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Prognose zum Wärmepumpenmarkt

90 bis 390 % Zuwachs bis 2030

Inhalt

Mit der BWP-Branchenstudie 2009 will der Bundesverband Wärmepumpe (BWP) die Potenziale der Wärmepumpe für eine nachhaltige Wärmeversorgung aufzeigen und die Politik noch stärker für die Wärmepumpe gewinnen. Zu diesem Zweck wurden zwei Szenarien formuliert. Szenario 1 beschreibt die Entwicklung unter gleichbleibenden Rahmenbedingungen. Szenario 2 setzt deutlich optimierte Rahmenbedingungen voraus: Der Modernisierungsstau1) im Altbau löst sich auf und die Förderung für erneuerbare Energie im Wärmebereich wird stark ausgebaut.

Absatz und Marktentwicklung

Beide Szenarien gehen ab 2010 von einem stetig steigenden Absatz aus. Szenario 1 mit nahezu unveränderter politischer Lage sagt einem Zuwachs von 90 % auf rund 120000 Einheiten (Zubau) in 2030 voraus; in allen Gebäuden zusammen befinden sich dann 2,1 Mio. Wärmepumpen. Unter günstigeren Bedingungen – etwa einem starken Marktanreizprogramm, einer deutlich beschleunigten Heizungsmodernisierung und Steuererleichterungen für erneuerbare Wärme (siehe unten) – prognostiziert das zweite Szenario den signifikant höheren Wert von rund 311000 verkauften Wärmepumpen für das Jahr 2030. Damit käme es zu einem Anstieg des Wärmepumpen-Absatzes von 390 % innerhalb der nächsten 20 Jahre, der Wärmepumpenbestand würde dadurch unter Berücksichtigung des Rückbaus auf fast 4 Mio. Systeme bis 2030 steigen. 23 % der in Benutzung befindlichen Wärmeerzeuger wären dann Wärmepumpen (aktuell gibt es laut BDH etwa 17 Mio. Wärmeerzeuger im Markt).

Der Anteil der Wärmepumpe am Gesamtmarkt würde dabei im Szenario 2 von heute rund 10 % (2008) auf über 36 % (2030) steigen. Im Marktsegment Renovierung würde der Anteil der Wärmepumpe von etwa 7 % in 2008 bei den günstigen Bedingungen im Szenario 2 bis zum Jahr 2030 auf über 31 % wachsen. Im Neubau würden zu diesem Zeitpunkt fast drei Viertel aller Wärmeerzeuger eine Wärmepumpe sein, im Szenario 1 etwa 57 %.

Jahresarbeitszahlen steigen

Die Studie geht von stetig steigenden Jahresarbeitszahlen aus. Ausgangspunkt sind die in Studien (u.a. Feldtest Fraunhofer ISE) aktuell gemessenen Werte. Die Weiterentwicklungen der Wärmepumpen-Technik selbst, aber auch ihre Einbindung in das Heizsystem und der qualifizierte Umgang mit der Wärmepumpen-Technologie sind nur einige Gründe für diesen Prozess. In der Prognose wird auf dieser Basis eine Leistungssteigerung für den Feldbestand im Durchschnitt von rund 35 % bis 2030 erwartet. Die durchschnittliche (in der Praxis tatsächlich feststellbare) Jahresarbeitszahl einer neuen Luft/Wasser-Wärmepumpe im Neubau soll dann über 4,0 liegen, die von Erdreich/Wasser-Wärmepumpen bei etwa 4,8; Wärmepumpen die Bestandsgebäude beheizen, erreichen Jahreszahlen, die um etwa 0,4 Prozentpunkte niedriger liegen.

Betrachtet man den steigenden Absatz sowie die Effizienzsteigerung von Wärmepumpen gemeinsam, ergeben sich bei nahezu gleichbleibenden Rahmenbedingungen und einem Feldbestand von erwarteten 2,1 Mio. Wärmepumpen in 2030 eine perspektivische Nutzung von rund 36,6 TWh Umweltenergie. Bei optimierten Rahmenbedingungen ist laut der Studie bis 2030 bei einem Feldbestand von fast 4 Mio. Wärmepumpen sogar die Nutzung von 66,5 TWh Umweltenergie – also rund 80 % mehr – möglich.

Die installierte Wärmepumpenleistung steigt bei diesen Zahlen unter Berücksichtigung der Wärmebedarfsentwicklung von 3,5 GW auf fast 44 GW bis zum Jahr 2030, im Szenario 1 wird eine installierte Heizleistung von fast 27 GW installiert sein. Im Szenario 2 würden die dann fast 3,8 Mio. Elektro-Wärmepumpen im Jahr 2030 rund 19 TWh elektrische Energie benötigen. Zum Vergleich: 2008 lag nach vorläufigen Zahlen der Bruttostromverbrauch in Deutschland bei 617 TWh, der Exportüberschuss betrug 2007 etwa 19 TWh.

Forderungen der Branche

Der BWP will mit seiner Studie auch die Energiepolitik in eigener Sache mitgestalten. Neben der Verdeutlichung des Potenzials werden zur größtmöglichen Ausschöpfung politische Handlungsempfehlungen gegeben. Selbstbewusst fordert die Studie, dass der Staat der Wärmepumpe nicht nur den Weg ebnen, sondern auch ihren Siegeszug (Szenario 2) mitfinanzieren soll. Explizit mit KfW-Krediten für Wärmepumpen als Einzelmaßnahme, mit der Aufnahme von Investitionen in die Nutzung erneuerbarer Energien in die steuerliche Absetzbarkeit und durch eine „gerechtere Verteilung von Steuern und Abgaben im Wärmemarkt […], die beispielsweise auf den CO2-Emissionen der verschiedenen Energieträger basiert“.

Gerne hebt die Wärmepumpenbranche hervor, dass sich die Umweltfreundlichkeit einer Wärmepumpe mit der Zeit automatisch verbessert, weil durch den steigenden Anteil erneuerbarer Energien in der Stromerzeugung der CO2-Ausstoß pro kWh im gesamten Kraftwerkspark sinkt. Die Argumentation ist durchaus berechtigt, macht aber gleichzeitig eine ziemlich einschneidende BWP-Forderung streitbar: „Der BWP fordert für regenerative Energien eine Freistellung von der Energiesteuer“, heißt es in der Studie1). Die Argumentation der Wärmepumpenbranche: Durch den steigenden Anteil erneuerbarer Energien in der Stromerzeugung komme es zu einer Erhöhung der Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz, was den Elektrizitätsmix mit zunehmender Umweltfreundlichkeit verteuere und so das Wachstum bei der Nutzung von Umweltwärme über Wärmepumpen bremse.

Die Energiesteuerdiskussion dürfte wegen der geringen Chance, im politischen Raum gehört zu werden, die im Wettbewerb zur Wärmepumpe stehenden Branchenzweige allerdings kaum in Unruhe versetzen. Mehr Zündstoff bietet die Forderung, die bestehenden gesetzlichen Kesselaustauschverpflichtungen im Bestand mit einer anteiligen Nutzungspflicht erneuerbarer Energien zu koppeln: Die Wärmepumpe würde diese Pflicht ohne Zusatzmaßnahmen erfüllen, Anlagentechnik auf der Basis von Heizöl und Erdgas müsste einen Teil des Brennstoffs erneuerbar substituieren oder anderweitig erneuerbare Energie einbinden, was die Investitionskosten im Vergleich zu einem heute üblicherweise eingesetzten Brennwertheizkessel erhöht.

So tritt der BWP auch dafür ein, eine Nutzungspflicht erneuerbarer Energien beim Austausch von Wärmeerzeugern im Bestand vorzuschreiben. Das hat die Heizungsindustrie über den Bundesindustrieverband Deutschland Haus-, Energie- und Umwelttechnik (BDH) mit der Argumentation abgelehnt, dass eine Nutzungsverpflichtung im Bestand den Modernisierungsstau noch erhöhen würde. Ob diese Angst berechtigt ist, wird man jetzt in Baden-Württemberg beobachten können, wo ab 2010 eine Nutzungspflicht gilt.

Fortschreibung der Studie

Der BWP will seine Branchenstudie jährlich fortschreiben und um neue Themen ergänzen, etwa Warmwasser-Wärmepumpen, Luft/Luft-Wärmepumpen, Lüftung mit Wärmerückgewinnung, Wärmepumpen bzw. Quellenanlagen zum Kühlen und Wärmepumpen mit alternativen Antrieben. Schon in den aktuellen Gesamtszenarien ist auf der Basis von Experteninterviews eine Entwicklung der Gas-Wärmepumpe berücksichtigt, allerdings mit bescheidenen Absatzzahlen: Erst ab 2011 wird ein vierstelliger Bestand an Gas-Wärmepumpen erwartet, 2015 eine Absatzmenge von 5000, 2020 von 10000 und 2030 von 15000 Einheiten angenommen, wodurch sich aus der Prognose bis dahin ein Bestand von 182000 Einheiten ergibt.

Es bleibt abzuwarten, ob Gaswirtschaft und Heizungsindustrie auf diese Einschätzung reagieren. Thermisch angetriebene Wärmepumpen im Leistungsbereich von energetisch modernisierten Einfamilienhäusern befinden sich zurzeit mit unterschiedlichen technischen Konzepten erst in der Feldtestphase, teilweise noch im Labor. Von Bosch Thermotechnik gibt es eine Serienreife-Ankündigung für eine Diffusions-Absorptions-Wärmepumpe „ab Ende 2011“, andere Hersteller halten sich bei Terminaussagen nach mehreren Verschiebungen mittlerweile sehr bedeckt3). Allerdings versucht die Gaswirtschaft schon heute, ihrem schwindenden Kundenstamm die Zukunftsfähigkeit ihres Energieträgers über die Gaswärmepumpe (und die Strom erzeugende Heizung) zu signalisieren. Jedenfalls ist die Elektro-Wärmepumpe trotz ihres heute zwar beachtlichen, aber dennoch relativ geringen Markanteils vorläufig die Messlatte für die Gaswirtschaft.

Literatur

[1] Laut Erhebung des ZIV waren 2008 rund 12,3 % der Ölheizungen und 5,2 % der Gasheizungen älter als 25 Jahre (insgesamt 1,15 Mio. Anlagen).

[2] Elektrizität für Privatverbraucher unterliegt mehreren Steuern und Abgaben. Die Stromsteuer laut Stromsteuergesetz (StromStG) beträgt 2,05 Ct/kWh. Weitere Abgaben ergeben sich aus dem KWK-Gesetz, dem EEG und der Konzessionsabgabe. Auf alle Steuern und Abgaben ist zusätzlich die gesetzliche Mehrwertsteuer zu entrichten. Anfang April 2009 betrug der Staatsanteil am Haushaltsstrom laut BDEW 5,2 Ct/kWh ohne bzw. 6,18 Ct/kWh inkl. Mehrwertsteueranteil auf die Abgaben. Weil alle Abgaben außer der Mehrwertsteuer als feste Beträge pro kWh zu entrichten sind, ist der Staatsanteil bei vergünstigtem Wärmepumpenstrom besonders hoch.

[3] Die Prognose-Studie „Innovative Gastechnologien“ im Auftrag von DVGW und ASUE (Juni 2009) bewertet bei den thermisch angetriebenen Gas-Wärmepumpen ausschließlich die Diffusions-Absorptions-Wärmepumpe als im Einfamilienhaus-Neubau und im teilsanierten Einfamilienhaus „innerhalb kurzer Zeit voraussichtlich breit einsetzbar“. Der Adsorptionswärmepumpe wird das in diesem Leistungsbereich nur „mit deutlicher technischer Entwicklung möglich“ bescheinigt4).

[4] TGA 07-2009: 2. Zukunftsforum Gasheizung – Kein Rückenwind mehr.