Friatec
Hans Schulze: Die Weiterentwicklung technischer Produkte ist ein wichtiger Aspekt in unserer Gesellschaft. Auch bei der Dimensionierung einer Trinkwasseranlage muss man neue Erkenntnisse einbinden. Die Diskussionen über die Zeta-Werte sind aber in den letzten Monaten auf die Spitze getrieben worden. Jeder Fachmann weiß, dass bei der Dimensionierung einer Trinkwasseranlage nicht nur die Zeta-Werte zur hydraulischen Berechnung beitragen, sondern auch viele andere Fakten: wie zum Beispiel Fließgeschwindigkeit, Volumenströme, Absperrarmaturen, Entnahmearmaturen, die Verlegetechnik, individuelle Benutzergewohnheiten und vieles mehr.
Bisher wurde bei der Dimensionierung von Trinkwasseranlagen auch mit Zeta-Werten gearbeitet. Dies ist also nichts Neues, was soll sich künftig tatsächlich ändern? Die Angabe der Zeta-Werte obliegt dem Hersteller, der auch für die Richtigkeit der Angaben haftet. Bei der ganzen (Marketing-)Diskussion sollte man den Installateur und den Fachplaner nicht vergessen, die mit Regelwerken arbeiten müssen. Optimierungen sind wichtig. Aber immer so, dass das Handwerk auch ein Handwerk bleibt und nicht zur einer hochtechnischen Wissenschaft wird, die die Kosten in die Höhe treibt.
Geberit
Peter Reichert: Ich halte die derzeitige Diskussion um die Bedeutung der Zeta-Werte für überflüssig und wenig konstruktiv. Aus marketingtechnischen Überlegungen heraus versuchen manche dem Zeta-Wert eine Bedeutung beizumessen, die er nicht hat. Es wird eine Scheingenauigkeit suggeriert, die unterm Strich zu keinem genaueren Dimensionierungsergebnis führt.
Andere Druckverlust verursachende Einflussgrößen, wie das unterstellte Benutzerverhalten in einem Sanitärraum, die Gleichzeitigkeitsbetrachtung über die Spitzenvolumenströme für die verschiedenen Nutzungsarten, die Differenzen zwischen theoretischer Planung und praktischer Umsetzung weisen weitaus größere Unsicherheiten im Rechengang auf. Der Zeta-Wert ist ein kleiner Mosaikstein im Gesamtkomplex Rohrnetzberechnung und darf nicht isoliert betrachtet werden. Zudem ist er ungeeignet, um damit die Qualität und Leistungsfähigkeit von Rohrleitungssystemen miteinander zu vergleichen. Meines Erachtens ist es weitaus zielführender, wenn wir über neue Installations- und Verlegetechniken diskutieren und somit Alternativen zur gängigen Installationspraxis entwickeln, um den hygienischen Anforderungen von Trinkwasser-Installationen gerecht werden zu können.
Georg Fischer JRG
Thomas Stutterich: Bereits seit den Siebziger Jahren entwickelt Georg Fischer JRG Rohrleitungssysteme für die Haustechnik, die neben einer einfachen Verarbeitung vor allem aber auch die Themen Druckverlust und Hygiene berücksichtigen. Die Diskussionen über die Zeta-Werte halten wir für sinnvoll und wichtig, da schon viel zu lange die Wichtigkeit dieser Faktoren, im Bezug auf den Wasserkomfort in Wohngebäuden, vernachlässigt wurde. Wir gehören zu den Herstellern, die schon immer reelle Zeta-Werte publiziert haben und dies auch für alle unsere Systeme an einem unabhängigen Labor überprüfen und bestätigen ließen.
Zeta-Werte oder der Strömungswiderstandskoeffizient, ist ein wichtiger Wert in der Strömungslehre. Ein richtig dimensioniertes Rohrnetz spart Energie bei Heizungspumpen, ist ökologisch sinnvoll.
IBP
Günther Schmidt: Die Forderung nach Angaben von Verlustbeiwerten (Zeta-Werte) für die einzelnen Fittings-Typen und -Systeme ist durchaus berechtigt, da abhängig vom System und Abdichtungsgeometrien der Rohrverbinder (Fittings) extreme Unterschiede in den Strömungswiderständen auftreten. Je nach Verbindungsart können sich dabei die Durchflussmengen in einem Formstück bis zu 45 Prozent reduzieren. Wenn dies vom Planer bzw. ausführenden SHK-Handwerk nicht entsprechend berücksichtigt wird, sind bei Trink- und Brauchwasser Versorgungsengpässe an den Entnahmestellen, bzw. in Heizkreisläufen unzureichende Versorgung von Heizkörpern die Folge.
In Gebäuden mit mehreren Wohneinheiten können Druckschwankungen bei gleichzeitiger Entnahme an mehreren Stellen und falsch ausgelegter Rohrdimensionierung zu unangenehmen Erscheinungen führen. Zudem haben solche Strömungswiderstände einen nicht unerheblichen Einfluss auf die erforderliche Pumpenleistung und führen zu einem deutlich erhöhten Energieaufwand.
Rehau
Ottmar Lunemann: Eine sinnvolle Dimensionierung einer Trinkwasserinstallation stützt sich nicht nur auf die Zeta-Werte des verwendeten Installationssystems, sondern wird auch durch das Verbraucherverhalten, die Leitungsführung und die Art und Größe der Entnahmearmaturen bestimmt. Moderne Systeme ermöglichen dem Installateur eine wirtschaftliche, hygienisch einwandfreie und normkonforme Verlegung, deren qualitative Beschaffenheit sich nicht auf Diskussionen über Zeta-Werte reduzieren lässt. Vielmehr sollte die Verbindungssicherheit und Baustellentauglichkeit, die jahrzehntelange Erfahrung eines Systemanbieters, eine flächendeckende Verfügbarkeit des Systems und der Kundenservice im Vordergrund stehen.
Eines der Ziele der Überarbeitung der DIN 1988-3 (Ermittlung der Rohrdurchmesser) ist es, Überdimensionierungen durch differenzierte Berechnungsmethoden zu vermeiden (Hygiene) und geändertem Nutzerverhalten (beispielsweise Wasserverbrauch pro Person) Rechnung zu tragen. Als Mitglied des dafür zuständigen Normenarbeitskreises im DIN kann ich versichern, dass es zu keiner Zeit beabsichtigt war, überwiegend intensive Diskussionen über Zeta-Werte zu führen.
Roth-Werke
Dr. Michael Schröder: Nach Herausgabe der europäischen Norm DIN EN 806-3 (7/2006) zur Berechnung des Rohrinnendurchmessers, wird zurzeit die nationale Ergänzung der DIN 1988-300 überarbeitet. Der Entwurf ist für das Jahr 2010 avisiert. Der zuständige DIN-Ausschuss 1988-300 berät in diesem Zusammenhang die Definition einer Prüfgrundlage, welche reproduzierbare Messergebnisse von Widerstandsbeiwerten ermöglichen soll. Unser Haus unterstützt dieses Vorgehen, das zum Ziel hat, dass veröffentlichte Zeta-Werte auch den tatsächlichen Zeta-Werten entsprechen.
Sanha Kaimer
Dieter Groß: Nach unserer Auffassung sollte es eine Selbstverständlichkeit sein, in Rohrleitungssystemen strömungsgünstige Bauteile einzusetzen, um den Druckverlust niedrig zu halten und so den Einsatz von energieeffizienten Förderaggregaten mit geringer Leistungsaufnahme zu ermöglichen. Die Herstellung von strömungsgünstigen Fittings steht bei Sanha von je her im Vordergrund und stellt in unserem Hause einen wesentlichen Bestandteil des gesamten Konstruktions- und Entwicklungsprozesses dar. So lässt Sanha unter anderem die Zeta-Werte seiner Systemfittings am Institut für Material- und Anwendungstechnik (IMA GmbH) in Dresden, entsprechend den Vorgaben der EN 1267, in Strömungsversuchen messtechnisch ermitteln. Dadurch können wir sicherstellen, dass die von uns für diverse Rohrnetzberechnungsprogramme zur Verfügung gestellten Werte absolut der Praxis entsprechen und somit genaueste Planungen realisiert werden können.
Für das Haus Sanha erscheint die derzeitige Diskussion nur dann sinnvoll und gerechtfertigt, wenn sie dazu führt, dass alle Hersteller sich der Produktion von strömungsgünstigen, druckverlustoptimierten Bauteilen verschreiben, um so die Energieeffizienz von Leitungsanlagen zu erhöhen.
Tece
Martin Krabbe: Der Zeta-Wert ist ein wichtiger technischer Parameter bei der Auslegung von Versorgungsnetzen. Besonders bei der Gasinstallation ist er von Bedeutung, weil hier nur geringe Drücke zur Verfügung stehen. Bei der Trinkwasser- und Heizungsinstallation wird dieser Parameter in den letzten Monaten aus unserer Sicht etwas überbewertet. Andere Dinge, wie die Robustheit des Fittings und des Rohres, scheinen uns hier weitaus wichtiger – werden aber normen-politisch eher vernachlässigt.
Bedenklich wäre es, wenn sich aus der Zeta-Diskussion eine Zeta-Manie entwickeln würde, die den Wettbewerb und die Vielfalt der Systeme einschränkt. Beispielsweise, indem „miteingeplante“ spezifische Herstellerwerte schon bei der Auslegung der Trinkwasseranlage definieren, welches Rohrsystem später verwendet werden muss. Das könnte dazu führen, dass die Produktentscheidung künftig beim Planer liegt, weil seine Planung untrennbar an die Herstellerwerte eines Produkts gebunden ist. Unserer Meinung nach sollte aber der Handwerker und Verarbeiter diese Entscheidung treffen. Dafür gibt es neben Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten eine Menge von Gründen – unter anderem auch, dass er für „seine“ Installation später die Gewährleistung übernehmen muss.
Uponor
Albrecht Reder: Die Zeta-Wert Diskussionen werden schon so lange geführt, wie es unterschiedliche Verbindungssysteme am Markt gibt. Dabei werden sie immer wieder durch Marketingkampagnen angefacht und führen damit häufig zur kurzfristigen Verunsicherung der Installateure.
Wir von Uponor mit über 20 Jahren Erfahrungen im Verbundrohrbereich wissen, dass unterschiedliche Zeta-Werte eines Fittingtyps die Dimensionierung eines Rohrsystems weniger beeinflussen, als z. B. die unterschiedlich großen Rohrinnendurchmesser bei gleichen Rohraußendurchmessern, und die Auswahl der richtigen Armaturen. Für Uponor ist entscheidend, dass durch eine korrekte Dimensionierung, neben hygienischen Aspekten, ebenso eine kosteneffektive und sichere Installation durchgeführt werden kann, die auch den Benutzerkomfort für den Endkunden sicherstellt. Darauf ist unser Angebot ausgerichtet.
Als Fazit der Frage nach dem Zeta-Wert kann Uponor feststellen: Bei der richtigen Dimensionierung eines Rohrsystems sind viele Faktoren gleichermaßen wichtig – der Zeta-Wert von Fittings spielt dabei lediglich eine Nebenrolle. Die Dimensionierungen nach der aktuellen DIN 1988-3 sehen wir als praktikabel und sicher an.
Viega
Werner Schulte: Wir gehen davon aus, dass die zukünftige DIN 1988-300 geringere Spitzendurchflüsse als bisher für die Ermittlung von Rohrweiten zugrunde legen wird. Dies würde zu kleineren, bedarfsgerechteren Rohrdurchmessern führen, aber auch den Einfluss der unterschiedlichen Zeta-Werte von Verbindern auf die Druckverhältnisse im jeweiligen Rohrnetz erhöhen. Deshalb sollte dieser Aspekt in der Norm ebenfalls Berücksichtigung finden. Inwieweit im künftigen Regelwerk systemspezifische Zeta-Werte die Ermittlung von bedarfsgerechten Rohrweiten beeinflussen werden, bleibt jedoch abzuwarten.
Wavin
Karl-Heinz Kramer: Die überflüssige Diskussion über die Zeta-Werte hat eine große Verunsicherung in der Fachwelt ausgelöst. Fakt ist, dass Verlustbeiwerte in Fittingen keinen entscheidenden Faktor in der Dimensionierung einer Trinkwasserinstallation darstellen. Obwohl, bedingt durch Fertigungs- und Verbindungstechnik, im Vergleich höhere Verlustbeiwerte bei Kunststoffpress-. und Stecksystemen zu berücksichtigen sind, hat dies bei objektiver Betrachtung aller relevanten Auslegungsparameter nur sehr marginalen Einfluss auf die Dimensionierung.
So werden z.B. höhere Widerstandsbeiwerte bei Verbundrohrpress- und -stecksystemen allemal kompensiert durch den weitaus geringeren Fittinganteil gegenüber dem vergleichbaren Fittinganteil eines Kupferpresssystems. Verbundrohrpress- und -stecksysteme haben sich über Jahre bewährt und bieten aktuell und auch in Zukunft Vorzüge gegenüber vergleichbaren metallischen Systemen.
Obmann Normenausschuss
Prof. K. Rudat: Die Diskussionen über die Zeta-Werte sind teilweise verwirrend und nicht umfassend genug! Zunächst ist die Sachlage denkbar einfach: Höhere Zeta-Werte für die Formstücke der Trinkwasserinstallation führen unabweisbar zu größeren Rohrdurchmessern und Wasserinhalten in der Anlage.
Die möglichen Konsequenzen (Kosten, Hygiene, Platzbedarf) müssen nicht erläutert werden, es muss (und das ist entscheidend für die Beurteilung!) aber sehr wohl darüber nachgedacht werden, in welchen Größenordnungen sich das bei der Auslegung bewegt. Dazu sind die richtigen Fragen zu stellen (z.B. auch die zum Betrieb einer Anlage: Was passiert bei konkreten Lastzuständen in der Anlage, wenn bei der Rohrnetzberechnung „falsche“ Zeta-Werte angenommen wurden?) und die Antworten können nur durch die klassischen Instrumente Nachdenken (erst recht, wenn die Spitzenvolumenströme gegenüber DIN 1988-3 abgesenkt werden), Rechnen und Messen gefunden werden. Damit ist der Weg aufgezeigt, um entscheiden zu können, in welcher Form (pauschal, Richtwerte, Messwerte) die Einzelwiderstände zu erfassen sind.
Zur Sache
Handwerker unnötig verunsichert
Die Diskussionen rund um das Thema Zeta-Werte beschäftigen seit geraumer Zeit die SHK-Fachwelt. Vor allem die Darstellungen unterschiedlicher strömungstechnischer Eigenschaften von Fittings haben zu Verunsicherungen in der Branche geführt.
Noch in diesem Jahr soll mit der DIN 1988-300 eine neue Regel für die Bemessung von Trinkwasser-Installationen erscheinen. Wohlwissend, dass diese neue Norm keine neuen Herausforderungen für Installationsbetriebe darstellt, gibt es unter Bezug auf die laufende Normungsarbeit mehrfach veröffentlichte Aussagen der Systemhersteller, dass sich künftig die Installationen um ein bis zwei Dimensionen bzw. der Wasserinhalt um 10 bis 30 % unterscheiden werden, je nachdem welche Verbindungstechnik verwendet wurde.
Eine Zurschaustellung von Bildern oder Grafiken mit der Überschrift: „Wie viel Wasser kommt aus einem Rohrsystem“, kommen immer gut an. Jedoch wird hier nicht berücksichtigt, dass schon innerhalb einer Rohrreihe unterschiedliche Druckverluste auftreten. Ich bin mir sicher, dass die Normung diesen Unterschied durch eine differenzierte Berechnung der Druckverluste künftig berücksichtigen wird. Die Grundlagen hierfür werden derzeit in dem betreffenden Arbeitsausschuss erarbeitet. Abgestimmte Ergebnisse liegen allerdings noch nicht vor. Es ist bedauerlich, dass unfertige Teilaspekte aus der Normungsarbeit so offensiv in der Marktauseinandersetzung verwendet werden. Das muss zwangsläufig zu Verwirrung und Verunsicherung bei den Anwendern führen.
INFO
Bis auf Aquatherm und Fränkische Rohrwerke waren alle befragten Firmen zu einer kurzen Stellungnahme bereit. Dafür ein herzliches Dankeschön!