marderschäden am Kabel bis zum kompletten Wechselrichterausfall. Das haben wir alles schon erlebt.“
Info
Typische U-I-Kurven
Anhand der U-I-Kurve kann man typische Fehler klassifizieren. In den Diagrammen werden die mit Tri-Ka gemessenen Kennlinien grün dargestellt. Rot verdeutlicht die gemessene Kennlinie, die auf Standard-Test-Bedingungen (STC) umgerechnet wurde. Blau ist die STC-Kennlinie des Modulherstellers.
Das rechte Bild zeigt ein optimales Messergebnis. Der Verlauf der gemessenen (grün) und auf STC berechneten Kennlinie (rot) sowie der STC-Kennlinie des Modulherstellers (blau) sind beinahe deckungsgleich – kein Fehler vorhanden.
Beim linken Bild ist der Kurzschlussstrom zu gering. Mögliche Fehler: Module sind verschmutzt, weiter entferntes Hindernis, Alterung, Produktionsfehler. Zur Fehlerbehebung kommen folgende Maßnahmen in Betracht: Modulreinigung, Hindernis entfernen, Laminat, Zellen und Deckmaterial auf Erblindung, Feuchtigkeit etc. überprüfen, mit Hersteller Kontakt aufnehmen.
Weitere Beispiele mit typischen Messverläufen und ihren Interpretationen finden Sie bei den SBZ-Extras zum Herunterladen aus dem Internet.
Extras
Wie im Info-Kasten angekündigt, finden Sie weitere U-I-Kurven mit Interpretation der Messungen in einer PDF-Datei im Internet zum Herunterladen: