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Schutz für Gesundheit und Bausubstanz

In den Gebäuden ist es oft sogar noch schlimmer

Der „Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen“ wird für die Außenluft in der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft, kurz TA Luft genannt, festgeschrieben. Ein vergleichbares Instrument für die Innenraumluft, um mögliche gesundheitliche Gefahren abzuwehren, gibt es nicht. Unbestritten ist jedoch, dass eine ganze Liste von Schadstoffen und Schadstoffquellen existiert, deren Vorkommen in Innenräumen die Gemüter in den vergangenen Jahren erregten. Hinzu kommen die damit in Verbindung gebrachten gesundheitlichen Wirkungen, etwa Krebserkrankungen, Asthma und Allergien, das Sick-Building-Syndrom oder andere unspezifische Erkrankungen. Demnach hat die Qualität der Innenraumluft für die menschliche Gesundheit einen hohen Stellenwert. Schließlich halten sich die Menschen den größten Teil des Tages – etwa 20 Stunden – in geschlossenen Räumen auf. Die meiste Zeit davon wird in den eigenen vier Wänden verbracht.

Die entscheidenden Faktoren für die thermische Behaglichkeit sind: Lufttemperatur, Temperaturen der Umfassungswände, Luftfeuchte und Luftgeschwindigkeit – alles messbare Werte. Beim Einhalten der entsprechenden Eckdaten folgt die gute Luftqualität aber nicht automatisch. Denn nicht nur Verhalten und Nutzungsgewohnheiten der Bewohner, sondern auch Materialien oder Produkte, mit denen das Gebäude errichtet wurde oder die Wohnung ausgestattet ist, können bedeutsame Quellen für Schadstoffe sein. Die Zusammensetzung von Bauprodukten ist hierbei besonders zu beachten, denn auf ihre Beschaffenheit haben die Raumnutzer oft nur geringen Einfluss. Außerdem lassen sie sich später oft nur sehr aufwendig aus dem Gebäude entfernen, im Gegensatz zu den gängigen Einrichtungsgegenständen.

Gesetzliche Vorgaben zur Verringerung von Schadstoffen

In den geltenden Bauvorschriften wird eine mögliche gesundheitliche Gefährdung bedacht. So findet sich im §3 der Musterbauordnung MBO unter Allgemeine Anforderungen, Punkt 1: „Anlagen sind so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zu halten, dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere Leben, Gesundheit und die natürlichen Lebensgrundlagen, nicht gefährdet werden.“ Im dritten Teil „Bauliche Anlagen“ befasst sich die MBO im 3. Abschnitt mit den Bauprodukten und Bauarten. Weiteres wird in den Landesbauordnungen geregelt.

Darüber hinaus ist auf europäischer Ebene die Bauproduktenrichtlinie von Bedeutung. Sie soll durch eine neue Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung harmonisierter Bedingungen für die Vermarktung von Bauprodukten ersetzt werden. Zurzeit wird die Richtlinie national durch das Bauproduktengesetz umgesetzt. Als Regelgrößen für die Raumluftqualität werden bislang Raumluftfeuchte und CO2-Konzentration verwendet. Eine gesunde, schadstoffarme Raumluft ist damit aber nicht sichergestellt.

Neben mehreren Studien des Umweltbundesamtes zeigen auch andere Veröffentlichungen, wie etwa die des Joint Research Centre der Europäischen Gemeinschaft in Ispra, dass die Luft in Innenräumen oftmals stärker mit Chemikalien belastet ist als die Außenluft. Als Ursache gelten nicht allein die angewendeten chemischen Produkte im Haushalt wie etwa Reinigungs- oder Pflegemittel. Auch aus Bauprodukten und Einrichtungsgegenständen wie Teppichen, Bodenbelägen, Möbeln, Wandfarben und elektrischen oder elektronischen Geräten gasen chemische Stoffe aus. Die Aufnahme erfolgt über die Atmung und den Hautkontakt. In der Folge kommt es zu vielfältigen Wirkungen auf die Gesundheit. So werden Innenraumschadstoffe mit Reizerscheinungen der Atemwege und Allergien bis hin zu toxischen Effekten bei extremen Belastungssituationen in Zusammenhang gebracht.

Richtwerte für Wohnräume und Arbeitsplätze

Für Arbeitsplätze, an denen mit Gefahrstoffen umgegangen wird, gelten Grenzwerte nach der Gefahrstoffverordnung. Für andere Innenräume wie Büros, private Wohnungen oder Räume in öffentlichen Gebäuden gibt es keine vergleichbare Vorgabe. Die Innenraumlufthygiene-Kommission IRK hat in den vergangenen Jahren für einzelne Stoffe Richtwerte erarbeitet, die in zwei Kategorien eingeteilt sind. Der Richtwert II stellt die Konzentration eines Stoffes dar, bei deren Erreichen beziehungsweise Überschreiten unverzüglich zu handeln ist. Dagegen beschreibt der Richtwert I die Konzentration eines Stoffes in der Innenraumluft, bei der bei einer Einzelstoffbetrachtung nach gegenwärtigem Erkenntnisstand auch dann keine gesundheitliche Beeinträchtigung zu erwarten ist, wenn ein Mensch diesem Stoff lebenslang ausgesetzt ist.

Da die Innenraumluft viele organische Verbindungen enthält und Richtwerte nur für relativ wenige Einzelverunreinigungen zur Verfügung stehen, hat die IRK Maßstäbe zur Beurteilung der Innenraumluftqualität mithilfe der Summe der flüchtigen organischen Verbindungen (Total Volatile Organic Compounds, TVOC) erarbeitet. Für diese TVOC-Werte wurden nicht einzelne Zahlenwerte, sondern Konzentrationsbereiche angegeben. Demzufolge ist in Räumen mit TVOC-Konzentrationen zwischen 10 und 25 mg/m3 ein täglicher Aufenthalt allenfalls vorübergehend zumutbar. Derartige Konzentrationen können z.B. während Renovierungen vorkommen. In Räumen, die für einen längerfristigen Aufenthalt bestimmt sind, sollte auf Dauer ein TVOC-Wert zwischen 1 bis 3 mg/m3 nicht überschritten werden. Das Ziel sollte sein, in Innenräumen im langzeitigen Mittel eine TVOC-Konzentration von 0,2 bis 0,3 mg/m3 zu erreichen oder nach Möglichkeit zu unterschreiten. Die abgeleiteten Richtwerte sind zwar rechtlich nicht verbindlich, sie haben aber inzwischen in der Praxis große Bedeutung.

Weiterhin wurde durch den Ausschuss für die gesundheitliche Bewertung von Bauprodukten ein Bewertungs-Schema, das so genannte AgBB-Schema, erarbeitet. Dieses Schema ist seit 2005 Bestandteil der „Grundsätze zur gesundheitlichen Bewertung von Bauprodukten in Innenräumen“, die das Deutsche Institut für Bautechnik bei der Zulassung von Bauprodukten anwendet. Danach sind flüchtige bzw. schwer flüchtige organische Verbindungen, die aus Bauprodukten emittieren, von entsprechenden Institutionen wie z.B. der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung in Berlin zu bestimmen und zu beurteilen. Ziel ist es, diese Emissionen aus Bauprodukten möglichst weit zu verringern. Ein Schema zur gesundheitlichen Bewertung von VOC- und SVOC-Emissionen (Semi Volatile Organic Compound) und das Ablaufschema vom DIBt für die Zulassung steht bei den SBZ-Extras im Internet zum Herunterladen bereit.

Schadstoffe lassen sich in großer Zahl auf dem Bau finden

Beim Neubau von Gebäuden oder deren Renovierung kommen erfahrungsgemäß Bauprodukte zum Einsatz, die für den Bauherrn, die späteren Bewohner oder die Verarbeiter nach den Kriterien einfache Verarbeitung, Langlebigkeit, Preis-Leistungsverhältnis und optische Vorzüge von Vorteil sind. Europaweit sind etwa 20000 verschiedene Materialien und Produkte auf dem Markt, die für die Errichtung von Gebäuden verwendet werden. Deren allgemeine Umweltverträglichkeit und gesundheitliche Unbedenklichkeit wird nach landläufiger Meinung häufig vorausgesetzt, auch wenn den am Bau beteiligten Personen vielfach die genaue Zusammensetzung der eingesetzten Produkte im Einzelnen nicht bekannt ist.

Der Grund hierfür besteht in erster Linie darin, dass Bauprodukte nicht einer Volldeklarationspflicht unterliegen, wie sie für andere Gebrauchs- und Genussmittel des alltäglichen Gebrauchs wie beispielsweise Lebensmittel oder Kosmetika besteht. Dies hat zur Folge, dass häufig genug Bauprodukte zum Einsatz kommen, die in nicht unerheblichem Maße chemische Komponenten enthalten, die zu deutlichen Schadstoffeinträgen in die Innenraumluft führen können. Formaldehyd, Lösungsmittel, Weichmacher und Flammschutzmittel sind nur einige Beispiele für Schadstoffe, die womöglich ein Innenraumproblem darstellen.

Altlasten wie Holzschutzmittel, PCB oder PAK stellen in vielen älteren Bauten immer noch ein erhebliches Problem dar. Auch wenn die Anwendung schon Jahre oder Jahrzehnte zurückliegt, kann es noch zu Gesundheit gefährdenden Emissionen kommen. Eine Begehung und eventuelle Schadstoffuntersuchung vor einer Altbausanierung ist deshalb anzuraten. Weitere Gefahrstoffe sind die künstlichen Mineralfasern und das Asbest, deren Fasern insbesondere bei den Bauarbeiten freigesetzt werden können, und die ein nicht unerhebliches krebserregendes Potenzial darstellen. Jahr für Jahr werden neue chemische Verbindungen geschaffen, deren Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt nahezu unbekannt sind. Eine gesundheitliche Bewertung der Emissionen ist demnach unabdingbar.

Dichte Gebäudehüllen verstärken Schadstoffprobleme

Die Konzentration von Schadstoffen wird durch die dichte Bauweise und den fehlenden Luftwechsel noch verstärkt. Die Vorschriften zur Vermeidung von Energie- und Lüftungswärmeverlusten werden jedoch immer strenger. Steigende Energiekosten veranlassen Hausbesitzer und Mieter, den Wohnraum so gut wie möglich abzuschotten, um Heizenergie zu sparen. In der EnEV steht entsprechend unter dem Punkt Dichtheit: „Gebäude … sind so zu errichten, dass die Wärme übertragende Umfassungsfläche einschließlich der Fugen dauerhaft luftundurchlässig entsprechend dem Stand der Technik abgedichtet ist.“ Der natürliche Luftaustausch durch Undichtigkeiten wird so auf ein Minimum reduziert. Damit wird aber auch der Abtransport unerwünschter Schadstoffe drastisch herabgesetzt. Die Folgen schlecht belüfteter Räume in Form von Schimmelpilz wurden schon hinlänglich diskutiert. Ebenso kann sich die dauernde Belastung nicht sichtbarer Schadstoffe in der Luft negativ auswirken. Eine kontrollierte Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung wird demzufolge heute zu einem Muss für jede dichte Gebäudehülle.

Die vier Lüftungsstufen nach der DIN 1946-6

Dementsprechend legt die DIN 1946-6 vier Lüftungsstufen fest, die sich durch ihre Intensität unterscheiden. Wesentlich in der Stufe eins ist die Lüftung zum Feuchteschutz, die in jedem Fall nutzerunabhängig funktionieren muss. Auch bei der nächsten Stufe – reduzierte Lüftung – wird die zeitweise Abwesenheit des Nutzers vorausgesetzt. Bei der Nennlüftung und der Intensivlüftung ist der Nutzer anwesend. Der Planer oder Verarbeiter hat für Neubauten und Renovierungen ein Lüftungskonzept vorzulegen. Daraus muss hervorgehen, ob über die Gebäudeundichtigkeiten eine ausreichende Lüftung zum Feuchteschutz gegeben ist.

Bei der heute gewünschten Gebäudeausführung zur Energieeinsparung kann davon ausgegangen werden, dass lüftungstechnische Maßnahmen vorzunehmen sind. Energetisch sinnvoll gelten Zu- und Abluftsysteme mit Wärmerückgewinnung. Mit dieser Lösung werden gleich mehrere raumlufthygienische Problembereiche entschärft: Schimmel verursachende Feuchtigkeit und das durch die Nutzung entstehende Kohlendioxid werden abgeführt, ebenso wie die Emissionen aus Bauprodukten bzw. Inventar. Neben der energetischen Planung sollte also für jedes Gebäude auch eine hygienische ins Auge gefasst werden. Sowohl für den Neubau als auch die Sanierung stehen geprüfte Systeme zur Verfügung. Sie reinigen in einem Zentralgerät die einströmende Luft – ein großes Plus für Allergiker – und sorgen für den Abtransport der unerwünschten Stoffe. Dabei halten sie bis zu 90% der Wärme im Haus. Zentrale Anlagen wie z.B. von Westaflex arbeiten mit ausbalancierten Luftströmen, die durch Strom sparende Ventilatoren bewegt werden. Der Luftwechsel lässt sich über verschiedene Stufen an die individuellen Gegebenheiten anpassen, von der Grundlüftung bis zur sogenannten Partystufe beim Aufenthalt vieler Personen.

Ein praxisgerechtes Wohnungslüftungskonzept mit einem bedarfsorientierten Luftwechsel gilt sowohl für die Gesundheit und das Wohlbefinden als auch für den Schutz der Bausubstanz als unerlässlich. Nur so lassen sich die Anforderungen an Raumluftqualität, Energieeffizienz und Bestandsschutz vereinbaren. Ein sorgfältiger Umgang mit den Bauprodukten in Verbindung mit einer Lüftungsanlage führt dazu, dass weniger Schadstoffe in die Raumluft eingetragen bzw. die entstehenden kontinuierlich abgeführt werden. Ein gutes Innenraumklima ist so dauerhaft gewährleistet.

INFO

Schnelle Auslegung am PC

Bauherren befassen sich heute oft sehr intensiv mit den Details ihrer Baumaßnahme, auch mit Anlagen zur Wohnungslüftung. Der Hersteller Westaflex hat daher für seine Komfortlüftung mit Wärmerückgewinnung den WAC-Konfigurator konzipiert. Das System liefert dem interessierten Bauherrn einen Überblick über sein Vorhaben.

Auf der Seite http://www.westaflex.com/produkte/wohnungslueftung/wac-auslegung lassen sich nach der Registrierung Angaben zum Projekt eintragen. Dann kommen Daten zur Anlage, etwa gewünschter Standort des Zentralgeräts oder die Art der Luftkanalverlegung. Im dritten Teil kann der Nutzer die Räume definieren.

Für einen Neubau kann der Anfrager auf die detaillierten Hauspläne zurückgreifen, bei einer Modernisierung im Bestand sollten die Daten vorab ermittelt sein. Das Ergebnis stellt Westaflex dem Bauherrn zur Verfügung. Diese Lösung sollte anschließend mit dem regionalen Westaflex-Partner vervollständigt bzw. verfeinert werden. Der WAC-Konfigurator eignet sich als Einstieg.

Extras

Das im Beitrag erwähnte Schema zur gesundheitlichen Bewertung von VOC- und SVOC-Emissionen (Semi Volatile Organic Compounds) und das Ablaufschema vom DIBt für die Zulassung ­können Sie als PDF-Dateien bei den SBZExtras herunterladen:

https://www.sbz-online.de/tags/extras-zum-heft

Autor

Frank Stukemeier ist bei Westaflex im technischen Vertrieb tätig, 33334 ­Gütersloh, Telefon (0 52 41) 4 01-0, vertrieb@westa.net, http://www.westaflex.com