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Spezialisierung muss sein

Wenn, dann richtig!

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SBZ: Guten Morgen, Herr Kissel, die Wirtschaftskrise tobt, der Euro schwächelt. Haben die Menschen überhaupt noch Geld für einen eigenen Pool im Garten oder für ein privates Schwimmbad?

Kissel: In Deutschland wird jährlich sehr viel Geld vererbt. Hinzu kommt, dass die Zinsen sehr niedrig sind und die Menschen einen Großteil ihres Einkommens heutzutage lieber für ihr persönliches Wohlbefinden aus­geben und sich den Traum vom eigenen Pool erfüllen. In den privaten Haushalten ist sehr viel flüssiges Geld vorhanden, im Poolgeschäft wird nur ganz selten finanziert. Das ist im ­Luxusbereich üblich – es mangelt nicht an Geld, sondern andere Luxusartikel wie ein Porsche sind unsere größten Wett­bewerber.

SBZ: Sie sind seit Jahren erfolgreich im Schwimmbadbau tätig. Wie kommt man als Zentralheizungs- und Lüftungsbaumeister und Betriebswirt des Handwerks dazu, sich ausgerechnet im Schwimmbadbau zu etablieren?

Kissel: Unser Unternehmen wurde 1955 von meinem Vater als Heizungsbaubetrieb gegründet. 1968 wollte er unbedingt ein Schwimmbad in seinen eigenen Räumlichkeiten haben. Doch schnell stellte er fest, dass er niemand Richtigen fand, der ihm das Schwimmbecken hätte professionell bauen können. Also beschloss er es, nach eingehender Beratung mit seinem Freund, dem Heizkesselfabrikanten Dr. Hans Viessmann, selbst zu bauen. Das Becken aus Heizkessel-Stahl und beschichtetem Glasfasergewebe steht heute noch in Ehningen und wird auch nach gut 46 Jahren immer noch fast täglich genutzt. Damit hat eigentlich alles angefangen. Ich habe das Schwimmabadgeschäft meines Vaters übernommen und ausgebaut.

SBZ: Für den Schwimmbadbau gibt es kein eigenes Berufsbild. Wie qualifiziert man sich für die vielfältigen Arbeiten – welche Schulungsmöglichkeiten werden angeboten?

Kissel: Zum einen gibt es beim TÜV die Qualifizierungsmaßnahme Schwimmbadbauer. Dabei handelt es sich um einen staatlich anerkannten Fernlehrgang, der es Handwerkern aus dem Heizungs- und Sanitärbereich ermöglicht, ihr Leistungsspektrum um den Schwimmbadbau zu erweitern. Zum anderen erfolgt die Wissensvermittlung, aber auch über Herstellerschulungen, dem Bundesverband Schwimmbad & Wellness oder über Vereinigungen wie der Topras, eine Fachgruppe, in der sich Unternehmen der Schwimmbad- und Wellnessbranche zusammengeschlossen haben.

SBZ: Wer ist eigentlich alles im Schwimmbadmarkt aktiv?

Kissel: Es gibt in Deutschland 300 bis 400 Schwimmbadfachbetriebe. Davon kommen ca. ein Drittel – vor allem die Guten – aus dem Heizungs- und Sanitärbereich. Aber auch Handwerker aus dem Landschafts- und Gartenbau, der Wasseraufbereitung und aus dem Maschinenbau tummeln sich hier. Die Palette der Anbieter ist recht schillernd.

SBZ: Kann jeder SHK-Betrieb Schwimm­bäder bauen?

Kissel: Ohne Spezialisierung kann man das Marktsegment auch als SHK-Betrieb ver­gessen. Der komplette Betrieb muss in jeder Hinsicht strategisch auf Schwimmbad umgestellt werden, nur drei Schwimmbäder im Jahr zu bauen macht keinen Sinn. Erst ab einer Anzahl von zehn Bäder im Jahr kann man Schwimmbadbau wirklich professionell und effektiv betreiben. Wir bauen für Privatkunden im Schnitt 25 bis 30 Pools im Jahr. Davon sind etwa 80 % Frei- und 20 % Hallenbäder. Die Poolgröße liegt in der Regel bei 6 x 3 m bzw. 9 x 3 m. Das schafft man nur, wenn man sich spezialisiert und alle Teile des Untenehmens qualifiziert und durch­organisiert. Bis man auf ein guten und profitablen Niveau ist, dauert es zehn Jahre, in denen die Erfahrungen zur Summe der professionellen Gesamtleistung reifen müssen.

SBZ: Wie viel Umsatz macht die Kissel GmbH speziell im Schwimmbadbau?

Kissel: Mit unseren drei Unternehmensschwerpunkten Heizungen, Schwimmbäder und Bäder machen wir mehr als drei Millionen Euro Umsatz im Jahr. Bis zu rund 60% davon erzielen wir durch den Bau von privaten Schwimmbädern. Die Kosten für die ­Becken belaufen sich inklusive Ausstattung etwa auf 40000 bis 50000 Euro für die kleineren und 70000 oder auch schon mal 100000 Euro für die größeren Schwimmbäder. Da kommt schon was zusammen.

SBZ: Ja, das hört sich gut an. Worin liegen die größten Schwierigkeiten und Herausforderungen?

Kissel: Die Produktpalette wird immer größer und die optimale Zusammenstellung der individuellen Elemente erfordert immer mehr Know-how. Zudem gibt es immer mehr Regeln, die es zu beachten gilt. Wir bekommen gerade für den privaten Bereich zwei Regelwerke, die im Gelbdruck vorliegen. Wenn man sich hier nicht auskennt, kann man schnell viel falsch machen. Um ­immer up to date sein zu können, habe ich mich beispielsweise in Normenausschüssen für private Schwimmbäder engagiert.

SBZ: Welche Voraussetzungen muss ein ­guter Poolbauer erfüllen?

Kissel: Wir müssen mit den oft besonders anspruchsvollen Kunden in der Schwimmbadbranche erst einmal umgehen können und dann das Bad auch vernünftig bauen. Das hört sich trivial an, ist aber in der Praxis nicht einfach. Das Thema Schwimmbad hat sich in den verschiedensten Facetten unheimlich weiterentwickelt. Wenn jemand im Geschäftsfeld nicht in einer gewissen Frequenz aktiv ist, wird er über die Reklamationen so viel Geld verlieren, dass es ihm schnell keinen Spaß mehr macht. Wenn man hier einsteigt, muss man permanent am Ball bleiben.

SBZ: Mit welchen Argumenten verkaufen Sie Schwimmbäder?

Kissel: Lebensqualität, aber auch Gesundheit und Wellness sind die schlagenden Argumente. Für viele rückt die Lebensqualität immer weiter nach oben und der Effekt, dass die Menschen sich daheim erholen, ihren Spaß haben und nachhaltig gesund bleiben wollen, ist nicht zu vernachlässigen.

SBZ: Sie wohnen im Stuttgarter Westen und haben standesgemäß ein eigenes Bad, oder?

Kissel: Ja, mein Außenschwimmbecken ist 6,6 x 3,20 m groß und ich nutze es jeden Morgen. Nur heute nicht, denn ich musste ganz früh aufstehen, weil ich doch diesen Interview­termin mit der SBZ hatte.

Panda im Pool

Rapper Cro zu Besuch

Prominenten Besuch hatte Claus Kissel in seinem ­privaten Schwimmbad in Stuttgart-Botnang bereits mehrfach. Nachdem dort der Fernsehsender Pro 7 mit der Wissenssendung Galileo Experimente angestellt hatte, gab sich auch der Rapper Cro zu einem Fotoshooting die Ehre. Der Panda­rapper, wie Cro wegen seiner Pandamaske von seinen Fans liebevoll genannt wird, begeistert mit einer Mischung aus Rap und Pop und ist mittlerweile einer der großen Stars der ­deutschen Rapszene.

Im Kisselschen Pool landete der Panda über das Stuttgarter Stadtmagazin Lift, das eine coole Location für ein Fotoshooting in Sachen Mode und Musik suchte. „Über Cro wusste ich anfangs nicht so viel“, gesteht Kissel, „aber meine Kinder haben mich schnell aufgeklärt, vor allem über die berühmte Pandamaske.“ Da sich der Rapper bei öffentlichen Auftritten niemals ohne seine Maske zeigt, war die Spannung groß, ob sie denn Backstage fallen würde. „Sie fiel“, lacht Kissel, „dass eines meiner Schwimmbecken mal auf diesem Wege zu einer kleinen Berühmtheit wird“, schmunzelt er, „hätte ich mir natürlich nie träumen lassen.“