Springe auf Hauptinhalt Springe auf Hauptmenü Springe auf SiteSearch
Qualität verbessert die Chancen

Härtetest auf dem Gipfel

Inhalt

Das hätte er sich niemals träumen lassen. Vielleicht hat er es gehofft. Doch dass Willi Wohlfart einmal tatsächlich auf dem Hohen Bogen stehen würde, dem lang gezogenen Bergrücken mitten im Bayerischen Wald, das war dem gebürtigen Franken nicht in die Wiege gelegt. Als der heute 50-Jährige im Jahr 1983 den Grünen beitrat, stand auf dem Berg eine große Abhörstation der Nato: topsecret!

Hier spitzten die Spionagespezialisten der Bundeswehr, der US-Army und der französischen Armee ihre Lauscher, überwachten den Funkverkehr des Ostblocks bis zum Schwarzen Meer. Gegenüber, auf dem Horchposten auf der tschechischen Seite, hockten die Sowjets, registrierten jede Bewegung bis nach Paris. Flaches Land erstreckt sich zwischen den Hügeln, die die Türme tragen. Das ist Böhmen, früher Feindesland. Heute leuchtet es grün in der Sonne, und man sieht die Schatten der Wolken, die über die Ebene ziehen. „Eine wunderbare Aussicht“, meint Willi Wohlfart. „Und ein Symbol für den politischen und ökologischen Wandel, der sich hier vollzieht.“

Ein Monument des Kalten Krieges wird Solar-Testzentrum

Längst sind die Kalten Krieger abgezogen, aber die Türme stehen noch immer. Betoniert für eine Ewigkeit. Willi Wohlfart ist zwar immer noch Mitglied der Grünen, doch mittlerweile führt er die Geschäfte der Firma Sunworx Solar in Lauf an der Pegnitz. Und hier oben, in 1100 m Höhe, hat er eines der atemberaubendsten Konversionsprojekte organisiert, das Europa seit dem Fall der Mauer gesehen hat: Auf dem Hohen Bogen entstand seit 2010 ein Testzentrum für Photovoltaik. Der Eiserne Vorhang ist nun offen, verbindet den aufstrebenden Solarmarkt Tschechiens mit Bayern, dem weltgrößten Regionalmarkt in der Photovoltaik. „Das ist ein idealer Ort für unsere Ingenieure, um neue Produkte und Lösungen zu entwickeln und zu erforschen“, kommentiert Wohlfart. „Hier können wir unsere Module und Komponenten im praktischen Härtetest erproben. Das ist keine Simulation.“ Auf dem Hohen Bogen herrschen ­extreme Witterungsbedingungen wie sonst kaum in Deutschland. Dort testet Sunworx beispielsweise eigene Solarmodule, die es im Auftrag fertigen lässt.

Schnäppchenjäger aus der Wendezeit

1992 zogen die Amerikaner ab, 2004 gab die Bundeswehr den Horchposten auf. Nun gehört er Michael Schreiner, einem jungen Enthusiasten aus der Gegend. Man könnte ihn einen Schnäppchenjäger der Nachwende nennen, denn das riesige Areal hatte der Bund mangels besserer Verwendung zum Verkauf ausgeschrieben. Ähnliche Horchposten entlang der früheren Grenze gingen an die Betreiber von Mobilfunknetzen. Schreiner baut auf dem Hohen Bogen eine internationale Begegnungsstätte: für Jugendliche, für Touristen und für Künstler. „Es ist ein faszinierendes Objekt von hohem historischen Wert“, sagt er. „Ideal für ein Museum des Kalten Krieges, das sich obendrein mitten im Nationalpark befindet. Und die Photovoltaik zeigt, wo die Zukunft dieser Region liegt.“

2008 hat er das Gelände übernommen, spinnt neue Fäden zwischen München und Prag. Was früher im Niemandsland versteckt war, ist nun Europas neue Mitte. Überall in Europa sammelt Schreiner die ausrangierte Abhörtechnik des Kalten Krieges ein, um sie in seinem Turm auszustellen. Deutsche und amerikanische Veteranen helfen ihm, das Interieur so detailgetreu wie möglich wieder herzustellen. Der Turm, wie Schreiner ihn nennt, wird das Herzstück des neuen Panorama Resort Bayerischer Wald. Die Jugendbegegnungsstätte Basislager und das Künstlerviertel Eckstein werden in den kommenden Jahren entwickelt. Michael Schreiner ist jung, und der Hohe Bogen seine Lebensaufgabe. So trifft sich auf dem Hohen Bogen die erfrischende Fantasie von zwei Menschen wie Michael Schreiner und Willi Wohlfart.

Unerbittliche Tests, wie sie in keinem Labor möglich sind

Heftige Böen zerren auf dem 75 m hohen Hauptturm. Noch scheint die Sonne über den Tälern gen Osten und Westen, aber in der Ferne kündigt sich ein Gewitter an, rast heran wie ein Sturm. „Manchmal haben wir Winde mit 200 Kilometern pro Stunde“, erklärt Schreiner. „Im Sommer erreichen wir hier Einstrahlungswerte wie kaum sonst irgendwo in Bayern. Im Winter fällt in einer Nacht schon mal ein halber Meter Schnee.“ Temperaturstürze von 40 Grad sind in dieser Höhe keine Seltenheit. „Die hohe UV-Strahlung erlaubt es uns, die Alterung von Kabeln und Modulen zu testen“, sagt Willi Wohlfart. „Sunworx steht für besonders hohe Qualität, und wir verbauen nur Komponenten, die wir ausgiebig getestet haben.“ Ihn und Schreiner verbindet eine gemeinsame Hoffnung: Sonnenwende statt Atomkrieg.

Während Schreiner seine Gäste in die Abhörtürme und den Atombunker tief im Bauch des Berges locken will, steigt Willi Wohlfart auf die Dächer. Er hat einen zwanzigjährigen Pachtvertrag ausgehandelt und seine Testfelder aufgebaut. Bisher stromen Solargeneratoren mit rund 150 kWp Leistung von den flachen Betondächern. „Als wir vor drei Jahren die erste Testanlage installierten, lagen hier oben zwei Meter Schnee“, erzählt Wohlfart. „Wir mussten die Zufahrtsstraße beräumen, um die Module heranzutransportieren.“ Die Anlagen werden per Ferndiagnose überwacht, inklusive der meteorologischen Daten. „Die hohe UV-Strahlung, raue Winde, Hagel, Schnee und Eis: Unsere Module absolvieren einen Langzeittest, wie man ihn in Klimakammern nicht nachstellen kann. Die Natur hier oben ist unerbittlich.“

Der Eigenverbrauch wird den Markt umkrempeln

Sunworx ist 2005 gestartet, hat zwanzig Mitarbeiter. Unerbittlich wie die raue Natur des Berges ist derzeit auch der Photovoltaikmarkt. „Die Lügen der Herren Altmaier und Rösler setzen uns stark zu“, meint Wohlfart. „Dazu kommt der sehr lange Winter, der tat uns richtig weh. Zum Glück sind wir immer weniger von der Einspeisevergütung abhängig.“ Wie vielen Solarbetrieben macht ihm die überstürzte Absenkung der Tarife zu schaffen. Früher hatte Sunworx rund 50 Mitarbeiter, nun will er wenigstens den Stamm halten. „Das Interesse an Photovoltaik ist ungebrochen groß, aber es wandelt sich“, sagt Wohlfart. „Eine große Motivation besteht in der autarken Stromversorgung. Viele Hausbesitzer und Mittelständler wollen ihre Stromkosten drücken, indem sie den Strom selbst erzeugen. Noch sind die Speicher der Flaschenhals, aber wenn die Preise sinken, weitet sich dieser Knoten.“

Im vergangenen Jahr hat Sunworx rund 6 MW Solarleistung in der Region installiert. Weitere 10 MW wurden mit dem Solarhandel von Komponenten umgesetzt. „Die Photovoltaik bedeutet Wertschöpfung hier in unserem Land“, meint Willi Wohlfart. „Sie hält die Arbeit bei uns.“

Nicht mehr die volleinspeisende Netzanlage wird nachgefragt, sondern die Kombina­tion der Solarpaneele mit Warmwasser-Wärmepumpen und kleinen Batte­rien. Sunworx kooperiert mit dem österreichischen Wärmepumpen-Hersteller Ochsner. Dieser hatte im vergangenen Jahr das Warmwasseraggregat Europa 323 DK vorgestellt, eine Smart-Grid-taugliche Wärmepumpe, speziell für den Antrieb mit Solarstrom entwickelt. Sie macht aus 1 kWh Solarstrom rund 4 kWh Wärme für warmes Trinkwasser. „Beim Stromspeicher sind wir noch in der Findungsphase“, erläutert der Sunworx-Chef. „Zuerst haben wir mit den Blei-Gel-Batterien von Solon experimentiert. Allerdings kann man sie nur auf der Wechselstromseite einbinden. Derzeit suchen wir einen Speicher, den wir auf der Gleichstromseite einbauen können.“ Der Vorteil: Der Sonnenstrom wird ohne Umwege eingelagert, Umsetzungsverluste entfallen. Auch passt der Gleichstrom besser zur Batterie, die Gleichstrom abgibt und zum Aufladen braucht.

Höchste ­Ansprüche an die ­Qualität ist ­Firmenstrategie

Auch wenn der Kostendruck und die Wünsche der Kunden steigen: Sunworx setzt auf höchste Qualität. Das beweist nicht nur das Testzentrum im Bayerischen Wald. Das beweist auch die Tatsache, dass die Wechselrichter und Montagegestelle ausschließlich bei renommierten Anbietern eingekauft werden, etwa SMA, Fronius und Refu Elektronik aus dem schwäbischen Metzingen, die spe­ziell für hohe Eingangsspannungen aus den Solarmodulen konzipiert wurden. Sie sind kompakt und zeigen auch im Teillastbereich sehr gute Wirkungsgrade.

Auch bei den Modulen verfolgt Sunworx eine klare Strategie: Das Unternehmen lässt sie im Auftrag bei einem deutschen Hersteller fertigen. Das Sunworx SW240P besteht zum Beispiel aus 60 polykristallinen Zellen. Im Sunworx255M hingegen stecken 60 monokristalline Zellen. Die angebotenen Module leisten zwischen 230 und 255 W.

Das gehärtete Deckglas ist 4 mm dick, die Rückseite besteht aus einem weißen Folienverbund aus Tedlar und Polyester. Die mechanische Belastbarkeit erreicht 5400 N/m2, damit sind die Module besonders für schneereiche Regionen geeignet. Die Module verfügen über wärmeleitfähige Anschlussdosen aus Aluminium, um Überhitzung im Sommer zu vermeiden. Der eloxierte Aluminiumrahmen ist 50 mm stark. Der Übergang zum Glas ist besonders flach ausgebildet, damit sich kein Schmutz ablagern kann. Spezielle Öffnungen im Hohlprofil verhindern, dass sich Kondenswasser sammelt und den Rahmen durch Vereisung sprengt.

Ihre Tests auf dem Hohen Bogen haben sie mit Bravour bestanden. Die begehbare Aussichtsstation in 75 m Höhe verfügt über einen starken Kran, mit dem man einzelne Module in luftiger Höhe montieren kann. Sie sind dann besonders starken Böen und Beanspruchungen ausgesetzt, vor allem im Winter, bei Eissturm und Temperaturen bis unter –30 °C. Insgesamt hat Sunworx auf dem Hohen Bogen rund eine halbe Million Euro investiert. Auf dem Gelände laufen auch Schulungen und Seminare, die sich an Mitarbeiter, Installateure oder Partner richten.

Steckbrief

Ausführender Betrieb

Sunworx-Solar wurde 2005 von Willi Wohlfart gegründet und sieht sich als Photovoltaik-Systemhaus mit internationaler Ausrichtung. Tätigkeitsfelder sind Handel mit und Montage von PV-Technik. Für Fachpartner bietete das Unternehmen Unterstützung bei der Planung von Anlagen und der Überwachung von Anlagen durch das Sunworx-Solar Monitoring-Portal; 91207 Lauf a. d. Pegnitz.