SBZ: Herr Dr. Sierig, Sie bieten individuelle, für Einzelprojekte zugeschnittene Wärmepumpenanlagen an und bauen diese komplett mit festen Kooperationspartnern. Für unsere Leser ist aber vor allem Ihr Service interessant, bei dem Sie Heizungsbauer oder Betreiber unterstützen, wenn eine falsch geplante Anlage ungenügende Leistungen erbringt. Was sind die häufigsten Praxisprobleme nach Ihrer Erfahrung?
Sierig: Mit Abstand ist natürlich die Unterdimensionierung der Erdwärmesonden der häufigste Fall, der zur Vereisung der Erdreichs und Verringerung der Entzugsleistung führt. Die einfachste aber auch teuerste Antwort wäre hier natürlich eine weitere Erdsonde.
SBZ: Aber dafür braucht man kein Geothermiekontor mit erfahrenen Spezialisten.
Sierig: Wie gesagt, das ist auch nur eine einfache und unwirtschaftliche Lösung. Zudem ist in vielen Fällen das Einbringen einer zusätzlichen Erdsonde auch gar nicht möglich. Wir hatten den Fall einer Erdwärmeanlage, bei der zwei Sonden geplant waren. Da das Bohrunternehmen auf einen Arteser traf, das ist eine wasserführende Schicht, die unter Druck steht, so dass große Wassermengen austreten können, entschied man sich mehr Bohrungen mit geringerer Tiefe abzuteufen.
Das ging nicht gut, weil die Abstände zwischen den Erdsonden zum Teil nur bei 2 m lagen. Die VDI 4640 fordert aus gutem Grund einen Mindestabstand von 6 m. Die Beispielanlage vereiste jedenfalls wie zu erwarten nach kurzer Zeit und die Heizleistung der Anlage brach ein.
SBZ: Da wird die Sache schon etwas schwieriger. Welche Maßnahmen können in solchen Fällen helfen?
Sierig: Am einfachsten ist die Verringerung der Wärmepumpenleistung. Die Heizanlagen sind oft überdimensioniert, so dass eine verminderte Entzugsleistung das Problem bereits lösen kann. Ergänzend lassen sich energetische Einsparpotenziale erschließen, sofern dies wirtschaftlich vertretbar sind.
Als nächstes kommt die Regeneration der Erdsondenanlage in Betracht, wozu sich eine Solarthermie eignet. Im Sommer werden die Sonden dann überhaupt nicht mehr belastet, weil die Trinkwassererwärmung solar erfolgt. Zusätzlich lässt sich überschüssige Solarwärme in das Erdreich einbringen. Eine Alternative zur Solarthermie ist die Kühlung des Hauses in den Sommermonaten zum Auftauen der Sondenanlage, was natürlich nur bei Flächenheizungen funktioniert.
Grundsätzlich bieten wir den Kunden bei schwierigen Fällen eine detaillierte dynamische Simulationsrechnung an, um die sinnvollste Maßnahme zu finden.
SBZ: Hierzu verweisen Sie in Ihren Unterlagen auf ein Projekt mit einer Erdsonde, die aufgrund von Behördenauflagen statt mit Glykol mit Wasser betrieben werden musste. Was haben Sie dort konkret gemacht?
Sierig: Wie Sie es gesagt haben, wurde die Sondenanlage für den Betrieb mit Ethylen-Glykol-Sole ausgelegt. Diese hat ihren Gefrierpunkt bei –13 °C, so dass eine gelegentliche Unterschreitung des Temperaturnullpunkts kein Problem darstellt. Da die Anlage nur mit reinem Wasser betrieben werden durfte, sollte die Sondenanlage nur noch bis auf 4 °C abgekühlt werden, um Frostschäden zu vermeiden. Das führte zu einem häufigen Takten der Wärmepumpe und sie ging häufig auf Störung. Ein sinnvoller Betrieb der Erdsondenanlage war nur mit einer leistungsschwächeren Wärmepumpe möglich.
SBZ: Und wie haben Sie das Problem letztendlich gelöst?
Sierig: Unser Ansatz war, die installierte Wärmepumpenleistung so weit zu reduzieren, dass der Wärmestrom aus dem Untergrund und die Entzugsleistung möglichst lange im Gleichgewicht bleiben. Dabei sollte die Wärmemenge der Wärmepumpe 90 % des jährlichen Heizenergiebedarfs abdecken.
Anhand der dynamischen Gebäudesimulation konnte die jährliche Verteilung der notwendigen Heizleistung ermittelt werden. Dabei wurde ersichtlich, dass die gewünschte Energiemenge von 90 % mit etwa der Hälfte der Wärmepumpenleistung erbracht werden kann. Hierzu war allerdings eine zulässige Abkühlung der Sonden auf 1°C erforderlich. Nach Umrüstung der Erdwärmeanlage lief die Wärmepumpe gleichmäßiger und zufriedenstellend.
SBZ: Das war jetzt sehr viel zum Thema Unterdimensionierung der Erdwärmeanlagen. Mit welchen Problemen schlagen Sie sich sonst noch regelmäßig herum?
Sierig: Der zweite große Block sind hydraulische Probleme. Hier kommt es manchmal vor, dass Wärmepumpen und Flächenheizungen nicht harmonieren. Da das Ein- und Ausschalten von Wärmepumpen in der Regel über den Rücklauf gesteuert wird, braucht die Anlage einen permanenten Umlauf, um zu merken, wann der richtige Abschaltzeitpunkt gekommen ist. Wird der Umlauf durch die Einzelraumregler unterbunden, weil die Räume ihre Solltemperatur haben, schaltet die Wärmepumpe nicht ab und geht auf Hochdruckstörung. Hier kann z.B. eine Bypass-Schaltung Abhilfe schaffen.
Neben anderen Hydraulikproblemen, meistens mit der Einbindung von Pufferspeichern oder mit falsch dimensionierten Pumpen, gibt es auch immer wieder Schwierigkeiten mit der Regelung, wobei manchmal auch nur die Brauchwassertemperatur zu hoch eingestellt ist.
SBZ: Stichwort Schallschutz: Gehört dieses Thema auch zu Ihrem Repertoire?
Sierig: Ja, auch hierzu erhalten wir immer wieder Anfragen. Wir haben eine entsprechende messtechnische Ausstattung, die uns eine fundierte Analyse ermöglicht. Daraus entwickeln wir geeignete Schallschutzmaßnahmen, zum Beispiel zur Reduktion von Körperschall, und wir setzen auf Wunsch auch die Maßnahmen um.
SBZ: In Ihrem Internetauftritt führen Sie Projekte zur Abwärmenutzung in der Industrie an. Können Sie Heizungsbauer auch bei solchen Projekten unterstützen?
Sierig: Ja, das machen wir immer wieder. Zunächst führen wir vor Ort Analysen durch, ob eine Abwärmenutzung unter Wirtschaftlichkeitsaspekten sinnvoll ist. Dabei ist nicht nur die Wärmemenge und das Temperaturniveau wichtig, entscheidend ist oft auch die zeitliche Verteilung der Abwärme, ob sich eine Nutzung lohnt. Bei den Projekten sind in der Regel speziell angepasste Steuer- und Regelkonzepte erforderlich. Hier unterstützen wir den Heizungsbauer gerne – wenn erforderlich auch mit der Lieferung einer speziell angepassten Wärmepumpenanlage.
SBZ: Damit haben Sie auch schon die Überleitung zum Thema Werbeblock geschafft. Wie kann man sich als Heizungsbauer mit einem Wärmepumpenproblem eine Beratung durch Sie vorstellen?
Sierig: Das ist natürlich ein weites Spektrum. Manchmal reicht ein Telefonat, um den Fehler zu ermitteln und für Abhilfe zu sorgen. Dann schreiben wir eine Rechnung über eine Beratungsstunde. Wenn die Beratung komplex und umfangreicher wird, haben wir unsere Tagessätze.
SBZ: Herr Dr. Sierig, wir bedanken uns für dieses interessante Gespräch.