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Stiefkind Fliesenspiegel

Auch die Fliese gehört dazu

Nachdem der Grundrissentwurf unter Berücksichtigung der Raumachsen und Erschließungsachsen gegliedert und in Bezug auf Sicht- und Kommunikationsachsen mit Objekt-Platzhaltern bestückt worden ist (SBZ 6/2014), geht es an die räumliche Ausgestaltung und den Feinschliff. In der Praxis sind hierbei oft knifflige Situationen zu bewältigen.

Objekte und Co.

Durch das Raumachsenraster wurden die ­Aktiv- und Ruhebereiche definiert und die Position der Objekte bestimmt. Die Objekte sind zuerst einmal sogenannte Platzhalter, also noch nicht näher definiert. Erst jetzt sucht man die für das gefundene Raumkonzept passenden Objekte nach Größe und Form aus. Je nach Grundriss kann es allerdings ratsam sein, sich zuerst mit dem Fliesenraster – sprich mit dem Fliesenformat – auseinanderzusetzten.

Entscheidend dabei ist, dass das Fliesenraster sich auf die Rück- und Vorsprünge des Raumes und der festverbauten Objekte bezieht. Sind bodengleiche, durchgeflieste Duschbereichen geplant, ist für das Bodenfliesenraster die Richtung des Gefälles und ­somit die Lage der Abflussrinnen oder Abflusstöpfe entscheidend – besonders bei seitlicher Entwässerung.

Noch können neu gestellte Wände verschoben und/oder Maße der Bank, des Wannenpodestes oder anderer Einbauten an das Fliesenraster angepasst bzw. dementsprechend ausgesucht werden. Beim Erstellen des Bodenrasters aufpassen: Wenn Podeste oder Bänke nicht senkrecht bis zum Boden gehen, sondern zum Beispiel einen Versatz für eine Unterleuchtung haben, ist die tatsächliche Bodenfläche entscheidend. Hier also den Versatz bzw. Rücksprung wie im Bild 2 (rot gestrichelt) einzeichnen, denn sie bestimmen/begrenzen die tatsächliche Bodenfläche.

Boden-Verlegerichtung bestimmt das Raumgefühl

Bei rechteckigen Formaten bestimmt die Verlegerichtung das Raumempfinden maßgeblich. Dabei kommt es auf die Richtung der durchlaufenden Fugen an. Läuft diese parallel zur kürzeren Wand, wie im Bild 3, also quer, wirkt der Raum (bzw. die Fläche) größer – ideal also bei sogenannten Schlauchbädern. In Räumen mit Stützenreihen oder sichtbaren Deckenbalken sollten im Idealfall die durchgehenden Fugen parallel dazu laufen. Große Tageslichtquellen im Raum haben ebenfalls Einfluss auf die spätere Optik des Materials und sind bei der Verlegerichtung der Bodenfläche zu beachten. Fällt das Tageslicht durch die Fenster auf eine quer zum Licht verlegte Fläche, sind naturgemäß die Elementstöße und Fugen deutlicher erkennbar und bei leichten Unebenheiten wird ihre Wirkung durch Schattenwurf noch vergrößert.

Achtung bei der Fliesenwahl: Feinsteinzeugfliesen mit kalibrierten Kanten benötigen minimalere Fugen, die Fuge tritt somit mehr in den Hintergrund. Bei keramischen Fliesen ist das Fugenraster durch seine benötigte Breite wesentlich dominanter. Manche Fliesen verändern ihre Optik je nach Verlegerichtung zum Tageslicht, besonders bei starken Maserungen oder Mustern. Dies sollte man vorher testen. Achtung: Es gibt sehr sensible Menschen, die eine Querverlegung zum Eingang als Blockade oder Stolperfalle empfinden – insbesondere ältere oder sehbeeinträchtigte Menschen.

Diagonale Fliesenverlegung

Die diagonale Bodenverfliesung eines quadratischen oder rechteckigen Raumes wird leider viel zu oft gewählt – muss man doch hier auf Achsen, Objektbezüge und eine passende Fortführung der Bodenfugen an den Wänden nicht achten (Bild 4). Ein Armutszeugnis für die Branche. Nur in seltenen Fällen sprechen einige Argumente für eine solche Verlegerichtung, zum Beispiel in Räumen, deren Wände nicht annähernd parallel bzw. im rechten Winkel zueinander stehen. Aber es geht auch anders: Bild 4b zeigt die Problematik, wenn eine Wand nicht im rechten Winkel steht und dennoch eine zu den anderen Wänden axiale Bodenverlegung gewählt wurde. An der schrägen Wand laufen die senkrechten Wandfugen allmählich immer mehr zur Bodenfuge versetzt. Steht hier später eine Wanne und verdeckt dieses, kann man das Raster so wählen. Ansonsten ist es schöner, wenn – wie in Bild 4c – die vertikalen Wandfugen von vorneherein etwa mittig auf eine Bodenfuge laufen. Das Auge kann das allmähliche nicht mehr mittige Aufeinandertreffen nicht so wahrnehmen.

Freibrief freistehende Wanne?

Auch bei freistehenden Wannen, die parallel zu einer Wand ausgerichtet sind, bzw. zum Fliesenraster, ist ein harmonischer Bezug wichtig. Das Beispiel Bild 5 zeigt, dass die Wanne und das Becken des Waschtisches mittig axial zueinander an­geordnet sind. Die genaue Position der Objekte wurde durch das Fliesenraster festgelegt. In diesem Fall wurde mit einer ganzen Fliese am Duschbereich, der mit der Wand mit Zugang identisch ist, angefangen. Am Ende des Raumes ergibt sich ein ideales Passstück im Fliesenboden – eben fast eine ganze Fliese. Selbst das WC kann mittig auf die ­Bodenfuge ausgerichtet und die neue Vorwand dementsprechend gesetzt werden. Aber ist diese Planung eine perfekte Raumaufteilung in Aktiv- und Ruhezonen? Nicht immer ermöglichen die technischen Gegebenheiten eine ideale Zonierung bezüglich der Abläufe. Auch nicht jeder Bauherr lässt sich von einer idealen Aufteilung überzeugen – sei es aus Budgetgründen oder Gewohnheitsaspekten. Idealer in Bezug auf Ab­läufe und Sichtachsen wäre ­eine Anordnung gewesen, bei der das WC näher beim Eingang und beim Betreten nicht in der Sichtachse läge – also zum Beispiel vor der Dusche.

Diese Raumgliederung böte zudem den Vorteil, dass der Waschtisch und die Wanne weiter zum Fenster in den Ruhebereich mit Ausblick wandern und nicht mehr im Verkehrsweg liegen würden.

Immer an der Wand entlang

Das Fliesenraster vom Boden überträgt man nun auf die Wandflächen. Die Bodenfuge sollte an der Wand weitergeführt werden –dies sorgt für eine ruhige, klare Ausstrahlung. Bei gleichen quadratischen Größen auf dem Boden und an der Wand ist das kein Problem. Soll dagegen an der Wand ein kleineres Format als auf dem Boden verlegt werden, empfiehlt sich, beide aus einer Serie zu wählen, da hier meist die Formate unter Einbeziehung der Fugenstärke aufeinander abgestimmt sind – sogenannte Architekturserien. Bei rechteckigen Formaten und Zweidrittel-Versatz wird es da schon schwieriger: Die erste Wand­fliesenreihe sollte mit den Fugen des Bodens übereinstimmen, durch den Zweidrittel-Versatz wird aber jede weitere Fliesenreihe und somit die senkrechte Wandfuge nicht mehr mit einer Bodenfuge übereinstimmen.

In der Dusche (Bild 6) können nun die Armaturen und Brausen entweder los­gelöst von den senkrechten Fugen platziert werden, um sich auf das Fugenraster des ­Bodens zu beziehen – was man aber, ehrlich gesagt, nur in der Grundrissdarstellung wahrnimmt – oder umgekehrt losgelöst vom Bodenfugenraster auf das Wandfugenraster. Dieser Bezug wird vom Betrachter im Raum wahrgenommen und strahlt Ruhe aus.

Achtung bei durchgefliesten Duschbereichen

Geflieste Duschbereiche können einen Einfluss auf das Wandfliesenraster nehmen: Beim Bodenfliesenraster ist die Gefällerichtung entscheidend. Mittig liegende Abflusstöpfe haben den Vorteil, dass das Gefälle von den Wänden weggeht – dagegen muss bei seitlich an den Wänden liegenden Abflussrinnen das Gefälle zu einer Wand ausgebildet werden. Dies bedeutet, dass hier das Bodenniveau um das Gefälle absinkt. Je größer der Duschbereich, umso größer die Bodenniveauabsenkung.

Die Folge ist, dass das Wandfliesenraster insgesamt um diese Differenz nach unten wandert – also die untere Fliesenreihe gekürzt werden muss. Der niedrigste Bodenpunkt – die Rinne – gibt also für alle Wände die Lage der ersten Fuge vor. Oft wird dies bei der Planung übersehen – entweder weil gar keine Ansicht bzw. kein Schnitt dieses Bereiches angefertigt wird oder weil das minimale Absenken des Bodens in 3D-Programmen nicht möglich oder zu kompliziert ist oder nicht angewendet wird (Bild 6). Da die Rohinstallation jedoch vor den Fliesen erfolgt, sollte dieser Punkt in der Planung berücksichtigt werden. Der Planer ist also gefordert, die Höhenlage des Abflusses auszurechnen und dementsprechend in den Zeichnungen die Höhe der ersten Fliesenwandfuge anzugeben (Bild 7).

Wandfuge und Objekte

Bleiben wir vorerst im Duschbereich: Idealerweise sollten Armaturen und Wandauslässe mittig in einer Fuge liegen – alleine schon wegen der notwendigen Fliesenausschnitte. Je nach Format kann dies eine horizontale oder vertikale Fuge sein. Nur ein Wandfliesenspiegel hilft, hier die wahrscheinlich richtige Platzierung zu finden. Gleiches gilt bei Waschtischwandarmaturen, sowie WC- und Urinal-Spültasten und Steckdosen. Aber auch bei Waschtischen mit Standarmatur oder Wannenrandarmaturen sollten diese sich möglichst auf eine vertikale Fuge oder Fliesenmitte beziehen. Nicht immer geht dieses System perfekt auf, wie in Bild 1, wo die Waschtisch­armaturen nicht axial zur Wandfuge sitzen. Durch eine symmetrische Anordnung, bei der die Mitte des Waschtisches sich auf eine vertikale Wandfuge bezieht, sitzen die nächsten Fugen rechts und links davon gleich, also symmetrisch, und sorgen so wieder für eine harmonische Ausstrahlung.

Fugenfarbe hat optische Wirkung

Farbige Fliesen sind wieder im Trend: Durch die Wahl der Fugenfarbe kann sich jedoch die Wahrnehmung der Fliesenfarbe verändern, wie das Bild 8 zeigt: Bei beiden Bildern ist die Hintergrundfarbe jeweils die gleiche, nur durch die dunkle oder helle Linie (Fuge) wirkt die Farbe unterschiedlich in ihrer Intensität. Dieses Phänomen nennt man Assimilation (Angleichung). Dieser Effekt kann besonders bei intensiven Fliesenfarben und kleinen Formaten auftreten.

Realität kontra Planung

Schöne, exakte Pläne sind das eine – doch die Realität auf der Baustelle sieht meistens anders aus: Wände, die nicht gerade sind, Bautoleranzen und der Mensch als ausführende Person. Der Raum wird ja nicht komplett per CNC-Maschine erstellt, die millimetergenau arbeiten kann. Ein guter Planer sollte dieses Wissen in seiner Planung berücksichtigen, indem er Passstücke und Fliesenverlegepunkte klar definiert. Auch Bezugsangaben bei der Bemaßung helfen, so zum Beispiel wie in Bild 5 durch A/A anstelle einer Wertangabe. Denn da kann es passieren, das bei der Ausführung nur von einer Seite das angegebene Maß gemessen wird und nicht überprüft wird, ob denn das zweite Maß auch stimmt. So kann durch einen festgelegten Fliesenverlegepunkt der wichtigste Bezugspunkt bestimmt werden.

Selten geht ein Fliesenraster ohne Anschnitte auf – und wenn doch, bleibt ein Restrisiko, denn selten sind die Wände 100% rechtwinklig. Auch bei Wandnischen im Fliesenbereich kann man sich – und den ausführenden Gewerken – das Leben leichter machen, indem man die Nischen im Rohbau größer anfertigen lässt, wie im Bild 7. Denn kleiner kann man eine Öffnung nachträglich immer machen – größer dagegen nur bedingt oder gar nicht. So kann der Fliesenleger beim Verfliesen einfach mehr Kleber oder zum Beispiel eine Wediplatte verwenden.

Warum die Fliese so wichtig ist

Je ruhiger ein Raum gestaltet ist, desto eher kann der Mensch entspannen. Manch ein Planer denkt, dass der Kunde sowieso nicht sieht, ob Objekte und Fliesenraster aufeinander abgestimmt sind, und geht über die Verfliesung schnell hinweg. Sicher kann das menschliche Auge keine Millimeterabweichungen wahrnehmen und die optische Bewertung des Raumes findet im Unterbewusstsein statt. Der Kunde wird selten äußern können, warum er sich in einem Raum wohl oder unwohl fühlt. Trotzdem ist eine ordentliche Fliesenplanung ein Muss für eine ansprechende Badplanung. Denn ein Raum wird in der Summe seiner Gestaltung wahrgenommen. Der Fliesen- und Fugenverlauf gehört genauso dazu wie Aufteilung, Objekt­anordnung, Formen und Materialien. Also, planen Sie diese Dinge gleich mit, damit Ihr Kunde auch rundum zufrieden ist.

Spotlight

Bodenfliesenraster
  • Fliesengröße nach Raumachsen (Rück- und Vorsprünge) aussuchen.
  • Einbauten an das Raster anpassen: ­Abschluss mit Fuge, mittig Fliese oder ein Drittelversatz sind ideal.
  • Objektgrößen und -formen dementsprechend aussuchen und platzieren.
  • Verlegerichtung (durchlaufende Fugen) beeinflusst das Raumgefühl: In rechteckigen Räume quer fliesen, also ­parallel zur kürzeren Wand. Schlauchräume wirken so optisch ­breiter.
Durchgeflieste Duschbereiche
  • Lage und Abfluss-System auf Fliesen­raster abstimmen bzw. umgekehrt.
  • Bei einseitigem Gefälle Folgendes ­berücksichtigen: Ablaufhöhe gibt die erste Fliesenwandfugenhöhe vor. Erste Wandfliesenreihe ist somit um den ­Niveauunterschied gekürzt.
  • Mittige Abflusstöpfe bieten den Vorteil, dass die Kanten des Duschbereiches ­alle auf Raumbodenniveau sind und somit die erste untere Wandfliese nicht gekürzt werden muss.
Objekte auf das Raster ­beziehen
  • Wandarmaturen sollten ideal im Fugenkreuz oder der horizontalen oder vertikalen Fuge sitzen.
  • Gleiches gilt für Steckdosen, WC- oder Urinaltasten.
  • Standarmaturen auf Waschtischen oder Wannen möglichst mittig auf Wandfuge oder Fliesenmitte beziehen.
  • Wannen mittig (axial) auf Boden-/Wandfugen oder Fliesenmitte ­ausrichten.
  • Nischen im Rohbau größer anfertigen – kleiner machen geht immer.
Architektur berücksichtigen
  • Möglichst durchlaufende Bodenfugen parallel zu sichtbaren Deckenbalken planen.
  • Viel Tageslichteinfall durch große ­Fensterflächen lässt quer dazu verlegte Fugen und Elementstöße deutlicher ­erkennen und bei leichten Uneben­heiten werden diese optisch durch ­ihren Schattenwurf noch verstärkt.
  • Maserungen und Strukturen können je nach Tageslichteinfallrichtung verstärkt werden.

INFO

3D mit Problemen im Detail

Bei handgezeichneten Plänen oder PC-Programmen in 2D strichbasiert arbeitet man normalerweise mit einer Anordnung des Grundrisses und der Ansichten auf dem „Papier“, der sogenannten Tafelprojektion (Bild 7). Das bedeutet, der Grundriss ist mittig angeordnet und die Wände werden jeweils, wie bei einem Karton, nach außen geklappt. So stehen alle Linien und Objekte in direktem Bezug zueinander. Bei den 3D-Programmen sind Grundriss und Ansichten bei der Bearbeitung meistens nicht deckungsgleich zu bringen. Auch bei der Zusammenstellung im Exposé (auf dem Blatt) kann man nur grob diese in Bezug zueinander ausrichten, zudem setzt es ein Papier-Großformat voraus. Da heutzutage meist nur noch A4- oder A3-Pläne verwendet werden, ist eine solche Bezugsanordnung schon nicht möglich – außer im Miniaturmaßstab. Grundrisse und Ansichten sind so meist auf einzelnen Blättern, Bezüge zwischen Bodenfliesen- und Wandfliesenraster sind nicht mehr schnell erkennbar.

So kann es vorkommen, dass zwar detailliert geplant wurde, auf der Baustelle aber die ausführenden Personen/Gewerke dieses gar nicht registrieren und eventuell daher auch nicht bei der Ausführung auf übereinstimmende Fugenraster achten. Zwar gibt es ­zusätzlich eine Perspektive und Axo- oder Isometrie, doch oft kann man in diesen nicht arbeiten. Hier ist also der Planer und Anwender gefragt, sich durch Übertragen von Fliesen­maßketten aus dem Grundriss in die Ansicht zu helfen und das Fliesenraster auf Stimmigkeit in der Perspektive und Axo- oder Isometrie optisch zu überprüfen sowie für die Baustelle entsprechende Anmerkungen auf den Plänen zu verfassen.

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Autor

Nicola Stammer ist diplomierte Innen­architektin. Schon zweimal konnte sie als ­Siegerin des SBZ-Bad-Kreativ-Wettbewerbs überzeugen und wurde 2010 in die Jury ­berufen.

Nicola Stammer 21365 Adendorf Telefon (0 41 31) 18 88 19 innenarchitektur@nico-stammer.de https://www.nico-stammer.de/