Es war eine kleine Überraschung, als die Vertreter von Solon aus Berlin auf die Bühne gebeten wurden: Ihr Montagesystem Solquick gehörte in diesem Jahr zu den Gewinnern des Intersolar Award, so etwas wie der Oscar der Solarbranche. Unter den Bewerbern drängten sich intelligente, hochtechnische Lösungen zur Kraftwerksüberwachung, zur Ertragsoptimierung oder zur Steigerung des Wirkungsgrades bei den Modulen. Das Rennen machte Solon – mit ein paar Plastikteilen, die man aufs Dach legt. Sie bestehen aus Fibrex, einer Kombination aus Holz und Kunststoff.
Das Montagesystem wurde speziell für Solargeneratoren in den USA entwickelt, für die großen Module mit 72 Zellen. Der Aufstellwinkel beträgt 10°. In Europa wird ein vergleichbares System unter dem Namen Solfixx gehandelt. „Der Intersolar Award beweist, wie wichtig ein Produkt ist, das die Installationskosten reduziert“, kommentiert Lars Podlowski, Technischer Geschäftsführer von Solon. Das Solquick reduziert die Montagezeit um 85%, die Zeit für den elektrischen Anschluss um die Hälfte.
Die Montagetechnik ist noch lange nicht ausgereizt
Solon hat den Preis zu Recht gewonnen. Denn bei aller Innovation, bei aller Technik: Die Photovoltaik muss vor allem einfacher werden. Um ein Bild zu benutzen: Wie Frisbee-Scheiben müssen die Solarmodule auf die Dächer kommen. Der Preisverfall bei den Solarmodulen hat das Problem der Generatoren gelöst: Mittlerweile sind sie zu geringen Kosten und weltweit verfügbar. Gleiches gilt für die Wechselrichter. Und dass die Montagetechnik längst nicht ausgereizt ist, hat Solon bewiesen. Solquick ist ein selbsttragendes System, das ohne Bohrungen ins Dach auskommt. Solon nahm den Preis stellvertretend für die vielen klugen Ideen in Empfang, mit denen die Montagekosten sinken. Sie dominierten die diesjährige Intersolar in München.
Die Branche ist auf Speed, sprichwörtlich. Je weniger Einzelteile der Monteur in die Hand nehmen muss, um den Generator auf dem Dach zu installieren, umso besser. „Unser System besteht aus wenigen Teilen, es lässt sich sehr leicht zusammensetzen“, sagt beispielsweise Miroslav Bjelobrk, Leiter der Abteilung für Flachdachsysteme bei Centrosolar. Das Münchener Unternehmen hatte sein neues Montagesystem Ceniq auf die Messe gebracht. Es besteht aus Kunststoffböcken, Aluminiumschienen zur Auflage der Module und Windleitblechen.
Die Böcke aus recyceltem Polypropylen tragen die Schienen und die Module, die durch Klemmen gehalten werden. „Verschiedene Klemmen erlauben es, Module mit unterschiedlichen Rahmenhöhen von 35 bis 50 mm zu installieren“, erläutert der Experte. „Für vier Module braucht man vier Böcke und zwei Schienen mit je 6 m Länge. Dafür reichen acht Hammerkopfschrauben aus.“ Um die vier Windleitbleche hinter den Modulen zu verschrauben, braucht man 24 selbstbohrende Schrauben. Hinzu kommen 16 Schrauben für die Klemmen, um vier Module zu halten. Das System lässt sich auch für kleinere Anlagen verwenden. Denn die Vielfalt der Dächer zwingt die Systemintegratoren, möglichst flexible Montagesysteme zu entwickeln, die überall passen.
Vormontage am Boden beschleunigt den Ablauf
Centrosolar hat das Ceniq im vergangenen Herbst eingeführt und seitdem rund 10MW Dachanlagen damit errichtet. „Auf Flachdächern mit Kunststoffeindeckung spart man sehr viel Zeit, weil das System ohne Ballastierung auskommt“, sagt Miroslav Bjelobrk. „Man muss keinen Ballast anliefern, aufs Dach bringen und dort verteilen.“ Jeder Handgriff kostet Geld und Zeit. Deshalb werden Teile des Gestells am Boden vormontiert. Das können Hilfskräfte erledigen. Der hochqualifizierte Dachdecker muss eigentlich nur noch die Laschen mit der Dachhaut verschweißen.
Wie schnell die Montage damit erfolgen kann, zeigt dieses Beispiel: In nur zehn Wochen brachten die Installateure von Centroplan rund 3MW auf die Dächer eines großen Logistikkonzerns in Norddeutschland und am Niederrhein. Insgesamt wurden 12170 Solarmodule mit dem Ceniq installiert. Centroplan ist eine Tochter von Centrosolar, die auf große Gewerbedächer spezialisiert ist. Für Ceniq ausschlaggebend bei diesem Projekt war sein leichtes Gewicht: Es bringt nur rund 10kg/m2 Flächenlast auf das Dach.
Das größte Problem auf den Dächern von Fabriken, Schulen, Lagerhallen oder Flugzeughangars ist nicht die großflächige Montage der Module. Es sind die vielen Aufbauten und die Dachhaut. Sie ist oftmals verletzlicher, als es auf den ersten Blick scheint: „Im Vergleich zu Freiflächen wird der Bau von Dachanlagen durch Oberlichter, Antennen oder Lüftungstechnik erschwert“, erläutert Timo König, Projektingenieur bei Conergy. Auch die Hamburger haben sich auf große Dächer spezialisiert. „Das größte Problem ist die Anbringung des Gestellsystems auf dem Dach, die oft die Dachdurchdringung und die Abdichtung der Montagepunkte in der Dachhaut erfordert.“
Speziell für große Flachdächer hat sich Conergy mit Experten aus der Luftfahrt zusammengetan. So entstand das Montagesystem Solar Famulus Air. Es ist aerodynamisch optimiert und im Windkanal getestet. Der Wind presst die Module und die Gestelle auf das Dach. „Er hat keine Möglichkeit, unter die Module zu greifen und sie auszuheben“, meint Timo König. „Die Einzelgestelle werden untereinander mit Schienen verbunden. Dieses System hält allein durch das Eigengewicht und den aerodynamischen Druck.“ Auch das Famulus Air besteht nur aus wenigen Komponenten, um die Montagezeit zu senken. Für Trapezdächer hat Conergy eine besondere Anbindung an die Bleche entwickelt. Die Montagegestelle des Suntop Trapez werden seitlich an den Hochsicken befestigt. Selbst dünne Blechdächer können dadurch hohe Lasten aufnehmen.
Montagegestelle sollten mindestens 20 Jahre halten
Weil Module und Generatoren immer billiger werden, steigt der Anteil der Systemkosten an, die auf die Montage entfallen – auf die Gestelltechnik und die Arbeitszeit der Installateure. Mancher hat es schon vergessen: Vor vier Jahren kostete 1 Watt Solarleistung noch mehr als 4 Euro. Etwa 5% dieser Summe entfiel auf die Installation. Heute liegen die Preise bei rund 1,50 Euro je Watt. „Etwa 10 bis 15 Prozent der Systemkosten entfallen auf die Montagegestelle“, sagt Andreas Knaup, Finanzchef von Mounting Systems. Das Unternehmen gehört zur Conergy-Gruppe und betreibt zwei Fabriken für Montagesysteme in Rangsdorf bei Berlin und in Kalifornien.
Die Firma hat 2011 Montagesysteme für rund 900 MW Solarleistung gefertigt, nicht nur für Conergy. Mounting Systems erhielt im vergangenen Jahr einen Qualitätspreis, denn wie Solarmodule oder Wechselrichter müssen die Montagegestelle mindestens 20 Jahre halten. Am besten noch länger, damit der Kunde nach zwei Jahrzehnten einfach nur neue Solarmodule aufzulegen braucht. Das nennt man Repowering. „Unser Qualitätsanspruch bezieht sich nicht nur auf die Materialien und die Produktion, sondern auch auf Service und Lieferzeit“, sagt Helge Trost von Mounting Systems. „So verpacken wir die eloxierten Modulklemmen einzeln, damit sie ohne Kratzer zur Baustelle kommen. Ein anderes Beispiel: Wir waschen die Kleinteile nach der Fertigung, um Späne und Fettrückstände zu entfernen. Erst wenn die Teile wirklich sauber sind, gehen sie in die Vormontage.“
Normalerweise werden die Montagegestelle für 50 Jahre ausgelegt, die Garantiezeit beträgt zehn Jahre. In der Regel werden Aluminium und Edelstahl verbaut. Für Freilandanlagen wird feuerverzinkter Stahl verwendet. Leichte Kunststoffe wie bei Solon oder Centrosolar sind bisher noch die Ausnahme. „Kunststoffe können durch die ultravioletten Anteile im Sonnenspektrum verspröden“, meint Harald Heinrichs, Geschäftsführer der REM GmbH aus Rottenburg. „Auch müssen Kunststoffe die hohen Temperaturen aushalten, ohne weich zu werden. Im Sommer herrschen auf dem Dach durchaus 80 bis 90 °C.“
Im Vergleich zu Centrosolar oder Mounting Systems ist REM ein kleinerer Fisch. Im vergangenen Jahr hat das Unternehmen Montagetechnik für 4 bis 5MW Solarleistung gefertigt. REM war mit dem Montagegestell Delta Wing in München, einer Konstruktion aus Aluminium. Das Delta Wing ist gleichfalls aerodynamisch getestet und bleibt ohne Ballast auf dem Dach. Vier Schrauben genügen, um ein Modul aufzuständern: zwei für die Modulklemmen, zwei für die Modulschiene. Der Monteur kommt mit einem Innensechskantschlüssel (Inbus) und einem 13er-Maulschlüssel aus, Spezialbesteck braucht er nicht. Für große Dächer kann er eine Lehre nutzen, um die Verschraubung zu fixieren. Beim Delta Wing sind die Module doppelseitig auf 15° aufgestellt, um die Solarerträge zu erhöhen. Harald Heinrichs rechnet mit Montagekosten von 50 bis 90 Euro je kW „aber sie gehen immer weiter runter.“ Das System lässt sich auf Eternitdächern, Stehfalzdächern oder Trapezblechdächern installieren, auch als einseitige Monovariante.
Blitzableiterfunktion ist bereits inklusive
Auf Aluminium schwört auch Siegfried Hain, Geschäftsführer der Eulektra GmbH aus Wesel. Die Firma stellte auf der Intersolar das steckbare Montagesystem Alva vor, das durch das Eigengewicht auf dem Dach hält und nur seitlich durch Edelstahldrähte abgespannt wird. Dadurch nutzt es die Dachfläche bis auf den letzten Quadratzentimeter aus. Alva steht für Aluminium (Al) und Edelstahl (VA). Für Flachdächer empfiehlt Siegfried Hain eine Aufständerung von 20 bis 25 °. „Sonst bleibt der Schnee am Modulrahmen hängen und verschmutzt die Oberfläche“, erklärt er.
Für schneereiche Gegenden bietet Eulektra sogar eine Heizung an, um den Schnee vom Generator zu tauen. Die Heizung nutzt die Montageschienen zur Führung der Heizleiter. Das Alva-System setzt sich aus wenigen Steckteilen zusammen, die aus 2 mm dickem Alublech gefertigt sind. Es wurde so konzipiert, dass es wie ein Faradayscher Käfig wirkt. „Dafür genügt alle 12 m ein Ableiter zum Blitzschutzsystem in die Erde“, meint Siegfried Hain. „Separate Fangstangen braucht man nicht, auch keine Ballastierung.“
Auch die Verkabelung der Strings verläuft in den Aluprofilen, gut geschützt von der Witterung. Der Praxistest auf der Intersolar ergab: Dieses System lässt sich innerhalb von 70 Sekunden stecken und aufstellen – für ein Modul. „Für 1 kW brauchte man bisher normalerweise rund 1,5 Stunden“, sagt Siegfried Hain. „Mit dem Alva schaffen wir das in 25 Minuten, komplett aufgeständert und verkabelt.“ Zwei Monteure reichen aus, um große Dachanlagen von 150kW und mehr zu installieren. Die Abspannung wird in der Attika verankert, sodass die Dachhaut unbeschädigt bleibt.
Tests im Windkanal ergaben, dass dieses System sogar bei Windstärke 12 sicher auf dem Dach liegt. Soll heißen: Nicht einmal ein Hurrikan kann der Solaranlage etwas anhaben. Insgesamt liegt das Alva-System inklusive Module mit weniger als 10 kg/m2 auf, ist also speziell für die leichten Dächer von Sporthallen, Fabriken oder Lagerhallen geeignet.
Tests im Windkanal sind wichtig für windreiche Regionen
Sogar sehr große Dachanlagen sind kein Problem mehr. Die Schweizer Firma Tritec hat das neue Montagesystem Tristand Aero entwickelt und im Windkanal getestet. Um es auch in den sehr stürmischen Regionen der Alpen einzusetzen, ist die Ballastierung möglich. Anfang 2012 wurde damit eine Anlage mit 420 kW Leistung aufgebaut, auf der Firmenkantine von Schwörer Haus, einem Fertighausanbieter aus Hohenstein-Oberstetten.
Der Ort liegt hoch oben auf der Schwäbischen Alb, im Landkreis Reutlingen. Innerhalb kurzer Zeit wurden 1740 Solarmodule von Kyocera aufs Dach gebracht. Die Module sind mit 20° aufgeständert. Herzstück des Montagesystems ist der neu entwickelte TS-F-Winkel, der das Modul an die quer verlaufenden Unterprofile und die rückseitigen Stützen anbindet. Der schlanke Winkel spart ein schräg verlaufendes Profil und damit Materialkosten. Stattdessen wird das Modul direkt an den Befestigungslöchern festgeschraubt. Auch die Winkel werden vormontiert geliefert.