Mit dem Einsatz von KWK-Anlagen können zwei wesentliche Herausforderungen der Energiewende gleichermaßen angegangen werden. Zunächst ist hier die Umgestaltung der Stromversorgung zu nennen. Der Anteil von regenerativem Strom an der gesamten Erzeugung soll bis 2020 von derzeit 17 auf 35 % und bis 2050 auf 50 % steigen. Auf der Netzseite geht es dabei vor allem um die zunehmende Integration von volatilem Ökostrom aus Windkraft- und Photovoltaikanlagen. Dieser muss transportiert, gespeichert und flexibel ergänzt werden. Bereits 2010 hat das nominelle Wind- und PV-Stromangebot eine Kapazität von etwa 45 GW erreicht – bis 2020 sollen es bis zu 90 GW werden. Bedenkt man, dass der Strombedarf am Wochenende derzeit in Deutschland bei etwa 35 GW liegt, wird deutlich, wie wichtig es für die Netzstabilität ist, hier ausreichend positive und negative Regelenergie zur Verfügung zu stellen.
Die zweite große Herausforderung ist die Auflösung des Modernisierungsstaus in den Heizungskellern. Nur ein Viertel der knapp 17,8 Millionen Heizungsanlagen sind nach heutigem Stand der Technik als effizient zu bewerten oder werden mit regenerativen Energieträgern betrieben. Die jährliche Modernisierungsquote liegt lediglich bei 3 %.
Obwohl die Kraft-Wärme-Kopplung ein wichtiger Baustein für die Energiewende ist – ihr Anteil an der Stromversorgung soll laut Bundesregierung bis 2020 auf 25 % erhöht werden – gibt es bisher im kleinen Leistungsbereich nur wenige Ansätze, die Lösungen für die oben genannten Herausforderungen versprechen. Die Ursachen hierfür sind vor allem struktureller Natur. Dem verbreiteten Einsatz im Heizungskeller stehen vergleichsweise hohe Investitionskosten entgegen. Ein wirtschaftlicher Betrieb lässt sich daher oftmals nur schwierig darstellen. Gleichzeitig wird in Zukunft durch die weiter steigende regenerative Leistung im Strommarkt eine zusätzliche Aufgabe auf die Kraft-Wärme-Kopplung zukommen: Die nach dem KWK-Gesetz garantierte Einspeisevergütung sorgt auf der Stromseite dafür, dass sich die Betreiber nicht darum kümmern müssen, ob ihr selbst erzeugter Strom auch tatsächlich im Netz gebraucht wird. Deshalb wird in der Regel Strom erzeugt, wenn der Wärmebedarf im Objekt hoch ist – unabhängig davon, wie hoch zu diesem Zeitpunkt z.B. das Ökostromangebot im Netz bereits ist.
Frischer Wind im Mikro-KWK-Markt
Angesichts der Anforderungen durch die Energiewende hat die RWE Effizienz GmbH ein neuartiges Konzept für die dezentrale Energieversorgung mit kleinen KWK-Anlagen entwickelt. Das Homepower Mikro-KWK-System soll die Kraft-Wärme-Kopplung für private Eigentümer von großen Ein- und Zweifamilienhäusern, kleinen Mehrfamilienhäusern und Gewerbebetrieben attraktiv machen und gleichzeitig Regelenergie für das Netz bereitstellen. Dabei zielt das Unternehmen vor allem auf den Einsatz im Gebäudebestand. Die im Vergleich zu Neubauten hohen Energieverbräuche und Systemtemperaturen bieten hier ein großes, bisher weitgehend ungenutztes Potenzial für den Betrieb kleiner, dezentraler Kraftwerke. Der Einsatz ist zunächst für Bestandsgebäude mit einem Gasverbrauch ab 60000 kWh/a vorgesehen. Einen besonderen Anreiz für die Modernisierung der Heizung soll dabei ein attraktives Contracting-Modell liefern, bei dem sich die Hauseigentümer nur mit einem geringen Investitionszuschuss beteiligen.
Bewährte Systemlösung für Strom und Wärme
Kooperationspartner für die KWK- und Heizungstechnik ist Vaillant. Zentraler Bestandteil des Homepower-Systems ist dabei ein modulierendes Ecopower 4.7 BHKW. Mit einer Leistung im Bereich von 1,5 bis 4,7 kW elektrisch und von 4,7 bis 12,5 kW thermisch bewähren sich die Anlagen bereits seit über zehn Jahren im Markt. Abhängig vom Wärmebedarf des Gebäudes wird das System weiterhin um ein Ecotec plus Gas-Brennwert-Heizgerät zur Spitzenlastabdeckung ergänzt. Ein großzügig dimensionierter 850-l-Multifunktionsspeicher ermöglicht darüber hinaus den optimierten Betrieb des BHKW. Gleichzeitig verfügt der Speicher auch über einen innenliegenden Wärmeübertrager zur Warmwasserbereitung im Durchlaufprinzip. Später sollen auch kleinere Mikro-KWK-Anlagen speziell für Einfamilienhäuser folgen.
Das neue KWK-Konzept soll die Vorteile dezentraler und zentraler Energieversorgung in einer Systemlösung vereinen. Dabei geht es zunächst um eine lokale Betriebsoptimierung für den Kunden, bei der die Anlage dezentral intelligent strom- und wärmegeführt betrieben wird. Ortsnetzdienstleistungen und die spätere Bündelung der Mikro-KWK-Systeme ermöglichen es dann auch, das zunehmend regenerative Stromangebot im Netz zu berücksichtigen. Dabei soll jedoch der ökonomisch und ökologisch optimierte Betrieb im Sinne des Kunden jederzeit im Vordergrund stehen.
Um dieses intelligente Energiemanagement umzusetzen, hat RWE Effizienz gemeinsam mit der Fraunhofer Gesellschaft Duisburg eine eigene Regelung – die Controlbox – entwickelt. Die für eine optimale Bereitstellung von Strom und Wärme notwendigen Regelstrategien wurden im Laufe des letzten Jahres mit Hilfe einer Versuchsanlage im Fraunhofer Inhaus2 immer weiter verfeinert. Das Ziel war es dabei zunächst, eine höhere Eigennutzung des KWK-Stroms als bei konventionellem Betrieb zu erreichen. Zu diesem Zweck erfasst das System die zeitlichen Strom- und Wärmeverbräuche im Gebäude und synchronisiert durch das vergleichsweise große Puffervolumen im Speicher die Laufzeiten des BHKW. So kann zu Spitzenverbrauchszeiten im Haus auch dann Strom produziert werden, wenn kein direkter Wärmebedarf vorliegt, indem die Überschusswärme in den Speicher eingekoppelt wird. Stromspitzen, die nicht aus der Mikro-KWK-Anlage gedeckt werden können, werden durch den Bezug von Ökostrom ergänzt. Insgesamt lässt sich auf diese Weise der Primärenergieverbrauch eines Gebäudes um mehr als ein Drittel verringern.
Als weiteren Baustein des von RWE neu entwickelten Energiemanagements werden die Mikro-KWK-Systeme auch Netzdienstleistungen zur Verfügung stellen können. So werden beispielsweise Schwankungen der elektrischen Spannung im Niederspannungsnetz ausgeglichen, die durch die wetterbasierte Einspeisung aus Photovoltaik- und Windenergieanlagen hervorgerufen werden. Als dritter Schritt folgt die Bündelung von Anlagen zur Stromeinspeisung im Rahmen eines virtuellen Kraftwerks und die Wärmespeicherung und Nutzung überschüssigen Ökostroms mittels eines im Pufferspeicher integrierten Heizstabs. Dieser Heizstab wird nur genutzt, wenn dies für den Kunden auch energetisch und wirtschaftlich sinnvoll ist. Als Bewertungsgrundlage dienen der Regelung hierfür aktuelle Informationen über das Stromangebot im Netz sowie der zu erwartende Energiebedarf im Objekt. Um dabei maximale Transparenz zu gewährleisten, kann der Kunde jederzeit über das Internet auf ein Visualisierungstool zugreifen und sich sowohl den eigenen Energieverbrauch und somit sein Verbrauchsverhalten als auch Leistungsdaten des Mikro-KWK-Systems anzeigen lassen.
Pilotprojekt: Sanierung Vier-Familienhaus
Nach der Vorstellung des Homepower-Mikro-KWK-Systems im November 2011 will der Energieversorger zunächst 50 Anlagen in Nordrhein-Westfalen realisieren. Eines der ersten Objekte, die bereits in Betrieb gegangen sind, ist ein Vier-Familienhaus, Baujahr 1964, im Süden des Ruhrgebiets. Der neue Eigentümer entschloss sich zu einer vollständigen Sanierung des 360 m² großen Gebäudes. Im Zuge dessen sollte auch der alte ölbetriebene Niedertemperatur-Gebläsekessel gegen eine moderne KWK-Anlage ausgetauscht werden.
Angesichts des hohen organisatorischen Aufwandes der Komplettsanierung, war der „Rundum-Sorglos-Ansatz“ des Homepower-Systems für den Bauherrn besonders attraktiv. Nach der Entscheidung für das Modell Betriebsoptimierung haben sich RWE und der zuständige Fachhandwerksbetrieb Gustav Müller GmbH aus Düsseldorf gemeinsam um alle weiteren Schritte gekümmert. Für eine rechtlich einwandfreie Abwicklung sorgen entsprechende Ergänzungen zum Mietvertrag, die dem Bauherrn ebenfalls zur Verfügung gestellt wurden.
Angesichts eines Nutz-Wärmebedarfs von 55000 kWh/a wurde zusammen mit dem BHKW ein ergänzendes Gas-Brennwert-Heizgerät mit einer Leistung von 30 kW eingesetzt. Die Planung und Auslegung wurde auf Grundlage eines gemeinsamen Vor-Ort-Termins aller Beteiligten durchgeführt. Hierfür wurde zudem ein standardisierter Leistungskatalog erarbeitet, der mit optionalen Komponenten an das jeweilige Objekt angepasst werden kann. „Wenn RWE mit einem Projekt auf uns zukommt, haben wir damit das fertige Angebot schon in der Schublade“, erläutert Michael Newerla, Geschäftsführer der Gustav Müller GmbH. „Dieses geht dann je nach Geschäftsmodell entweder an den Energieversorger oder direkt an den Kunden.““
In dem Vier-Familienhaus geht der Energieversorger von einer BHKW-Laufzeit von etwa 4750 Stunden im Jahr aus. Dabei werden 43750 kWh Wärme und 15550 kWh Strom erzeugt. Die intelligente Regelung sorgt dafür, dass trotz der vergleichsweise geringen Laufzeiten ein Drittel des KWK-Stroms im Objekt genutzt werden kann. Bei einem Stromverbrauch von 9000 kWh kommt so mehr als die Hälfte der benötigten elektrischen Energie direkt vom BHKW. „Dies wäre ein sehr gutes Ergebnis, das rein wärmegeführte Anlagen in einem derartigen Objekt wohl nicht erreichen würden“, so die Einschätzung vom zertifizierten Ecopower Fachpartner Newerla. „Deshalb sehe ich in Homepower auch ein großes Potenzial, unser eigenes BHWK-Geschäft künftig weiter auszubauen.
Info
Contracting oder Übernahme
Angeboten wird das Mikro-KWK-System im Rahmen eines „Rundum-sorglos-Pakets“ mit Installation, Betrieb, Wartung und Instandhaltung. Um hier eine hohe Kundenzufriedenheit sicherzustellen, erfolgt die Umsetzung durch entsprechend qualifizierte Fachhandwerksbetriebe in enger Zusammenarbeit mit RWE und Vaillant. Der Kunde hat dabei die Wahl zwischen zwei verschiedenen Geschäftsmodellen. Für einen einmaligen Investitionszuschuss von 5000 Euro sowie eine monatliche Grundgebühr zwischen 30 und 40 Euro kann das Homepower-System im Contracting genutzt werden. Je nach Verbrauch berechnet RWE Effizienz dabei einen individuellen Wärmepreis zwischen 5,95 und 7,80 ct/kWh brutto. Ein attraktiver Strompreis gilt sowohl für den BHKW-Strom als auch für den verbleibenden Rest-Strombezug aus dem Netz, den der Energieversorger mit Ökostrom deckt.
Im Modell Betriebsoptimierung kann der Kunde statt dessen die Investition in die Anlage selbst übernehmen und anschließend den Betrieb an RWE übergeben. Im Gegenzug zahlt er hier von vornherein den niedrigsten Wärmepreis in Höhe von 5,95 ct/kWh. Der Strompreis ist identisch zum Contracting.
In beiden Fällen erhält der Kunde zudem einen Umweltbonus in Höhe von 0,5 ct/kWh für den selbst erzeugten Strom sowie einen weiteren Cent für jede direkt vor Ort verbrauchte Kilowattstunde. Während der Vertragslaufzeit von zehn Jahren übernimmt das Dortmunder Unternehmen zudem die Kosten für Wartung, Service und die Instandhaltung aller Anlagenkomponenten.