Wasser ist ein fließendes Element. Diese Eigenschaft sollte und muss es vor allem nutzen, wenn es als Trinkwasser in Rohrsystemen vorkommt. Eine Stagnation über längere Zeit kann hingegen zu einer Entwicklung von Mikroorganismen in höherer Konzentration führen, als dies nach der Trinkwasserverordnung zulässig ist. Grundsätzlich ist Trinkwasser nicht steril und kann unterschiedliche Konzentrationen an mikrobiell nutzbaren organischen Stoffen enthalten. Auch Installationskomponenten können solche Stoffe an das Wasser abgeben. Weiterhin besteht die Möglichkeit des Rückfließens, Rücksaugens oder Rückdrückens von verunreinigtem Wasser aus gefährdenden Apparaten und Einrichtungen. Zur Vermeidung müssen Trinkwasserinstallationen mittels entsprechender Sicherungseinrichtungen bzw. -armaturen abgesichert sein.
Flüssigkeiten unter Kontrolle
Seit 1988 wurden die Anforderungen an den Schutz des Trinkwassers gegen Rücksaugen, Rückdrücken und Rückfließen durch den Teil 4 der DIN 1988 definiert. Im Rahmen der europäischen Normungsarbeit wurde eine neue Norm, die EN 1717, in langjähriger Vorbereitung erarbeitet und im Mai 2001 in nationales Recht umgesetzt. Veröffentlicht wurde sie als DIN EN 1717 mit dem Titel „Schutz des Trinkwassers vor Verunreinigungen in Trinkwasserinstallationen und allgemeine Anforderungen an Sicherungseinrichtungen zur Verhütung von Trinkwasserverunreinigungen durch Rückfließen“. Darin werden Flüssigkeitskategorien definiert, die verschiedene Wässer nach der Trinkwassergefährdung einteilen:
Kategorie 1: Wasser für den menschlichen Gebrauch, das direkt aus einer Trinkwasserinstallation entnommen wird.
Kategorie 2: Flüssigkeit, die keine Gefährdung der menschlichen Gesundheit darstellt. Flüssigkeiten, die für den menschlichen Gebrauch geeignet sind, einschließlich Wasser aus einer Trinkwasserinstallation, das eine Veränderung in Geschmack, Geruch, Farbe oder Temperatur (Erwärmung oder Abkühlung) aufweisen kann.
Kategorie 3: Flüssigkeit, die eine Gesundheitsgefährdung für Menschen durch die Anwesenheit einer oder mehrerer weniger giftiger Stoffe darstellt.
Kategorie 4: Flüssigkeit, die eine Gesundheitsgefährdung für Menschen durch die Anwesenheit einer oder mehrerer giftiger oder besonders giftiger Stoffe oder einer oder mehrerer radioaktiver, mutagener oder kanzerogener Substanzen darstellt.
Kategorie 5: Flüssigkeit, die eine Gesundheitsgefährdung für Menschen durch die Anwesenheit von mikrobiellen oder viruellen Erregern übertragbarer Krankheiten darstellt.
Damit ist die DIN EN 1717 die erste wichtige Systemnorm im Bereich der häuslichen Trinkwasserversorgung, die für mittlerweile 33 Staaten, die im CEN „Comité Européen de Normalisation“ organisiert sind, umgesetzt wurde. Sie ist das Basispapier, in dem alle europäischen Papiere zusammengefasst sind, die das Ziel verfolgen, das Trinkwasser vor Verunreinigungen zu schützen. 2012 wurde DIN 1988-4 zurückgezogen und die DIN EN 1717 alleiniger Standard neben dem europäischen Normenwerk EN 806, Teil 1–5. Mit Inkrafttreten des europäischen Normenwerks muss der Anwender für eine Planung, Auslegung, Bau, Betrieb und Wartung von Trinkwasserinstallationen europaweit das Paket aus der Reihe DIN EN 806 (5 Teile), DIN EN 1717 und der Reihe DIN 1988 (neu, 5 Teile) für den entsprechenden Aspekt jeweils als Einheit anwenden.
Die DIN 1988-100 wurde als Ergänzung zur DIN EN 1717 herausgegeben. Beide Anforderungen sind nur im Verbund gemeinsam anzuwenden. Damit bekommt der Anwender Erläuterungen sowie Hinweise zur Anwendung der DIN EN 1717 und erhält zudem eine Liste mit Beispielen für die Auswahl von Sicherungseinrichtungen in Trinkwasserinstallationen für den häuslichen und nicht-häuslichen Bereich.
Hygienisch auf der Höhe der Zeit
Zusätzlich existiert in Deutschland seit 1999 die Richtlinie VDI 6023 „Hygiene in Trinkwasserinstallationen“. Sie erhielt im April 2013 ein Update, womit sie auch DVGW-geprüft ist. Zudem enthält sie Vorgaben für die Planung, Errichtung, Inbetriebnahme, Nutzung, Betriebsweise und Instandhaltung aller Trinkwasserinstallationen. Denn eine falsch geplant, ausgeführt oder betriebene Installation birgt häufig ein Infektionsrisiko. Die VDI-Richtlinie dokumentiert daher, wie die Qualität des Trinkwassers bis hin zur letzten Entnahmestelle gesichert werden kann.
Die VDI/DVGW 6023 kann grundsätzlich auf alle Trinkwasserinstallationen angewendet werden: Sowohl auf gewerblich oder öffentlich genutzte Gebäude wie Kliniken, Hotels, Frei- und Hallenbäder oder Sporteinrichtungen als auch für die häusliche Trinkwasserinstallation (z.B. Ein- und Mehrfamilienhäuser). Alle in der Richtlinie genannten Vorgaben gelten sowohl für Neubauten als auch für bestehende Gebäude, insbesondere im Fall von Nutzungsänderungen, Rückbau und Erweiterung. Darunter fallen also alle Sanierungen von Trinkwasserinstallationen in Altbauten.
Qualität macht den Unterschied
Die Einhaltung der Normen ist deshalb so wichtig, da Trinkwasser innerhalb einer Installation eine Reihe von Qualitätsbeeinträchtigungen erfahren kann. Diese können physikalischer, chemischer oder mikrobiologischer Natur sein. Die häufigsten physikalischen Beeinträchtigungen sind Verfärbungen des Trinkwassers (z.B. durch Rostablagerungen), im Wasser gelöster Kalk oder Geruchsbildung. Chemische Qualitätsbeeinträchtigungen können in der Hausinstallation entstehen, wenn chemische Substanzen in erhöhten Konzentrationen auftreten. Darunter fällt das Vorkommen von erhöhten Gehalten an Metallen (Pb, Cu, Cd, Ni, Zn, Fe, usw.) oder organischen Stoffen wie Lösemittel. Insbesondere bei Stagnation des Trinkwassers können sich solche Stoffe lösen und ins Trinkwasser übergehen – hier spricht man dann von Migration.
Eine dritte Möglichkeit von qualitativer Abstufung des Trinkwassers besteht durch mikrobiologische Verunreinigung. Grund dafür ist, dass Trinkwasser grundsätzlich nicht steril ist und auch bei Erfüllung aller gesetzlicher Anforderungen Mikroorganismen enthält. Diese lassen sich je nach hygienischer Relevanz in vier Gruppen einteilen:
Gruppe 1: Natürliche Flora ohne hygienische Relevanz, Bestandteile von jedem Trinkwasser
Gruppe 2: Anstieg der koloniebildenden Einheiten (KBE), Auftreten von Einzellern (z.B. Amöben), Beginn einer hygienischen Relevanz
Gruppe 3: Stark erhöhte koloniebildende Einheiten (KBE), Veränderung des Trinkwassers durch Geruch, Geschmack und Aussehen, hohe hygienische Relevanz
Gruppe 4: Auftreten von Krankheitserregern wie Pseudomonas aeruginosa und Legionellen sowie E. coli/Coliforme oder Pilze, hohe hygienische Relevanz
Gutes Wasser – schlechtes Wasser
Die Ursachen für solche Qualitätsbeeinträchtigungen, insbesondere mikrobiologischer Art, sind unterschiedlicher Natur und basieren zumeist auf der Bildung von Biofilmen. Diese entstehen, wie Untersuchungen gezeigt haben, in allen Trinkwasserinstallationen und sind nicht grundsätzlich etwas Schlechtes oder Schädliches. Die Bildung hängt von verschiedenen Faktoren ab wie chemische Zusammensetzung und Nährstoffgehalt des Trinkwassers, Fließgeschwindigkeit, Temperatur und Oberflächenbeschaffenheit. Erst bei ungenügenden Strömungsverhältnissen in der Installation kann es zu hygienischen Problemen (z. B. schlechter Geruch oder Geschmack) kommen oder den Lebensraum für Mikroorganismen bereiten.
Allein in Deutschland erkranken nach Schätzungen des Umweltbundesamts jedes Jahr ca. 30000 Menschen an einer Lungenentzündung, die durch Legionellen hervorgerufen wird. Infektionsquellen sind häufig Trinkwasserinstallationen, die falsch geplant, ausgeführt oder betrieben werden. Entscheidend ist daher: Wasser muss fließen und die richtige Temperatur haben. Kaltes Wasser muss kalt, d. h. unter 25 °C bleiben, das Heißwassersystem darf nirgends kälter als 55 °C sein. Bei Wasser, das länger als 72 Stunden in einer Trinkwasserinstallation stagniert, kann nicht mehr von einem hygienisch einwandfreien Zustand ausgegangen werden.
Eine Desinfektion einer einmal verkeimten Trinkwasserinstallation zeigt nur dann Erfolg, wenn die Ursache nicht im Layout der Anlage oder im nicht bestimmungsgemäßen Betrieb zu suchen ist. Oft sind es aber ebensolche Gründe wie Umnutzungen von Gebäuden und dadurch entstehende Totstränge, entstehende Stagnationen, Überdimensionierungen des Leitungssystems, Erweiterungen des Leitungssystems und dadurch veränderte Strömungsverhältnisse, Missachtung der hygienischen Vorschriften bei der Lagerung, Montage und Inbetriebnahme der Trinkwasserinstallation oder aber auch ein fehlender hydraulischer Abgleich.
Besser Vorsicht statt Nachsicht
Es gibt verschiedene Möglichkeiten zum Schutz und für die richtige Hygiene des Trinkwassers: einerseits vorbeugende Maßnahmen, andererseits behandelnde Maßnahmen. Zur Prophylaxe zählen Armaturen, die ein Rücksaugen, Rückdrücken und Rückfließen verhindern. Hier kommen Sicherungsarmaturen mit unterschiedlichen Sicherheitsstandards zum Einsatz, die Trinkwasser von Nichttrinkwasser nach den verschiedenen Flüssigkeitskategorien absichern. Die Füllcombi BA von Syr erreicht beispielsweise eine Absicherung der Kategorie vier, wenn sie den unerwünschten Kontakt von Heizungswasser mit dem Trinkwassernetz verhindert. Denn der integrierte Systemtrenner BA ermöglicht nach DIN EN 1717 eine feste Verbindung zwischen Heizungsanlage und Trinkwasserinstallation. So können selbst Systeme mit giftigen Inhaltsstoffen wie Frost- oder Korrosionsschutz bedenkenlos angeschlossen werden.
Die Sicherheits-Trennstation STS 5 aus dem Hause Syr kommt zum Einsatz, wenn Systemtrenner und Rückflussverhinderer nicht mehr ausreichen. Sie sichert alle Flüssigkeiten bis Kategorie fünf ab und ist eine kompakte Einheit für unterschiedlichste Anwendungen: Viehtränken oder Autowaschanlagen, Wäscherei oder Zahnarztpraxis, Labor oder Gartenbewässerungsanlagen sowie in der Lebensmittelindustrie. Neben Einzellösungen bietet das Korschenbroicher Unternehmen zudem mit seinem Programm Syr Connect ein ganzheitliches Konzept für die Hausinstallation. Armaturen aus den Bereichen Wasserbehandlung, Hygienekontrolle, Heizungswasserbehandlung und Leckageschutz tauschen sich so via Internet aus und können per App gesteuert werden.
Die Hygienemodule HM Connect von Syr sind für den Einsatz in öffentlichen Gebäuden wie Schulen und Krankenhäusern, aber auch für Objekte wie Hotels oder Gewerbebetriebe konzipiert. Ursachen für schlechte Trinkwasserhygiene wie Stagnation oder falsche Temperaturen erkennt und beseitigt das Modul sofort. Durch die Vernetzung lässt sich die Trinkwasserinstallation zudem mit allen Hygienemodulen und Zuständen jederzeit dokumentieren und kontrollieren.
Verkeimte Installation – was nun?
Ist die Installation erst einmal beeinträchtigt, müssen Sanierungs- und/oder Desinfektionsmaßnahmen getroffen werden. Über eine thermische Desinfektion – häufig eingesetzt bei Kontamination der Hausinstallation – werden der Warmwasserbereiter sowie bestenfalls das gesamte Leitungsnetz inklusive der Entnahmearmaturen für mehrere Minuten auf mehr als 71 °C erwärmt, um beispielsweise Legionellen abzutöten. Alternativ können per Stoßdesinfektion Chemikalien in hohen Konzentrationen eingesetzt werden, die anschließend durch Spülung wieder aus dem Leitungsnetz entfernt werden. Sollten sowohl thermische als auch chemische Desinfektionen keine dauerhafte Lösung bringen, führt der Weg an einer technischen Sanierung nicht vorbei. Dabei wird das gesamte Leitungsnetz überprüft und abschnittweise oder komplett erneuert.
Damit es überhaupt nicht erst zu Fehlplanung, -bau oder -betrieb kommt, sollten alle an der Trinkwasserinstallation arbeitenden Personen die anerkannten Regeln der Technik beherrschen. Diese sind grundsätzlich in den technischen Regeln der Trinkwasserinstallation (TRWI) hinterlegt. Darüber hinaus wird durch die Richtlinie VDI/DVGW 6023 zusätzlich die Sicherstellung einer hinreichenden Hygienequalifikation gewährleistet.
Fazit
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass unter anderem die Norm DIN EN 1717 sowie die Richtlinie VDI/DVGW 6023 Vorgaben zum Schutz und zur Hygiene unseres Trinkwassers machen. Bei Einhaltung dieser Richtlinien in der Praxis bei Planung, Bau, Betrieb und Wartung, Schulungen der Betreiber sowie dem Einsatz der adäquaten Technik sind einwandfreie Trinkwasserinstallationen gewährleistet. Daher muss die oberste Prämisse sein, die passenden Armaturen vom entsprechenden Fachpersonal in der jeweiligen Situation installieren und warten zu lassen.
Autor
Peter Gormanns ist Leiter Vertrieb & Marketing bei der Hans Sasserath GmbH & Co. KG (SYR) in 41352 Korschenbroich, Telefon (0 21 61) 61 05-0, Telefax (0 21 61) 61 05-20, http://www.syr.de