Das geforderte Maß für den Schallschutz definiert sich durch die Festlegung eines Maximalwertes für den Schalldruckpegel, der innerhalb eines definierten schutzbedürftigen Bereichs nicht überschritten werden darf. Der Käufer einer Eigentumswohnung, der störende Sanitärgeräusche reklamiert, bewertet in der Wahrnehmung das störende Geräusch zunächst nach eigenem akustischem Empfinden. Störende Sanitärgeräusche können zum Beispiel das Ablaufgeräusch im Entwässerungssystem sein, das Aufprallgeräusch von Schmutzwasser mit Fäkalanteil am Umlenkungspunkt von der Fall- zur Sammelleitung oder an einem Fallleitungsverzug oder als Klassiker der WC-Sitz, der auf die Keramik aufschlägt.
Bei der Beurteilung der Intensität von Geräuschen ist generell auch subjektives Empfinden mit beteiligt. Um hierfür einen neutralen Vergleichsmaßstab zu finden, wurden Prüfverfahren entwickelt, um für bestimmte Geräuschursachen sowie unter bestimmten baulichen Gegebenheiten einen definierten Schalldruckpegel zu ermitteln. Durch einen nach Regelwerken klassifizierten Schallschutz sollen Bauherren, Auftraggeber, Investoren, Planer und Ausführende die Sicherheit erlangen, dass bei der Einhaltung vorgegebener Bauweisen und der Verwendung von geprüften Bau- und Installationsprodukten ein bestimmter maximaler Schalldruckpegel nicht überschritten werden kann.
Zuordnung von Schallereignissen zu Schallwerten
Durch standardisierte, von neutralen und unabhängigen Institutionen durchgeführte Prüfverfahren erhalten Bauprodukte und Installationssysteme ein schallschutztechnisches Prüfzeugnis. Damit soll bei Einhaltung entsprechender Randbedingungen eine bestimmte geforderte Schallschutzstufe eingehalten werden. Und damit beginnt für die Praxis ein Problem. Denn viele Prüfverfahren beziehen sich auf die Geräuschentwicklung, die durch eine bestimmte einzelne Komponente verursacht wird, etwa die Abwasser-Fallleitung oder Bauteile wie das Füllventil von Spülkästen. So werden zum Beispiel Schallschutzprüfungen für Abwassersysteme nach DIN EN 14366 durchgeführt. Das Schallereignis ist hierbei definiert durch Abwasser, das in einer senkrechten Schmutzwasser-Fallleitung fließt. Das Ergebnis beschreibt damit jedoch lediglich den Schallpegel, der bei laminarer Strömung entsteht. Damit stellt sich die Frage, was der Eignungsnachweis für die Anwendung in der Baupraxis konkret aussagt. Unberücksichtigt bleibt unter Prüfstandsbedingungen beispielsweise, dass bei der Nutzung von Sanitärinstallationen auch Gleichzeitigkeiten auftreten können, wenn etwa mehrere Entnahmestellen oder Spüleinrichtungen fast zeitgleich betätigt werden. Eine diesbezügliche Erläuterung eines Prüfinstitutes merkt zu diesen „möglichen Wechselwirkungen unter den Sanitärkomponenten“ an, dass dies schalltechnisch „andere Ergebnisse zur Folge haben“ kann.
Nicht berücksichtigt wird also das Zusammenwirken verschiedener Geräuscharten und -quellen. Zu den größten Schallquellen in der Sanitärinstallation zählt die WC-Spülung. An diesem Beispiel lässt sich verdeutlichen, wie anstelle eines einzelnen Sanitärgeräusches eine Vielzahl von Geräuschen mit jeweils unterschiedlicher Intensität entsteht. Der Auslöser ist das Betätigen der Spültaste. An dieser Stelle ist bereits ein schalltechnischer Einflussfaktor vorhanden, der unterschiedlich stark ausfallen kann – je nachdem, wie schwungvoll der Nutzer die Drückertaste betätigt. Das mag zunächst unwesentlich erscheinen. Doch wenn es im Themenkomplex des Schallschutzes um Abweichungen im Bereich von 1 bis 2 dB geht, sollten auch solche zunächst unwesentlich erscheinenden Faktoren in die akustische Waagschale gelegt werden.
Regelwerke und subjektives Geräuschempfinden
Ein Blick auf die Skala der Schalldruckpegel zwischen Stille und ohrenbetäubendem Lärm zeigt, dass die für Schall aus haustechnischen Anlagen angesetzten Werte in einem Bereich liegen, in dem bereits geringe Pegeldifferenzen zu großen Unterschieden bei der empfundenen Lautstärke führen. So empfindet der Mensch beispielsweise innerhalb eines Schallpegelbereiches zwischen 20 und 30 dB eine Erhöhung um 3 dB in etwa als Verdoppelung des Geräusches. Hinzu kommt, inwieweit ein Geräusch als störend empfunden wird: Ein Nutzer kann sich zum Beispiel an einem relativ leisen, aber langanhaltenden Geräusch unter Umständen mehr stören als an einem Schallereignis mit weitaus höherem Pegel, das nur für einen Sekundenbruchteil auftritt. Einem anderen Nutzer, etwa mit leichtem Schlaf, genügt die für Sekundenbruchteile erschallende Pegelspitze bei der nächtlichen Auslösung einer WC-Spülung als empfindliche Störung.
Für Planer und Ausführende hat am meisten Gewicht, welche Normen und Richtlinien dem Vertrag zugrunde liegen. Die Anwendung der Schallschutznorm DIN 4109 basierte bislang nach wie vor noch auf der Fassung vom November 1989; einschließlich dem Beiblatt 2 für erhöhten Schallschutz. In den letzten Jahren erfolgte eine Überarbeitung der Norm, um die Definition der Schallschutzanforderungen an veränderte Rahmenbedingungen und Bauweisen anzupassen. Während die zwischenzeitlich novellierte DIN 4109:2016-07 heute nur noch die Mindestanforderungen definiert, stellen die Schallschutzstufen nach VDI 4100 schärfere Anforderungen. Allerdings hat die VDI-Richtlinie nur dann rechtliche Bedeutung, wenn sie im Werkvertrag ausdrücklich vereinbart wird. Der bauordnungsrechtliche Eignungsnachweis muss jedoch nach DIN 4109 erstellt werden.
Mit Blick auf moderne Bauweisen ist außerdem die energieeffiziente Bauweise von Gebäuden ein nicht zu unterschätzender Einflussfaktor. Hochwertige Wärmedämmungen bewirken nebenbei auch eine verbesserte Luftschalldämmung von Außenbauteilen, sodass Außengeräusche wie Verkehrslärm kaum noch ans Ohr dringen. Umso sensibler reagiert das menschliche Gehör dann auf Nebengeräusche, die innerhalb des Gebäudes entstehen.
Bewertung von Schallursachen im Streitfall
Bei einem Rechtsstreit um den Schallschutz geht es in den meisten Fällen um die Minderung des Kaufpreises. Die Rechtsprechung kommt meist zu dem Schluss, dass nicht allein die Einhaltung von Normen und Richtlinien maßgebend ist, sondern ob die schalltechnischen Eigenschaften dem vereinbarten Komfortniveau entsprechen. Ist der geschuldete Schallschutz vertraglich nicht hinreichend geregelt, muss die Bauausführung zumindest den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechen. Die Definition der „allgemein anerkannten Regeln der Technik“ – letztlich das, was von der Mehrheit der Fachleute allgemein als richtig angesehen wird und in der Praxis erprobt und bewährt ist – beschreibt die Dehnbarkeit dieser Begrifflichkeit zu Genüge. Eine Nachbesserung ist in vielen Fällen kaum zumutbar, weil sie nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand und zudem nicht ohne Eingriff in die Bausubstanz möglich ist, wenn es nicht gerade nur die fehlende Schallschutzplatte hinter dem Wand-WC ist.
Guter Schallschutz erfordert ganzheitliche Betrachtung
Schallschutz ist eine werkvertraglich geschuldete Leistung. Aus werkvertraglicher Sicht ist die Herstellung einer Sanitärinstallation ein in sich funktionierendes Gesamtwerk, das vom Ausführenden aus einer Vielzahl einzelner Komponenten hergestellt wird. Das fertige Produkt ist mit dem Baukörper fest verbunden. Daraus lässt sich ableiten, dass die Schallschutzanforderungen durch die funktionale Gesamtheit zu erfüllen sind – und nicht das einzelne Rohr oder der einzelne UP-Spülkasten.
Schallschutz-Fehlerquellen minimieren
Unabhängig von den Betrachtungen der labortechnischen Ermittlung von Schallschutzwerten gilt es, die potenziellen Ursachen für Schallübertragungen so weit als möglich zu eliminieren. Damit lohnt sich zunächst ein Blick zurück auf grundlegende Ursachen. Jeder noch so kleine direkte punktuelle Kontakt eines Installationsgegenstandes mit dem Baukörper ist bereits eine Schallbrücke und ist in der Lage, alle mit noch so großem Material- und Arbeitsaufwand erstellten Schallschutzmaßnahmen zunichte zu machen. Zu Zeiten der überwiegend praktizierten Nassbau-Vormauerung galt der Riss in der Rohrdämmung, durch den ein stecknadelkopfgroßer Kontakt zwischen der Rohroberfläche und dem Mörtel der Vormauerung entsteht, als Paradebeispiel für verunglückten Schallschutz. Zu diesen Zeiten waren jedoch 35 dB(A) noch das gültige Maß. Mit dem zunehmenden Einsatz von Trockenbausystemen für Vorwandinstallationen konnte dieses Risiko vermindert werden – sofern nach dem Aufbringen der Gipskarton-Beplankung nicht die Spitze einer Schnellbauschraube auf das Edelstahlrohr drückt.
Entkopplung vom Baukörper
Wirksamer Schallschutz beginnt nicht nur bereits bei der Grundrissplanung, sondern setzt auch richtig bemessene Wände voraus. Ein weiterer Ansatz für die Minimierung von Schallschutzrisiken ist, die Anzahl der unmittelbaren Kontaktstellen zwischen Installation und Baukörper zu minimieren. Damit kann eine wirksame Schallentkopplung erzielt werden. Ein Beispiel ist die Ausführung der Sanitär-Vorwandinstallation innerhalb eines Systems wie dem Geberit Installationssystem GIS. Sämtliche Installationselemente, Armaturenanschlüsse und Rohrleitungen werden innerhalb des Vorwandsystems befestigt. Kontakt zum Baukörper haben lediglich die Befestigungspunkte der Rahmenprofile. Werden diese Befestigungen mit den zugehörigen Dämmelementen montiert, ist ein geprüfter Schallschutz gewährleistet. Der Systemanbieter Geberit hat diese Gesamtkonstruktion aus Installationswand, Vorwandkonstruktion und Rohrleitungssystemen in einem eigens dafür eingerichteten Akustiklabor schalltechnischen Messungen unterzogen. Hierfür legt der Hersteller Schallschutznachweise vor, aus welchen Planer und Ausführende zweifelsfrei die erzielbaren Schallschutzwerte entnehmen können. Erzielt werden gute Schallschutzeigenschaften außerdem durch schalltechnisch optimierte Bauteile und Komponenten, um damit bereits bei der Entstehung des Schalls anzusetzen. Ein Beispiel sind hydraulisch optimierte Formteile für die Abwasserinstallation.
Die für verschiedene Wandaufbauten vorliegenden Schallschutznachweise für als Gesamtheit geprüfte Konstruktionen liefern damit mehr Planungssicherheit als Schallschutznachweise für Einzelkomponenten, bei denen weitere schalltechnische Einflussfaktoren zwangsläufig unberücksichtigt bleiben.
Autor
Wolfgang Heinl betreibt als freier Fachjournalist ein Redaktionsbüro mit Spezialisierung auf SHK und Gebäudetechnik, 88239 Wangen, Telefon (0 75 22) 90 94 31, wolfgang.heinl@t-online.de